LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.12.2019 - 5 P 2/19
Keine Prozessführungsbefugnis eines überörtlichen Trägers der Sozialhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren zur Geltendmachung
von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung für einen Pflegebedürftigen
Einem überörtlichen Träger der Sozialhilfe, der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung für einen Pflegebedürftigen geltend
macht, fehlt in einem Prozess die Prozessführungsbefugnis.
Normenkette: ,
,
,
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SGB XII § 2 Abs. 1 ,
SGB XII § 55 S. 1
,
SGB XII § 95 S. 1
,
SGB X §§ 102 ff.
,
SGB X § 103 Abs. 1 ,
SGB X § 104 Abs. 1 S. 1-2
,
Vorinstanzen: SG Münster 12.12.2018 S 20 P 382/17
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.12.2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt
die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abgeltung von Pflegeleistungen in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe nach
§ 43a Sozialgesetzbuch Elftes Buch ( SGB XI).
Die am 00.00.0000 geborene S (im Folgenden: die Versicherte) ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert. Sie leidet u.a.
an einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung mit emotionalen Störungen, posttraumatischer Belastungsstörung und Integrationsstörung,
sowie den Folgen einer Alkohol-Embryopathie und teilweiser Inkontinenz. Sie ist in einer Einrichtung der Hilfe für Menschen
mit Behinderungen untergebracht (Außenwohngruppe des Diakonischen Werkes, T GmbH: E-Haus, E) und bewohnt dort ein Zimmer in
einer Wohngemeinschaft mit zwei weiteren Mitbewohnern. Die Kosten der Unterbringung und Betreuung werden vom Kläger als überörtlichem
Träger der Sozialhilfe getragen. Konkret werden seit dem 26.07.2014 bis auf weiteres Hilfsleistungen zu selbstbestimmtem Leben
in betreuten Wohnmöglichkeiten gem. § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sowie ab dem 13.08.2016 gem. § 41 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch ( SGB IX) die Kosten der teilstationären Betreuung der Versicherten in der Werkstatt für behinderte Menschen der Bottroper Werkstätten
übernommen.
Nach entsprechender Aufforderung (vom 17.10.2016) durch den Kläger beantragte die gesetzliche Betreuerin der Versicherten
- Frau C - (am 24.10.2016) für diese "Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte
Menschen nach dem SGB XI".
Der von der Beklagten eingeschaltete Sozialmedizinische Dienst (SMD) stellte (durch die Pflegefachkraft T und die Sozialmedizinerin
A) in seinem Gutachten "zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI" vom 05.12.2016 fest, dass in der Grundpflege lediglich ein Hilfebedarf von 5 Minuten und in der hauswirtschaftlichen Versorgung
ein solcher von 20 Minuten pro Tag bestehe; auch die Alltagskompetenz sei nicht erheblich eingeschränkt.
Mit Bescheiden vom 15.12.2016 lehnte die Beklagte die Zuerkennung von Pflegeleistungen einschließlich zusätzlicher Leistungen
nach § 45a SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung unter Bezugnahme auf das Begutachtungsergebnis ab.
Hiergegen (wörtlich nur: "gegen den Bescheid vom 15.12.2016") legte der Kläger unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse
im Sinne von § 95 SGB XII (mit Schreiben vom 29.12.2016) Widerspruch ein. Zur Begründung führte er (mit Schreiben vom 30.06.2017) aus, die Ablehnung
der Pflegebedürftigkeit wie der erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz sei zu Unrecht erfolgt. Die Versicherte werde
aufgrund ihrer psychischen Behinderung seit mehreren Jahren stationär betreut. Es bestehe ein erheblicher Bedarf an Beaufsichtigung
und Betreuung. Dies folge aus dem beigefügten Sozial- und Verlaufsbericht der Einrichtung vom 12.05.2016 (für die Zeit von
März 2014 bis März 2016). Ab dem 01.01.2017 sei danach zumindest Pflegegrad 2 zu bejahen. Der Vorlage einer Vollmacht der
Versicherten bedürfe es nicht, da es sich bei § 95 SGB XII um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft handele. Dies bedeute, dass der Kläger "vorliegend zwar ein fremdes Recht,
allerdings im eigenen Namen geltend mache".
Mit Schreiben vom 26.06.2017 machte der Kläger gegenüber der Beklagten für die übernommenen Aufwendungen (Pflegesatz stationär:
EUR 115, 24; Pflegesatz teilstationär: EUR 32,53) unter Berücksichtigung des in § 43a SGB XI genannten Höchstsatzes ausdrücklich einen Erstattungsanspruch nach § 102 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) - für die Zeit ab dem 01.01.2017 bis auf weiteres - in Höhe von EUR 266,00 monatlich geltend.
Der SMD verblieb in seiner ergänzenden Stellungnahme (des Leitenden Mediziners Dr. T) vom 07.07.2017 bei seiner sozialmedizinischen
Einschätzung. Die Versicherte verfüge nach dem Ergebnis der Begutachtung über eine gute Selbsthilfe- und Mithilfekompetenz.
Durch Widerspruchsbescheide vom 24.08.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen
eines Anspruchs nach § 43a SGB XI seien nicht gegeben. Nach der durchgeführten Begutachtung bestehe bei der Versicherten weder Pflegebedürftigkeit noch eine
erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz.
Mit seiner dagegen am 13.09.2017 vor dem Sozialgericht Münster (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Anliegen weiter verfolgt. Seine Berechtigung, die Leistungsberechtigung der Versicherten
- die Inhaberin des Anspruchs bleibe - festzustellen zu lassen und Leistungen an sich selbst zu verlangen, ergebe sich aus
§ 95 SGB XII. Ihm stehe als Sozialhilfeträger ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X i.V.m. § 13 Abs. 4 SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung zu. Eine Vereinbarung im Sinne dieser Vorschrift zur Durchführung des § 43a SGB XI habe er am 29.07.2002 mit der AOK Westfalen-Lippe, dem BKK Landesverband NRW, der Landwirtschaftlichen Pflegekasse NRW, der
Bundesknappschaft als Rechtsvorgänger der Beklagten und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. (AEV) sowie dem früheren Verband
der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) geschlossen (im Folgenden DFV); aufgrund der in 2015 geänderten Höchstbeiträge sei am
10.04.2015 eine Ergänzungsvereinbarung getroffen worden (im Folgenden: ErgV). Diese Vereinbarung habe trotz der mittlerweile
erfolgten Änderung des § 13 Abs. 4 SGB XI weiterhin Gültigkeit. Danach müsse in Fällen, in denen am 31.12.2016 der Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung mit
Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung nach dem SGB XII zusammentreffe, eine Vereinbarung nach § 13 Abs. 4 SGB XI nur dann abgeschlossen werden, wenn einer der beteiligten Träger oder der Leistungsbezieher dies verlange (§ 144 Abs. 5 SGB XI), was nicht der Fall sei. Sämtliche Klageverfahren beträfen überdies "Bestandsfälle", in denen stationäre Eingliederungshilfe
bereits vor dem 01.01.2017 geleistet worden sei. Nach der Überleitungsnorm des § 140 Abs. 2 S. 1 SGB XI seien indes nur versicherte Personen zum 01.01.2017 in den Pflegegrad 2 überzuleiten, die über eine erheblich eingeschränkte
Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung verfügten und bei denen spätestens am 31.12.2016 alle weiteren Anspruchsvoraussetzungen
für mindestens eine regelmäßig wiederkehrende Leistung der Pflegeversicherung vorlagen.
