Sozialhilferecht: Kostenübernahme für eine Beerdigung im Ausland
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme der im Zusammenhang mit der Überführung ihres verstorbenen Ehemannes in die Türkei entstandenen
Kosten aus Sozialhilfemitteln.
Die 1965 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Im Juni 1981 beantragte sie in K die Anerkennung als Asylberechtigte.
Im Mai 1985 heiratete sie ihren 1960 geborenen Landsmann ..., der in H Asyl beantragt hatte. Infolge der Eheschließung wurde
der Aufenthaltsbereich für die Klägerin auf das Gebiet der ...stadt H erweitert. Die Eheleute bezogen eine Wohnung in H-W
und erhielten von der Beklagten laufende Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Krankenhilfe.
Am 12. November 1988 verstarb der Ehemann der Klägerin bei einem Unfall. Am 15. November 1988 beantragte ein Nachbar für die
Klägerin beim Sozialamt die Übernahme der Kosten für die Überführung des Leichnams in die Türkei und die Bestattung dort.
Der Sachbearbeiter lehnte eine Hilfegewährung für die Überführungskosten ebenso wie für eine Feuerbestattung und die Versendung
der Urne in die Türkei ab und wies darauf hin, daß Kosten für eine Bestattung in H übernommen werden könnten. Mit Schriftsatz
ihres Prozeßbevollmächtigten vom 10. Januar 1989 wiederholte die Klägerin ihren Antrag und begehrte Hilfe gemäß §§ 15, 120 Abs. 2 Satz 1 BSHG in Höhe von 4.225,-- DM. Sie habe, so machte sie geltend, das Beerdigungsinstitut E mit der Abwicklung der Bestattung beauftragt.
Dieses habe für die Überführung der Leiche in die Türkei 2.725,-- DM in Rechnung gestellt. Für zwei Begleitpersonen seien
Flugkosten in Höhe von insgesamt 1.500,-- DM entstanden. Den Gesamtbetrag von 4.225,-- DM habe sie sich von Nachbarn geliehen.
Die Leiche habe umgehend in die Heimat überführt werden müssen. Nach islamischem Glauben habe sie am ersten Freitag nach dem
Tode beerdigt werden müssen. Sie, die Klägerin, sei als Erbin verpflichtet, die Beerdigungskosten zu tragen. Dem Antrag waren
eine Quittung des Beerdigungsinstituts E vom 15. November 1988 über den Erhalt von 2.725,-- DM für "Überführung nach D/Türkei"
sowie ein Schuldanerkenntnis der Klägerin vom selben Tage gegenüber den türkischen Staatsangehörigen A und C über jeweils
2.112,50 DM beigefügt. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Januar 1989 unter Wiederholung der mündlichen Begründung
vom 15. November 1988 ab.
Die Klägerin erhob Widerspruch und fragte an, ob der Ablehnungsbescheid so zu verstehen sei, daß die Beklagte bereit sei,
zumindest die anteiligen Kosten, die auch für eine Bestattung in H angefallen wären, zu übernehmen. Die Beklagte lehnte dies
unter Hinweis auf § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG ab. Die Klägerin führte daraufhin aus: Die Zuständigkeitsregelung des § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG stehe dem Anspruch nicht entgegen. Die Vorschrift sei durch das Zweite Änderungsgesetz zum BSHG eingeführt worden, um den bis dahin bestehenden Streit über die Frage zu entscheiden, ob für die Übernahme der Bestattungskosten
das Sozialamt des Sterbeortes oder das des Bestattungsortes örtlich zuständig sei. Es handele sich nach dem Willen des Gesetzgebers
zugleich um eine Schutznorm für den Hilfeempfänger, damit er unschwer feststellen könne, welches Sozialamt für sein Anliegen
zuständig sei. Die Fälle, in denen der Bestattungsort außerhalb des Geltungsbereichs des BSHG liege (Ausland, Seebestattung), seien vom Gesetzgeber nicht geregelt worden. Dies sei auch nicht nötig gewesen, da in diesen
