Zur Frage der Mutwilligkeit i.S.d. Rechtes der Prozeßkostenhilfe bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruches durch einen Unterhaltsberechtigten,
der fortlaufend Sozialhilfe bezieht - § 91 Abs. 3 S. 2 BSHG (neue Fassung)
Gründe:
I.
Die Klägerin bittet um Prozeßkostenhilfe für ihre Klage auf Trennungsunterhalt in Höhe von 800,- DM für sie selbst sowie auf
Kindesunterhalt in Höhe Von je 332,50 DM für die gemeinsamen minderjährigen Kinder C. und T. und von 252,50 DM für das gemeinsame
minderjährige Kind H. - jeweils monatlich und ab Juli 1993; das sind zusammen 1.717,50 DM. Zur Begründung für ihre Klage führt
sie u.a. an, daß der Beklagte aufgrund seines Erwerbseinkommens von rund 3.400,- DM monatlich zuzüglich einer Unfallrente
von 650,- DM monatlich sowie nach Berücksichtigung von zwei Darlehenstilgungen (300,- DM und 110,- DM monatlich), des Unterhalts
für den bei ihm lebenden gemeinsamen minderjährigen Sohn P. und seines Selbstbehalte von 1.300,- DM die begehrten Beträge
zu zahlen vermöge.
Die Klägerin bezieht seit dem 24.06.1993 von der Gemeinde Ü. monatliche Sozialhilfe, und zwar von 2.191,78 DM seit dem 01.09.1993
und von 1.660,05 DM seit dem 1.1.1994; in dem letztgenannten Betrag ist ein Wohngeld von 580,- DM enthalten, das nach dem
Wohngeldgesetz von dem Saarland erbracht und vom Sozialamt. nicht zurückgefordert wird.
Das Familiengericht hat durch Beschluß vom 06.01.1994 der Klägerin die von ihr begehrte Prozeßkostenhilfe verweigert. Zur
Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachten Unterhaltsansprüche von insgesamt 1.717,50 DM seien aufgrund
der Neufassung des 91 BSHG in Höhe der von der Gemeinde Ü. geleisteten Sozialhilfe von insgesamt 2.191,78 DM monatlich auf diese Behörde übergegangen,
und zwar sowohl für die Vergangenheit als auch, weil die Sozialhilfe voraussichtlich auf längere Zeit gewährt werde, für die
Zukunft. Unter diesen Umständen sei es mutwillig wenn die Klägerin die begehrten Unterhaltsrenten im eigenen Namen geltend
mache, so daß ihr keine Prozeßkostenhilfe bewilligt werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, daß ihr trotz der Neuregelung des § 91
BSHG die Geltendmachung des gesamten Unterhaltsanspruchs gestattet sein müsse. Im Übrigen betrage die Sozialhilfe seit dem 01.01.1994
ohnehin nur noch 1.660,05 DM monatlich, so daß ihr zumindest in Höhe des darüber hinausgehenden Betrages Prozeßkostenhilfe
bewilligt werden müsse. Außerdem werde das in der seit dem 01.01.1994 gewährten Sozialhilfe enthaltene Wohngeld von 580,-
DM monatlich ohnehin nicht durch die Sozialbehörde zurückgefordert, weil es eine Leistung des Saarlandes nach dem Wohngeldgesetz sei.
Durch Beschluß vom 15.02.1994 hat das Familiengericht der Klägerin insoweit Prozeßkostenhilfe ohne Ratenanordnung unter Beiordnung
von Rechtsanwältin M., Saarlouis, bewilligt, als sie über einen Betrag von zusammen 1.611,78 DM monatlich bis zum 31.12.1993
und von zusammen 1.654,05 DM ab 01.01.1994 hinaus Kindes- und Ehegattenunterhalt geltend macht; der weitergehenden Beschwerde
hat es nicht abgeholfen, weil die Geltendmachung der Unterhaltsrenten bis zu den genannten Beträgen weiterhin mutwillig.
II.
Die gemäß 127 II S. 2
ZPO zulässige Beschwerde ist jedenfalls insoweit, als das Familiengericht ihr nicht abgeholfen hat, unbegründet.
