Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Ersatz der Heimunterbringungskosten für die seit ihrer Geburt schwerbehinderte N. S.
in der Zeit vom 1.1.1989 bis 1.12.1991.
N. S. lebte bis auf einen Heimaufenthalt von September 1982 bis Ende Februar 1983 im Haushalt ihrer Eltern und wurde von ihrer
nichterwerbstätigen Mutter G. S. betreut.
Sie erhielt vom Kläger, einem überörtlichen Träger der Sozialhilfe ein monatliches Pflegegeld von 750,00 DM. Am 20. April
1983 wurde G. S. bei einem Verkehrsunfall, den ein Versicherungsnehmer des Beklagten allein verschuldet hatte, schwer verletzt.
N. S., die wegen ihrer Behinderung ständiger Pflege und Aufsicht bedarf, wurde daraufhin ab 23. April 1983 auf Dauer in einem
Heim des Klägers untergebracht. Am 19. Juli 1983 verstarb G. S. an den bei dem Unfall erlittenen Verletzungen.
N. S. und ihr Vater erstritten gegen den Unfallverursacher und die Beklagte als deren Haftpflichtversicherer ein rechtskräftiges
Urteil, in dem die Verpflichtung zum Ersatz des gesamten zukünftigen Schadens - bezüglich des Haftpflichtversicherers bis
zu einer Höhe von 7,5 Millionen Deutsche Mark - festgestellt wurde (LG Krefeld Urteil vom 21. September 1983, Bl. 118 ff.,
OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.Januar 1985, Bl. 134 ff. d. A.). Der Beklagte zahlte dem Kläger im Jahre 1984 einen Vorschuß
von 15.000,00 DM (Bl. 116 f. d. A.). Am 21. Mai 1987 schloß der Beklagte mit N. S. einen vormundschaftsgerichtlich genehmigten
Abfindungsvergleich über 10.000,00 DM (Bl. 32, 33 AH). Mit Schreiben vom 10. Mai 1988 (Bl. 109 d. A.) kündigte die Beklagte
dem Kläger die Zahlung eines weiteren Vorschusses in Höhe von 120.000,00 DM an. In dem Schreiben heißt es weiter:
Soweit von Ihnen eine Beteiligung der rechtsgeschäftlichen Vertreter von Frl. S. angesprochen ist, dürfen wir zu Ihrer Information
darauf verweisen, daß hinsichtlich sämtlicher persönlicher Ansprüche, soweit diese nicht gem. der Überleitungsanzeige vom
9. Juli 1983 des Kreises Neuss übergeleitet worden sind, durch Mitwirkung des gerichtlich bestellten Pflegers ein endgültiger
Abschluß erreicht werden konnte. Da somit nur noch hinsichtlich direkter Ansprüche Ihres Hauses zu verhandeln ist, halten
wir eine weitere Beteiligung für entbehrlich.
Der Beklagte erbrachte in der Folgezeit weitere Zahlungen. Insgesamt wurden auf die im Zeitraum vom 23. April 1983 bis 31.
Dezember 1988 entstandenen Kosten der Heimunterbringung 255.000,00 DM geleistet. Durch rechtskräftiges Urteil des OLG Celle
vom 27. Juni 1991 (Bl. 127 der Beiakte 13 O 319/89 LG Hannover) wurde der Beklagte für den genannten Zeitraum zur Zahlung weiterer 41.220,75 DM verurteilt.
Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger die Pflegekosten für den Zeitraum vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1991 geltend.
