Vergütung stationärer Krankenhausleistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Anspruch auf Aufwandspauschale nur bei Prüfbegehren zur Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Behandlung mit Hilfe des MDK
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Aufwandspauschalen von insgesamt 200 Euro.
Die Klägerin, Trägerin eines für die Behandlung Versicherter zugelassenen Krankenhauses, behandelte die bei der beklagten
Krankenkasse (KK) versicherten, am 2008 geborenen Zwillingsgeschwister A. und T. G. stationär vom 22.1. bzw 23.1. bis 4.2.2009.
Sie berechnete für die Behandlung von T. G. 10 011,13 Euro (Fallpauschale - Diagnosis Related Group 2009 [DRG] E40A, 9.2.2009)
und von A. G. 2726,10 Euro (DRG E70A, 9.2.2009). Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
(MDK) in beiden Fällen mit folgender Prüfung: "Wurde die korrekte Hauptdiagnose abgerechnet bzw. was hat den Krankenhausaufenthalt
veranlasst?" Die Klägerin übersandte dem MDK auf Anforderung (23.2.2009) jeweils den Entlassungs- und Kumulativbericht. Die
Beklagte teilte der Klägerin mit, nach nochmaliger interner Prüfung von einer Vorlage beim MDK abzusehen. Die Klägerin forderte
von der Beklagten vergeblich insgesamt 200 Euro Aufwandspauschalen. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung von 200 Euro nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 12.11.2014). Deren - zugelassene - Berufung
ist beim LSG ohne Erfolg geblieben: Es habe sich um eine Auffälligkeitsprüfung nach §
275 Abs
1c SGB V gehandelt. Im Übrigen habe der Gesetzgeber mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) vom 10.12.2015 (BGBl I 2229) durch Ergänzung
des §
275 Abs
1c SGB V um einen S 4 klargestellt, dass sich ua die Regelungen zur Aufwandspauschale in S 3 auf jede Prüfung der Abrechnung einer
stationären Behandlung bezögen und damit auch auf Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (Urteil vom 21.6.2016).
Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung von §
275 Abs
1 Nr
1, §
275 Abs
1c S 1 und §
301 SGB V sowie sinngemäß von §
69 Abs
1 S 3
SGB V iVm §
133 BGB. Das LSG habe den an den MDK erteilten Prüfauftrag fehlerhaft ausgelegt. Der Prüfauftrag habe die richtige Kodierung und
Abrechnung und damit die sachlich-rechnerische Richtigkeit der geforderten Vergütung betroffen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. Juni 2016 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 12. November
2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die Revision der beklagten KK ist zulässig. Dies gilt auch bezüglich des geltend gemachten Zinsanspruchs. Zwar erstreckt sich
die Revisionsbegründung (§
164 Abs
2 S 1
SGG) nicht auf den Zinsanspruch (zum Begründungserfordernis für jeden Streitgegenstand: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
164 RdNr 9d mwN; Hauck in Zeihe/Hauck,
SGG, Stand August 2016, §
164 Anm 21a Buchst bb mwN). Das fehlende Vorbringen zur Nebenforderung ist aber unschädlich, weil die mit der Revision auch insoweit
angestrebte kassatorische Entscheidung nach der Revisionsbegründung denknotwendig von der Entscheidung über den Hauptanspruch
abhängt (stRspr, zB BSG Urteil vom 31.5.2016 - B 1 KR 38/15 R - Juris RdNr 7, für BSGE und SozR 4-7912 § 96 Nr 1 vorgesehen; BSG Urteil vom 23.6.2015 - B 1 KR 24/14 R - Juris RdNr 7; BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 8; Leitherer aaO; Hauck in Zeihe/Hauck, aaO, Anm 27e Buchst bb).
Die Revision der Beklagten ist auch begründet (§
170 Abs
2 S 1
SGG). Zu Unrecht hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das sie verurteilende SG-Urteil zurückgewiesen. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis
zulässig (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klage ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung von 200 Euro nebst Zinsen verurteilt. Die Voraussetzungen für die Zahlung von Aufwandspauschalen
nach §
275 Abs
1c S 3
SGB V sind nicht erfüllt. Denn das Gesetz begrenzt den Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale auf die Abrechnungsprüfung bei
Auffälligkeit wegen Unwirtschaftlichkeit. Die Prüfung der Auffälligkeit (dazu 1.) ist von der Prüfung der sachlich-rechnerischen
Richtigkeit zu unterscheiden (dazu 2.). Das Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeit wird nicht durch jenes der Auffälligkeitsprüfung
verdrängt (dazu 3.). Ein Fall der Auffälligkeitsprüfung liegt hier nicht vor (dazu 4.).
1. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl zuletzt Urteil vom 28.3.2017 - B 1 KR 23/16 R; Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris RdNr 9 ff mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen), ist der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale
eine eng auszulegende Ausnahmeregelung. Sie zielt nur auf die Einschränkung von solchen Prüfungen ab, die KKn ohne berechtigten
Anlass, ggf gar durch "missbräuchliche" Prüfungsbegehren eingeleitet haben, nicht aber zB auf Verfahren, zu denen es durch
ein Fehlverhalten des Krankenhauses gekommen ist (vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 21). Der erkennende Senat hat die weitergehende Auffassung des früher auch zuständigen 3.
Senats aufgegeben (vgl BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris RdNr 9, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen: Aufgabe von BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 16 RdNr 20 f). Hierbei muss die KK den MDK wegen einer Auffälligkeit gezielt beauftragt haben, eine gutachtliche Stellungnahme
abzugeben mit dem Ziel, in Verfolgung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Verminderung der Vergütung zu gelangen, dh eine
Verminderung des (möglicherweise) vom Krankenhaus zu hoch angesetzten Abrechnungsbetrages zu erreichen (vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13). Die Gesetzeskonzeption der Auffälligkeitsprüfungen von Unwirtschaftlichkeit folgt aus
dem Wortlaut (dazu a) in Einklang mit der Entwicklungsgeschichte der Norm (dazu b) und dem Zweck der Prüfung (dazu c).
a) Nach dem Gesetzeswortlaut sind die KKn gemäß §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V (idF durch Art 1 Nr
6b Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser [Fallpauschalengesetz - FPG] vom
23.4.2002, BGBl I 1412, mWv 1.1.2003) verpflichtet, "(...) in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere,
Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist (...), bei Erbringung von Leistungen,
insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen
Abrechnung (...) eine gutachtliche Stellungnahme" des MDK einzuholen. In Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach §
39 SGB V ordnet §
275 Abs
1c S 1
SGB V an, dass eine Prüfung nach §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V zeitnah durchzuführen ist. Die Zeitnähe wird in §
275 Abs
1c S 2
SGB V (mWv 1.4.2007 eingefügt durch Art 1 Nr 185 Buchst a GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz [GKV-WSG] vom 26.3.2007, BGBl I 378) dahin präzisiert, dass die Prüfung spätestens
sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der KK einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist. §
275 Abs
1c S 3
SGB V (idF des Art 3 Nr
8a Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 [Krankenhausfinanzierungsreformgesetz]
vom 17.3.2009, BGBl I 534) bestimmt sodann: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat
die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten."