Fällen ein Streit zwischen zwei Sozialämtern hinsichtlich ihrer Zuständigkeit nicht entstehen könne und der Hilfeempfänger
insoweit einer Schutznorm nicht bedürfe. Denn in diesen Fällen sei ausschließlich zuständig das Sozialamt des Sterbeortes.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 5. September 1989 mit folgender Begründung zurück: Sie sei für die Übernahme
der Bestattungskosten gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG nicht örtlich zuständig, weil die Bestattung im Ausland stattgefunden habe. Die Vorschrift sei ebenso wie § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG Ausdruck des Territorialitätsprinzips. Örtlich zuständig sei danach grundsätzlich nur derjenige (deutsche) Sozialhilfeträger,
in dessen Bereich der Sozialhilfefall eintrete. Eine Ausnahme hiervon mache die Vorschrift des § 119 BSHG. Sie beschränke die Verpflichtung zur Gewährung von Sozialhilfe nach dem BSHG im Ausland auf Deutsche im Sinne des Grundgesetzes und ihnen nahestehende Personen. Die Bestattung des Ehemannes der Klägerin
habe in der Türkei stattgefunden. Eine Regelungslücke liege insoweit nicht vor. Sie könne allenfalls für Seebestattungen bejaht
werden. Diese Form der Bestattung habe der Gesetzgeber schlichtweg übersehen. Insoweit werde allgemein der Sozialhilfeträger
des Sterbeortes als örtlich zuständig angesehen. Dies könne aber nicht für Bestattungen im Ausland gelten. Vielmehr folge
aus dem Territorialitätsprinzip und der Regelung in § 119 BSHG, daß der Gesetzgeber bewußt grundsätzlich Leistungen von Sozialhilfe im Ausland ausgeschlossen habe. Im übrigen gehörten
Überführungs- und Reisekosten grundsätzlich nicht zu den angemessenen Kosten einer Bestattung. Es bestünden in H ausreichend
Beerdigungsmöglichkeiten für Angehörige des islamischen Glaubens. Dem Wunsch der Klägerin, daß ihr verstorbener Ehemann in
der Türkei bestattet werden solle, könne nicht entsprochen werden, weil die Realisierung dieses Wunsches mit unverhältnismäßigen
Mehrkosten verbunden sei (§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG).
Die Klägerin hat am 18. September 1989 Klage erhoben mit dem Antrag,
den Bescheid vom 30. Januar 1989 und den Widerspruchsbescheid vom 5. September 1989 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
an die Klägerin 4.225,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Januar 1989 zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 23. November 1989 hat sie die Klage erweitert und nunmehr die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung
von 5.605,-- DM nebst Zinsen begehrt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht: Sie beanspruche die Kosten der Überführung in
die Türkei in Höhe von 2.725,-- DM (Rechnung der Fa. Ertel) sowie die Flugkosten für die beiden Begleitpersonen in Höhe von
2.880,-- DM. Die dazu von der Klägerin eingereichte Rechnung des Beerdigungsinstituts Ertel vom 1. Februar 1989 (Bl. 52 d.A.)
weist u.a. folgende "Gebührenauslagen" auf:
Luftfrachtkosten DM 1.470,66
Krankenhausgebühr DM 97,--
Sterbeurkunden DM 15,--
Todesbescheinigung DM 83,--
Leichenpaß DM 64,--
Einstellgebühr DM 110,--
Zum Nachweis der Flugkosten hat die Klägerin zwei Flugscheine der TURKISH AIRLINES vorgelegt, die jeweils einen Hinflug am
18. und 19. November 1988 H I-A-D und den Rückflug in umgekehrter Richtung am 25. November 1988 ausweisen (Hülle Bl. 17 d.A.).
Die Begleitung durch zwei Personen, so hat die Klägerin hierzu geltend gemacht, sei erforderlich gewesen, weil die Fa. E die
Überführung nur bis A habe regeln können, die Bestattung jedoch in B, dem Geburtsort ihres Ehemannes, habe stattfinden sollen.