Unstreitig sind in dieser Zeit Kosten in Höhe von 162.669,55 DM angefallen (Kostenaufstellung Bl. 19 ff. AH), von denen 12,00
DM pro Tag für ersparte Aufwendungen, für den genannten Zeitraum also 13.140,00 DM in Abzug zu bringen sind. Der Kläger nimmt
Millionenkredit zu einem Zinssatz vom 8,76 % in Anspruch (Bl. 22 AH).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Ansprüche der geschädigten N. S. seien nach § 116
SGB X auf ihn übergegangen. Er hat behauptet, die Ansprüche vorsorglich auch mit Bescheid vom 31. Mai 1991
(Bl. 25 AH) auf sich übergeleitet zu haben.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 149.529,55 DM nebst 8,76 % Zinsen ab 13. Januar 1993 (Klagezustellung) zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Er hat die Auffassung vertreten, ein gesetzlicher Forderungsübergang sei nicht erfolgt. Er hat bestritten, das Schreiben vom
31. Mai 1991 erhalten zu haben und gemeint, die ihm mittlerweile vorliegende Kopie stelle keine rechtswirksame Überleitungsanzeige
dar. Der Beklagte hat behauptet, der Abfindungsvergleich vom 21. Mai 1987 habe sämtliche Forderungen einschließlich der Ansprüche
nach §
844
BGB mitumfaßt. Gegen die Höhe der Ansprüche hat der Beklagte eingewandt, das monatliche Pflegegeld, welches der Kläger ab Januar
1988 in Höhe von 900,00 DM an N. S. gezahlt hätte, wenn diese auch weiterhin von ihrer Mutter gepflegt worden wäre, sei schadensmindernd
zu berücksichtigen. Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der N. S. gegen ihre Mutter sei auch der Unterhaltsanspruch
gegen den Vater zu berücksichtigen. Die Beklagte hat schließlich bestritten, daß N. S. vor dem Unfall ausschließlich von ihrer
Mutter betreut und gepflegt wurde.
Durch Urteil vom 22. September 1993 hat das Landgericht den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung
eines Betrages von 138.729,55 DM nebst 8,76 % Zinsen seit dem 13. Januar 1993 verurteilt. Dabei sind mögliche Unterhaltsleistungen
des Vaters in Höhe von 300,00 DM monatlich anspruchsmindernd berücksichtigt worden.
Die von dem Beklagten dagegen eingelegte Berufung hat der Senat durch Urteil vom 1. September 1994 (Bl. 169 ff. d. A.) zurückgewiesen.
Dieses Urteil hat der BGH auf die Revision des Beklagten durch Urteil vom 13. Februar 1996 (Bl. 272 ff. d. A.) aufgehoben
und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, ein gesetzlicher Forderungsübergang nach § 116
SGB X sei nicht erfolgt, weil für den Anspruchsübergang der Zeitpunkt der Verletzung der unterhaltspflichtigen
Mutter von N. S. maßgebend sei, die vor dem Stichtag des 1. Juli 1983 für die Anwendbarkeit des § 116
SGB X erfolgt war. Zunächst sei deshalb festzustellen, ob der Kläger die Ansprüche aus §
844 Abs.
2
BGB gem. § 90
BSHG a.F. auf sich übergeleitet hat. Dazu und zu weiteren Rechtsfragen hat der BGH Hinweise erteilt.
Der Beklagte hält eine wirksame Überleitung der Ansprüche aus §
844 Abs.
2
BGB nicht für gegeben. Er hält das handschriftlich gefertigte Schreiben vom 31. Mai 1991 (Bl. 25 AH) für eine bloße Notiz, die
nicht erkennen lasse, ob sie von einem zuständigen Mitarbeiter des Klägers stamme und nicht lediglich einen Entwurf darstelle.