Jedenfalls stehe dem Kläger ein Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X zu, denn er sei nachrangig verpflichteter Leistungsträger. Eine rein auf den Wortlaut des § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI - nach dem die Leistungen der Eingliederungshilfe im Verhältnis zur Pflegeversicherung gerade nicht nachrangig sei - begrenzte
Auslegung lasse sowohl den Zweck dieser Norm als auch den Zweck des § 43a SGB XI außer Acht. In denjenigen Fällen, in denen Leistungen der Eingliederungshilfe vollstationär in einer Einrichtung der Behindertenhilfe
im Sinne des § 43a SGB XI erbracht würden, stelle § 13 Abs. 3 S. 3 HS 2 SGB XI klar, dass die Pflegeleistungen Bestandteil der Eingliederungshilfe seien, so dass der Sozialhilfeträger den Hilfebedürftigen
nicht auf die sonst vorrangigen SGB XI-Leistungen verweisen dürfe. Die vom Gesetzgeber mit der Einführung von § 43a SGB XI beabsichtigte effektive Entlastung des Sozialhilfeträgers für die Pflegekosten um den Pauschalbetrag - und die damit einhergehende
teilweise Wiederherstellung des Nachranges der Sozialhilfe - liefe leer, wenn der Kläger sie nicht selbst herbeiführen könne,
sondern auf die von ihm nicht zu beeinflussende Durchführung durch den Leistungsempfänger angewiesen sei. § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI sei daher in Abweichung von seinem Wortlaut teleologisch dahingehend zu reduzieren (zur grundsätzlichen Möglichkeit: Bundessozialgericht
(BSG), Urteil vom 25.01.2017, B 3 P 2/15 R), dass Leistungen der stationären Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII als nachrangig gegenüber der pauschalen Leistung der Pflegekassen nach § 43a SGB XI zu sehen seien (Schweigler, SGb 2014, 307 ff.). Für dieses Ergebnis sprächen auch zwei ältere Entscheidungen des BSG (Urteile vom 13.03.2001 - B 3 P 17/00 R; vom 28.06.2001, B 3 P 7/00 R), in denen der zuständige 3. Senat für einschlägige Fallgestaltungen ohne weiteres von der grundsätzlichen Anwendbarkeit
des § 104 SGB X und von einem Antragsrecht des Sozialhilfeträgers nach der Vorgängerregelung zu § 95 SGB XII - § 91a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) - ausgegangen sei.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Versicherte zum Zeitpunkt der Antragstellung auch in erheblichem Maße in ihrer
Alltagskompetenz gemäß § 45a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB XI a.F. mit einem grundpflegerischen Bedarf unterhalb der Pflegestufe I eingeschränkt gewesen. Damit sei sie aber nach der Überleitungsnorm
des § 140 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2, S. 3 Nr. 2a) SGB XI ab dem 01.01.2017 dem Pflegegrad 2 zuzuordnen, mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Leistungen wegen
Pflegebedürftigkeit nach § 43a SGB XI bestanden habe. Der Sozial- und Verlaufsbericht belege entgegen der Einschätzung des SMD einen erheblichen Betreuungsaufwand.
Die Versicherte reagiere aufgrund ihrer posttraumatischen Belastungsstörung mit selbstverletzendem Verhalten und erhöhter
depressiver Verstimmung. Auch sei sie unfähig, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und zu äußern, so dass sie
zeitweise inkontinent im Hinblick auf Stuhlgang und Urin sei. Aufgrund der Diagnose einer Enurisis müsse sie regelmäßig zum
Trinken angehalten werden, was durch einen ständig zu kontrollierenden Trinkplan und teilweise gegen ihren Widerstand sichergestellt
werden müsse.
Der Kläger hat beantragt,
unter Aufhebung der Bescheide vom 15.12.2016 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.08.2017 die Zugehörigkeit der Frau
S zum Personenkreis mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz sowie die Anerkennung einer Pflegestufe/eines Pflegegrades
festzustellen und Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit gemäß § 43a SGB XI zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht durch Urteil ohne mündliche Verhandlung am 12.12.2018 entschieden
und die Klage abgewiesen. Der Kläger berühme sich keines eigenen Rechtes, sondern mache Leistungen der sozialen Pflegeversicherung,
für die originär der Pflegebedürftige leistungsberechtigt sei, für diesen geltend. Das so zu verstehende Begehren sei bereits
unzulässig, da der Kläger nicht prozessführungsbefugt sei. Eine gewillkürte Prozessstandschaft liege nicht vor. Es bestünden
keine Anhaltspunkte, dass die hier betroffene Versicherte den Kläger überhaupt zur Prozessführung ermächtigt habe. Auch eine
gesetzliche Prozessstandschaft scheide aus. Die Voraussetzungen des insoweit allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommenden
§ 95 SGB XII seien nicht erfüllt. Danach könne der erstattungsberechtigte Träger der Sozialhilfe die Feststellung einer Sozialleistung
betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. An einer Erstattungsberechtigung fehle es jedoch. Sie sei nach § 95 SGB XII immer dann ausgeschlossen, wenn ein Erstattungsanspruch nicht dazu diene, den Nachrang der Sozialhilfe herzustellen, sondern
eine andere vom Gesetzgeber als unbillig angesehene Belastung einzelner Sozialhilfeträger auszugleichen. Auch nach § 104 SGB X sei nur der nachrangig verpflichtete Leistungsträger erstattungsberechtigt. Ein Nachrangverhältnis der Leistungen nach §
43a SGB XI zu den Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII liege indes nach ganz herrschender Meinung (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2017, B 3 P 2/15 R; BSG, Urteil vom 20.04.2016, B 3 P 1/15 R; vgl. aus der Literatur: Udsching in: Udsching/Schütze, SGB XI, 5. Aufl. 2018, § 13 Rn. 20; Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGB XI, 2. Aufl. 2017, § 13 Rn. 108) nicht vor. Dies folge aus Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck der Regelung. Soweit der
Kläger sich auf die DFV auf Grundlage von § 13 Abs. 4 SGB XI berufe, eröffne diese nicht die Möglichkeit, einen fremden materiell-rechtlichen Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen.
