Anerkennung einer Infektion durch Krankenhauskeime während der stationären Behandlung eines in einem Brutkasten liegenden
und in der 30. Woche Frühgeborenen als Arbeitsunfall
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die während eines Krankenhausaufenthaltes aufgetretene bakterielle Infektion der Klägerin
als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.
Die Klägerin wurde am 9.4.1992 während der 30. Schwangerschaftswoche auf dem Weg zur Universitätsklinik R. in einem Krankenwagen
geboren. Danach wurde sie auf der neonatologischen Intensivstation der Kinder- und Jugendklinik der Universität R. wegen einer
Anpassungsstörung der Lunge mit Lungenentzündung apparativ beatmet und antibiotisch behandelt. Nach zwischenzeitlicher Stabilisierung
waren am 8. Lebenstag erneut klinische Symptome einer Lungenentzündung und einer beginnenden Sepsis festzustellen. Ab dem
15. Lebenstag atmete die Klägerin spontan ohne Zeichen von Luftnot und war kreislaufstabil. Am 17. Lebenstag wurde die antibiotische
Therapie beendet. Am 3.5.1992 erkrankte die Klägerin an einer durch das Bakterium Pseudomonas aeruginosa hervorgerufenen Meningitis.
Diese führte zur Ausbildung eines Hydrocephalus.
2001 stellte die Klägerin einen "Antrag auf Entschädigung, Pflegegeld, Verletztenrente". Die Beklagte zog die medizinischen
Unterlagen der Universitätskliniken R. bei und holte zur Klärung der Ursachen für die Infektion ein Gutachten des Prof. Dr.
R. ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, die Meningitis sei auf der Intensivstation erworben worden; andere Infektionsorte seien
unwahrscheinlich. Der beratende Arzt der Beklagten führte aus, das Bakterium Pseudomonas aeruginosa sei weit verbreitet als
Nass- oder Pfützenkeim, zB in Leitungswasser, Waschbecken, Toiletten, Wasch- und Spülmaschinen, Putzutensilien etc, im Krankenhaus
etwa in Inkubatoren für Frühgeborene, Beatmungs- und Narkosegeräten.
Die Beklagte lehnte die Feststellung der Infektion als Arbeitsunfall ab und verneinte Leistungsansprüche aus der gesetzlichen
Unfallversicherung (Bescheid vom 25.7.2003 und Widerspruchsbescheid vom 26.1.2004). Es lasse sich nicht nachweisen, auf welchem
Wege und zu welchem Zeitpunkt die Infektion erfolgt sei, weshalb der haftungsbegründende Kausalzusammenhang der Infektion
mit dem Aufenthalt in einer Heilstätte und der Mitwirkung bei einer Behandlung nicht erwiesen sei (Bescheid vom 25.7.2003
und Widerspruchsbescheid vom 26.1.2004). Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des SG vom 12.12.2006; Urteil des LSG vom 26.11.2008). Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BSG verworfen (Beschluss vom 10.2.2009).
Den im Jahre 2008 gestellten Antrag der Klägerin auf Aufhebung dieser ablehnenden Bescheide gemäß § 44 SGB X lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 13.11.2012 und Widerspruchsbescheid vom 28.2.2013). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.4.2016), das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 19.9.2017).