Die Kosten für die Überführung von A nach B sowie die Bestattung dort von umgerechnet weiteren rund 2.000,-- DM seien ihr
ebenfalls von Verwandten vorgestreckt worden. Die Rechtsmeinung der Beklagten sei unzutreffend. Der Hinweis auf das Territorialitätsprinzip
gehe fehl. Zwar habe die Beerdigung außerhalb der Bundesrepublik stattgefunden. Die geltend gemachten Kosten seien jedoch
hier angefallen. Ein Grund für eine unterschiedliche Behandlung gegenüber einer Seebestattung sei nicht ersichtlich. Von anderen
Sozialämtern würden in solchen Fällen die Kosten einer Bestattung außerhalb der Bundesrepublik übernommen. -- Die Klägerin
hat ferner eine Bescheinigung des Verbandes der Islamischen Kulturzentren e.V., Hauptverwaltung Köln, Zweigstelle ... H, vom
5. Dezember 1989 vorgelegt, in der es heißt: Die Beerdigung des Ehemannes der Klägerin habe in der Türkei vorgenommen werden
müssen, weil hier kein Friedhof für Moslems vorhanden sei. Nach islamischem Glauben müsse ein verstorbener Moslem auf einem
islamischen Friedhof beerdigt werden, wenn die Möglichkeit dazu bestehe. Das sei hier der Fall gewesen. Der Verstorbene sei
deshalb zu einem besonders günstigen Tarif mit dem Flugzeug in seine Heimatstadt überführt worden. Dies sei günstiger gewesen
als eine Beerdigung in H.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und ergänzend ausgeführt: Die Bestattung islamischer Glaubensangehöriger auf staatlichen Friedhöfen sei in H nicht nur möglich,
sondern bei den Angehörigen der islamischen Glaubensgemeinden auch allgemein üblich. Sowohl auf dem Hauptfriedhof O als auch
auf dem Hauptfriedhof Ö gebe es ein eigenes Bestattungsfeld für islamische Glaubensangehörige. Es bestehe auch die Möglichkeit,
daß Einzelgräber nach islamischem Ritus angelegt würden. Islamische Glaubensangehörige machten von diesen Möglichkeiten Gebrauch.
Eine Bestattung auf einem deutschen staatlichen Friedhof widerspreche nicht der islamischen Tradition.
Das Verwaltungsgericht hat eine Auskunft des Garten- und Friedhofsamtes der Beklagten über die Möglichkeit der Bestattung
eines Angehörigen moslemischen Glaubens auf den Friedhöfen in H eingeholt. In dem Antwortschreiben vom 26. März 1990 (Bl.
25 d.A.) heißt es u.a.: Nach § 18 des Bestattungsgesetzes vom 14. September 1988 werde die Ausübung kirchlicher Amtshandlungen
sowie religiöser und weltanschaulicher Gebräuche bei Bestattungen und Totengedenkfeiern gewährleistet. Auf den Ablauf anderer
Bestattungen sei Rücksicht zu nehmen. Im November 1988 sei auf allen staatlichen Friedhöfen in H eine islamische Beerdigung
möglich gewesen. Von der Beisetzungsmöglichkeit auf H. Friedhöfen werde zunehmend Gebrauch gemacht, da die Überführung in
das Heimatland zu teuer sei. Bei einer islamischen Beerdigung entstünden keine zusätzlichen Friedhofsgebühren. Wenn keine
Trauerfeier auf dem Friedhof stattfinde, würden für die Beisetzung in einer Wahlgrabstätte Gebühren und Kosten zwischen 2.360,--
und 4.010,-- DM berechnet.
Mit Urteil vom 17. Oktober 1990 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin für die Beerdigung ihres
Ehemannes 3.200,51 DM aus Sozialhilfemitteln zu bewilligen und diesen Betrag ab 1. August 1989 mit 4 % zu verzinsen. Im übrigen
hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Beklagte sei gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG örtlich zuständig. Die Vorschrift des § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG sei bei einer Bestattung im Ausland nicht einschlägig, wie der Senat in seinem Urteil vom 28. April 1989 (FEVS Bd. 39 S.
144) entschieden habe. Nach Sinn und Entstehungsgeschichte könne sie nur eingreifen, wenn der Bestattungsort im Zuständigkeitsbereich
eines inländischen Sozialhilfeträgers liege. Materiell gehe es nicht um die Übernahme von Schulden. Durch die Vorsprache des
Nachbarn am 15. November 1988 sei der Beklagten der Bedarf im Sinne von § 5 BSHG bekanntgeworden. Da die Klägerin zur Rückzahlung des für die Begleichung der Kosten aufgenommenen Darlehens verpflichtet
sei, bestehe die Bedarfslage fort. Der Anspruch sei gemäß § 15 i.V.m. § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG teilweise begründet. Die Klägerin sei als Ehefrau verpflichtet, die Kosten für die Bestattung ihres Ehemannes zu tragen.