b) Die Entwicklungsgeschichte des Gesetzes unterstreicht, dass die Auffälligkeitsprüfung dazu dient, die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots
(§
12 Abs
1 SGB V) zu sichern. So lag es bereits unter Geltung der
RVO. Auch bei der Regelung des §
275 Abs
1 SGB V ging und geht es im Falle der Leistungen von Krankenhausbehandlung nach §
39 SGB V in erster Linie um die Einflussnahme auf das Behandlungsgeschehen vor und während der Leistungserbringung. Der MDK soll prüfen,
ob das Krankenhaus Leistungen erbringt und abrechnet, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des
Notwendigen nicht überschreiten (§
12 Abs
1 SGB V).
Der Einleitungssatz des §
275 Abs
1 SGB V bezeichnet als Voraussetzung für die Einschaltung des MDK zunächst die gesetzlich bestimmten Fälle und sodann als Anhaltspunkte
für die Auswahl der erforderlichen Fälle, in denen eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen ist, die Art, Schwere,
Dauer, Häufigkeit der Erkrankung oder den Krankheitsverlauf (vgl Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform
im Gesundheitswesen [Gesundheits-Reformgesetz - GRG] der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP, BT-Drucks 11/2237 S 231 f = Gesetzentwurf
der BReg, BR-Drucks 200/88 S 231 f, jeweils zu Art 1 [SGB V] §
283). Die Begründung zu §
283 Abs 1
SGB V des Entwurfs, der als §
275 Abs
1 SGB V unverändert Gesetz wurde, geht davon aus, dass diese Regelung zusammen mit den anderen Regelungen des Abs 1 inhaltlich der Vorschrift des § 369b Abs 1
RVO und den Richtlinien der KKn mit dem Vertrauensärztlichen Dienst nach § 369b Abs 5
RVO entspricht (vgl Begründung zum Entwurf eines GRG, BT-Drucks 11/2237 S 231 = BR-Drucks 200/88 S 231). Gegenstand der Regelung des § 369b Abs 1 Nr 1
RVO war es, die Verordnung von Versicherungsleistungen in den erforderlichen Fällen durch einen Arzt (Vertrauensarzt) "rechtzeitig"
nachprüfen zu lassen. Für die Krankenhausbehandlung bedeutete dies die beratende Mitwirkung bei der Gewährung oder Weitergewährung
der Leistung (vgl Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Stand Juli 1987, § 369b
RVO Anm 7). Ergänzend sollten Richtlinien über die Zusammenarbeit der KKn mit dem Vertrauensärztlichen Dienst nach § 369b Abs 5
RVO dazu beitragen, dass die den KKn aufgrund der Aufgaben nach § 369b Abs 1
RVO obliegende Prüfung vor allem der Verweildauer im Krankenhaus verbessert werde (vgl BT-Drucks 9/2074 S 100). Die oben aufgezeigten
Anhaltspunkte für die Fallauswahl knüpfen nach Auffassung der Gesetzesmaterialien des GRG an diese Richtlinien an (vgl Begründung zum Entwurf eines GRG, BT-Drucks 11/2237 = BR-Drucks 200/88 S 231). Dies findet seinen unmissverständlichen Niederschlag auch in der ersten Alternative
der Nr
1 des §
275 Abs
1 SGB V. Dort ist von der "Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung"
die Rede.
Die zweite Alternative "Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung" (eingefügt durch Art 1 Nr
6b FPG mWv 1.1.2003 in §
275 Abs 1 Nr
1 SGB V) schließt an den durch den Einleitungssatz vorgegebenen Regelungskontext der Anhaltspunkte für die Fallauswahl an, nicht
etwa an eine eigenständige abweichende Regelung. Die Auffälligkeiten, die zu Abrechnungsprüfungen verpflichten, ergeben sich
aus der Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder dem Krankheitsverlauf. Sie folgen letztlich daraus, dass das
Krankenhaus die Versicherten nicht wirtschaftlich iS von §
12 Abs
1 SGB V behandelt und deswegen die Abrechnung nicht ordnungsgemäß ist. Der Gesetzgeber des FPG stellte entsprechend der vom Ausschuss
für Gesundheit vorgeschlagenen Ergänzung des §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V klar, dass "in Einzelfällen bei Auffälligkeiten auch die Rechnungslegung" durch den MDK geprüft werden kann (vgl Begründung
im Ausschussbericht, BT-Drucks 14/7862 S 6). Der Ausschuss erläuterte den Anwendungsbereich der Auffälligkeitsprüfung dahingehend,
dass sie "z. B. für Leistungen, die vor der Behandlung genehmigt wurden oder für die eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben
wurde, aber auch für Leistungen, die nicht genehmigungsbedürftig sind" (vgl Begründung im Ausschussbericht, BT-Drucks 14/7862
S 6) gelte. Die Rspr sah dementsprechend kontinuierlich - schon unter Geltung der
RVO - die Prüfung der Erforderlichkeit der Verweildauer als Ausdruck der Prüfung des Gebots der Wirtschaftlichkeit durch den
MDK/Vertrauensärztlichen Dienst an (vgl BSGE 70, 20, 24 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 = Juris RdNr 20).
Das GKV-WSG änderte die Grundkonzeption der Auffälligkeitsprüfungen der Wirtschaftlichkeit nicht. Es sah von einer Änderung des §
275 Abs
1 SGB V ab, führte aber Einschränkungen der Auffälligkeitsprüfungen mit den Regelungen des §
275 Abs
1c SGB V ein. Soweit die Gesetzesmaterialien hierbei die Vorstellung aufscheinen lassen, dass Fehlabrechnungen "aufgrund von Umfang
und Komplexität der Kodierregeln" in den Anwendungsbereich des §
275 Abs
1c SGB V fallen sollen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 171), bleiben sie in ihren rechtlichen Grundannahmen diffus. Der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte
Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt
ist (vgl BVerfGE 1, 299, 312; 11, 126, 130 f; 105, 135, 157; stRspr), lässt eine solche Vorstellung nicht erkennen.