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin gehöre zwar zu dem versicherten Personenkreis des hier noch anzuwendenden §
539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO, wonach Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert seien, denen von einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung
stationäre Behandlung im Sinne des § 559
RVO gewährt werde. Die Klägerin habe sich zum Zeitpunkt der zur Meningitiserkrankung führenden Infektion auch in einer Krankenhausbehandlung
befunden. Es fehle jedoch an der Unfallkausalität. Unfälle, die allein wesentlich durch eine fehlerhafte Behandlung eines
Arztes oder eines Therapeuten verursacht würden, seien keine Arbeitsunfälle. Es lasse sich hier nicht feststellen, dass die
Infektion infolge einer besonderen Gefahr erfolgt sei, die gerade mit der Entgegennahme der Krankenhausbehandlung verbunden
und die nicht Folge der ärztlichen Behandlung gewesen sei. Es habe nicht festgestellt werden können, durch welche der möglichen
Gefahrenquellen mit Wahrscheinlichkeit die Infektion erfolgt sei. Die passive Entgegennahme der Krankenhausbehandlung könne
nicht als Mitursache im naturwissenschaftlichen Sinne festgestellt werden. Dass das Bakterium Pseudomonas aeruginosa als typischer
Krankenhauskeim anzusehen sei, könne nicht dazu führen, eine Verursachung der Infektion durch die bloße Anwesenheit der Klägerin
in der Klinik zu bejahen, wenn der konkrete Kontakt mit dem Keim und die dadurch verursachte Infektion nicht festgestellt
werden könne.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung der §§ 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a, 548 Abs 1 S 1
RVO sowie die Verletzung des §
106 SGG. Das LSG hätte für die Anerkennung der Infektion als Arbeitsunfall weder eine besondere Gefahr noch eine Alleinursächlichkeit
fordern dürfen, denn wesentliche Mitursache der Infektion sei die mit dem Aufenthalt im Krankenhaus verbundene Ansteckungsgefahr
gewesen, unabhängig davon, auf welche Art und Weise die Ansteckung erfolgt sei.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. September 2017 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 8. April
2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28. Februar 2013 zu verpflichten, den Bescheid vom 25. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar
2004 zurückzunehmen und die im Zeitraum vom 9. April bis 3. Mai 1992 erlittene bakterielle Infektion der Klägerin als Arbeitsunfall
festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Die Revision sei mangels hinreichender Begründung bereits unzulässig. Die Klägerin
sei zum Zeitpunkt der Infektion zwar versichert iS des § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO gewesen, weil ihr durch die AOK R. stationäre Krankenhausbehandlung gewährt worden sei. Nicht auszuschließen sei jedoch,
dass das Bakterium durch Ärzte oder Pflegekräfte auf die Klägerin übertragen worden sei. Vor Behandlungsfehlern schütze die
gesetzliche Unfallversicherung nicht.
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das LSG die Berufung zurückgewiesen und das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom
28.2.2013 ist rechtswidrig. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung ihrer in der Universitätsklinik R. im Zeitraum
vom 9.4. bis 3.5.1992 erlittenen Infektion als Arbeitsunfall und daher auch einen Anspruch auf Rücknahme des die Feststellung
eines Arbeitsunfalles ablehnenden bestandskräftigen Bescheides vom 25.7.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
26.1.2004.
A. Die Revision ist zulässig. Insbesondere entspricht die Revisionsbegründung noch den gesetzlichen Anforderungen des §
164 Abs
2 S 3
SGG. Gemäß §
164 Abs
2 S 3
SGG muss die Begründung der Revision einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel
gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Bei Sachrügen müssen unter Auseinandersetzung mit der Begründung
der angefochtenen Entscheidung die Gründe aufgezeigt werden, die die vorinstanzliche Entscheidung als unrichtig erscheinen
lassen; der Bezeichnung von Tatsachen bedarf es bei Sachrügen nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung
unerlässlich ist (vgl BSG Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 68 RdNr 11 und Beschluss vom 13.6.2018 - GS 1/17 - NZS 2019, 264, jeweils mwN). Die Revisionsbegründung der Klägerin genügt diesen Anforderungen, wie sie zuletzt in dem Beschluss des Großen
Senats des BSG vom 13.6.2018 (GS 1/17 aaO) konkretisiert wurden. Sie enthält einen bestimmten Antrag, der Umfang und Ziel der Revision erkennen lässt, und benennt
als verletzte Rechtsnormen § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO und §
106 SGG. Die Begründung lässt auch noch hinreichend erkennen, aus welchen Gründen die Klägerin die Entscheidung des LSG für unzutreffend
hält.
