Zur Frage, in welchem Umfang der Betreute sein Vermögen zur Vergütung des Betreuers einzusetzen hat
Entscheidungsgründe:
I.
Der Beteiligte zu 2) ist im Wege der einstweiligen Anordnung mit Beschluss des Amtsgerichts vom 22. November 2001 zum vorläufigen
und mit Beschluss des Amtsgerichts vom 23. Februar 2002 dauerhaft zum Betreuer der Beteiligten zu 1) bestellt.
Lediglich in letztgenanntem Beschluss ist festgestellt, dass der Beteiligte zu 2) die Betreuung berufsmäßig führt.
Die Kosten des Heimaufenthalts für die pflegebedürftige Beteiligte zu 1) werden, soweit die Leistung der Pflegeversicherung
von monatlich 1023,- EURO und das anrechenbare Einkommen nicht ausreichen, vom Landschaftsverband V nach Maßgabe des Bundesversorgungsgesetzes
übernommen. Monatlich verbleibt der Beteiligten zu 1) neben dem Taschengeld von 121,88 EURO ein Rentengrundbetrag von 360,-
EURO. Daneben verfügt sie über ein Sparguthaben von 5011,93 EURO.
Mit Beschluss vom 26. März 2002 hat das Amtsgericht dem Antrag des Beteiligten zu 2) vom 11. März 2002 entsprochen und die
diesem für den Zeitraum vom 23. November bis zum 31. Dezember 2001 zustehende Vergütung auf 178,52 EURO nebst Aufwendungsersatz
i.H.v. 13,79 EURO festgesetzt. Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 3) rechtzeitig sofortige Beschwerde mit dem Ziel
eingelegt, eine Vergütung aus der Staatskasse zu versagen, da die Beteiligte zu 1) nicht mittellos sei. Zwar stehe der Beteiligten
zu 1) als Kriegsopfer gem. § 25 f Bundesversorgungsgesetz eine Vermögensfreigrenze von 4959,- EURO zu. Diese komme ihr im Rahmen der Vorschriften über die Festsetzung der Betreuervergütung
jedoch nicht zugute. In welchem Umfang der Betreute sein Vermögen für die Vergütung des Betreuers einzusetzen habe, ergebe
sich aus §
1836 c Nr. 2
BGB i.V.m. § 88 BSHG und der hierzu erlassenen Durchführungsverordnung. Danach übersteige das Sparguthaben der Beteiligten zu 1) den maßgeblichen
Vermögensfreibetrag von 2301,- EURO. Die Beteiligten zu 2) und 4) sind dem entgegengetreten. Ihrer Auffassung nach stelle
der fehlende Verweis auf das Bundesversorgungsgesetz in §
1836 c BGB ein gesetzgeberisches Versehen dar.
Der Beteiligte zu 2) hat im Erstbeschwerdeverfahren hilfsweise beantragt, die sich aus seinem Antrag vom 11. März 2002 ergebenden
Beträge gegen die Beteiligte zu 1) festzusetzen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts vom 22. November 2001 dahin ergänzt, dass
der Beteiligte zu 2) die Betreuung berufsmäßig führt und unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 26. März 2002
die Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse aufgehoben und die dem Beteiligten zu 2) gegen die Beteiligte zu 1) zustehende
Vergütung auf 178,52 EURO festgesetzt.
Das Landgericht hat die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Hierzu hat es in den Gründen ausgeführt, dass die Fragen
der Zulässigkeit einer nachträglichen Feststellung gem. §
1836 Abs.
1 S. 2
BGB, der Berücksichtigung des § 25 f BVG bei der Bemesssung des Schonvermögens und der Zulässigkeit der Festsetzung der Betreuervergütung gegen den Betreuten in Abänderung
der amtsgerichtlichen Entscheidung im Beschwerdeverfahren von grundsätzlicher Bedeutung seien.
Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1) und 4) unter Wiederholung ihres bisherigen Standpunktes rechtzeitig sofortige
weitere Beschwerde eingelegt.
Der Senat hat eine Stellungnahme des Leiters des Dezernats 10 bei dem Oberlandesgericht eingeholt und diese den Beteiligten
zugeleitet.
II.
Die sofortigen weiteren Beschwerden sind nach den §§ 56 g Abs. 5 S. 2, 27, 29 FGG infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Der Senat geht davon aus, dass
der Beteiligte zu 2) das Rechtsmittel nicht im eigenen, sondern im Namen der Beteiligten zu 1) eingelegt hat, weil er mit
der weiteren Beschwerde lediglich die Nichtberücksichtigung des Freibetrages nach § 25 f BVG rügt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) und 4) folgt daraus, dass das Landgericht die der Beteiligten zu 1) günstige
Entscheidung des Amtsgerichts zu deren Nachteil abgeändert hat.