Bei der hier gegebenen Fallgestaltung steht der nachgesuchten Bewilligung von Prozeßkostenhilfe, soweit das Familiengericht
sie verweigert hat, nämlich entgegen, daß die von der Klägerin im eigenen Namen erhobene Klage unbeschadet der in ihrer Person
vorliegenden Kostenarmut mutwillig ist (§
114 S. 1
ZPO), wie das Familiengericht zutreffend angenommen hat.
Mutwillig - und damit nicht prozeßkostenhilfefähig - ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn eine verständige" nicht hilfebedürftige
Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder die Partei den verfolgten Zweck auf einem billigeren Weg erreichen
könnte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27.11.1989 6 WF 155/89 -, vom 14.12.1993 - 6 WF 84/93 - und vom 07.01.1994 - 6 WF 1/94; Kalthoener/Büttner, NJW-Schriften 47, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 1988, Rn. 481; Zöller-Philippi,
ZPO, 18. Aufl., 114, Rn. 30 ff-- jeweils mit weit. Nachw.).
Hiervon ist jedenfalls hinsichtlich der Unterhaltsansprüche auszugehen, für deren Geltendmachung das Familiengericht der Klägerin
keine Prozeßkostenhilfe bewilligt hat, also für die Zeit bis 31.12.1993 bezüglich des Gesamtbetrages von 1.611,78 DM monatlich
und für die anschließende Zeit bezüglich des Gesamtbetrages von 1.654,05 DM monatlich, weil die Gemeinde Ü. der Klägerin zumindest
insoweit Aufwendungen i S. des 91 Abs. 1 BSHG erbracht hat und damit die Unterhaltsansprüche der Klägerin jedenfalls in diesem Umfang auf die Gemeinde Ü. gemäß der seit
dem 27.06.1993 geltenden Neufassung des § 91
BSHG übergegangen sind.
Der Senat hat bereits in seinen erwähnten Beschlüssen vom 14.12.1993 und 07.01.1994 entschieden, daß im Hinblick auf diesen
Übergang die Rechtsverfolgung einer kostenarmenn Partei dann mutwillig ist, wenn die Sozialhilfeleistungen die prozessual
begehrten Unterhaltsrenten überschreiten. Hieran hält der Senat trotz der Ausführungen der Klägerin in ihrer Beschwerde fest,
da in ihr keine entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vorgebracht werden, die der Senat nicht bereits bedacht hat. In konsequenter
Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung des Senats gilt dieser Grundsatz auch für den Fall, daß - wie hier (ab 01.01.1994)
- die geltend gemachten Unterhaltsanspüche die Höhe der Sozialhilfeleistungen überschreiten. Zwar kann - bei Vorliegen der
übrigen Voraussetzungen - der Partei dann für die Geltendmachung des über dem Sozialhilfebetrag liegenden Unterhalts Prozeßkostenhilfe
bewilligt werden. Es bleibt aber mutwillig, wenn die Partei außer diesem Spitzenbetrag auch den Sockelbetrag, d. h. den Betrag
bis zur Höhe der Sozialhilfeleistungen, geltend macht, weil der Sozialhilfeträger die Rechtsverfolgung dieses Sockelbetrages
aufgrund des Anspruchsübergangs im eigenen Namen unter Inanspruchnahme der Gerichtskosten-Vorschußfreiheit nach 2 Abs. 1 GKG aufnehmen kann (vgl. hierzu auch OLG Hamburg, FamRZ 1990, 417, 418). Zwar wird hierdurch der einheitliche Unterhaltsanspruch möglicherweise aufgespalten. Diese Trennung ist aber eine
hinzunehmende und im Hinblick auf die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten bei der Durchsetzung der Ansprüche auch hinnehmbare
gesetzgeberische Folge. Diese Konsequenz erstreckt sich jedenfalls vorliegend auch auf das der Klägerin seit 01.01.1994 gewährte
Wohngeld (580,- DM monatlich), da es von der Gemeinde Ü. an diese ausgezahlt wird und damit als Aufwendung im Sinn des 91
Abs. 1 S. 1 BSHG zu werten ist.