B. Die Revision ist begründet, weil die Beklagte es zu Unrecht in dem angefochtenen Bescheid vom 13.11.2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2013 abgelehnt hat, den die Feststellung eines Arbeitsunfalles ablehnenden bestandskräftigen
Bescheid vom 25.7.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2004 gemäß § 44 Abs 1 S 1 SGB X zurückzunehmen. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung der im Zeitraum vom 9.4. bis 3.5.1992
erlittenen bakteriellen Infektion als Arbeitsunfall iS des § 548 Abs 1
RVO (heute §
8 Abs
1 SGB VII).
Nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit
sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden
ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Voraussetzungen
dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 25.7.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
26.1.2004 Sozialleistungen iS des § 44 Abs 1 S 1 SGB X abgelehnt (dazu vgl BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 10/17 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 9 RdNr 9 f mwN - auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), denn sie verweigerte die Anerkennung
der Infektion als Arbeitsunfall und verneinte Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Anwendung
des § 44 Abs 1 SGB X steht nicht entgegen, dass die Rechtmäßigkeit der ablehnenden Bescheide bereits rechtskräftig (§
141 Abs
1 SGG) von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit überprüft worden ist. § 44 Abs 1 SGB X lässt eine Durchbrechung der Bindungswirkung behördlicher und gerichtlicher Entscheidungen auch dann zu, wenn der zu überprüfende
Verwaltungsakt bereits durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (vgl BSG Urteil vom 26.10.2017 - B 2 U 6/16 R - SozR 4-2200 § 547 Nr 1 RdNr 16 mwN).
Die Beklagte hat das Recht unrichtig angewandt iS des § 44 Abs 1 S 1 SGB X, weil sie die erlittene bakterielle Infektion nicht als Arbeitsunfall anerkannt hat, denn die Klägerin hat entgegen der Auffassung
der Beklagten durch die Infektion im Jahre 1992 einen von ihr als zuständigem Unfallversicherungsträger festzustellenden Arbeitsunfall
erlitten.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Feststellung eines Arbeitsunfalles sind die bis zum 31.12.1996 geltenden
Vorschriften der
RVO. Der geltend gemachte Arbeitsunfall ereignete sich 1992 und damit vor Inkrafttreten des
SGB VII am 1.1.1997 (vgl §§
212,
214 SGB VII - vgl auch BSG Urteil vom 13.2.2013 - B 2 U 24/11 R - SozR 4-2200 § 539 Nr 2 RdNr 11).
Nach § 548 Abs 1 S 1
RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545
RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Ein Arbeitsunfall setzt voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen
Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung
muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder
den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität;
stRspr, vgl zu §
8 Abs
1 SGB VII zB BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R - SozR 4-2700 § 101 Nr 2 RdNr 16 ff mwN, vgl auch BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin war dem Grunde nach Versicherte
gemäß § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO (hierzu unter 1.). Sie erlitt durch die bakterielle Infektion einen Unfall (hierzu unter 2.), der eine Meningitis als Gesundheitsschaden
verursachte (hierzu unter 3.). Die konkrete Verrichtung der Klägerin zum Zeitpunkt der bakteriellen Infektion war eine nach
§ 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO versicherte Tätigkeit (hierzu unter 4.). Auch Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität lagen vor (hierzu unter
5.). Die versicherte Verrichtung - Entgegennahme der stationären Behandlung - hat den Unfall - Eindringen des Bakteriums in
den Körper - objektiv und rechtlich wesentlich verursacht (hierzu unter 5.a). Durch die bakterielle Infektion wurde der Gesundheitsschaden
- Meningitis - objektiv und rechtlich wesentlich herbeigeführt (hierzu unter 5.b) Schließlich ist die Beklagte als zuständiger
Unfallversicherungsträger zu der begehrten Feststellung verpflichtet (dazu unter 6.).