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts
beruht, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG.
Ohne Verfahrensfehler hat das Landgericht über den erstmals im Beschwerdeverfahren hilfsweise gestellten Antrag des Beteiligten
zu 2), die Vergütung gegen die Beteiligte zu 1) festzusetzen, entschieden. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist grundsätzlich
nur der Verfahrensgegenstand, über den im ersten Rechtszug entschieden worden ist (vgl. BGH NJW 1980, 891; BayObLGZ 1996, 81). Eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Klageerweiterung im Berufungsverfahren ist im Beschwerdeverfahren
nicht generell möglich. Im Amtsverfahren wird sie weitgehend abgelehnt, insbesondere dann, wenn mit ihr eine Änderung des
Verfahrensgegenstandes einhergeht (vgl. BayObLGZ 1994, 73 = NJW-RR 1994, 1032; Senat OLGZ 1968, 332; Keidel/Sternal, FG, 15. Aufl., § 23 Rdn. 5). Hingegen wird in echten Streitverfahren eine entsprechende Anwendung der oben
genannten Vorschriften befürwortet (vgl. BayObLGZ 1975, 53; NJW-RR 1998, 8; Keidel/Sternal, a.a.O., Rdn 10). Wenn auch das Vergütungsfestsetzungsverfahren ein Amtsverfahren ist, so hat die Rechtsprechung
bereits in der Vergangenheit eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Klageänderung für geboten gehalten. Dies
findet seine Rechtfertigung darin, dass das Festsetzungsverfahren sehr stark einem echten Streitverfahren angenähert ist.
Denn es obliegt dem Betreuer, die seinen Vergütungsanspruch ausfüllenden Grundlagen darzulegen (vgl. BayObLG NJW-RR 1998,
8 Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 56 g Rdn. 39).
Die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Klageänderung hält der Senat insbesondere vor dem Hintergrund der Besonderheiten
des Festsetzungsverfahrens für geboten. Entscheidungen über die Bewilligung oder Ablehnung der Vergütung sind der materiellen
Rechtskraft i.S.d. §
322 Abs.
1 ZPO fähig, weil sie in ihrem Wesen echten Streitverfahren sehr nahe kommen. Eine rechtskräftige Entscheidung über einen Festsetzungsantrag
hat zur Folge, dass eine erneute Sachentscheidung unter denselben Beteiligten über denselben Verfahrensgegenstand unzulässig
ist. Lehnt das Gericht die beantragte Festsetzung der Vergütung des Betreuers gegen die Staatskasse mit der Begründung ab,
der Betreute sei nicht mittellos, so ist diese Entscheidung für den Betreuten nicht bindend. Das mit dem Festsetzungsantrag
gegen den Betreuten befasste Gericht ist daher nicht gehindert, in diesem Verfahren den Festsetzungsantrag mit der Begründung
zurückzuweisen, der Betreute sei sehr wohl mittellos. Dies hat zur Folge, dass dem Betreuer weder gegen die Staatskasse noch
gegen den Betreuten ein Vergütungsanspruch zuerkannt wird und er seine Leistungen nicht vergütet bekommt. Aus diesem Grund
bietet es sich an, in den Fällen, in denen die Mittellosigkeit des Betreuten nicht eindeutig ist, das Festsetzungsverfahren
auf beide Ansprüche zu erstrecken. Sofern, wie im vorliegenden Fall, die Frage der Mittellosigkeit erstmals im Erstbeschwerdeverfahren
aufgeworfen wird, ist die gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren erweiterte Antragstellung gegenüber einem weiteren Anspruchsgegner
jedenfalls geboten und als sachdienlich anzusehen (vgl. Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 56 g Rdn. 18; BayObLG FGPrax 2000, 202 = FamRZ 2001, 377).
Die Feststellung, dass der Beteiligte zu 2) die Betreuung berufsmäßig führt, konnte vom Beschwerdegericht im Festsetzungsverfahren
nachgeholt werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Beteiligte zu 2) die für eine Qualifikation als Berufsbetreuer
erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Gemäß §§
1836 Abs.
1 S. 1 i.V.m. 1908 i Abs.
1 S. 1
BGB wird die Betreuung unentgeltlich geführt. Gemäß §
1836 Abs.
1 S. 2 i.V.m. 1908 i Abs.
1 S. 1
BGB wird die Betreuung ausnahmsweise entgeltlich geführt, wenn das Gericht bei der Bestellung des Betreuers feststellt, dass
dieser die Betreuung berufsmäßig führt. Indes knüpft der Vergütungsanspruch des §
1836 BGB nicht an die formale und nachholbare (vgl. Palandt/Diederichsen,
BGB, 63. Aufl., §
1836 Rdn. 4) Feststellung der Berufsmäßigkeit an, vielmehr kann diese Feststellung auch inzident im Verfahren auf Festsetzung
der Vergütung festgestellt werden. Dieses hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 20. November 2001 (15 W 103/01) für eine nach dem 1. Januar 1999 erfolgte Betreuerbestellung näher begründet (vgl. auch OLG Karlsruhe NJW-FER 2001, 312).
