Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau; Berechnung des Sozialhilfeanspruchs
Der Unterhaltsbedarf der neuen Ehefrau ist nicht zu berücksichtigen, wenn sie wegen der langen Dauer (20 Jahre) der Ehe der
Parteien gemäß §
1582 BGB nicht den gleichen Rang wie die frühere Ehefrau hat. Das BVerfG (FamRZ 1984, 346, 350) verweist die nachrangige neue Ehefrau auf die Sozialhilfe. Dem steht nicht entgegen, daß zwischen dem Unterhaltsschuldner
und seiner neuen Ehefrau sozialhilferechtlich eine Bedarfsgemeinschaft besteht (§ 11 BSHG); denn jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft hat einen eigenen Hilfeanspruch (BVerwG FamRZ 1993, 544 = NJW 1993, 2884, 2885). Soweit gemäß § 91 BSHG der Unterhaltsanspruch auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist, darf die neue Ehefrau daher nicht in die öffentlich-rechtliche
Vergleichsberechnung zwischen Sozialhilfebedarf und Selbstbehalt einbezogen werden, weil auch das Sozialamt bei der Anwendung
des § 11 BSHG und der danach vorzunehmenden Einkommenszurechnung Unterhaltszahlungen an vorrangige Unterhaltsberechtigte respektieren muß.
Gründe:
1. Die Berufung des Antragstellers (der Ehesache) hat nur teilweise Aussicht auf Erfolg. Die geschiedene Ehefrau hat einen
Unterhaltsanspruch nach §
1572
BGB. Von dem Einkommen des Antragstellers aus Krankengeld von 2.341,00 DM bzw. 2.291,00 ab 01. Januar 1995 sind 7,00 DM Gewerkschaftsbeitrag
und 18,35 DM Rechtsschutzversicherung (für Berufskraftfahrer) abzusetzen. Ab 1. Januar 1996 ist zugunsten des Antragstellers
ein Selbstbehalt von 1.650,00 DM gem. §
1581
BGB zu berücksichtigen. Damit ergeben sich als Differenz zwischen Einkommen und Selbstbehalt die aus dem Tenor ersichtlichen
Beträge. Der Unterhaltsbedarf der neuen Ehefrau ist nicht zu berücksichtigen, weil sie wegen der langen Dauer (20 J.) der
Ehe der Parteien gern. §
1582
BGB nicht den gleichen Rang wie die Antragsgegnerin hat. Das BVerfG (FamRZ 1984, 346, 350) verweist die nachrangige neue Ehefrau auf die Sozialhilfe. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen dem Antragsteller
und seiner neuen Ehefrau sozialhilferechtlich eine Bedarfsgemeinschaft besteht (§ 11
BSHG); denn jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft hat einen eigenen Hilfeanspruch (vgl. BVerwG, NJW 1993, 2884, 2885). Soweit gern. § 91
BSHG der Unterhaltsanspruch auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist, darf die neue Ehefrau daher nicht in die öffentlich-rechtliche
Vergleichsberechnung zwischen Sozialhilfebedarf und Selbstbehalt einbezogen werden, weil auch das Sozialamt bei der Anwendung
des § 11
BSHG und der danach vorzunehmenden Einkommenszurechnung Unterhaltszahlungen an vorrangige Unterhaltsberechtigte respektieren muss.
Der Senat folgt daher nicht der abweichenden Auffassung von Schellhom (FuR 1995,11) und Brudermüller (FamRZ 1995, 1037), wonach sich auch in Rangfragen die sozialhilferechtliche Sicht durchsetzen müsse (wie der Senat aber Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht,
§ 6 Rdn. 558).
2. Die Antragsgegnerin wird die angekündigte Umstellung ihres Antrags auf Zahlung an den Sozialhilfeträger zweckmäßig erst
im Termin zur mündlichen Verhandlung vornehmen, damit nicht fortlaufend neue Anträge angekündigt und zugestellt werden müssen.
In der zwischen den Parteien streitigen Frage, wie die von der Antragsgegnerin bezogene Pension der öster. Pensionsversicherungsanstalt
der Angestellten zu behandeln ist, folgt der Senat dem Familiengericht. Der Gesamtbetrag von 5.192,60 öS setzt sich aus der
Bruttopension wegen Erwerbsunfähigkeit infolge des 1964 erlittenen Unfalls von 2.029,60 öS und einem Pflegefeld/Hilflosenzuschlag
von 3.163,00 öS zusammen. Der Hilflosenzuschlag ist gemäß §§
1578 a,
1610 a
BGB ebenso wie das von der Antragsgegnerin bezogene Pflegegeld (zunächst nach § 69 Abs. 3, Abs. 4
BSHG, dann aufgrund der Pflegevers., Pflegestufe II) als durch Aufwendungen in entsprechender Höhe aufgezehrt anzusehen. Diese
gesetzliche Vermutung hat der Antragsteller nicht widerlegt. Der Antragsgegnerin kann auch nicht angesonnen werden, ihre behindertengerechte
Eigentumswohnung zu veräußern.