c) Das Gesetz gibt dem MDK bei Auffälligkeitsprüfungen in ihrem aufgezeigten Anwendungsbereich zweckentsprechend weitgehende
Informationsrechte. Er bedarf dieser regelmäßig zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit. Behandelt ein Krankenhaus einen Versicherten
bei erforderlicher Krankenhausbehandlung in unwirtschaftlichem Umfang, hat es allenfalls Anspruch auf die Vergütung, die bei
fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten anfiele (stRspr, vgl zB BSGE 118, 155 = SozR 4-2500 § 39 Nr 23, RdNr 14 mwN; BSG Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 3/15 R - Juris RdNr 27; BSGE 118, 219 = SozR 4-2500 § 109 Nr 43, RdNr 11 mwN; BSGE 116, 138 = SozR 4-2500 § 12 Nr 4, RdNr 26; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 52 RdNr 18). So sind etwa in Fällen, in denen die Verweildauer teilweise nicht erforderlich ist, die nicht erforderlichen
Tage der Krankenhausbehandlung bei der Vergütung nicht zu berücksichtigen. Die Prüfung erfordert regelmäßig individuelle Daten
über den Behandlungsverlauf des Versicherten, die der KK und damit auch dem MDK nicht vorliegen. Deshalb darf der MDK Sozialdaten
nach §
276 Abs
2 SGB V erheben und speichern, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen nach §
275 SGB V erforderlich ist. Haben die KKn oder der MDK für eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung nach §
275 Abs
1 bis
3 SGB V erforderliche versichertenbezogene Daten bei den Leistungserbringern angefordert, so sind die Leistungserbringer verpflichtet,
diese Daten unmittelbar an den MDK zu übermitteln. Die rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Sozialdaten dürfen nur für die
in §
275 SGB V genannten Zwecke verarbeitet oder genutzt werden, für andere Zwecke, soweit dies durch Rechtsvorschriften des SGB angeordnet
oder erlaubt ist. Wenn es im Einzelfall zu einer gutachtlichen Stellungnahme über die Notwendigkeit und Dauer der stationären
Behandlung des Versicherten erforderlich ist, sind gemäß §
276 Abs
4 SGB V die Ärzte des MDK befugt, zwischen 8:00 und 18:00 Uhr die Räume der Krankenhäuser und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
zu betreten, um dort die Krankenunterlagen einzusehen und, soweit erforderlich, den Versicherten untersuchen zu können.
2. Das Gesetz unterscheidet nach der Gesamtrechtssystematik die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit von den vorgenannten
Prüfungen bei Auffälligkeit. Es überantwortet den KKn die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung, wenn
Krankenhäuser GKV-Versicherte pflichtgemäß (vgl §
39, §
109 Abs
4 S 2
SGB V) behandeln. Das Überprüfungsrecht der KKn auf sachlich-rechnerische Richtigkeit besteht unabhängig von den engeren Anforderungen
einer Auffälligkeitsprüfung (§
275 SGB V; stRspr, vgl zB BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 §
108 Nr 4, RdNr 24 mwN). Es unterliegt einem eigenen Prüfregime (stRspr, vgl zB BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr 4, RdNr 17). Hiervon ist das LSG nur teilweise im Ansatz zutreffend ausgegangen. Es hat die Prüfaufträge
der Beklagten rechtsfehlerhaft als Prüfungen bei Auffälligkeit iS von §
275 Abs
1c S 1
SGB V ausgelegt, obwohl sie die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung betreffen. Das Prüfregime für die sachlich-rechnerische
Richtigkeit dient dazu, die Einhaltung der Abrechnungs- und Informationspflichten der Krankenhäuser zu überwachen (dazu a).
Es beruht auf §
69 Abs
1 S 3
SGB V in Verbindung mit den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen der Rechnungslegung (dazu b) in Einklang mit der historischen
Gesetzesentwicklung (dazu c). Das Gesetz lässt die erforderliche Übermittlung der Sozialdaten an die KK für die Prüfung der
sachlich-rechnerischen Richtigkeit zweckgerecht zu (dazu d). Weder die Regelungen der Stichprobenprüfung (dazu e) noch die
Gesetzesänderungen zum 1.1.2016 (dazu f) schließen die Anwendung der Grundsätze der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung
bis zum 31.12.2015 aus.
a) Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung betrifft die Erfüllung der gesetzlichen und untergesetzlichen
Informations- und Abrechnungs-Vorgaben für das Krankenhaus durch zutreffende tatsächliche Angaben und rechtmäßige Abrechnung
auf dieser Grundlage. Das Krankenhaus verschafft damit der KK Kenntnis vom abrechnungsrelevanten Behandlungsgeschehen und
der Anwendung der hierauf bezogenen Abrechnungsregelungen. Dieser Prüfung kommt seit Einführung des Fallpauschalen-(DRG-)Systems
durch § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) eine besondere Bedeutung zu. Während vor Einführung der Fallpauschalen Gegenstand der Prüfung der sachlich-rechnerischen
Richtigkeit im Wesentlichen - abgesehen von Besonderheiten bei Sonder- und Zusatzentgelten - die zutreffende Anzahl der Pflegesatztage
(vgl §
14 Abs
2 S 1
Bundespflegesatzverordnung idF der VO zur Neuordnung des Pflegesatzrechts vom 26.9.1994, BGBl I 2750; dazu BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 5 RdNr 10), die generelle Abrechnungsfähigkeit und die anderweitig bestimmte Höhe der einschlägigen Pflegesätze war, umfasst
die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bei DRG-Krankenhäusern seit Einführung der Fallpauschalen
die viel umfassenderen und differenzierteren Grundlagen und Vorgaben der DRG-Abrechnung.
Nach der Gesetzeskonzeption geben die Regeln des Krankenhausentgeltgesetzes teilweise selbst und teilweise durch Verweis auf Normenverträge zwingend vor, dass von DRG-Krankenhäusern Fallpauschalen
und wie diese abzurechnen sind. Für die Abrechnungsprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Fallpauschalen erhalten
die KKn die Daten nach §
301 SGB V. Der Gesetzgeber hat die zu übermittelnden Daten mit Einführung des DRG-Systems an den hierdurch geänderten Bedarf angepasst.