Ein solcher lediglich vertraglicher Anspruch sei auch kein Erstattungsanspruch im Sinne von § 95 SGB XII, da er nicht dazu diene, den Nachrang der Sozialhilfe herzustellen.
Der Kläger hat gegen das (ihm am 17.12.2018 zugestellte) Urteil am 09.01.2019 Berufung eingelegt. Seine Prozessführungsbefugnis
lasse sich entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts auf § 95 SGB XII stützen. Diese Norm definiere nicht, wann ein Erstattungsanspruch vorliege und verlange nicht per se ein Nachrangverhältnis
bzw. ein solches schließe die Anwendung von § 95 SGB XII nicht von vornherein aus. Vielmehr reiche es, dass Leistungen des Sozialhilfeträgers aus institutionellen Gründen aufgrund
von § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig gegenüber anderen Leistungsträgern und damit auch im Verhältnis zur Pflegeversicherung seien. Dass
im konkreten Fall der Eingliederungshilfe etwas anderes gelte, ändere nichts an dieser grundsätzlichen Systemsubsidiarität.
Gerade weil die Sozialhilfe an sich gegenüber der Pflegeversicherung institutionell nachrangig sei, sei § 43a SGB XI geschaffen worden. Ein Erstattungsanspruch, der diese Norm umsetze, sichere damit zugleich auch den Nachrang. Lediglich §
104 SGB X verlange für den Erstattungsanspruch neben der Systemsubsidiarität auch die Einzelfallsubsidiarität kraft ausdrücklicher
gesetzlicher Anordnung. Wenn jedoch auch die übrigen Regelungen der §§ 102 ff. SGB X eine Erstattungsberechtigung ohne Nachrangverhältnis im Einzelfall begründen könnten, sei nicht einzusehen, wieso dies im
zu erkennenden Fall nicht möglich sein solle. Der Erstattungsanspruch folge aus § 13 Abs. 4 SGB XI i.V.m. der hierauf fußenden DFV mit den Verbänden der Pflegekassen. Nach § 2 Abs. 2 DFV habe die Pflegeversicherung die Beträge nach § 43a SGB XI mit befreiender Wirkung unmittelbar an den Kläger zu leisten, dem insoweit ein Erstattungsanspruch zustehe. Der Erstattungsanspruch
lasse sich auch über § 104 Abs. 1 SGB X begründen: § 13 Abs. 3 SGB XI bestimme nur, dass Leistungen der Eingliederungshilfe nicht nachrangig gegenüber Leistungen der Pflegeversicherung seien.
Bei den Leistungen, die mit § 43a SGB XI abgegolten werden sollten, handele es sich jedoch um Pflegeleistungen, die sich aufgrund der Verflechtung von Eingliederungshilfe
und Pflege in vollstationären Einrichtungen schwer trennen ließen.
Hilfsweise stütze er sich auf eine gewillkürte Prozessstandschaft, die sich aus dem schlüssigen Verhalten der Versicherten
ohne weiteres herleiten lasse und keiner Offenlegung bedürfe.
Weiterhin hilfsweise berufe er sich auf einen Anspruch aus § 43a SGB X aus eigenem Recht gegen die Beklagte, den das Sozialgericht versäumt habe zu prüfen. Der Klageantrag stehe dem nicht entgegen,
er habe sich nur im Rahmen der Begründung auf das fremde Recht berufen. Die Amtsermittlung verlange eine erweiterte Prüfung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.12.2018 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 15.12.2016
und der Widerspruchsbescheide vom 24.08.2017 zu verpflichten, Leistungen nach § 43a SGB XI zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das erstinstanzliche Urteil in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. Weder die Voraussetzungen einer gewillkürten,
noch die einer gesetzlichen Prozessstandschaft lägen vor. In materieller Hinsicht könne sie nicht nachvollziehen, weshalb
der Kläger die Voraussetzungen des § 43a SGB XI aufgrund des Vorliegens von Pflegegrad 2 als gegeben ansehe. Da der Antrag aus November 2016 datiere, sei der Beurteilungsmaßstab
das bis zum 31.12.2016 geltende Recht, das keine Pflegegrade kenne.
Mit Schreiben vom 25.10.2017, eingegangen bei der Beklagten am 10.11.2017, hat der Kläger einen weiteren Antrag auf Leistungen
gem. § 43a SGB XI bezogen auf die Versicherte S im berechtigten Interesse im Sinne von § 95 SGB XII gestellt bzw. zugleich einen (eigenen) Erstattungsanspruch geltend gemacht. Die Beklagte hat Leistungsantrag und Erstattungsanspruch
mit Bescheid vom 09.03.2018 abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsvorgänge des Klägers und der Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht Münster hat die auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen bzw. die Erstattung von Aufwendungen
nach § 43a SGB XI sowie auf Aufhebung der Bescheide vom 15.12.2016 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.08.2017 gerichtete Klage zu
Recht durch Urteil vom 12.12.2018 abgewiesen.
I. Streitgegenstand sind vorliegend Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen
nach § 43a SGB XI ab dem 24.10.2016 bis zu der durch den Neuantrag vom 25.10.2017, abgelehnt durch Bescheid vom 09.03.2018, entstandenen Zäsur,
ab der sich die hier angefochtenen Bescheide erledigt haben (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R, Rn. 8, juris). Der mit Schreiben vom 26.06.2017 vom Kläger flankierend geltend
gemachte isolierte Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X begrenzt den streitgegenständlichen Zeitraum indes nicht, da er keinen neuen Antrag auf Leistungen nach § 43a SGB XI enthält.