1. Die Klägerin gehörte im Zeitraum vom 9.4. bis 3.5.1992 während ihres Aufenthaltes in der Universitätsklinik dem Grunde
nach zu dem gemäß § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personenkreis. Nach § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO (in der hier anwendbaren Fassung der Gesetze vom 7.8.1974, BGBl I 1881, und vom 26.2.1986, BGBl I 324 - vgl nunmehr §
2 Abs
1 Nr
15 Buchst a
SGB VII) sind versichert Personen, denen von einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung oder der gesetzlichen Rentenversicherung
oder einer landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre Behandlung im Sinne des § 559
RVO gewährt wird. Gemäß § 559
RVO (idF des Gesetzes vom 7.8.1974, BGBl I 1881) ist stationäre Behandlung die Heilbehandlung mit Unterkunft und Verpflegung
in einem Krankenhaus oder einer Kur- oder Spezialeinrichtung. Der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO besteht für alle Patienten, die eine stationäre Behandlung auf Kosten der genannten Träger erhalten (vgl BSG Urteile vom 29.10.1980 - 2 RU 41/78 - SozR 2200 § 539 Nr 72 und vom 30.9.1980 - 2 RU 13/80 - SozR 2200 § 539 Nr 71), sowohl bei der passiven Entgegennahme der stationären Behandlung als auch während der aktiven Teilnahme
an einer solchen (vgl zu §
2 Abs
1 Nr
15 Buchst a
SGB VII BSG Urteil vom 27.4.2010 - B 2 U 11/09 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 14). Die Klägerin erhielt nach ihrer Geburt am 9.4.1992 mit der Aufnahme in die Universitätsklinik bis
zum 3.5.1992 von einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung eine stationäre Heilbehandlung in einem Krankenhaus und
war deshalb Versicherte iS des § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO.
2. Die Klägerin hat auch einen "Unfall" erlitten. Denn die nach den Feststellungen des LSG in der Zeit bis 3.5.1992 während
ihres Krankenhausaufenthaltes erlittene bakterielle Infektion der Klägerin stellte ein Unfallereignis iS des § 548 Abs 1 S 1
RVO dar. Unfall iS des § 548 Abs 1 S 1
RVO ist ein von außen einwirkendes körperlich schädigendes und zeitlich begrenztes Ereignis (vgl BSG Urteil vom 11.6.1990 - 2 RU 53/89 - USK 90162; nunmehr §
8 Abs
1 S 2
SGB VII). Das Eindringen eines Bakteriums in den Körper ist ein solches zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes
Ereignis (vgl dazu BSG Urteile vom 2.4.2009 - B 2 U 29/07 R - UVRecht Aktuell 2009, 763, vom 28.8.1990 - 2 RU 64/89 - USK 90180 und vom 30.4.1985 - 2 RU 7/84 - USK 8544). Unschädlich ist insoweit, dass sich die Infektion während eines mehrwöchigen Krankenhausaufenthaltes ereignete,
weil hier alleine das Vorliegen eines Unfallereignisses, das nur kurze Zeit in Anspruch nehmende Eindringen von Bakterien
in den Körper der Klägerin, nicht hingegen ein besonderes Risiko des Krankenhausaufenthaltes als längere hinreichende Einwirkung
zu prüfen ist.
3. Die Klägerin erlitt durch die bakterielle Infektion eine Meningitis. Damit lag der erforderliche Gesundheitsschaden vor.
Zwar reicht die bloße Aufnahme schädigender Substanzen, wie zB von Infektionserregern, in den Körper in der Regel nicht aus,
um einen Gesundheitsschaden zu begründen, weil über die rein innerkörperlichen Reaktionen oder Strukturveränderungen hinaus
für einen Gesundheitsschaden eine Funktionsstörung erforderlich ist (vgl zum funktionalen Krankheitsbegriff BSG Urteil vom 27.7.2017 - B 2 U 17/15 R - SGb 2018, 500, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Hier verursachte die Infektion nach den Feststellungen des LSG eine Meningitis
mit Atemstillständen und Herzrhythmusstörungen, so dass am Vorliegen eines Gesundheitsschadens kein Zweifel bestehen kann.