Nach türkischem Recht sei sie neben dem gemeinsamen Kind Erbin ihres Ehemannes geworden. Andere Mittel hätten nicht zur Verfügung
gestanden. Als erforderlich im Sinne von § 15 BSHG anzuerkennen seien nur diejenigen Kosten, die für eine würdevolle Bestattung eines Toten notwendig seien. Erstattet werden
könnten der Klägerin daher nur die Kosten einer zur gleichen Zeit in H nach Sozialhilfemaßstäben durchgeführten Beerdigung
unter Beachtung der von der Beklagten mit den Bestattungsunternehmen vereinbarten Preise (Sarg 224,27 DM, Sargtransport 22,50
DM, Überführung zum Friedhof 57,--, Überführung zur Leichenhalle 28,-- DM, Bestattung 486,-- DM, Sargschmuck 109,-- DM, Gebühr
für die Leichenhalle 98,-- DM, Sterbeurkunde 12,-- DM, Grabkissenstein 103,74 DM sowie Friedhofsgebühren 2.060,-- DM). Die
Überführungs- und Begleitkosten in die Türkei seien nicht erforderlich im Sinne von § 15 BSHG gewesen. Denn auch in Hamburg bestehe die in § 18 des Bestattungsgesetzes gewährleistete Möglichkeit zu einer Beerdigung nach islamischem Brauchtum, von der auch zunehmend
Gebrauch gemacht werde. Dies sei auch der Klägerin zuzumuten gewesen. Ihrem verständlichen Wunsch, ihren Ehemann in seiner
Heimat zu beerdigen, könne gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG nicht entsprochen werden. Die Übernahme in Höhe der Kosten, die bei einer Bestattung in Hamburg angefallen wären, sei zulässig.
Die Hilfe nach § 15 BSHG sei nicht als Sachleistung, sondern als Geldleistung ausgestaltet. Daß Wünschen des Hilfeempfängers im Zusammenhang mit einer
Beerdigung in keinem Fall Rechnung getragen werden dürfe, ergebe sich weder aus der einschlägigen Fachlichen Weisung noch
aus anderen Vorschriften. Die Fachliche Weisung SR 6/88 sehe bei privat vergebenen Bestattungen vor, daß die Kosten bis zur
Höhe der in erster Linie vorgesehenen Bestattung in einem Reihengrab auch bei einer anderen Beerdigungsform übernommen werden
könnten. Auch der Senat habe in seinem Urteil vom 28. April 1989 (a.a.O., S. 146) erkennen lassen, daß eine teilweise Übernahme
von Bestattungskosten in Höhe einer ortsüblichen Bestattung in Fällen der vorliegenden Art möglich sei.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend: Sie sei nicht verpflichtet, die Kosten einer Beerdigung in der Türkei in Höhe
der fiktiven Kosten einer in Hamburg durchgeführten Beerdigung zu übernehmen. Sozialhilferechtliche Bedarfe, die im Ausland
entstünden -- wie hier die Kosten für die Bestattung in der Türkei --, seien von einem deutschen Sozialhilfeträger grundsätzlich
nicht zu übernehmen. Der Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes erstrecke sich nicht auf das Ausland. Dieser Grundsatz
komme im BSHG hinreichend zum Ausdruck und werde z.B. durch die Vorschrift des § 119 BSHG belegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 17. Oktober 1990 aufzuheben und die Klage vollen Umfangs abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine Auskunft des Beerdigungsinstituts E eingeholt, auf deren Inhalt verwiesen wird (Bl. 111 -- 114 d.A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die angefochtenen Bescheide, das Urteil des Verwaltungsgerichts
sowie die Sozialhilfeakte YAK 25.09.65 (Band II), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der durch die Überführung
ihres verstorbenen Ehemannes in die Türkei verursachten Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe. Dagegen hat die Beklagte die geltend
gemachten Kosten zu übernehmen, soweit diese unabhängig von der Überführung angefallen bzw. allein durch den Tod des Ehemannes
-- unabhängig von der Notwendigkeit einer Bestattung -- verursacht worden sind.