II. Da der hier streitige Antrag auf Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen
nach dem SGB XI am 24.10.2016 gestellt wurde, ist nach der Überzeugung und mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des erkennenden 5. Senates
(vgl. Urteil vom 08.06.2017, L 5 P 53/15, Rn. 52, juris) das bis zum 31.12.2016 geltende Recht maßgeblich. Dies folgt bereits aus dem ausdrücklichen und eindeutigen
Wortlaut der Überleitungsnorm des § 140 Abs. 1 SGB XI i.d.F. vom 21.12.2015. Danach erfolgt die Feststellung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit oder einer erheblich eingeschränkten
Alltagskompetenz nach § 45a in der am 31.12.2016 geltenden Fassung jeweils auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Antragstellung
geltenden Rechts, vorliegend also des bis zum 31.12.2016 geltenden Rechts, und zwar auch dann, wenn der zu beurteilende Zeitraum
über den 31.12.2016 hinausgeht (Urteil vom 08.06.2017, a.a.O.; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.05.2019, L 30 P 59/17, juris m.w.N.).
III. Die Klage ist hinsichtlich der mit der Berufung allein noch beantragten Übernahme von Pflegeaufwendungen als Anfechtungs-
und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, S. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) und hinsichtlich der mit der Berufung (hilfsweise) geltend gemachten Erstattung von Leistungen (aus eigenem Recht) auch
als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zwar statthaft (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2001, B 3 P 7/00 R, Rn. 13; Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 7/13, Rn. 13 und 16, je juris; zur Möglichkeit der gleichzeitigen Geltendmachung von
§ 95 SGB XII und Erstattung vgl. Armbruster in: JurisPK-SGBXII, Stand: 18.01.2017, § 95 Rn. 110 m.w.N.). Der Senat kann daher dahinstehen
lassen, ob die demgegenüber erstinstanzlich neben dem Leistungsbegehren noch geltend gemachten Klage auf Feststellung, dass
die Versicherte zum Personenkreis mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz gehört bzw. bei ihr eine Pflegestufe/ein
Pflegegrad anzuerkennen war, trotz der damit letztlich begehrten Feststellung von Teilelementen (hierzu BSG, Urteil vom 26.02.2019, B 12 R 8/18 R, Rn. 17 ff., juris m.w.N.) des Anspruchs aus § 43a SGB XI und des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.2006, B 10 LW 4/05 Rn. 12, juris m.w.N.) statthaft gewesen wäre. Der so vollzogene Wechsel des Klagebegehrens
stellt gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG auch keine Klageänderung dar (zum Übergang von der Leistungs- und Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage zur Feststellungsklage
und umgekehrt vgl. BSG, Urteil vom 12.08.2010, B 3 KR 9/09 R; s.a. Schmidt in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 4 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
IV. Das Sozialgericht hat jedoch zutreffend entschieden, dass die Klage schon deswegen unzulässig ist, weil dem Kläger die
Prozessführungsbefugnis fehlt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die überzeugenden Entscheidungsgründe
des erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 Abs. 2 SGG).
Auch der Sachvortrag des Klägers aus der Berufungsinstanz führt zu keiner abweichenden Beurteilung:
1. Insbesondere vermag der Senat keine gewillkürte Prozessstandschaft zu erkennen. Hierunter ist die gerichtliche Geltendmachung
fremder Rechte im eigenen Namen auf Grund Ermächtigung durch den Rechtsinhaber zu verstehen (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung ( ZPO), 33. Aufl. 2020, Vorbem. Zu §§ 50- 59, Rn. 38). Für eine solche Ermächtigung finden sich keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr hat sich der Kläger vom Verwaltungsverfahren
bis zur Berufungsinstanz, in der er sich erstmalig hilfsweise auf eine gewillkürte Prozessstandschaft berufen hat, stets ausdrücklich
auf eine gesetzliche Prozessstandschaft nach § 95 SGB XII gestützt; ein solcher Rückgriff auf diese komplexe und zwischen den Beteiligten höchst umstrittene Rechtsgrundlage (hierzu
unter IV. 2.) wäre überflüssig gewesen, wenn bereits eine klare gewillkürte Ermächtigung vorläge. Es ist aber nicht erkennbar,
woraus der Kläger schließen will, dass die Versicherte ihn auch nur stillschweigend ermächtigt hat, ihren Anspruch aus § 43a SGB XI für sie geltend zu machen. Die Tatsache, dass die Betreuerin der Versicherten für diese - nach Aufforderung durch die Beklagte
- im Verwaltungsverfahren Leistungen nach § 43a SGB XI beantragt hat, lässt keinen Rückschluss zu, dass sie diese auch klageweise durchsetzen wollte. Das Gegenteil ist der Fall:
In den beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Klägers befindet sich ein auf den 17.10.2017 datierendes und von ihr selbst unterzeichnetes
Schreiben der Versicherten, in der sie sich weigert, eine Schweigepflichtentbindungserklärung abzugeben, da sie sich "keiner
Pflegestufe zugehörig fühle".
2. Auch auf eine gesetzliche Prozessstandschaft kann sich der Kläger zur Überzeugung des Senates nicht berufen. Das Sozialgericht
hat zutreffend ausgeurteilt, dass die Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Legitimationsgrundlage des
§ 95 SGB XII nicht vorliegen.
§ 95 SGB S. 1 XII bestimmt in der maßgeblichen Fassung vom 27.12.2003 (BGBl. I, S. 3022), dass der erstattungsberechtigte Träger der Sozialhilfe die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel
einlegen kann. Dabei ist der Begriff der "Feststellung" nicht im prozessualen Sinne zu verstehen, sondern vielmehr ermöglicht
es die Norm dem Sozialhilfeträger, ein fremdes Recht prozessual und materiell in eigenem Namen aus eigenem Antragsrecht geltend
zu machen, ohne dass es einer Mitwirkung oder gar Zustimmung des sozialleistungsberechtigten Anspruchsinhabers bedarf; er
tritt in dieselbe Rechtsstellung ein ohne diesen zu verdrängen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1998, B 9 VG 6/96 R, SozR 3-5910 § 91a Nr. 4).
