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LSG Sachsen, Urteil vom 09.04.2015 - 3 AS 1009/14
Aktivlegitimation; Beschäftigungslosigkeit; Beschäftigungsverhältnis; Forderungsabtretung; keine Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt; Lohnwucher; Prozessführungsbefugnis; Prozessstandschaft; Sachbefugnis; Sozialgerichtliches Verfahren; Sozialleistungen; Vermittlungsgutschein; wucherähnliches Geschäft
1. Die Aktivlegitimation oder auch Sachbefugnis betrifft die Frage, wer materiell Inhaber des streitigen Rechts oder Verpflichteter ist. Die Aktivlegitimation ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Sie ist von der Prozessführungsbefugnis zu unterscheiden. Letztere ist die Berechtigung, einen Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen, also als richtiger Kläger zu klagen (aktive Prozessführungsbefugnis), oder als richtiger Beklagter verklagt zu werden (passive Prozessführungsbefugnis). Die Prozessführungsbefugnis ist eine von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung.
2. Die Aktivlegitimation fällt in der Regel mit der Prozessführungsbefugnis zusammen, es sei denn, Rechte eines Dritten können in zulässiger Prozessstandschaft verfolgt werden, nämlich in Folge einer Ermächtigung kraft Gesetzes (gesetzliche Prozessstandschaft) oder durch Einverständniserklärung des materiell Berechtigten (gewillkürte Prozessstandschaft) (Anschluss an BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 156/11 R).
3. § 53 SGB I findet nur auf Sozialleistungen Anwendungen.
4. Bei dem von der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 421g Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB III a. F. (seit 1. April 2012: § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III) gezahlten Vermittlerhonorar handelt es sich nicht um eine Sozialleistung, sondern um eine Vergütung aus wirtschaftlicher Betätigung (Fortführung der Senatsrechtsprechung: Sächs. LSG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - L 3 B 64/04 AL - JURIS-Dokument).
5. Da der private Vermittler im Rahmen des SGB III an die Stelle der ansonsten zuständigen Bundesagentur für Arbeit trat (und auch nach der seit dem 1. April 2012 geltenden Gesetzeslage tritt) und der private Maklervertrag vom öffentlichen Recht überlagert ist, müssen für den Vergütungsanspruch zusätzlich auch die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 SGB III erfüllt sein.
6. Zu einem wegen Lohnwuchers nichtigen Arbeitsverhältnis.
7. Einem Beschäftigungsverhältnis steht nicht entgegen, dass der Arbeitsvertrag sittenwidrig ist. Denn ein sittenwidriger Arbeitsvertrag ist in der Regel rechtlich nicht unbeachtlich. Es kann arbeitsrechtlich ein sogenanntes faktisches Arbeitsverhältnis bestehen, sozialversicherungsrechtlich ein Beschäftigungsverhältnis. Nur ausnahmsweise ist ein Arbeitsvertrag rückwirkend, das heißt von Anfang an, nichtig, nämlich wenn er an einem besonders schweren Mangel leidet.
8. Ein Vergütungsanspruch eines Vermittlers besteht nur, wenn ein arbeitsloser Arbeitnehmer, nicht aber ein in einem Beschäftigungsverhältnis befindlicher Arbeitnehmer, in ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vermittelt wird (Fortführung des Senatsrechtsprechung: Sächs. LSG, Urteil vom 22. Mai 2014 - L 3 AL 85/12 - JURIS-Dokument Rdnr. 31 f.).
Normenkette:
SGB I § 11 S. 1
,
BGB § 138 Abs. 1
,
BGB § 138 Abs. 2
,
SGB II (in der vom 01.08.2009 bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung) § 16 Abs. 1 S. 2
,
SGB III § 35 Abs. 2
,
SGB III § 36 Abs. 1
,
BGB § 398
,
SGB III (in der vom 01.08.2009 bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) § 421g
,
AO § 46
,
Vorinstanzen: SG Dresden 23.05.2014 S 21 AS 8235/10
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23. Mai 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht erstattungsfähig.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

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