1. Die Klägerin hat gemäß §§ 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 15 BSHG dem Grunde nach gegen die Beklagte einen Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten im Hinblick auf den Tod ihres Ehemannes.
a) Ein Übernahmeanspruch kann vorliegend nicht bereits im Hinblick auf § 97 Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. BSHG mit der Begründung verneint werden, daß der Bestattungsort im Ausland liege und deshalb es an der örtlichen Zuständigkeit
eines Trägers der Sozialhilfe nach dem BSHG fehle (so aber OVG Münster, Urt. v. 20.3.1991, NJW 1991 S. 2232 = FEVS Bd. 42 S. 27 sowie Schmitt, BSHG, Kommentar, § 15 Rdnr. 9). § 97 Abs. 1 BSHG regelt -- wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat -- allein die Frage der örtlichen Zuständigkeit und vermag
deshalb schon nach der systematischen Stellung der Vorschrift in Abschnitt 8 des Gesetzes ("Träger der Sozialhilfe") weder
unmittelbar etwas über den Geltungsbereich des BSHG auszusagen noch zu einer inhaltlichen Begrenzung der in dem Gesetz vorgesehenen materiellen Leistungsansprüche zu führen
(vgl. Urt. des Senats v. 4.7.1991 -- OVG Bf IV 45/90 --; ebenso Mergler/Zink, BSHG, Kommentar, 4. Aufl., § 97 Rdnr. 7). Hinsichtlich seines sachlichen Geltungsbereichs enthält das BSHG -- anders als andere Leistungsgesetze -- keine ausdrückliche Vorschrift (vgl. dazu ebenfalls Urt. des Senats v. 4.7.1991,
UA S. 10).
b) Die Beklagte ist vorliegend der für die Übernahme von Bestattungskosten örtlich zuständige Träger. Das folgt aus § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG. Denn die Klägerin als die Hilfesuchende hielt sich im Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes bzw. der Geltendmachung des Bedarfs
tatsächlich in H auf.
Die in § 97 Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. BSHG getroffene Sonderregelung über die örtliche Zuständigkeit für Bestattungskosten, nach der für diese Hilfe örtlich zuständig
der Träger ist, in dessen Bereich der Bestattungsort liegt, ist nach Sinn und Zweck, wie sie der Entstehungsgeschichte der
Vorschrift zu entnehmen sind, in Fällen der vorliegenden Art nicht anwendbar. Die Vorschrift ist durch das Zweite Änderungsgesetz
zum BSHG vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1153) eingefügt worden zur Klärung der bis dahin häufig streitig gewesenen Frage, welcher von den in Betracht kommenden Trägern
der Sozialhilfe -- derjenige des Sterbeorts, des Bestattungsorts (nach früherem Recht wurde der Verstorbene als Hilfeempfänger
angesehen, vgl. OVG Münster, Urt. v. 7.1.1958, FEVS Bd. 4 S. 297) oder des Aufenthaltsorts des Bestattungspflichtigen -- örtlich
zuständig ist (vgl. z.B. Knopp/Fichtner, BSHG, Kommentar, 6. Aufl., § 97 Rdnr. 11). Mit ihr sollte somit der Zuständigkeitsstreit zwischen mehreren -- deutschen -- Sozialhilfeträgern entschieden
werden. Hierfür und somit auch für eine Anwendung der Vorschrift fehlen indessen Anlaß und Notwendigkeit, wenn ein solcher
Streit nicht entstehen kann, weil der Bestattungsort -- wie hier -- nicht im Bereich eines deutschen Sozialhilfeträgers, sondern
im Ausland liegt. § 97 Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. BSHG ist daher einschränkend dahin auszulegen, daß die Vorschrift nur Anwendung findet, wenn der Bestattungsort im Zuständigkeitsbereich
eines deutschen Sozialhilfeträgers liegt, und sie deshalb bei einer Bestattung im Ausland nicht eingreift (so bereits Urt.
des Senats v. 28.4.1989 -- OVG Bf IV 56/89 --, FEVS Bd. 39 S. 144).