Der Senat folgt dem Sozialgericht insbesondere insoweit, als es bereits das Tatbestandsmerkmal der Erstattungsberechtigung
des Klägers verneint hat. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass der Wortlaut der Norm ausdrücklich nur voraussetzt, dass dem
Leistungsberechtigten ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung und dem Sozialhilfeträger genau wegen dieses Anspruchs ein
Erstattungsanspruch gegen einen anderen Leistungsträger zusteht (vgl. Zitzen in: Jahn, SGB XII, § 95, Stand: 29.03.2018, Rn. 3). Aus dem Sinn der Vorschrift, die möglichst schnelle Realisierung vorrangiger Ansprüche zu ermöglichen
wird indes allgemein gefolgert, dass § 95 SGB XII (neben den §§ 93, 94 SGB XII) ein Instrument zur Herstellung des Nachranges der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) darstellt und andererseits im Dienste der Vorschriften über die Erstattung von Sozialleistungen nach §§ 102 ff. SGB XI steht, die selbst nicht die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen im Verhältnis der Leistungsträger vorgeben (BVerwG,
Urteil vom 23.01.2014, 5 C 8/13, juris, Rn. 17; Armbruster in: jurisPK-SGB XII, § 95, Stand: 18.01.2017, Rn. 15, je mit zahlreichen w.N.). Daraus ergibt sich, dass keine Erstattungsberechtigung im Sinne der
Norm vorliegt, wenn feststeht, dass die gewährte bzw. zu gewährende Leistung nicht nachrangig ist (Grube in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 95 Rn. 4).
a) Nachrangigkeit richtet sich dabei im Erstattungsverhältnis zweier Leistungsträger nach § 104 SGB X: Gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist für den Fall, dass ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, grundsätzlich der Leistungsträger
erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte. Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist ein Leistungsträger nachrangig verpflichtet, soweit er bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen
Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein entsprechender Erstattungsanspruch nach diesen Bestimmungen
setzt damit voraus, dass Leistungspflichten (mindestens) zweier Leistungsträger nebeneinander bestehen und miteinander konkurrieren,
wobei die Verpflichtung eines der Leistungsträger der Leistungspflicht des anderen nachgehen muss (stRspr, vgl. nur BVerwG,
Urteil vom 23.01.2014, a.a.O., Rn. 7 m.w.N.). Richtet sich demgegenüber das Erstattungsverhältnis mangels Nachrangigkeit nach
§ 103 SGB X, ist der leistende Sozialhilfeträger nicht befugt, die Feststellung der anderen Sozialleistung selbst zu betreiben, denn
die Erstattungsberechtigung aus dem Leistungsrecht ist Voraussetzung für das Antragsrecht und kann nicht erst über § 95 SGB XII herbeigeführt werden (Grube, a.a.O.).
Diese Anforderungen sind nicht erfüllt.
Zwar kommen grundsätzlich zwei Leistungsverpflichtungen in Betracht. Zum einen hat die Versicherte Leistungen der vollstationären
Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen beantragt (zur materiellen Anspruchsvoraussetzungen des Antrages
vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 P 7/03 R, juris, Rn. 19). Zum anderen wären die beantragten Leistungen - ihre an dieser Stelle nicht zu prüfende materielle Berechtigung
unterstellt - jedoch auch dem Grunde nach vom Kläger zu erbringen; Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen
Versorgung werden in vollstationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 43a SGB XI und § 55 SGB XII von der Einrichtung geschuldet (BSG, Urteil vom 25.02.2015, B 3 KR 11/14 R, juris, Rn. 23). Solche Einrichtungen sind zwar keine Pflegeeinrichtungen im engeren Sinne des § 71 SGB XI (vgl. § 71 Abs. 4 SGB XI), gleichwohl erbringen sie Pflegeleistungen (vgl. § 55 SGB XII; ab 01.01.2020: § 103 SGB XII).
Die Pflegekasse übernimmt nach § 43a Satz 1 SGB XI 10 vH des nach § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbarten Heimentgeltes für Pflegebedürftige in einer stationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der
die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen
im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen (§ 71 Abs. 4 SGB XI). Dabei dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse im Einzelfall je Kalendermonat 266 Euro nicht übersteigen (§ 43a Satz 2 SGB XI). Zu den in § 43 Abs. 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen
für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Mit dieser Regelung korrespondiert § 55 S. 1 SGB XII, der im Verhältnis zum Hilfebedürftigen ebenfalls eine pauschale Abgeltung der erforderlichen Pflegeleistung vorsieht (vgl.
Wehrhan in: juris-PK-SGB XII, Stand: 06.02.2017, § 55 Rn. 4).
Es liegt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers bereits keine Nachrangigkeit im Sinne des § 104 Abs. 1 SGB X zwischen der stationären Eingliederungshilfe und der Leistung nach § 43a SGB XI vor.
Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege verfolgen bereits im Ausgangspunkt unterschiedliche Zielrichtungen (vgl. Reimer,
SGb 2018, 299 mit zahlreichen Nachweisen aus der Gesetzesbegründung). Eingliederungshilfe hat zum Ziel, auf eine Integration des behinderten
Menschen in die Gesellschaft und auf eine entsprechende berufliche Rehabilitation hinzuwirken (vgl. §§ 53 ff. SGB XII). Mit der Hilfe zur Pflege wird dagegen nicht vornehmlich auf die Besserung des gesundheitlichen Zustandes, sondern vielmehr
auf die Erleichterung der Beschwerden zur Ermöglichung der erforderlichen Alltagsverrichtungen abgestellt.
In denjenigen Fällen, in denen Leistungen der Eingliederungshilfe vollstationär in einer Einrichtung der Behindertenhilfe
im Sinne des von §§ 43a i.V.m. 71 Abs. 4 SGB XI erbracht werden, sind von den Eingliederungsleistungen aber auch die in der Einrichtung gewährten Pflegeleistungen gleichsam
als integraler Bestandteil umfasst (vgl. BSG, Urteil vom 26.04.2001, B 3 P 11/00 R, Rn. 19; Luik in: jurisPK- SGB XI, Stand: 13.12.2018, § 43a Rn. 20 f.). Dies wurde auch im Gesetzgebungsverfahren mehrfach deutlich gemacht (vgl. nur BT-Drs. 13/3696, S. 15). Konsequenz
hiervon ist jedoch gerade, dass der Sozialhilfeträger in einem solchen Fall nicht auf die sonst vorrangigen SGB XI-Leistungen verweisen kann. An den Schnittstellen verschiedener Sozialleistungen geht es darum, staatliche Doppelleistungen
auszuschließen, d.h. der Staat soll für ein und denselben sozialrechtlich definierten Bedarf nicht mehrfach Leistungen erbringen
(BVerwG, Urteile vom 16.07.1985, 5 C 27/84; vom 14.03.1991, 5 C 3489, je juris). Zu diesem Zwecke wird in Gesetzen, die Ansprüche auf Sozialleistungen vorsehen, auch
das Verhältnis dieser Leistungen zu anderen Leistungen geregelt. Für das Verhältnis der beiden hier betroffenen Leistungsformen
bestimmt jedoch § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI in der maßgeblichen Fassung vom 21.12.2015, nach seinem eindeutigen Wortlaut, dass in Abweichung zu den von § 13 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB XII erfassten Leistungen die Eingliederungshilfe im Verhältnis zur sozialen Pflegeversicherung gerade nicht nachrangig ist (grundlegend:
BSG, Urteil vom 20.04.2016, B 3 P 1/15 R, juris, Rn. 23). Gegen den Nachrang der stationären Eingliederungshilfe sprechen daher, wie das Sozialgericht zutreffend
und ausführlich ausgeführt hat, Wortlaut, systematischer Zusammenhang, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck des § 13 Abs. 3 SGB XI, die zugleich auch einer teleologischen Reduktion im Hinblick auf die Leistungen nach § 43a SGB XI entgegenstehen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird mit Ausnahme des Argumentes der Kostenfreiheit der Gerichtsverfahren
(vgl. hierzu unter VII.) Bezug genommen.