Er hat wegen ihrer wesentlichen Bedeutung für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bestimmt,
dass, wenn Versicherte der privaten Krankenversicherung von der Möglichkeit einer direkten Abrechnung zwischen dem Krankenhaus
und dem privaten Krankenversicherungsunternehmen Gebrauch machen, die Daten entsprechend §
301 SGB V im Wege des elektronischen Datenaustausches an das private Krankenversicherungsunternehmen zu übermitteln sind, wenn die
Versicherten hierzu schriftlich ihre Einwilligung, die jederzeit widerrufen werden kann, erklärt haben (vgl § 17c Abs 5 S 2 KHG eingefügt durch Art 2 Nr 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412, gemäß Art 7 Abs 1 FPG mWv 30.4.2002). Funktionell entsprechen die Angaben weitgehend jenen,
die das Krankenhaus selbstzahlenden Patienten zur Rechnungsprüfung zu machen hat. Dies sind die für die Abrechnung der Fallpauschalen
und Zusatzentgelte erforderlichen Diagnosen, Prozeduren und sonstigen Angaben, die es mit der Rechnung zu übersenden hat (vgl
§ 17c Abs 5 S 1 KHG). Das Gesetz trägt damit der asymmetrischen Informationslage zwischen Krankenhaus und KK Rechnung. Denn das Krankenhaus verfügt
umfassend über alle erforderlichen Informationen, um die Rechtmäßigkeit seiner Vergütungsforderung gegen die KK zu beurteilen,
während die KK nur eingeschränkt Informationen hierüber erhält. Das Gesetz zielt darauf ab, bestehende Ungleichgewichte aufgrund
des Informationsgefälles zwischen Krankenhaus und KK durch diese Informationsgebote auszugleichen, und lehnt zudem die Vermutung
für die Richtigkeit der Krankenhausabrechnung ab (vgl dazu BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 29; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, LS 3 und RdNr 20 bis 22 mwN; BSGE 116, 130 = SozR 4-2500 § 276 Nr 6, RdNr 20 mwN; BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 21).
Die Notwendigkeit einer Kontrolle der vom Krankenhaus der KK übermittelten Abrechnungen und Informationen erwächst auch und
gerade daraus, dass KKn und private Krankenversicherungsunternehmen mit den ICD-10-GM und OPS-Angaben regelmäßig keine Informationen
erhalten, die den Behandlungsfall in seinen konkreten Einzelheiten unmittelbar abbilden und den medizinischen Sachverhalt
vollständig wiedergeben. Maßgebliche nach §
301 SGB V zu übermittelnde Behandlungsdaten sind keine Fakten, sondern Ergebnisse rechtlicher Subsumtion vornehmlich nach Maßgabe von
ICD-10-GM (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 15 ff), OPS (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 7 f; BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 3 RdNr 14), Deutschen Kodierrichtlinien (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 5 RdNr 15 f), Fallpauschalenvereinbarung und Groupierung (ausführlich zum Zusammenspiel der einzelnen Berechnungselemente
BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2). Die verschlüsselten Angaben lassen aus sich heraus vielfach nicht erkennen, welchen konkreten
Sachverhalt das Krankenhaus seiner Subsumtion zugrunde gelegt hat. Das belegen auch die Erkenntnisse in den Gesetzesmaterialien
zu § 17c Abs 2 KHG (idF durch Art 2 Nr 5 FPG). Danach können die KKn bei Eingang der Rechnung zwar formal prüfen, ob für die vom Krankenhaus angegebenen Haupt- und
Nebendiagnosen und Prozeduren (zB Operationen) die entsprechende DRG-Fallpauschale abgerechnet wird. Sie können jedoch nicht
prüfen, ob die angegebenen Diagnosen dem tatsächlichen Behandlungsfall entsprechen. Schon geringfügig abweichende Hauptdiagnosen
oder unzutreffend angegebene Nebendiagnosen können zur Eingruppierung in eine höher bezahlte DRG-Fallgruppe oder einen höher
vergüteten Schweregrad führen. Dabei sind Abrechnungsunterschiede von mehreren Tausend Euro möglich (vgl Gesetzentwurf der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines FPG, BT-Drucks 14/6893 S 34 zu Abs 2 von § 17c KHG). Dringlich ist eine gesetzeskonforme Kontrollmöglichkeit auch vor dem Hintergrund, dass es schon lange Zeit nicht mehr um
Anfängerfehler bei Neueinführung eines komplexen Abrechnungssystems geht, wie es mit dem FPG 2002 in Rede stand, sondern um
mittlerweile seit über zehn Jahren etablierte Abrechnungsverfahren, bei denen von allen professionell Beteiligten hochspezialisierte
Fachkräfte zur Überprüfung eingesetzt werden.
b) Die Gesetzeskonzeption einer Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Krankenhausabrechnung entspricht dem von
§
69 Abs
1 S 3
SGB V berufenen Regelungssystem des Bürgerlichen Rechts. Schon nach allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Rechts dient eine
Rechnung der textlichen Fixierung einer vom Gläubiger geltend gemachten Entgeltforderung und muss erkennen lassen, in welcher
Höhe der jeweilige Betrag für welche Leistung verlangt wird, um eine sachgerechte Überprüfung zu ermöglichen (vgl zB zum in
der Regelung des §
286 Abs
3 BGB enthaltenen Begriff der Rechnung BGH Urteil vom 16.7.2009 - III ZR 299/08 - NJW 2009, 3227 = Juris RdNr 11; zur erforderlichen näheren Spezifizierung einer Detektivrechnung vgl BGHZ 111, 168 = NJW 1990, 2060 = Juris RdNr 23). Die Berechtigung des Schuldners, die Rechnung zu überprüfen und die Bezahlung von sachlich-rechnerisch
Unrichtigem zu verweigern, ist der Rechtsordnung immanent. Wer sich auf eine Ausnahme von dieser Regel beruft, muss sich auf
eine Rechtsgrundlage stützen können. Eine solche Ausnahmeregel für die Krankenhausvergütung Versicherter besteht nicht.
Diese Grundsätze gelten erst recht, wenn die Rechtsordnung besondere Anforderungen an die Abrechnung stellt, wie es bei Fallpauschalen
für Krankenhausvergütung der Fall ist. Wie beim Erfordernis der Prüffähigkeit einer Architektenschlussrechnung (vgl hierzu
BGHZ 139, 111 = NJW 1998, 3123 = Juris RdNr 7 mwN; Entsprechendes gilt zB nach § 12 Gebührenordnung für Ärzte) sollen die zwingenden Abrechnungserfordernisse für die Fallpauschalen die KKn als Auftraggeber der Krankenhäuser im Rechtssinne
(§
109 Abs
4 S 2
SGB V) in die Lage versetzen, die Rechnungen zu prüfen und die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu beurteilen. Dementsprechend
systemgerecht ist §
301 SGB V von einem Ring anderer Regelungen zu Abrechnungsprüfungen umgeben, deren es zur Transparenz von Datentransfer und -nutzung
unter Achtung des Gebots der informationellen Selbstbestimmung der versicherten Patienten bedarf (vgl §§
295 bis
300, §§ 301a bis 303
SGB V). Denn die hierin liegende Beschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der versicherten Patienten bedarf
nach Art
2 Abs
1 GG einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar
erkennbar ergeben. Sie muss dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen (stRspr, vgl BVerfGE 65, 1, 43 f; BVerfGE 115, 320, 345; BVerfG SozR 4-1300 § 25 Nr 1 RdNr 20; BVerfG Beschluss vom 2.12.2014 - 1 BvR 3106/09 - Juris RdNr 30; s auch BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 20 ff) und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten (BVerfGE 65, 1, 44 mwN; BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 23; vgl zum Ganzen auch BSGE 117, 224 = SozR 4-2500 § 291a Nr 1, RdNr 24).