4. Die konkrete Verrichtung der Klägerin zum Zeitpunkt der bakteriellen Infektion war eine nach § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO versicherte Tätigkeit. Versicherte Verrichtung ist nach § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO jedes aktive Handeln und passive Erdulden der durch die stationäre Aufnahme in einem Krankenhaus geprägten Vorgänge (vgl
BSG Urteil vom 10.3.1994 - 2 RU 22/93 - USK 9473; vgl zu §
2 Abs
1 Nr
15 Buchst a
SGB VII BSG Urteil vom 27.4.2010 - B 2 U 11/09 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 14 RdNr 17). Verrichtung ist jedes konkrete Handeln des Versicherten, das objektiv seiner Art nach von
Dritten beobachtbar und subjektiv zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit
ausgerichtet ist (vgl BSG Urteil vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 §
8 Nr
52 zu §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII). Hier liegen die Verhältnisse so, dass jede denkbare Verrichtung der Klägerin zum eingrenzbaren Zeitpunkt des Unfallereignisses
in einem sachlichen Zusammenhang mit der an sich versicherten Tätigkeit des Entgegennehmens einer Krankenhausbehandlung stand.
Es ist bei einem in einem Brutkasten liegenden, in der 30. Woche Frühgeborenen keine Verrichtung denkbar, die nicht unter
den Versicherungstatbestand des § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO fällt. Es ist nicht ersichtlich und auch vom LSG nicht festgestellt, dass die Klägerin im Hinblick auf ihr damaliges Alter
und ihren Gesundheitszustand zum möglichen Zeitpunkt der bakteriellen Infektion im Zeitraum bis zum 3.5.1992 physisch in der
Lage gewesen wäre, irgendeine Handlung oder Verrichtung auszuführen, die im Rahmen der stationären Behandlung als eigenwirtschaftlich
eingestuft werden könnte. Dies mag bei Erwachsenen bzw handlungsfähigen Patienten der Fall sein, die während eines stationären
Aufenthaltes in einem Krankenhaus bei privaten Verrichtungen - etwa auf dem Weg zu einem Kiosk oder beim Rauchen einer Zigarette
etc - nicht versichert sein können. Bei einem im Brutkasten liegenden frühgeborenen Säugling scheiden solche "privaten" Verrichtungen
aber von vornherein aus. Angesichts der Hilflosigkeit der in der 30. Woche geborenen Klägerin bestand die versicherte Behandlungssituation
letztlich ununterbrochen während des Aufenthaltes auf der Intensivstation.
Dieser sachliche Zusammenhang bestand auch, soweit eventuelle Behandlungsfehler aufgrund mangelnder Desinfektion oder fehlender
Schutzvorkehrungen durch Ärzte oder sonstiges Krankenhauspersonal vorlagen. Auch eine - ebenfalls nicht festgestellte - Infektion
der Klägerin durch ein Mitbringen des Keims durch die Eltern auf die Intensivstation als mögliche Ursache würde im vorliegenden
Fall einen Behandlungs- bzw Organisationsfehler des Klinikums darstellen, die versicherte Tätigkeit der Entgegennahme von
Krankenhausbehandlung jedoch nicht unterbrechen. Der Senat hat bereits 2010 klargestellt, dass bei dem hier maßgebenden Versicherungstatbestand
des § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO (heute §
2 Abs
1 Nr
15 Buchst a
SGB VII) eine fehlerhafte therapeutische Behandlung durch einen Arzt oder einen von ihm eingeschalteten Therapeuten jedenfalls den
sachlichen Zusammenhang der Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit nicht berührt (Urteil vom 27.4.2010 - B 2 U 11/09 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 14, RdNr 20).