Er bestreitet weiterhin, daß ihm die Anzeige seinerzeit bekannt gegeben wurde, und er meint, eine solche Bekanntgabe sei auch
im vorliegenden Verfahren nicht in der gebotenen Weise erfolgt. Der Beklagte vertritt die Auffassung, daß eine solche Überleitung
Rückwirkung nur entfalten könne, wenn sie unverzüglich nach Eintritt der Hilfsverpflichtung stattfindet. Der Beklagte beruft
sich weiterhin auf den Abfindungsvergleich und erhebt die Einrede der Verjährung. Zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche
wiederholt der Beklagte seine erstinstanzlichen Einwendungen wie auch die im ersten Berufungsrechtszug erhobenen Behauptung,
N. S. habe von ihrer Großmutter eine Hälfte des von den Eltern früher bewohnten Hauses geerbt und einen weiteren Anteil an
dem Hause von ihrer Mutter geerbt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt ergänzend vor, eine förmliche Zustellung der Überleitungsanzeige sei
nicht vorgeschrieben, jedenfalls solle die mit Schriftsatz vom 14. April 1993 zugestellte Anzeige gelten. N. S. habe kein
verwertbares Vermögen. Sie sei nach ihrer Mutter zu 1/2 Erbin ihrer Großmutter geworden, und zwar als Vorerbin ihrer Tante
I. O.. Die ihr damit gehörende Eigentumswohnung im Erdgeschoß sei das Familienheim gewesen und werde weiterhin von ihrem Vater
bewohnt. Die Wohnung könne wegen der angeordneten Nacherbschaft nicht veräußert werden. N. S. habe auch keinen Anspruch auf
Nutzungsentschädigung gegen ihren Vater. Sein Wohnrecht habe einen Unterhaltsbeitrag der durch den Unfall verstorbenen Ehefrau
dargestellt, für den der Beklagte ersatzpflichtig sei.
Herr S. habe gleichwohl an seine Tochter in der Zeit vom 1.1.1989 bis 31.12.1991 monatlich 600,00 DM "Miete" gezahlt.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen,
der in diesem Verfahren ergangenen gerichtlichen Entscheidungen und der Beiakte 13 U 319/89 LG Hannover Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Revisionsentscheidung des BGH vom 13.
Februar 1996.
I. Der Kläger ist für die geltend gemachte Forderung aktivlegitimiert. Die Beklagte ist gemäß der rechtskräftigen Entscheidung
des OLG Düsseldorf vom 7. Januar 1985 - 1 U 201/83 - verpflichtet, N. S. ihren gesamten Schaden aus dem Verkehrsunfallereignis vom 20. April 1983 bis zur Höhe von 7,5 Millionen
Deutsche Mark zu ersetzen. Zu dem N. S. durch das Unfallereignis entstandenen Schaden gehört der von ihrer Mutter vor dem
Unfall geleistete Naturalunterhalt. Insoweit ist die Beklagte gem. §
844 Abs.
2
BGB in Verb. mit § 3 Ziffer 1 PflVersG schadensersatzpflichtig.
Dieser Schadensersatzanspruch der N. S. gegen den Beklagten ist zwar nach der Revisionsentscheidung nicht gem. § 116 Abs.
1
SGB X mit dem Tode der Mutter auf den Kläger übergegangen. Der Kläger hat die Ersatzansprüche aber gem. § 90
BSHG a. F. auf sich übergeleitet. Die erforderliche Erklärung enthält das als Kurzbrief betitelte Schriftstück mit dem Datum vom
31. Mai 1991 (Bl. 25 AH). Darin heißt es, daß N. S. gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §
823
BGB hat und daß der Kläger diesen Anspruch gem. § 90 Abs. 1
BSHG ab dem 23. April 1983 bis zur Höhe der von ihm erbrachten Leistungen auf ihn überleitet. Diese Erklärung trägt eine Paraphe
mit dem Datum 31. Mai und ist unterzeichnet mit dem Namen K.. Nach dem Fenstertext auf dem Schriftstück handelt es sich dabei
um den Sachbearbeiter, der Auskunft erteilt. Die Urkunde ist allerdings handschriftlich verfaßt, in dieser Form also wohl
nicht an den Beklagten abgesandt worden. Der Beklagte hat auch noch mit Schreiben vom 5. Dezember 1991 (Bl. 16 AH) bemerkt,
daß ihm eine Überleitung aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich sei. Dies spricht dafür, daß die Überleitungsanzeige