Die Regelung des §
301 SGB V ist allerdings nicht mit "Abrechnungsprüfung Krankenhaus" überschrieben. Denn sie betrifft nicht ausschließlich die Zurverfügungstellung
von Daten zur Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Krankenhausabrechnung, weil die Regelung auch bei Abrechnung
tagesgleicher Pflegesätze gilt. Dort ist der Anwendungsbereich der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Krankenhausabrechnung
- wie dargelegt - beschränkt, weil regelmäßig lediglich die tatsächliche Verweildauer, die generelle Abrechnungsfähigkeit
und die Höhe der Pflegesätze hierfür maßgeblich sind.
c) Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit findet ihre Verankerung auch in den Gesetzesmaterialien und der Entwicklungsgeschichte.
So führt die Gesetzesbegründung zum FPG aus, durch die Regelung des § 17c Abs 5 S 2 KHG "wird dem Tatbestand Rechnung getragen, dass die Daten nach §
301 SGB V, die für die Entwicklung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b KHG maßgeblich sind, zukünftig grundsätzlich sowohl für private wie gesetzliche KKn von entscheidender Bedeutung für die Rechnungsprüfung
sind" (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines FPG, BT-Drucks 14/6893 S 34 zu Abs 5 von § 17c KHG). Die KKn der gesetzlichen Krankenversicherung sollen nicht etwa hinter den Befugnissen privater Krankenversicherer zurückstehen.
Vielmehr bilden ihre Rechte der Rechnungsprüfung auf der Grundlage der Daten nach §
301 SGB V den Maßstab für die Rechte privater Krankenversicherer.
Schon unter Geltung der
RVO bestand in der Sache die normativ vorgegebene Prüfung der korrekten Abrechnung des tatsächlichen Behandlungsgeschehens (vgl
zB BSGE 61, 197 = SozR 7323 § 9 Nr 1). Sie umfasste insbesondere etwa die zutreffende Zahl der Behandlungstage, den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen
statusbegründenden Vertrags, durch den der Krankenhausträger zur Versorgung der Versicherten zugelassen wird (vgl § 371
RVO und hierzu zB BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1; BSGE 78, 243, 247 = SozR 3-2500 §
109 Nr 2; zum konstitutiven Charakter entsprechender Verträge nach
SGB V vgl auch BSG Urteil vom 21.2.2006 - B 1 KR 22/05 R - USK 2006-14), und die richtige Veranschlagung der anderweit festgelegten Höhe der Pflegesatzvergütung pro Tag.
d) Das Gesetz erlaubt es den Krankenhäusern, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit erforderlichen Sozialdaten
den KKn zu übermitteln (vgl §
301 SGB V). Das Gesetz geht hierbei von dem Regelfall aus, dass die in der Abrechnung und Datenübermittlung enthaltenen Angaben zutreffend
und vollständig sind. Denn §
301 SGB V gebietet, wahre Angaben zum Behandlungsgeschehen zu machen, die Fehlvorstellungen der KKn über das konkrete, abrechnungsrelevante
Behandlungsgeschehen ausschließen. Das Krankenhaus, das die erforderlichen Behandlungsdaten nicht unmittelbar der KK nach
§
301 SGB V zur Verfügung stellt, darf sich in entsprechender Anwendung des §
276 Abs
2 SGB V wie bei Auffälligkeitsprüfungen (vgl §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V) zur Erfüllung dieser Verpflichtungen des MDK bedienen. Denn es ist rechtlich, auch datenschutzrechtlich unerheblich, ob
das Krankenhaus die - vollständigen - Daten nach §
301 SGB V an die KK weiterleitet, die ihrerseits verpflichtet ist, dem MDK "die für die Beratung und Begutachtung erforderlichen Unterlagen"
zur Verfügung zu stellen (§
276 Abs
1 S 1
SGB V) oder ob das Krankenhaus im Einverständnis mit der KK die Daten direkt dem MDK zur Verfügung stellt. Das Krankenhaus ist
nicht etwa aus datenschutzrechtlichen Gründen zur irreführenden Falschabrechnung gezwungen.
Die Gesetzeskonzeption einer Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Krankenhausabrechnung durch die KKn entspricht
vielmehr dem gesetzlichen Regelungsziel der Einführung von Fallpauschalen: Das Leistungsgeschehen im Krankenhausbereich transparenter
zu machen, die Wirtschaftlichkeit zu fördern und die im System tagesgleicher Pflegesätze angelegten Fehlanreize insbesondere
zur Verlängerung der Verweildauer zu beseitigen. Die direkte Verknüpfung der erbrachten Leistungen mit der Vergütung soll
dazu beitragen, dass die Ressourcen krankenhausintern wie auch krankenhausübergreifend bedarfsgerechter und effizienter eingesetzt
werden (vgl Gesetzentwurf eines FPG, BT-Drucks 14/6893 S 26, Ziele). Das zwingende Abrechnungssystem der Fallpauschalen mit
dem hierauf abgestimmten Gebot an die Krankenhäuser, die KKn über die gesetzlich bestimmten Abrechnungsgrundlagen zu informieren,
zielt gerade auf das Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. KKn haben nur die Leistungen zu vergüten, die Krankenhäuser
tatsächlich erbracht haben. Hierfür genügt es nicht, dass das Krankenhaus eine Leistung bloß abrechnet. Es muss sie tatsächlich
bewirkt haben. Das Gesetz schützt Krankenhäuser nicht, wenn sie unvollständige oder unzutreffende Angaben über das tatsächliche
Behandlungsgeschehen machen. Insoweit gilt keine Abweichung gegenüber der allgemeinen Rechtsordnung, die dies sogar als strafrechtsrelevant
ansehen kann.
Die Zweckgerechtigkeit des Prüfregimes der sachlich-rechnerischen Richtigkeit wird umso deutlicher, wenn man sich vergegenwärtigt,
dass die DRG-Abrechnung und die hierzu gebotene Information der KKn nur dann die vom Gesetz erstrebte Steuerungsfunktion einnehmen
können, wenn sie wahrheitsgemäß und hinreichend vollständig erfolgen. Dies steht in Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen
des Bürgerlichen Rechts, die ergänzend heranzuziehen sind. Das Gebot wahrer Tatsachenangaben für die Abrechnung steht zugleich
auch in Harmonie mit der Werteordnung des
Grundgesetzes, ohne dass dies hier weiterer Ableitung bedarf. In diesem Sinne betont der erkennende Senat in stRspr, dass eine ordnungsgemäße
Information der KK unverzichtbare Grundlage und Bestandteil einer ordnungsgemäßen Abrechnung ist. Fehlt es an einer dieser
Angaben, so tritt mangels formal ordnungsgemäßer Abrechnung bereits die Fälligkeit der abgerechneten Forderung nicht ein (vgl
BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 31).
