Prozeßkostenhilfe bei nachträglich gezahltem Unterhalt
1. Auch im Verfahren der Abänderung der Prozeßkostenhilfeentscheidung nach §
120 Abs.
4 ZPO ist §
118 Abs.
2 ZPO anwendbar, wonach das Gericht im Hinblick auf den Parteivortrag lediglich Glaubhaftmachung verlangen kann, nicht aber den
vollen Nachweis. Gegebenenfalls ist das Gericht berechtigt, selbst weitere Erhebungen anzustellen, §
118 Abs.
2 S. 2
ZPO.
2. Hätte das Gericht bei durchgehender Zahlung von Ehegattenunterhalt Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligen müssen,
dann führt der nachträgliche Zufluß des tatsächlich nicht gezahlten Unterhalts nach einem Rechtsstreit und anschließender
Vollstreckung nicht dazu, daß die erhaltenen Beträge als Einkommen oder Vermögen betrachtet werden können, aus denen die Prozeßkosten
selbst zu tragen sind.
Gründe:
Das Amtsgericht hat gem. §
120 Abs.
4
ZPO der Antragstellerin aufgegeben, die Prozesskosten von 2.907,45 DM zurückzuzahlen, nachdem sie aus dem erstrittenen Urteil
rückständigen Unterhalt von 13.474,66 DM beigetrieben habe. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist gem. §§ 11
RpflG,
127
ZPO zulässig und in der Sache begründet.
Die Erstattung der vom Staat geleisteten Zahlungen setzt gem. §
120 Abs.
4 Satz 1
ZPO eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse voraus. Auf Verlangen des Gerichts hat sich zwecks Feststellung
dieser Voraussetzungen die Partei nach §
120 Abs.
4 Satz 2
ZPO hierüber zu erklären. Das hat die Antragstellerin getan und dargelegt, ihr seien nur 5.256,64 DM zugeflossen, der Rest sei
vom Antragsgegner direkt an das Sozialamt gezahlt worden, das sie wegen der Nichtleistung von Unterhalt über zwei Jahre hinweg
mit Hilfe zum Lebensunterhalt voll unterstützt habe. Von dem verbliebenen Betrag von 5.256,64 DM habe sie ein Darlehen ihres
Bruders über 3.000,00 DM getilgt, das ihr dieser zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts gegeben habe. Das Amtsgericht hat gleichwohl
die Erstattung der Kosten mit der Begründung gefordert, der Nachweis über den Verbleib des gezahlten Betrages von 13.474,66
DM sei nicht erbracht worden.
Diese Begründung trägt die angefochtene Entscheidung in mehrfacher Hinsicht nicht.
Zum einen kann das Gericht gem. §
118 Abs.
2 Satz 1
ZPO, der auch im Verfahren nach §
120 Abs.
4
ZPO anwendbar ist, lediglich Glaubhaftmachung, nicht Nachweise fordern. Gegebenenfalls muss es gemäß §
118 Abs.
2 Satz 2
ZPO selbst Auskünfte zur weiteren Aufklärung einholen. Das ist hier unterblieben, obwohl dringender Anlass dazu bestand. Die
Beschwerdeführerin hat u.a. auch in persönlicher Vorsprache wiederholt darauf hingewiesen, nur 5.256,64 DM Unterhaltsrückstand
ausgezählt bekommen zu haben und hierüber einen entsprechenden Kontoauszug zur Glaubhaftmachung vorgelegt. Sie hat sich weiterhin
erfolglos durch ebenfalls vorgelegtes Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten um Bestätigung durch das Sozialamt bemüht, dass
der Restbetrag des Unterhaltsrückstandes dorthin geflossen sei. Es stellt eine Verkennung der Nachweispflicht dar, wenn das
Amtsgericht gleichwohl von einer Auszahlung von 13.474,66 DM an die Antragstellerin ausgeht.
Desweiteren ist auch das Darlehen von 3.000,00 DM des Bruders der Antragstellerin durch schriftliche Erklärung von diesem
glaubhaft gemacht. Die Darlehensaufnahme erscheint im Hinblick auf die Notwendigkeit, längere Zeit von Hilfe zum Lebensunterhalt
gelebt zu haben, glaubhaft, so dass auch ohne Nachweis der Rückzahlung des Darlehens vom Bestehen der Schuld und damit einer
entsprechenden Belastung der Unterhaltsrückflüsse ausgegangen werden kann. Sofern das Amtsgericht gleichwohl Zweifel daran
hatte, musste es diesen selbst durch Aufklärung des Sachverhalts durch Maßnahmen nach §
118 Abs.
2 Satz 2
ZPO nachgehen.
Abgesehen davon bestehen gegen die uneingeschränkte Rückforderung der Prozesskostenhilfe aus beigetriebenen Unterhaltsrückständen
grundsätzliche Bedenken. Durch derartige Zahlungen tritt keineswegs ausnahmslos eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage
im Sinne des §
120 Abs.
4
ZPO ein. Vorliegend hat die Antragstellerin nahezu zwei Jahre von Hilfe zum Lebensunterhalt gelebt, sich also auf den notdürftigen
Lebensunterhalt beschränken müssen. Es erscheint unangemessen, die hierdurch aufgelaufenen Unterhaltsrückstände ohne weitere
Voraussetzungen als Vermögen oder zusätzliches verfügbares Einkommen anzusehen und deshalb daraus die Rückforderung geleisteter
Prozesskostenhilfe zu fordern. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Antragstellerin, hätten ihr die entsprechenden Unterhaltsbeträge
regelmäßig zur Verfügung gestanden, Prozesskostenhilfe ohne Raten hätte bewilligt werden müssen. Durch die Nichtzahlung des
Unterhalts kann sich die Rechtslage im Sinne des §
115
ZPO, § 88
BSHG nicht ändern. Die durch im Sinne der genannten Vorschrift unzumutbare wirtschaftliche Einschränkungen aufgelaufenen rückständigen
Beträge stellen dann ebensowenig Einkommen oder Vermögen dar, wie wenn sie bereits im Zeitpunkt der Antragstellung bei pflichtgemäßer
Unterhaltszahlung vorhanden gewesen wären.
Diese Prüfung wird das Amtsgericht, sofern es bei der Rückforderung bleibt, nachzuholen haben. Diese Sache war mithin zur
weiteren Sachaufklärung und neuen Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.