Zu Recht hat das Landgericht die durch das Amtsgericht gegen die Staatskasse erfolgte Festsetzung der dem Beteiligten zu 2)
zustehenden Vergütung inklusive Auslagenersatz aufgehoben und die der Höhe nach unstreitige Vergütung gegen die Beteiligte
zu 1) festgesetzt. Denn die Beteiligte zu 1) ist nicht mittellos. Gemäß §§
1908 i Abs.
1 i.V.m. 1836 d
BGB gilt ein Betreuter unter anderem dann als mittellos, wenn er die Vergütung oder den Aufwendungsersatz aus seinem einzusetzenden
Einkommen oder Vermögen nicht aufbringen kann. Für die durch die Betreuung entstehenden Kosten hat der Betreute sein gesamtes
verwertbares Vermögen einzusetzen, soweit nicht einer der Tatbestände des § 88 Abs. 2 BSHG eingreift. Nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG sind dem Betreuten kleinere Geldbeträge zu belassen, wobei der anrechnungsfreie Geldbetrag durch § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b) 1. Alt der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung auf 2301,- EURO festgeschrieben ist, wenn Hilfe
in besonderen Lebenslagen gewährt wird. Bei der Inanspruchnahme des Vermögens ist daher auf diesen Freibetrag zurückzugreifen
(vgl. BGH NJW 2002, 366 = FamRZ 2002, 157 = Rpfleger 2002, 34). Dieses Ergebnis wird auch von den Beteiligten zu 2) und 4) im Grundsatz nicht angezweifelt. Entgegen deren Auffassung ist
die angefochtene Entscheidung auch nicht deshalb rechtlich zu beanstanden, weil das Landgericht es abgelehnt hat, im vorliegenden
Fall zugunsten der Beteiligten zu 1) den Schonbetrag nach § 25 f Abs. 2 BVG i.H.v. 4959,- EURO zu berücksichtigen. Die gesetzliche Neuregelung lässt die Absicht des Gesetzgebers erkennen, Betreute
im Grundsatz den Personen gleichzustellen, die auf Hilfe in besonderen Lebenslagen angewiesen sind. Für die Bemessung der
Vermögensfreigrenze sind danach ausschließlich die Vorschriften des §
1836 c Nr. 2
BGB i.V.m. § 88 BSHG und der hierzu erlassenen Durchführungsverordnung und nicht die in anderen gesetzlichen Vorschriften (§ 25 f BVG) genannten Vermögensschongrenzen maßgebend. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) und 4) ist eine Heranziehung der gegenüber
dem BSHG höheren Vermögensfreigrenze nach § 25 f BVG auch nicht deshalb geboten, weil die Benachteiligung derer, die Kriegsopferentschädigungsleistungen erhalten, nur auf einem
gesetzgeberischen Versehen beruhen kann. Ein solches redaktionelles Versehen ist auf Grund der eindeutigen Regelung in §
1836 c Nr. 2
BGB unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien auszuschließen. In der Begründung zum Gesetzesentwurf wird auf die Härtefallregelung
und den Sonderfall eines erhöhten Schonbetrages nach § 88 Abs. 2 S. 3 BSHG hingewiesen (vgl. BT-Drucks. 13/7158, S. 31). Angesichts der danach getroffenen eindeutigen Regelung kommt ein Rückgriff
auf § 25 f BVG nicht in Betracht (vgl. OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 264 = NJW-RR 2001, 578). Da das im Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung durch das Landgericht den Freibetrag von 2301,- EURO übersteigende
Vermögen der Beteiligten zu 1) zur Vergütung der Betreuungsleistungen ausreicht, hat das Landgericht die Beteiligte zu 1)
zu Recht nicht als mittellos angesehen und unter Aufhebung der durch das Amtsgericht erfolgten Festsetzung der Vergütung gegen
die Staatskasse die der Höhe nach unstreitige Vergütung mit Ausnahme der Auslagen (vgl. § 56 g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FGG) unmittelbar gegen die Beteiligte zu 1) festgesetzt.
Die Wertfestsetzung für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.