Nur auf diesem Wege lassen sich Fälle etwa einer Seebestattung oder einer Auslandsbestattung der erforderlichen sachangemessenen
und gegebenenfalls differenzierenden Lösung zuführen. Für die Seebestattung wird seit einer Entscheidung der Spruchstelle
Hamburg vom 26. März 1981 (Sammlung der Entscheidungen und Gutachten Bd. 37 S. 348) "im Wege ergänzender Gesetzesauslegung"
-- als Notlösung -- auf den Sterbeort abgestellt (allgemeine Meinung, vgl. z.B. Knopp/Fichtner, § 97 Rdnr. 14). Nach Ansicht
des Senats wäre indessen auch in diesem Fall die örtliche Zuständigkeit gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG nach dem tatsächlichen Aufenthaltsort des um Kostenübernahme nachsuchenden Bestattungspflichtigen -- der allerdings wohl
häufig mit dem Sterbeort identisch sein dürfte -- zu bestimmen. In der Tat mag deshalb auch aus diesem Grund eine gesetzliche
Regelung, die die Zuständigkeit an den Sterbeort knüpft, de lege ferrenda zweckmäßiger sein (so Mergler/Zink, § 97 Rdnr. 27).
Die -- auch bei einer Bestattung im Ausland auf § 97 Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. BSHG abstellende -- Gegenmeinung müßte etwa auch im Fall des Todes einer verwitweten Mutter, die von ihrem grenznahen Geburts-
und Wohnort in Dänemark aus ihren seit langem in Flensburg lebenden einzigen Sohn besucht und hier verstirbt, dem bedürftigen
Sohn für die von der Mutter gewünschte Bestattung in ihrem Wohn- und Geburtsort jegliche Hilfe versagen. Das wäre nicht sachangemessen.
c) Der Klaganspruch -- Übernahme der Kosten im Zusammenhang mit einer Bestattung im Ausland -- läßt sich ferner nicht bereits
dem Grunde nach mit der Erwägung der Beklagten verneinen, daß es sich um einen Bedarf im Ausland handele, für den grundsätzlich
-- nämlich abgesehen von dem hier nicht gegebenen Sonderfall des § 119 BSHG -- nach dem BSHG Hilfe nicht geleistet werden könne. Ein derart allgemeiner Grundsatz ist dem BSHG nicht zu entnehmen. Ihm sind Hilfefälle mit Auslandsbezug -- wie der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens zutreffend
zu kennzeichnen ist -- nicht unbekannt. So sieht etwa § 23 der Verordnung zu § 47 BSHG ausdrücklich vor, daß Maßnahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte auch im Ausland durchgeführt werden können. Auch im
Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt -- zu der die Bestattungskosten zählen -- sind derartige Bedarfssituationen nicht von
vornherein aus der Hilfe auszuschließen. Ständiger Praxis der Sozialhilfeträger entspricht etwa die Übernahme der Kosten der
Rückreise eines ausreisepflichtigen Ausländers in sein Heimatland. Auch das Hilfebegehren etwa einer Schülerin für eine Klassenreise
ins Ausland (Beschluß des Senats v. 9.7.1990 -- OVG Bs IV 274/90 --) oder eines Ausländers für eine Reise zur Beerdigung eines nahen Angehörigen im Heimatland (OVG Hamburg, Beschluß v. 10.8.1988
-- OVG Bs I 117/88 --) ist nicht bereits unter diesem Aspekt schon dem Grunde nach aussichtslos. Diese Fälle ebenso wie der vorliegende unterscheiden
sich insoweit maßgeblich von denjenigen, in denen der Hilfebedarf ausschließlich im Ausland entsteht und anfällt. So muß etwa
das Begehren eines ansonsten im Bundesgebiet lebenden deutschen Staatsangehörigen, ihm jeweils für die Dauer seines mehrmonatigen
Aufenthalts während des Sommers in Italien Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, in der Tat scheitern an dem
aus den Strukturprinzipien des Sozialhilferechts abzuleitenden Grundsatz, daß der Hilfesuchende seinen tatsächlichen Aufenthalt
im Bundesgebiet haben muß (vgl. Urt. des Senats v. 4.7.1991, OVG Bf IV 45/90).
