Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anhörungsrüge nach § 178a SGG
Prüfung der hinreichenden Substantiierung und Darlegung des Gehörverstoßes
Gründe:
I.
Die Rügeführerin wendet sich gegen eine Beschwerdeentscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren.
Die Rügeführerin hatte beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Az.: S 13 AS 2857/13 ER) die Gewährung weiterer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) im Zeitraum von Dezember 2013 bis Mai 2014 geltend gemacht und zugleich
die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das SG hatte mit Beschluss vom 24. Februar 2014 die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Gewährung von PKH abgelehnt.
Die eingelegte PKH-Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 29. April 2014 als unzulässig verworfen.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2014, das am 9. Mai 2014 bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangen ist, hat die Rügeführerin
gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt: Die Beschwerde sei zulässig, weil es um Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung gehe
und der Beschluss rechtsfehlerhaft sei: Das SG hätte sie darauf aufmerksam machen müssen, dass sie sich auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mittels PKH durch einen
Rechtsanwalt vertreten lassen könne. Erst nach der Entscheidung über den PKH-Antrag hätte über den Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz entschieden werden dürfen. Statt dessen habe das SG durch das gewählte Vorgehen ihr "den ordentlichen Rechtsweg" verwehrt.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2014 hat der Vorsitzende des 4. Senats die Rügeführerin gebeten, sich zu entscheiden, ob eine Beschwerde
gemäß §
160a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) beim Bundessozialgericht oder eine Anhörungsrüge gemäß §
178a SGG beim Landessozialgericht gemeint ist. Mit Schreiben vom 21. Mai 2014 hat sie unter Hinweis auf ihr Schreiben vom 6. Mai 2014
klargestellt, eine Anhörungsrüge erheben zu wollen.
Der Antragsgegner hat ausgeführt, er halte die Anhörungsrüge für unbegründet, denn eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör sei nicht ersichtlich.
II.
Grundsätzlich ist die Erhebung einer Anhörungsrüge auch gegen nicht beschwerdefähige (§
177 SGG) Endentscheidungen des Landessozialgerichts im einstweiligen Rechtsschutz möglich. Denn nach §
178a Abs.
1 Satz 1
SGG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzusetzen, wenn ein
Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten
auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der
Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in
Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 genannten Voraussetzungen darlegen (§
178a Abs.
2 Satz 1 und 5
SGG).
Mit §
178a Abs.
2 Satz 5
SGG wird dem Rügeführer eine Substantiierungs- und Darlegungslast auferlegt. Die Umstände, aus denen sich die entscheidungserhebliche
Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht ergeben soll, müssen schlüssig aufgezeigt werden. Dazu ist insbesondere
darzulegen, welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe.
Weiter ist darzulegen, weshalb ohne den Gehörsverstoß eine günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann. Die Angabe
der maßgeblichen Gründe ist schon nach dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift integraler Teil der Rüge selbst und deshalb
mit ihr dem Fristablauf nach §
178a Abs.
2 Satz 1 Halbsatz 1
SGG unterworfen (vgl. zum Vorstehenden: Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 18. Mai 2009, Az. B 3 KR 1/09 C, juris).
Vorliegend hat die Rügeführerin die gesetzliche Zwei-Wochen-Frist zwar eingehalten. Jedoch ist die erhobene Anhörungsrüge
mangels hinreichender Substantiierung und Darlegung des Gehörverstoßes unzulässig.
Sinn und Zweck der Anhörungsrüge ist nach den vorstehenden Ausführungen auf die Wahrung des grundgesetzlichen Justizgewährungsanspruchs
beschränkt. Die Anhörungsrüge stellt keinen ordentlichen Rechtsbehelf dar, der das Gericht zu einer nochmaligen rechtlichen
Prüfung des Sachverhalts zwingt. Zwar sind nach der Kommentarliteratur (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage 2012, §
178a RN 6a) bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten die Begründungsanforderungen nicht zu überspannen. Die Ausführungen
der Rügeführerin beinhalten jedoch auch bei Anwendung eines großzügigen Maßstabs keinen schlüssigen Vortrag einer Verletzung
des rechtlichen Gehörs durch den Senat. Letztlich rügt sie Verfahrensfehler des SG im erstinstanzlichen PKH-Verfahren, über die der Senat in der Sache wegen der Unzulässigkeit der Beschwerde gar nicht zu
entscheiden hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §§
177,
178a Abs.
4 Satz 3
SGG unanfechtbar.