vom 31. Mai 1991, sofern sie nicht nachdatiert ist, dem Beklagten jedenfalls seinerzeit nicht übersandt worden ist. Der Beklagte
hat aber, wie er selbst mit Schriftsatz vom 1. Juni 1993 (Bl. 38 d. A.) vorgetragen hat, im vorliegenden Verfahren eine Kopie
des Schreibens vom 31. Mai 1991 erhalten. Damit ist eine schriftliche Anzeige des Anspruchsüberganges gem. § 90 Abs. 1
BSHG erfolgt. Durch die Vorlage des Schriftstückes in diesem Verfahren hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, daß die handschriftlich
verfaßte Erklärung keinen bloßen Entwurf, sondern die Überleitungsanzeige selbst darstellt. Das Schriftstück enthält die nach
§ 33
SGB X erforderliche Unterschrift des von dem zuständigen Behördenleiter beauftragten Mitarbeiters. Die Zuständigkeit
des unterzeichnenden Mitarbeiters ist jedenfalls dadurch begründet worden, daß der Kläger die Überleitungsanzeige als eigene
Erklärung gelten lassen will. Die Überleitungsanzeige ist auch durch die Übersendung der Kopie gem. § 37
SGB X bekanntgegeben worden. Bei der Anzeige handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der durch Bekanntgabe
wirksam wird; das Wirksamwerden von Verwaltungsakten hängt nicht von der Einhaltung bürgerlich-rechtlicher Bestimmungen über
den Zugang von Willenserklärungen ab (Kopp/Fichtner BSHG 6. Aufl., Rz. 15, 16 mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Bestimmung des §
126
BGB, nach dem die Urkunde eigenhändig unterzeichnet und in dieser Form dem Erklärungsempfäger zugehen muß, ist deshalb nicht
anwendbar. Einer förmlichen Zustellung der Urkunde bedarf es, worauf bereits der BGH hingewiesen hat, nur, soweit dies das
Landesrecht vorschreibt. Nach § 1 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein Westfalen vom 23. Juli
1957 - LZG - wird zugestellt, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist. Für die Überleitungsanzeige
gibt es eine solche Bestimmung nicht, die Bekanntgabe kann also ohne Zustellung erfolgen. Auch die Zusendung einer Fotokopie
genügt dazu, sofern der zuständige Beamte die Bekanntgabe in dieser Form angeordnet hat und damit nicht lediglich auf eine
anderweit existierende Erklärung hingewiesen werden soll (FG Niedersachsen NVwZ-RR 1993, 229; Stellkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG 3. Aufl., § 41 Rz. 10 b). Nach dem Gesagten ist von einem entsprechenden Bekanntgabewille des Klägers auszugehen.
Die Überleitungsanzeige bewirkt nach § 90 Abs. 2
BSHG den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die dem Hilfeempfänger die Hilfe ohne Unterbrechung gewährt wird. Sie hat damit
insbesondere auch Wirkung für die Vergangenheit. Eine unverzügliche schriftliche Mitteilung ist hierfür entgegen der Auffassung
des Beklagten nicht erforderlich. Eine Ausnahme gilt insoweit nur nach § 91 Abs. 2, wenn ein Unterhaltspflichtiger in Anspruch
genommen wird (Kopp/Fichtner, § 90
BSHG Rz. 44). Die von dem Beklagten angezogene Kommentierung (Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG 13. Aufl., § 90 Rz. 57) besagt nichts anderes. Auch dort wird nur auf die Sonderregelung in § 91 Abs. 2 hingewiesen, die für bürgerlich-rechtliche
Unterhaltsansprüche, d.h. Ansprüche gegen Verwandte des Hilfeempfängers gelten. Die Überleitung der Ansprüche gegen die Eltern
der N. S. ist bereits im Juni 1983 erfolgt (Bl. 102, 103 d. BA).
II. Die hier geltend gemachten Ansprüche werden durch den Abfindungsvergleich vom 21. Mai 1987 (Bl. 33 AH) nicht erfaßt. Der
BGH hat bereits in der Revisionsentscheidung darauf hingewiesen, daß der verhältnismäßig geringe Abfindungsbetrag, der Inhalt
des Schreibens der Beklagten vom 10. Mai 1988 und die anschließenden Zahlungen auf eine Ausklammerung der streitgegenständlichen
Ansprüche hindeuten können.