2. Nach § 15 BSHG sind die erforderlichen Kosten einer Bestattung zu übernehmen. Wenngleich die Hilfe für Bestattungskosten -- worauf das Verwaltungsgericht
zu Recht hinweist -- nach der genannten Vorschrift als Geldleistung ausgestaltet ist, folgt daraus indessen nicht, daß --
wie das Verwaltungsgericht weiter angenommen hat -- die Hilfe der Höhe nach nach den (fiktiven) Kosten einer Beerdigung in
Hamburg auch dann berechnet werden kann, wenn eine solche wie hier tatsächlich gar nicht stattgefunden hat, sondern der Leichnam
in das Ausland überführt worden ist. Ein solches Vorgehen steht mit dem Bedarfsdeckungsprinzip nicht in Einklang. Die Hilfe
für Bestattungskosten ist nach dem Gesetz weder regelsatzähnlich noch als Pauschale ausgestaltet. Letzteres hat die Beklagte
auch nicht in ihrer Fachlichen Weisung SR 6/81 (DV § 15 BSHG, Teil A) vom 12. August 1988 vorgesehen. Vielmehr spricht § 15 BSHG -- lediglich -- davon, daß die (erforderlichen) Kosten einer Bestattung zu übernehmen sind. Damit können deshalb nur die
jeweils tatsächlich angefallenen und vom Anspruchsberechtigten geltend gemachten Aufwendungen gemeint sein. Das sind vorliegend
die in der Rechnung der Fa. Ertel vom 1. Februar 1989 aufgeführten Kosten sowie die Flugkosten für die zwei Begleiter in die
Türkei. Soweit der Senat in seinem vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang angeführten Urteil vom 28. April 1989 (a.a.O.)
-- beiläufig -- die "teilweise Übernahme der Kosten in Höhe einer ortsüblichen Bestattung in Hamburg" als Möglichkeit für
die Beklagte zur Bescheidung eines (rechtzeitig) gestellten Hilfeantrages betreffend die Kosten einer Auslandsbestattung aufgezeigt
hat, hält er an dieser Rechtsansicht nach Überprüfung nicht fest.
Der Begriff der "Erforderlichkeit" in § 15 BSHG ist in Anknüpfung an § 1 Abs. 2 BSHG dahin zu verstehen, daß die Vorschrift eine würdige Bestattung ermöglichen will; zu übernehmen sind daher die Kosten für
ein ortsübliches, angemessenes Begräbnis (VGH Mannheim, Urt. v. 19.12.1990, FEVS Bd. 41 S. 279, 281, m.w.N.). Hierzu zählen
die Kosten einer Überführung an den vorgesehenen Bestattungsort nur dann, wenn die Überführung nach den Besonderheiten des
Einzelfalles (§ 3 Abs. 1 BSHG) erforderlich ist (OVG Münster, Urt. v. 22.6.1976, FEVS Bd. 25 S. 33, 34; Mergler/Zink, § 15 Rdnr. 8; Gottschick/Giese, BSHG, 9. Aufl., § 15 Rdnr. 4; Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, Kommentar, § 15 Rdnr. 9; Dreyer, ZfF 1983 S. 75, 76). Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, auf die Bezug genommen werden kann, hat das Verwaltungsgericht diese Voraussetzung
hier verneint, weil für die Klägerin die Möglichkeit bestand, ihren Ehemann in H nach islamischem Brauchtum bestatten zu lassen.
Dem -- verständlichen -- Wunsch der Klägerin, ihren Mann in seiner Heimat beerdigen zu lassen, brauchte die Beklagte gemäß
§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG nicht zu entsprechen, weil die Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden war; allein schon die Luftfrachtkosten
für den Sarg (1.470,66 DM) sowie die geltend gemachten Flugkosten für die Begleitpersonen (2.880,-- DM) von zusammen rund
4.350,-- DM verursachen unverhältnismäßige Zusatzkosten gegenüber einer Bestattung in H, deren Kosten das Verwaltungsgericht
mit rund 3.200,-- DM ermittelt hat. Das muß um so mehr gelten, wenn in diesen Kostenvergleich weiter die Kosten der Überführung
des Leichnams von A nach B und die Bestattung dort, die die Klägerin mit weiteren 2.000,-- DM beziffert hat, einbezogen werden.
Daß die Klägerin diese Kosten nicht gleichfalls beansprucht, kann nicht dazu führen, sie in dem vorliegenden Zusammenhang
unberücksichtigt zu lassen.