Wenn der Kläger in seinem Berufungsvorbringen ergänzend darauf abstellt, dass im Rahmen von § 95 SGB XII keine "Einzelfallsubsidiarität" erforderlich sei, sondern der in § 2 SGB XII geregelte institutionelle Nachrang der Sozialhilfe im Sinne einer "Systemsubsidiarität" ausreiche, vermag dies nicht zu überzeugen.
Auf diese Weise wird die ihrem Wortlaut nach ausdrücklich das Gegenteil bestimmende Sonderregelung des § 13 Abs. 3 SGB XI übergangen und letztlich in ihrem Anwendungsbereich völlig ausgehöhlt.
Soweit in der Literatur als Hilfsargument vorgeschlagen wird, die Abgeltungsnorm des § 43a SGB XI zum Teil selbst als Rangregelung im Sinne einer Ausnahme von der Ausnahme auszulegen (vgl. Schweigler, SGb 2014, 307, 311), überzeugt dies ebenfalls nicht. § 43a SGB XI positioniert sich zum Verhältnis der Leistungen in keiner Weise, so dass eine Abweichung von der Anordnung der Gleichrangigkeit
in § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI keine Grundlage findet.
Unabhängig davon entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die institutionelle Subsidiarität des Sozialhilfeträgers
nach § 2 Abs. 1 SGB XII allein nicht ausreichen soll, um einen nachrangigen Erstattungsanspruch im Sinne von § 104 SGB X zu begründen. Vielmehr müsse die Vorleistung selbst bei institutioneller Gleichrangigkeit kraft ausdrücklicher gesetzlicher
Anordnung als subsidiär festgelegt worden sein (vgl. Urteil vom 19.03.1992, 7 Rar 26/91, juris, Rn. 36 ff.). An einer solchen
Anordnung fehlt es nicht nur, sondern es gibt aufgrund von § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI vielmehr sogar eine explizite Negation der Subsidiarität, welche die Anordnung der Gleichrangigkeit bedeutet.
Der Senat verkennt nicht, dass der 3. Senat des BSG in einer Entscheidung zu der vom Wortlaut identischen Vorgängernorm des § 95 SGB XII - § 91a BSHG - allerdings ohne nähere Begründung bzw. weitere Ausführungen zu den Anforderungen an die Erstattungsberechtigung - eine
gesetzliche Prozessstandschaft bezogen auf Leistungen nach § 43a SGB XI bejaht hat (vgl. Urteil vom 28.06.2001, B 3 P 7/00 R, juris, Rn. 14) und in einer weiteren Entscheidung (vgl. Urteil vom 13.03.2001, B 3 P 17/00 R, juris, Rn. 12) ebenfalls ohne nähere Begründung von einer Nachrangigkeit der stationären Eingliederungshilfeleistungen gegenüber
der pauschalen Leistung nach § 43a SGB XI ausgegangen ist. Der Senat sieht hierin jedoch nicht nur einen Widerspruch zu § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI, sondern auch zu der jüngeren Entscheidung vom 20.04.2016 (B 3 P 1/15 R, a.a.O., Rn. 23), in der ebenfalls der 3. Senat des BSG zuletzt ausdrücklich bestätigt hat, dass auch im konkreten Fall des Abgeltungsanspruchs nach § 43a SGB XI die Eingliederungshilfe gegenüber den Pflegeleistungen nicht nachrangig ist. In seiner jüngsten Entscheidung vom 25.01.2017
(B 3 P 2 /15 R, juris, Rn. 23) zur Erstattung der Aufwendungen für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen zugunsten eines ambulant
gepflegten Versicherten lässt das BSG es - unter Hinweis darauf, dass die herrschende Meinung in der Literatur dies bejaht (vgl. Wagner in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: 07/2016, K § 13 Rn. 47; Udsching, SGB XI, 4. Aufl. 2015, § 13 Rn. 21, § 40 Rn. 33; Koch in KassKomm, SGB XI, Stand: 06/2016, § 13 Rn. 10) - zudem ausdrücklich offen, ob der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe für die in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe
erbrachten Pflegeleistungen durchbrochen wird.
b) Die Erstattungsberechtigung folgt auch nicht aus § 13 Abs. 4 SGB XI in Verbindung mit der DFV vom 29.07.2002 und der ErgV vom 10.04.2015. Treffen Pflegeleistungen mit Leistungen der Eingliederungshilfe
oder mit weitergehenden Pflegeleistungen nach dem Zwölften Buch zusammen, sollen die Pflegekassen und der Träger der Sozialhilfe
nach § 13 Abs. 3 SGB XI in der maßgeblichen bis zum 31.12.2016 geltenden als Handlungsempfehlung formulierten Fassung vereinbaren, dass im Verhältnis
zum Pflegebedürftigen nur eine Stelle die Leistungen übernimmt und die andere Stelle die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen
erstattet.