Der vom Amtsgericht Neuss am 23. Oktober 1986 bestellte Pfleger für N. S. (Bl. 35 AH), Herr E. R., hat mit Schreiben vom
4. September 1987 dem Kläger mitgeteilt, daß N. nach dem Tod ihrer Mutter von dem Beklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von
10.000,00 DM erhalten habe (Bl. 335, 336 d. A.). Dies ist deshalb ohne weiteres einleuchtend, weil das Landgericht Krefeld
in dem vom OLG Düsseldorf im wesentlichen bestätigten Urteil vom 21. September 1983 den Schmerzensgeldanspruch nur dem Grunde
nach für gerechtfertigt erklärt hat, weil die Höhe des Schmerzensgeldes noch nicht beziffert werden konnte (Bl. 119, 127 d.
A.) Über den Zahlungsanspruch in Höhe von 3.022,53 DM wurde nur teilweise entschieden und N. S. und ihrem Vater ein Anspruch
in Höhe von 1.063,00 DM zuerkannt. Die insoweit streitige Forderung dürfte durch den Abfindungsvergleich miterledigt worden
sein. Da die Pflegeleistungen zwischen den Parteien des damaligen Verfahrens nicht streitig waren, hat keine Verlassung bestanden,
sie in den Abfindungsvergleich einzubeziehen. Dies gilt umsomehr, weil der Kläger die Unterhaltsansprüche der N. S. gegen
ihre Eltern bereits im Juni 1983 auf sich übergeleitet hatte und wegen der Pflegeleistungen nur zwischen den Parteien des
vorliegenden Verfahrens verhandelt wurde. Wie dem Schreiben des Beklagten vom 1. Februar 1984 (Bl. 116 d. A.) zu entnehmen
ist, war seinerzeit die Ersatzpflicht als solche nicht streitig, weshalb die Beklagte auch am 1. Februar 1984 einen Vorschuß
in Höhe von 15.000,00 DM überwies. Daß mit dem Abfindungsvergleich entgegen dem Formulartext nicht sämtliche Ansprüche endgültig
und vollständig abgegolten werden sollten, belegt vor allem auch das Schreiben der Beklagten vom 10. Mai 1988 (Bl. 109 d.
A.). Die im Tatbestand wiedergegebene Formulierung macht deutlich, daß zwischen den persönlichen Ansprüchen von N. S., über
die der Beklagte mit dieser selbst bzw. ihrem Vater verhandelt hat, und den Ansprüchen des Klägers die Unterbringungskosten
betreffend unterschieden worden ist und die Beklagte selbst davon ausgegangen ist, daß N. S. lediglich bezüglich der erstgenannten
Ansprüche mit der Zahlung von 10.000,00 DM abgefunden worden ist. Auch die weiteren Verhandlungen wegen eines zwischen den
Parteien dieses Verfahrens zu schließenden Abfindungsvergleichs, über die sich das Schreiben des Klägers vom 14. Februar 1989
(Bl. 25 d. BA) verhält, und die weiteren erheblichen Zahlungen des Beklagten an den Kläger wären unverständlich, wenn der
mit N. S. geschlossene Abfindungsvergleich die Ansprüche wegen der Heimunterbringung mit hätte erfassen sollen.
III. Dem Beklagten steht kein Leistungsverweigerungsrecht wegen Verjährung zu. Die Schadensersatzansprüche der N. S., die
der Kläger auf sich übergeleitet hat, sind nicht verjährt. Über sie ist in unverjährter Zeit gerichtlich entschieden worden.
Das Landgericht Krefeld hat in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 21. September 1983 festgestellt, daß die Beklagte als
Gesamtschuldner mit dem Unfallverursacher verpflichtet ist, N. S. und ihrem Vater den gesamten zukünftigen Schaden aus dem
Verkehrsunfallereignis vom 20. April 1983 zu ersetzen, soweit die Ersatzansprüche nicht auf öffentlich rechtliche Versicherungsträger
übergegangen sind. Die hier geltend gemachten Ersatzansprüche waren nach dem Gesagten noch nicht auf den Kläger übergegangen.