Danach sind sämtliche geltend gemachten durch die Überführung verursachten Kosten nicht erstattungsfähig. Das sind neben den
Aufwendungen für den Transport des Sarges und die Begleitpersonen die in der Rechnung der Fa. E weiter angeführten Kosten
für Bereitstellung eines Überführungssarges mit Metalleinlage etc. über 885,34 DM sowie die Gebühren für den Leichenpaß (64,--
DM) und für die zweite Todesbescheinigung (lt. Auskunft der Fa. E 13,-- DM). Wie sich aus den von der Fa. E übersandten Unterlagen
ergibt, sind vom Gesundheitsamt des Bezirksamts M unter dem 17. November 1988 für die Ausstellung eines internationalen Leichenpasses
eine Gebühr nach der Tarifnr. 104090 ("Beaufsichtigung der Einsargung einer Leiche sowie Ausstellung einer Bescheinigung hierüber")
der Anlage zur Gebührenordnung für das öffentliche Gesundheitswesen vom 13. Dezember 1983 (GVBl. S. 305) in Höhe von 42,--
DM sowie eine Gebühr nach der Tarifnr. 104075 ("Leichenpaß") in Höhe von 22,-- DM erhoben worden. Die zweite Ausfertigung
der Todesbescheinigung (Tarifnr. 104060) ist nach Auskunft der Fa. E ausschließlich für die Ausstellung des Leichenpasses
erforderlich gewesen.
3. Die verbleibenden Gebührenaufwendungen in Höhe von insgesamt 292,-- DM hat dagegen die Beklagte zu übernehmen. Bei der
"Krankenhausgebühr" in Höhe von 97,-- DM handelt es sich um die vom Universitätskrankenhaus E mit Gebührenbescheid vom 15.
Dezember 1988 (Bl. 113 d.A.) erhobene Gebühr nach der Tarifnr. 104500 ("Aufbewahrung einer Leiche vom Sterbetag bis zum 4.
darauffolgenden Werktag") der Anlage zur Gebührenordnung für das Gesundheitswesen in der Fassung der Vierzehnten Änderungsverordnung
vom 15. Dezember 1987 (GVBl. S. 226). Die durch diesen Gebührenbescheid ebenfalls belegte Gebühr für die (1.) Todesbescheinigung
über 70,-- DM beruht auf der Tarifnr. 104002 ("Leichenschau ... einschließlich Ausstellung einer Todesbescheinigung") dieser
Gebührenordnung. Beide Gebühren sind anläßlich der ärztlichen Untersuchung der Leiche im Institut für Rechtsmedizin des Universitätskrankenhauses
E angefallen, die notwendig war, weil der Ehemann nicht eines natürlichen Todes, sondern infolge eines Unfalles gestorben
war. Die Gebühren für Sterbeurkunden in Höhe von 15,-- DM sind durch die vorgelegte Quittung des Standesamtes H vom 18. November
1988 (Bl. 114 d.A.) belegt. Die "Einstellgebühr" über 110,-- DM ist vom Hauptfriedhof Ö gemäß Ziff. 2.3 ("Aufbewahrung einer
Leiche bis zur Bestattung") der Anlage zur Gebührenordnung für das Bestattungs- und Friedhofswesen vom 6. Februar 1987 (GVBl.
S. 43) für die Aufbewahrung des Sarges bis zur Überführung in die Türkei erhoben worden (Bl. 111 a d.A.). Sie wäre auch bei
einer Bestattung in H angefallen.
Alle diese Kosten sind nicht durch die Überführung verursacht, wohl aber -- erforderliche -- Bestattungskosten im Sinne von
§ 15 BSHG oder jedenfalls für die Klägerin unvermeidbare sonstige Kosten aus Anlaß des Todes ihres Ehemannes, für die ihr eine einmalige
Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß §§ 11, 12 Abs. 1 BSHG zu gewähren ist.
Daß die Voraussetzungen für einen Hilfeanspruch der Klägerin nach § 15 BSHG im übrigen vorliegen und Bedenken gegen diesen Anspruch aus § 5 BSHG nicht durchgreifen, hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt. Hierauf kann Bezug genommen werden. Die Klägerin ist
auch hilfebedürftig im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG. Als Asylbewerberin hat sie Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG. Die Sollvorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 3 BSHG, die für diesen Personenkreis den Vorrang der Sachleistung statuiert, kann bei den ihr zuzusprechenden Hilfen nach der Natur
des Bedarfs nicht eingreifen.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §
44 Abs.
1 SGB I.