Durch diese Vorschrift wird letztlich allein die Zuständigkeit der Leistungsgewährung verlagert, die Grundlagen des Anspruchs
auf Pflegeleistungen nach den SGB XI sind dennoch zuvor von der Pflegekasse festzustellen (vgl. Dalichau, a.a.O., § 13 Rn. 145). Daher wird sie überwiegend als
reine Abwicklungsregelung - ohne materielle Bedeutung für das Leistungsrecht - interpretiert (vgl. Lachwitz, Das Verhältnis
der Pflegeversicherung zu den Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, in: DAI, Brennpunkte des Sozialrechts 1996, 35, 55; Philipp in: Kreikebohm, SGB XI, 3. Aufl. 2018, § 13 Rn. 17; Schweigler, a.a.O., S. 310). Diese Einordnung wird auch durch die vorliegende konkrete Ausgestaltung bestätigt. So
heißt es in § 2 (2) der DFV vom 29.07.2002, unter der Überschrift "Grundsätze der Leistungserbringung": "Die Pflegekasse zahlt
auf Grund dieser Vereinbarung die Leistungsbeträge nach § 43a, Sätze 1 und 2 SGB XI mit befreiender Wirkung unmittelbar an den LWL. Hierzu macht der LWL einen Erstattungsanspruch bei der Pflegekasse geltend".
Auf diese Weise wird also kein Erstattungsanspruch begründet, sondern vielmehr vorausgesetzt.
Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass § 13 Abs. 4 SGB XI zum Teil auch als ein den §§ 102 ff. SGB X vorgehender eigenständigen Erstattungsanspruch verstanden wird (vgl. nur Luik in: jurisPK-SGB XII, Stand: 13.12.2018, § 13 Rn. 126 ohne nähere Begründung). Jedoch handelte es sich durch die Delegation der Ausgestaltung auf die Vereinbarung der
Pflegekassen und Träger der Sozialhilfe unter dieser Prämisse letztlich um einen gesetzlich erlaubten vertraglichen Anspruch
(zur Rechtsnatur als Auftragsvertrag vgl. Kruse in: LPK- SGB XI, 4. Aufl. 2014, § 13 Rn. 36). Ein solcher Anspruch genügt den Anforderungen des § 95 SGB XII aber in keinem Fall. Es ist bereits umstritten, ob die gesetzliche Prozessstandschaft des § 95 SGB XII aufgrund der Entstehungsgeschichte auf Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X beschränkt ist (so etwa Grube in: Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 95 Rn. 4; Ehmann in: Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar,
SRB, 2. Aufl. 2018, § 95 SGB XII, Rn. 1; Adams in: BeckOK Sozialrecht, § 95 SGB XII, Stand: 01.09.2019, Rn. 2) oder aber auch Erstattungsansprüche aus anderen Gesetzen bzw. Sondergesetzen außerhalb des Sozialgesetzbuch
(z.B. Lastenausgleichsgesetz) erfasst (vgl. Zeitler in: Mergler/Zink, SGB XII, § 95, Stand: 01/2005, Rn. 10; Armbruster in: jurisPK-SGBXII, § 95, Stand: 18.01.2017, Rn. 32, je m.w.N.). Insoweit muss sich der
Senat nicht festlegen, da es sich jedenfalls nach beiden hierzu vertretenen Ansichten um einen ausschließlich gesetzlichen
Anspruch mit klaren, allgemeingültigen und im Sinne des Bestimmtheitsgrundsatzes vorhersehbaren Tatbestandsmerkmalen handeln
muss (vgl. nur Zeitler in: Mergler/Zink, a.a.O., § 95 Rn. 10). Bei einem über § 13 Abs. 4 SGB XI a.F. hergeleiteten vertraglichen Anspruch bestünden unabhängig davon auch Zweifel, ob es sich nicht um einen unzulässigen
Vertrag zu Lasten Dritter handelt, da die Leistungsträger hier u.a. "über den Kopf" der Pflegebedürftigen hinweg entscheiden,
mit welchem von ihnen sie es hinsichtlich beider Ansprüche in Zukunft zu tun haben (vgl. hierzu: Schulin, Die soziale Pflegeversicherung
des SGB XI - Grundstrukturen und Probleme, NZS 1994, 433, 435). Nicht umsonst ist durch die Einführung von § 13 Abs. 4 S. 4a SGB XI seit dem 01.01.2017 (eingeführt durch Art. 1 Nr. 6 lit. d G. v. 23.12.2016, BGBl. I, 3191) durch den Gesetzgeber nunmehr die Einbeziehung des Leistungsberechtigten in
die gemeinsame Vereinbarung vorgeschrieben.
Schließlich und vor allem hat das Sozialgericht zutreffend und ausführlich dargelegt, dass auch § 13 Abs. 4 SGB XI nicht dazu dient, den Nachrang der Sozialhilfe herzustellen und damit auch bereits aus diesem Grunde nicht die Voraussetzungen
des § 95 SGB XII erfüllt. Eine Aussage über das Rangverhältnis der Leistungen ist § 13 Abs. 4 SGB XI gerade nicht zu entnehmen (Schweigler, a.a.O., S. 310). Vielmehr hat der Gesetzgeber auch bei der Neufassung von § 13 Abs. 4 bzw. der Einführung von § 13 Abs. 4a SGB XI noch einmal den Gleichrang betont und klargestellt: "Die Leistungen der Pflegeversicherung und die Leistungen der Eingliederungshilfe
werden also wie bisher nebeneinander gewährt" (BT-Drs. 18/10510).
3. Die Prozessführungsbefugnis lässt sich auch nicht auf einen eigenen Anspruch des Klägers stützen.
Dem steht bereits der eigene nachhaltig vertretene und ausdrücklich entgegenstehende Wille entgegen (zu den Grenzen der Amtsermittlung
vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 103 Rn. 7a). So hat der Kläger bspw. in der Begründung seines Widerspruchs (mit Schreiben vom 26.06.2017) ausgeführt: "Das bedeutet,
dass ich vorliegend zwar ein fremdes Recht, allerdings in eigenem - meinem - Namen geltend mache". Auch bei der Klageerhebung
hat sich der Kläger ausdrücklich und ausschließlich auf § 95 SGB XII berufen.
a) Selbst wenn man jedoch zu Gunsten des Klägers einen eigenen Anspruch in Betracht zieht, findet sich hierfür entgegen seiner
Auffassung in § 43a SGB XII keine Anspruchsgrundlage.