Es entspricht nicht nur den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben, sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die
entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften
veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter
Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für
die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris RdNr 27 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr 4, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 3 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 5 RdNr 20).
e) Die gesetzlichen Regelungen der Stichprobenprüfung stehen der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung
nicht entgegen. Weder die Ursprungsfassung zur Stichprobenprüfung des § 17c Abs 2 KHG - eingefügt durch Art 2 Nr 5 FPG - noch ihre Änderung durch Art 18 Nr 5 Buchst a GKV-WSG schließt eine verdachtsbezogene Prüfung im Einzelfall aus. Das belegen auch die oben beschriebenen Änderungen des §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V und des §
301 SGB V bei Einführung der Fallpauschalen. Wie bereits dargelegt, wollte das FPG die effektive Durchsetzung des Rechnungsprüfungsanspruchs
der KKn im Einzelfall ermöglichen, nicht etwa verhindern. Die Änderung der Regelung des § 17c Abs 1 S 2 KHG (eingefügt durch Art 5c Nr 2 Buchst b Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl
I 2423) war rein redaktionell (unzutreffend SG Speyer ua Urteil vom 20.5.2016 - S 19 KR 107/15 - Juris RdNr 21). Der sich anschließende neu gefasste § 17c Abs 2 KHG beauftragt den Spitzenverband Bund der KKn und die Deutsche Krankenhausgesellschaft lediglich damit, die nähere Ausgestaltung
des Prüfverfahrens nach §
275 Abs
1c SGB V vorzunehmen (vgl dazu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit [14. Ausschuss], BT-Drucks 17/13947
S 38; BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris RdNr 29, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
f) Der erkennende Senat muss es sich versagen, mit der Vorinstanz (vgl in der Tendenz ähnlich zB Huster/Ströttchen, KrV 2017,
45, bei Fn 6, die im Übrigen §
301 SGB V und das Gesamtsystem unter Nutzung aller Auslegungsmethoden nur unzureichend würdigen) der Anfügung eines S 4 an §
275 Abs
1c SGB V durch Art 6 Nr 21a KHSG vom 10.12.2015 (BGBl I 2229) mit Wirkung vom 1.1.2016 (vgl Art 6 Nr 21a, Art 9 Abs 1 KHSG) Rückwirkung beizumessen.
Der Senat würde damit die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung verletzen (vgl zu den Grenzen zB BVerfG Beschluss vom 23.5.2016
- 1 BvR 2230/15 - NJW-RR 2016, 1366 = Juris RdNr 37 ff; BSGE 119, 150 = SozR 4-5560 § 17c Nr 3, RdNr 21 f; Hauck in Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats, Bundessozialgericht und
Sozialstaatsforschung Bd 2, 2015, S 299, 300 ff, alle mwN). Eine rückwirkende Rechtsanwendung des §
275 Abs
1c S 4
SGB V auf vor dem 1.1.2016 liegende Sachverhalte findet in Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Regelungszweck
keine Stütze. Nach dem Wortlaut ist als Prüfung nach S 1 "jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses" anzusehen, mit
der die KK den MDK beauftragt und die eine Datenerhebung durch den MDK beim Krankenhaus erfordert. Die Regelung ist "am 1.
Januar 2016 in Kraft" getreten (vgl Art 6 Nr 21a, Art 9 Abs 1 KHSG), nicht etwa im Januar 2009. Die Gesetzesmaterialien führen
hierzu aus, mit der "Neuregelung" des §
275 Abs
1c S 4
SGB V werde "nunmehr" bestimmt, dass sich die Fristen- und Anzeigeregelung des S 2 und die Regelung zur Aufwandspauschale in S
3 auf jede Prüfung der Abrechnung einer stationären Behandlung beziehe, mit der eine KK den MDK beauftrage und die eine Datenerhebung
durch den MDK beim Krankenhaus erfordere. Dies gelte "sowohl für die vom 1. Senat des BSG angesprochenen Auffälligkeitsprüfungen als auch für die Prüfungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit" (vgl Beschlussempfehlung
und Bericht des Ausschusses für Gesundheit [14. Ausschuss] zu dem Gesetzentwurf eines KHSG, BT-Drucks 18/6586 S 110).
3. Das Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeitskontrolle wird nicht dadurch verlassen, dass die KK unter Mitwirkung
des MDK überprüft, ob ihr das Krankenhaus für die Abrechnung pflichtgemäß zutreffende Tatsachen mitgeteilt hat. Die Pflicht
zur Angabe zutreffender Tatsachen bei der Abrechnung ist nicht etwa deshalb eingeschränkt, weil die gebotene Information der
KKn verschlüsselt im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern erfolgt und sich zum
Teil als Subsumtionsvorgang darstellt, der die zugrunde liegenden Fakten verdeckt. In der Übermittlung der nach den Abrechnungsbestimmungen
verschlüsselten Information - etwa der Diagnose nach ICD-10 oder dem OPS-Code - an die KK liegt zugleich die implizite Tatsachenbehauptung
des Krankenhauses, es habe beim Versicherten die Befunde erhoben, die die angegebene Diagnose als rechtlich relevanter Abrechnungsbegriff
rechtfertigen, und die medizinischen Behandlungen im weiteren Sinne durchgeführt, die die tatbestandlichen Voraussetzungen
der nach dem OPS kodierten Operation oder Prozedur erfüllen. Die Verschlüsselung hindert das Krankenhaus nicht, zutreffende
Angaben in tatsächlicher Hinsicht zu machen. Aus einem Hinweis auf mögliche Abrechnungsfehler nach Einführung des DRG-Systems
in einer Gesetzesbegründung ist nicht abzuleiten, der Gesetzgeber habe unzutreffende Tatsachenangaben des Krankenhauses gebilligt.
Bei Zweifeln an der richtigen Kodierung ist das Krankenhaus weder gezwungen, von vornherein die ihm ungünstige Kodierungsvariante
zu wählen ("defensive Kodierung"), noch dazu berechtigt, implizit das sichere Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen
für die günstigere Variante zu behaupten. Es ist berechtigt, unter Angabe des tatsächlichen Behandlungsgeschehens seine Auslegungsvorstellungen
geltend zu machen und ggf gerichtlich überprüfen zu lassen.