Ein rechtskräftig festgestellter Anspruch verjährt in 30 Jahren (§
218
BGB). Auch ein die Ersatzpflicht nur ganz allgemein feststellendes Urteil reicht dafür aus (BGH NJW-RR 1989, 215; Palandt/Heinrichs,
BGB, 54. Aufl., §
218 Rz. 1).
Im übrigen ist die Verjährung gemäß §
852 Abs.
2
BGB in der Zeit vom 18.9.1991 bis 11.5.1992 durch die Verhandlungen der Parteien (Bl. 15, 17 AH) gehemmt gewesen, nachdem sie
zuletzt durch Zahlung eines weiteren Vorschusses von 10.000,00 DM am 5.7.1989 (Bl. 345, 346 d.A.) gemäß §
208
BGB unterbrochen und in der Zeit vom 5.7.1989 durch weitere Verhandlungen der Parteien (Bl. 347 d.A.) gehemmt gewesen ist.
Die Verjährungsfrist des §
852 Abs.
1
BGB ist deshalb bei Einreichung der Klage am 30.12.1992 noch nicht abgelaufen gewesen. In der Zeit vom 25.8.1989 bis 18.9.1991
ist sie 2 Jahre und 24 Tage, in der Zeit vom 11.5.1992 bis 30.12.1992 ist sie 7 Monate und 19 Tage gelaufen. Damit ergibt
sich kein Zeitraum von drei Jahren. Die am 13.1.1993 und damit "demnächst" erfolgte Zustellung reicht auf den Zeitpunkt der
Klageeinreichung zurück (§
270 Abs.
3
ZPO). Mit Einreichung der Klage ist deshalb die Verjährung gemäß §
209 Abs.
1
BGB erneut unterbrochen worden.
IV. Das Landgericht hat durch die angefochtene Entscheidung einen Anspruch in Höhe von 138.729,55 DM nebst 8,76 % Zinsen seit
der Klageerhebung am 13. Januar 1993 zuerkannt. Es hat von den unstreitigen Pflegekosten für den Zeitraum vom 1. Januar 1989
bis 31. Dezember 1991 in Höhe von 162.669,55 DM außer den ebenfalls unstreitigen ersparten Aufwendungen von insgesamt 13.140,00
DM lediglich 10.800,00 DM - 300,00 DM pro Monat - wegen denkbarer Unterhaltsleistungen des Vaters der N. S. in Abzug gebracht.Ob
dieser Abzug wegen eines Unterhaltsbedarfs in Form von Bekleidung und Taschengeld überhaupt geboten ist, die Pflegeleistungen
des Klägers diesen Unterhaltsbedarf nämlich mitabgedeckt haben, bedarf keiner Entscheidung. Weitere Abzüge von der Schadensersatzforderung
sind jedenfalls nicht gerechtfertigt.
Wie in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts dargelegt ist, besteht bezüglich der von dem Kläger erbrachten Pflegeleistungen
keine Barunterhaltsverpflichtung des Vaters gem. §
1601 ff.
BGB, die den Schadensersatzanspruch nach §
844 Abs.
2
BGB mindern würde. Die Unterhaltsverpflichtung entfällt aufgrund der Kostenbefreiung in § 43 Abs. 2
BSHG, durch die nach § 43 Abs. 3
BSHG die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten nicht berührt wird. Daß das Nettoeinkommen des Vaters in den Jahren 1986/87
bei 2.812,46 DM gelegen hat und daraus unter normalen Umständen ein den Betrag von 300,00 DM überschreitender Regelunterhalt
hätte entrichtet werden müssen, ist deshalb ohne Belang.
