Anspruch auf Kostenübernahme einer Schulbegleitung zur Sicherstellung der erforderlichen Diabeteskontrolle im Rahmen der häuslichen
Krankenpflege im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
Gewährung vorläufiger Leistungen bei Kassenwechsel
Keine Leistungen zur Teilhabe
Gründe
Die Beschwerde der Beigeladenen hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben worden (§
173 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG], sie ist statthaft (vgl. §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung
dazu verpflichtet, die Kosten einer Schulbegleitung zur Sicherstellung der erforderlichen Diabeteskontrolle im Rahmen der
häuslichen Krankenpflege (Behandlungssicherungspflege) bis zum 31. Januar 2019 zu übernehmen, wobei letztlich dahinstehen
kann, ob der Anordnungsanspruch mit dem Sozialgericht aus §
43 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) oder unter Berücksichtigung der Wertungen des §
86b Abs.
2 SGG unmittelbar aus §
37 Abs.
2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) abzuleiten ist.
Soweit das Sozialgericht die Voraussetzungen des §
37 Abs.
2 Satz 1
SGB V darstellt, die hier begehrte Leistung unter diese Vorschrift subsumiert und den Anwendungsbereich dieser Vorschrift zu dem
der Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) abgrenzt, schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts nach eigener Prüfung an und sieht von der weiteren
Darstellung der Gründe ab (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG). Weitere Ausführungen dazu sind auch deshalb nicht angezeigt, weil die Beigeladene in ihrer Beschwerdeschrift erklärt hat,
die erstinstanzlichen Ausführungen insoweit nachvollziehen zu können.
Mit ihrer Beschwerde macht die Beigeladene einzig geltend, dass sie einer Verpflichtung auch zur vorläufigen Leistung nach
§
43 SGB I nicht mehr ausgesetzt sei, weil die frühere Krankenkasse des Antragstellers den Antrag auf Übernahme der Kosten für eine
Assistenzkraft nach §
14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX) an den Antragsgegner weitergeleitet habe, so dass dieser zuständig geworden sei und deshalb kein Zuständigkeitsstreit mehr
bestehe. Soweit das Sozialgericht den bei ihr gestellten neuen Antrag auf vorläufige Leistungen wegen der durch den Kassenwechsel
eingetretenen Zäsur für zulässig erachte, unterlaufe es das durch die Spezialregelung des §
14 SGB IX für den Bereich der Rehabilitationsleistungen geschaffene System. Mit diesem Vorbringen vermag die Beigeladene jedoch im
Ergebnis nicht durchzudringen.
Dabei lässt der Senat offen, ob der Wechsel einer Krankenkasse eine Zäsur dergestalt zu begründen vermag, dass neben die durch
die fristgerechte Weiterleitung eines Antrags begründete vorläufige, im Leistungsverhältnis allerdings de facto endgültige
Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers, an den weitergeleitet worden ist (§
14 Abs.
2 Satz 4 Halbsatz 1 i.V.m. Satz 1
SGB IX), eine weitere zumindest vorläufige Leistungspflicht der neuen Krankenkasse treten kann. Denn das Regelungssystem findet
insgesamt nur Anwendung, wenn es sich bei der in Rede stehenden Leistung um eine Leistung zur Teilhabe (§
4 Abs.
1 SGB IX) handelt. Dies ist hier nicht der Fall. Der Senat hat bereits entschieden, dass Assistenzleistungen zur Diabetesregulation
ganz überwiegend der Überwachung und Sicherung des ärztlichen Behandlungserfolgs und ggf. der Versorgung mit Insulin dienen
und damit nicht den Leistungen zur Teilhabe in Form von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation i.S. des §
5 Nr. 1
SGB IX zuzurechnen sind (Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2017 - L 9 SO 181/17 B ER). An dieser Auffassung hält der Senat auch weiterhin
fest.
Wenn in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, dass §
14 SGB IX auch in Fällen anzuwenden sei, in denen die Zuständigkeit umstritten ist, weil unklar bleibt, ob Teilhabeleistungen oder
Maßnahmen der Krankenbehandlung zu gewähren sind (vgl. Ulrich in: jurisPK-
SGB IX, 3. Aufl. 2018, §
14 Rn. 54; Luik in: jurisPK-
SGB IX, 2. Aufl. 2015, §
14 Rn. 60 jeweils m.w.N.), rechtfertigt dies vorliegend keine andere Bewertung. Denn eine solche Situation liegt hier nicht
vor, weil zwischen allen Beteiligten letztlich unstreitig ist, dass es sich bei der begehrten Leistung nicht um eine Leistung
der medizinischen Rehabilitation handelt. Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich, ob die von §
14 SGB IX ausgehende Sperrwirkung für die Gewährung vorläufiger Leistungen (vgl. §
24 Satz 3
SGB IX) auch dadurch ausgelöst wird, dass eine Leistung, deren Qualität als Leistung der häuslichen Krankenpflege außer Zweifel
steht, gleichwohl als Leistung zur Teilhabe an einen (anderen) Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist. Von einer
so weitgehenden Sperrwirkung sowohl für die Anwendung des §
43 SGB I als auch für die Verpflichtung des (nach materiellem Krankenversicherungsrecht) richtigerweise angegangen Krankenversicherungsträgers
im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geht der Senat bei Beachtung des Zwecks des §
14 SGB IX auch unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen der Beteiligten indes nicht aus. Vielmehr würde die vom Gesetzgeber
bewusst vorgenommene Beschränkung des Systems des §
14 SGB IX auf Leistungen zur Teilhabe bei einer solchen Auslegung vollständig entwertet.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend §
193 Abs.
1 Satz 1 und Abs.
4 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).