Faktische Überschneidungen zwischen beiden Prüfregimen können sich daraus ergeben, dass sachlich-rechnerische Unrichtigkeit
"Auffälligkeiten" im Rechtssinne bewirken kann. Sie führen indes nicht dazu, den Rechtsbereich des Prüfregimes der sachlich-rechnerischen
Richtigkeit zu beschränken. Dies hätte eine vom Regelungszweck nicht gedeckte beweisrechtliche Privilegierung von in tatsächlicher
Hinsicht irreführenden Abrechnungen (vgl zB evident in Widerspruch zu geltenden Kodierrichtlinien erfolgte Abrechnung einer
im Krankenhaus entstandenen Wirbelkörper-Fraktur als Hauptdiagnose mit zusätzlich 8921,15 Euro Vergütung, BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 5; Abrechnung einer Transplantation von Niere und Pankreas mit angeblicher Transplantatabstoßung im Falle nur vorübergehender
Funktionsstörung mit zusätzlich 23 711,50 Euro Vergütung, BSG SozR 4-2500 §
301 Nr 1) durch das Eingreifen der Sechs-Wochen-Frist (§
275 Abs
1c S 2
SGB V) zur Folge, die der Rechtsordnung jedenfalls bis zum Ablauf des 31.12.2015 fremd ist.
"Auffälligkeiten" im Rechtssinne verpflichten wie oben dargelegt KKn, den MDK mit der Prüfung der Krankenhausabrechnung zu
beauftragen. Der Prüfanlass der Auffälligkeit ist weit zu verstehen, um zweckgerecht der asymmetrischen Informationslage zwischen
Krankenhaus und KK unter Gesamtschau der einschlägigen Regelungen Rechnung zu tragen. Er kann nicht im Vorhinein mit Blick
auf das Ziel der Auffälligkeitsprüfung iS des §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit eines im Tatsächlichen korrekt kodierten Behandlungsgeschehens reduziert werden. Vor
Einschaltung des MDK und dessen Einsicht in die Behandlungsunterlagen ist oft nicht ersichtlich, ob die Auffälligkeit auf
Unwirtschaftlichkeit oder unzutreffender Sachverhaltsangabe oder fehlerhafter Subsumtion beruht. Dem trägt die Begriffsdefinition
des erkennenden Senats systemgerecht Rechnung. Danach bestehen Auffälligkeiten, die die KK zur Einleitung einer Abrechnungsprüfung
unter Anforderung einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK berechtigen, wenn die Abrechnung und/oder die vom Krankenhaus
zur ordnungsgemäßen Abrechnung vollständig mitgeteilten Behandlungsdaten und/oder weitere zulässig von der KK verwertbare
Informationen Fragen nach der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aufwerfen, die die KK aus sich heraus ohne weitere medizinische
Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch den MDK nicht beantworten kann (stRspr, vgl zB BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 18; BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 21 mwN). Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil vom 13.11.2012 auch die Prüfung der
sachlich-rechnerischen Richtigkeit als möglichen Prüfungsgegenstand einer Auffälligkeitsprüfung - nach vollständiger Mitteilung
der zur ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlichen Behandlungsdaten - angesehen hat (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 18), handelt es sich um einen jener Fälle, in denen die vom Krankenhaus - ggf auch noch nachträglich
- mitgeteilten Behandlungsdaten, ihre Richtigkeit unterstellt, die Auffälligkeit einer unwirtschaftlichen Behandlung begründen,
aber auch weiterhin geringste Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Krankenhaus unzutreffende Angaben gemacht hat. Hierbei
muss aus dem Prüfauftrag das konkrete Prüfungsziel und die Beschreibung der Auffälligkeit zu ersehen sein. Dies gibt dem Krankenhaus
die Möglichkeit, die Aufforderung zur Mitteilung weiterer Informationen als Schritt in einem Verfahren der sachlich-rechnerischen
Richtigkeitsprüfung oder der Auffälligkeitsprüfung im Sinne der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach §
275 Abs
1c iVm Abs
1 Nr
1 SGB V einordnen zu können.
Auch wenn die KK die Abrechnung nicht nachvollziehen kann, weil das Krankenhaus die KK nicht ordnungsgemäß informiert hat,
kann die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit Anlass zu einer Einschaltung des MDK geben. Dies führt jedoch nicht
zu einer Änderung des Prüfregimes und löst die Pflicht zur Zahlung der Aufwandspauschale nach §
275 Abs
1c S 3
SGB V nicht aus. Dies würde bedeuten, dass das Krankenhaus aus der Verletzung seiner Informationspflichten Vorteile ziehen könnte.
Jedenfalls wenn sich nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist
und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen
nicht erfüllt, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK zumindest die Obliegenheit, an der Aufklärung des
Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben, soweit sich
aus den Landesverträgen nach §
112 SGB V keine weitergehenden Mitteilungspflichten ergeben (BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 §
301 Nr 4, RdNr 18).
Jedenfalls die vor dem 1.1.2016 geltende Gesetzes- und Rechtslage kennt demgegenüber keine Begünstigung unzutreffender Tatsachenangaben
in Krankenhausabrechnungen durch eine Prüfeinschränkung der Beweismittel. Alle zulässigen Beweismittel stehen zur Prüfung
dieses Teilbereichs der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Krankenhausabrechnung zur Verfügung, auch die Überprüfung durch
den MDK. Es gibt keinen rechtlich tragfähigen Grund, für diesen Prüfbereich Beweisverwertungsverbote mit der Folge zu postulieren,
dass Zahlungen aufgrund etwa von solchen Abrechnungen des Krankenhauses, die auf unzutreffenden Tatsachenangaben beruhen,
ab sechs Wochen nach Rechnungslegung ohne Prüfantrag mangels Verwertbarkeit der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses regelmäßig
unkorrigiert bleiben. Gleiches gilt für die weiteren Folgen der Auffälligkeitsprüfungen, die Zahlung der Aufwandspauschale
nach §
275 Abs
1c S 3
SGB V (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris RdNr 31 ff mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Der erkennende Senat sieht sich bei seiner Entscheidung in Einklang mit obergerichtlicher Rspr (vgl zB LSG Hamburg Urteil
vom 19.2.2015 - L 1 KR 70/14 - Juris RdNr 21 ff; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 3.9.2015 - L 6 KR 21/13 - Juris RdNr 39; ausführlich LSG Nordrhein-Westfalen Urteile vom 6.9.2016 - L 1 KR 187/16 und L 1 KR 459/16 - Juris). Er vermag den hiervon abweichenden, das Gesamtsystem unter Nutzung aller Auslegungsmethoden nur unzureichend würdigenden
Ansichten nicht zu folgen (vgl zB SG Aachen Urteil vom 13.9.2016 - S 13 KR 410/15 - Juris; SG Marburg Urteil vom 8.8.2016 - S 6 KR 93/16 - Juris; SG Osnabrück Urteil vom 21.7.2016 - S 13 KR 601/15 - Juris; SG Darmstadt Urteil vom 23.5.2016 - S 8 KR 408/15 - Juris, nachfolgend BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 19/16 R; SG Speyer Urteil vom 20.5.2016 - S 19 KR 107/15 - Juris, beim BSG bis zur Klagerücknahme unter - B 1 KR 20/16 R anhängig gewesen; SG Mainz Urteil vom 18.4.2016 - S 3 KR 580/15 - Juris = KHE 2016/12; SG Detmold Urteil vom 31.3.2016 - S 3 KR 182/15 - Juris, nachfolgend BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 16/16 R; SG Würzburg Urteil vom 24.3.2016 - S 11 KR 628/15 - Juris = KHE 2016/25; Knispel, GesR 2015, 200, 205 ff; Leber, KH 2016, 312; Strack in jurisPK-
SGB V, 3. Aufl 2016, §
275 RdNr 3; Hambüchen, Rechtsgutachten für die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. vom 4.1.2016, abrufbar [Stand
23.5.2017] unter www.westphalmanagement.de/aktuelles.html).