Das ersparte Pflegegeld ist, wie vom LG zutreffend dargelegt, nicht im Wege der Vorteilsausgleichung auf den Schadensersatzanspruch
anzurechnen. Denn der Anspruch auf Zahlung eines Pflegegelds gem. §§ 69 Abs. 1 und 4, 68 Abs. 1
BSHG hat allein N. S. zugestanden. Er hat den gegen die Mutter bestehenden Anspruch auf Naturalunterhalt in Form häuslicher Pflege
und Betreuung nicht gemindert. Die Anrechnung von Sozialleistungen entspricht auch nicht dem Zweck des Schadensersatzes; derartige
Leistungen dürfen nicht zu einer Entlastung des Schädigers führen (Palandt/Heinrichs Vorbem. vor §
249
BGB Rz. 134 mit Rechtsprechungsnachweisen).
Auch der Einwand, N. S. sei nicht ausschließlich von ihrer Mutter betreut und gepflegt worden, greift nicht. Die vorgelegte
Erklärung des Herrn S. vom 3. April 1993 (Bl. 31 AH), in der bestätigt wird, daß Nicole überwiegend von ihrer Mutter gepflegt
und betreut wurde, läßt nicht den Schluß zu, daß N. S. in erheblichem Umfang anderweitige Pflege erhalten hatte. Der vorübergehende
Heimaufenthalt von September 1982 bis Februar 1983 ist nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers aus heilpädagogischen
Gründen erfolgt. Der Bedarf nach häuslicher Pflege und Aufsicht durch die nichterwerbstätige Mutter hat nach diesem Aufenthalt
in vollem Umfang fortbestanden.
Der Schadensersatzanspruch nach §
844 Abs.
2
BGB ist schließlich nicht dadurch gemindert, daß N. S. die Eigentumswohnung geerbt hat, welche die Familie vor dem Tode der Mutter
bewohnte und von dem Vater weiterhin bewohnt wird. Die Benutzung der Wohnung hat zu dem von der Mutter geleisteten Barunterhalt
gehört. Eine Anrechnung des durch den Tod der Mutter erworbenen Vermögens ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung
gerechtfertigt. Eine Verwertung der Eigentumswohnung ist nicht möglich, weil N. S. unstreitig als nichtbefreite Vorerbin eingesetzt
ist. Eine Anrechnung des Mietwertes wäre aus der Sicht der Geschädigten unzumutbar und würde den Schädiger unbillig entlasten.
N. S. müßte von ihrem Vater Mietzins oder Nutzungsentschädigung für die Wohnung fordern, die sie gemeinsam bis zum Tode der
Mutter bewohnt haben. Die Benutzung der Wohnung hat nicht nur für N. S. sondern auch für ihren Vater einen Unterhaltsbeitrag
der getöteten G. S. dargestellt. Müßte Herr S. infolge des Todes seiner Frau Miete für die Wohnung zahlen, so wäre der Beklagte,
worauf der Kläger mit Recht hinweist, dafür ersatzpflichtig. Wegen dieses Schadens ist Herr S. nicht von der Beklagten abgefunden
worden. Für eine Vorteilsausgleichung ist deshalb auch bezüglich der infolge des Unfalltodes der Mutter ererbten Eigentumswohnung
kein Raum.
Im übrigen hat Herr S. nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers in dem fraglichen Zeitraum monatlich 600,00 DM an seine
Tochter gezahlt. Von einem höheren Mietwert der 87 qm großen Wohnung ist nicht auszugehen. Diese Gelder sind nicht für die
Pflege verwendet worden, sondern haben andere Bedürfnisse der N. S. abgedeckt. Auch deshalb entfällt eine Vorteilsausgleichung.
V. Im Ergebnis hat es damit bei der Entscheidung des Landgerichts zu verbleiben. Die Kosten der erfolglosen Rechtsmittel hat
der Beklagte gemäß §
97 Abs.
1
ZPO zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§
708 Nr. 10,
711
ZPO.
Berufungsstreitwert und Beschwer des Beklagten: 138.729,55 DM.