Wer Anspruchsberechtigter ist, kann dem Wortlaut der Norm zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Aus der systematischen
Stellung im Dritten Abschnitt ("Leistungen" für Pflegebedürftige) ergibt sich aber nach allgemeiner Auffassung, dass nur der
Pflegebedürftige anspruchsberechtigt ist (vgl. nur Luik in: jurisPK- SGB XI, a.a.O., § 43 Rn. 41). Es handelt sich gerade nicht um einen Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers oder der Einrichtung der Behindertenhilfe
gegen die Pflegekasse (BSG, Urteil vom 28.06.2001, a.a.O., Rn. 27; Reimer in: Hauk/Noftz, SGB XI, Stand: 02/18, § 43a Rn. 3).
b) Eine sonstige Anspruchsgrundlage ist nicht erkennbar, insbesondere ist kein Erstattungsanspruch aus § 104 SGB X gegeben (vgl. hierzu bereits unter IV. 2. a)). Auch hat der Kläger weder aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufige Sozialleistungen
erbracht (§ 102 Abs. 1 SGB X), noch ist ein Anspruch der Versicherten nachträglich entfallen (§ 103 Abs. 1 SGB X), noch hat er als unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen aufgeboten (§ 105 SGB X).
V. Unabhängig davon ist auch die allgemeine Klagebefugnis zu verneinen. Dies ergibt sich nicht bereits daraus, dass der Kläger
zusätzlich zum Anspruch aus § 43a SGB XI auch einen Erstattungsanspruch geltend macht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28.06.2011, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.). Jedoch ist die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte nach dem Sachvortrag
des Klägers nicht schlüssig dargetan.
Nach § 54 Abs. 1 S. 2 SGG sind Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (auch in ihrer Kombination) nur dann zulässig, wenn der Kläger schlüssig behauptet,
durch den Verwaltungsakt oder durch Ablehnung bzw. Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (BSG, Urteil vom 17.6.2009, B 6 KA 18/08 R, SozR 4-1500 § 54 Nr. 15 = MedR 2010, 652). Für die Leistungsklage ist § 54 Abs. 1 S. 2 SGG entsprechend anzuwenden, denn das Interesse, Popularklagen auszuschließen, gilt hier in gleicher Weise. Auch mit dieser Klageart
werden subjektive Rechte des Klägers geltend gemacht (BSG, Urteil vom 20.12.2001, B 4 RA 6/01 R, SozR 3-8570, § 8 Nr. 7; BSG, Urteil vom 22.04.2015, B 3 KR 2/14 R, SozR 4-2500 § 127 Nr. 5 Rn. 10).
Im Rahmen seiner Klagebegründung (Schriftsatz vom 24.04.2018 unter II, S. 2) hat der Kläger ausdrücklich geltend gemacht,
dass es sich bei der Versicherten um eine Person zwar mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, jedoch mit einem grundpflegerischen
Bedarf wörtlich "unterhalb der Pflegestufe I" handele, da er den Anspruch aus § 43a SGB XI (ausschließlich) auf die Überleitung aufgrund erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz gem. § 140 Abs. 2 Nr. 2a) SGB XI (in Pflegegrad 2) stützen will.
Dabei verkennt der Kläger jedoch, dass diese Überleitung allein zur Ausfüllung von § 43a Abs. 1 SGB XI in der ab dem 01.01.2017 gültigen Fassung ausreicht, nach der anspruchsberechtigt Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 sind.
Ausgehend von einer Antragstellung im Oktober 2016 ist nach § 140 Abs. 1 SGB XI jedoch allein das bis zum 31.12.2016 geltende Recht maßgeblich (vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter II.). Nach § 43a Abs. 1 SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung waren indes anspruchsberechtigt nur "Pflegebedürftige" im Sinne des alten Rechts
(§§ 14, 15), was damit zwingend mindestens Pflegestufe I voraussetzt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2001, a.a.O., Rn. 17; aus der Literatur statt vieler: Udsching, SGB XI, 4. Aufl. 2015, § 43a Rn. 3; Dalichau, SGB XI, 2014, § 43a Rn. 43).
VI. Bereits aufgrund der Unzulässigkeit der Klage war eine Beiladung der Versicherten nicht in Betracht zu ziehen, weil ihre
Interessen nicht tangiert werden (vgl. § 75 Abs. 1 S. 1 SGG); da ein Erstattungsanspruch des Klägers nicht erkennbar ist und § 43a SGB SGB XI allein die Versicherte berechtigt (vgl. hierzu unter IV. 3.), war überdies auch keine einheitliche Entscheidung (vgl. § 75 Abs. 2 SGG) zwischen allen Beteiligten sicherzustellen (vgl. darüber hinaus zur Beiladungsnotwendigkeit in Erstattungsstreitigkeiten
zwischen Leistungsträgern: BSG, Urteil vom 18.11.2014, B 1 KR 12/14 R, juris, Rn. 9. m.w.N.).
VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung ( VwGO). Bezüglich der Frage der Kostenerstattung im gerichtlichen Verfahren ist bei § 95 SGB XII zu beachten, dass es sich bei einem solchen Feststellungsanspruch um keine Erstattungsstreitigkeit im Sinne des § 188 S. 2, 2. HS. VwGO handelt und daher die dort normierte Gerichtskostenfreiheit nicht greift, da der die Feststellung betreibende selbst nicht
kostenprivilegierte Sozialleistungsträger (vgl. § 183 SGG) gerade keinen eigenen Anspruch, sondern ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht (vgl. VGH BW, 7 S 2426/05, Beschluss vom 07.02.2006, juris, Rn. 4 ff.; Schoch/Münder in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, SGB XII, 11. Aufl. 2018, § 95 Rn. 6). Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass auch das Sozialgericht (vgl. etwa Beschluss vom 29.10.2019
zum Aktenzeichen S 18 P 184/16) mittlerweile an dem Argument, auch die Kostenfreiheit der Verfahren spreche gegen eine teleologische Reduktion des § 13 Abs. 3 SGB XI, nicht mehr festhält.
VIII. Die Revision ist zuzulassen. Zum einen weicht die vorliegende Entscheidung mit der Annahme der fehlenden Nachrangigkeit
von Leistungen der Eingliederungshilfe gegenüber den Pflegeleistungen von zwei Entscheidungen des BSG (Urteil vom 28.06.2001, B 3 P 7/00 R, juris, Rn. 14 und Urteil vom 13.03.2001, B 3 P 17/00 R, juris, Rn. 12) im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG ab; zum anderen hat das BSG die Frage, ob der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe für die in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe erbrachten
Pflegeleistungen tatsächlich durchbrochen wird, in seiner jüngsten Entscheidung vom 25.01.2017 (B 3 P 2 /15 R, juris, Rn.
23) selbst ausdrücklich offen gelassen und damit nahegelegt, dass insoweit weiterhin Klärungsbedarf besteht, der überdies
auch die Annahme grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) rechtfertigt.
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