4. Entgegen der Ansicht des LSG bezogen sich die dem MDK im vorliegenden Fall erteilten Prüfaufträge der Beklagten auf die
sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen, nämlich die richtigen Kodierungen. Ob eine KK einen Prüfauftrag mit dem
Ziel der Abrechnungsminderung iS des §
275 Abs
1c S 3
SGB V oder der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung erteilt, bestimmt sich nach den Grundsätzen über die Auslegung von Willenserklärungen
(§
69 Abs
1 S 3
SGB V, hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr
1e Buchst a Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008,
BGBl I 2426, mWv 18.12.2008; vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 29 RdNr 18). Hiernach ist in erster Linie der für die Auslegung des Auftrags maßgebliche wirkliche Wille (§
69 Abs
1 S 3
SGB V iVm §
133 BGB) zu ermitteln. Dabei ist nicht allein auf die schriftliche, insbesondere formularmäßige Beschreibung des Prüfauftrags abzustellen,
insbesondere hierbei nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris RdNr 37, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 15 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 29 RdNr 19). Steht nicht bereits ein übereinstimmendes Verständnis von Erklärendem und Erklärungsempfänger fest (vgl hierzu
auch BGHZ 71, 243, 247 = NJW 1978, 1483; BGHZ 71, 75, 77 f = NJW 1978, 1050, jeweils mwN), ist die Erklärung nach dem Horizont des Erklärungsempfängers auszulegen, also danach, wie sich die Erklärung
nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsgegners
darstellt (§§
133,
157 BGB). Hierbei sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl zB BGH Urteil vom 1.3.2011 - II ZR 16/10 - NJW 2011, 1666 RdNr 11; BGHZ 47, 75, 78; 36, 30, 33; RGZ 119, 21, 25; 96, 273, 276). Zu berücksichtigen sind etwa eine rechtmäßige allgemeine Übung, mündliche Hinweise der KK oder vor Übersendung
der Prüfanzeige an das Krankenhaus einvernehmlich zwischen KK und MDK abgesprochene Prüfinhalte, die Interessenlage, insbesondere
das Informationsgefälle zwischen Krankenhaus und KK, und der mit dem Auftrag verfolgte Zweck. Erst daraus folgt, wie der MDK
den Prüfauftrag verstehen musste. Für die Frage, was Inhalt des Prüfauftrags ist, der sich nur an den MDK richtet, kommt es
ggf auf den Empfängerhorizont des MDK an, nicht den eines Dritten (BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 15 RdNr 11).
Der wirkliche Wille der Beklagten bei Erteilung des Prüfauftrags ging nach den aufgezeigten Grundsätzen dahin, klären zu lassen,
ob die Klägerin die Hauptdiagnosen zutreffend kodiert hatte. Durch die Formulierung "wurde die korrekte Hauptdiagnose gemeldet
bzw. was hat den Krankenhausaufenthalt veranlasst" brachte die Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck, dass der MDK die
zutreffende Kodierung der Hauptdiagnose überprüfen solle. Die Alternativfrage zielt auf die Definition der Hauptdiagnose in
Abschnitt D002f der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 2009. Die DKR 2009 definieren dort die Hauptdiagnose als "die Diagnose,
die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes
des Patienten verantwortlich ist". Auch die Verbindung der Fragen mit dem Wort "bzw." verdeutlicht deren Gleichsinnigkeit.
Aufgrund der von der Beklagten eindeutig gewählten Formulierung konnte weder bei dem mit der Prüfung beauftragten MDK noch
bei der Klägerin ein Zweifel darüber bestehen, dass der MDK die zutreffende Kodierung der Hauptdiagnose überprüfen sollte.
Die Annahme des LSG, die Frage nach der Veranlassung betreffe auch die Wirtschaftlichkeit der Behandlung, entbehrt bei diesem
Kontext jeglicher Grundlage. Klägerin, Beklagte und MDK sind zudem fachkundige Beteiligte, denen die einschlägigen Formulierungen
der maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen und abgeschlossenen Vereinbarungen geläufig sind.
Ein anderes Auslegungsergebnis folgt nicht daraus, dass der MDK in seinen Prüfmitteilungen die im Ergebnis nicht zutreffende
Rechtsansicht äußerte, Rechtsgrundlage sei §
275 Abs
1c SGB V, wenn - wie hier - die konkrete Zielrichtung des Prüfauftrags klar ist (vgl BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris RdNr 37, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Gleiches gilt für nachträglich im Gerichtsverfahren geäußerte
Rechtsansichten der Beklagten (vgl zur Ermittlung des Erklärungswerts zum Zeitpunkt der Abgabe einer Willenserklärung etwa
Busche in Münchener Kommentar zum
BGB, 7. Aufl 2015, §
133 RdNr 5 mwN).
Der erkennende Senat ist revisionsrechtlich zu der vorgenommenen Auslegung befugt. Sie stützt sich auf die nicht mit Verfahrensrügen
angegriffenen Feststellungen des LSG in Einklang mit dem Empfängerhorizont zunächst des MDK. Während das Revisionsgericht
grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des Vordergerichts gebunden ist, hat es bei der Auslegung von Prüfaufträgen wie
bei schuldrechtlichen Verträgen zu prüfen, ob die Vorinstanz hierbei Bundesrecht iS des §
162 SGG verletzt hat, also insbesondere die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§
133,
157 BGB nicht beachtet und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl zur Vertragsauslegung zB BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 24; BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 20; BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr 13 S 89 f; BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 S 47). Das LSG hat bei seiner Auslegung ua die Definition der Hauptdiagnose in den DKR 2009
nicht einbezogen.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.