Zwar ist durch § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO nicht das Risiko versichert, durch eine ärztliche Behandlungsmaßnahme oder eine pflegerische oder therapeutische Maßnahme
einen Schaden zu erleiden (vgl BSG Urteile vom 27.6.1978 - 2 RU 20/78 - BSGE 46, 283, 285 f = SozR 2200 § 539 Nr 47; vom 30.9.1980 - 2 RU 13/80 - SozR 2200 § 539 Nr 71 und vom 10.3.1994 - 2 RU 22/93). Die Frage, ob ein Unfallereignis - hier in Form einer bakteriellen Infektion - wesentlich durch eine versicherte Verrichtung
oder durch ärztliches oder pflegerisches Handeln verursacht wurde, stellt sich jedoch erst bei der Frage der Unfallkausalität
und haftungsbegründenden Kausalität (sogleich unter 5.). Eine fehlerhafte therapeutische ärztliche oder pflegerische Behandlung
berührt aber nicht den sachlichen Zusammenhang der konkreten Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 27.4.2010 - B 2 U 11/09 R - SozR 4-2700 §
2 Nr
14 RdNr
17 ff zu §
2 Abs
1 Nr
15 Buchst a
SGB VII).
5. Auch die Unfallkausalität und die haftungsbegründende Kausalität sind gegeben. Die versicherte Tätigkeit - das Erhalten
stationärer Behandlung (s oben unter 4.) - hat den Unfall - das Eindringen des Bakteriums in den Körper der Klägerin (s oben
unter 2.) - objektiv und rechtlich wesentlich verursacht (Unfallkausalität; sogleich unter 5.a). Durch die bakterielle Infektion
- das Unfallereignis - wurde wiederum ein Gesundheitsschaden - die Meningitis - objektiv und rechtlich wesentlich herbeigeführt
(haftungsbegründende Kausalität; hierzu unter 5.b).
a) Die Prüfung der Unfallkausalität hat grundsätzlich zweistufig zu erfolgen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit -
hier die Entgegennahme der stationären Behandlung - muss die Einwirkung - hier die Infektion durch das Bakterium - sowohl
objektiv (1. Stufe) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben (vgl hierzu BSG Urteile vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 und vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 32 ff mwN). Auf der ersten Stufe (hierzu unter aa) setzt die Zurechnung mithin voraus, dass
die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-)verursacht wurde. Ob die versicherte Verrichtung eine Ursache
für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage.
Auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (hierzu unter bb) ist zu prüfen, ob die Einwirkung rechtlich unter Würdigung
auch aller auf der ersten Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den
Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr ist. Zwar ist vorliegend das Erhalten stationärer
Behandlung die einzige festgestellte Ursache für die bakterielle Infektion. Jedoch ist auch dann bei dieser reinen Rechtsfrage
nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung zu entscheiden, ob sich durch das versicherte
Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Die
Wesentlichkeit der Ursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten
Versicherung zu beurteilen (vgl BSG Urteile vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 33 ff, und vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55).
aa) Die Entgegennahme der stationären Behandlung war nach den bindenden Feststellungen des LSG Ursache der bakteriellen Infektion
im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Das LSG hat festgestellt, dass die Infektion nicht vor Aufnahme in das Krankenhaus
während des Geburtsvorgangs oder während der Fahrt zur Klinik im Krankenwagen erfolgt ist. Auch wenn nicht mehr feststellbar
ist, auf welchem Wege die Infektion erfolgte, steht jedenfalls fest, dass sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Infektion auf
der Intensivstation der Klinik befand und - wie oben ausgeführt - fortlaufend und ohne Unterbrechung als versicherte Verrichtung
Krankenbehandlung entgegennahm, so dass damit diese Verrichtung Ursache der bakteriellen Infektion im naturwissenschaftlich-philosophischen
Sinne war, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt während dieses Aufenthaltes die Keime in den Körper der Klägerin gelangt
sind.
Andere Tatsachen, die als Konkurrenzursachen wirksam geworden sein könnten, hat das LSG nicht festgestellt. Erst wenn eine
solche konkurrierende Ursache neben der versicherten Ursache als naturwissenschaftliche Bedingung für das Unfallereignis wirksam
geworden ist, wäre zu entscheiden, welche der Ursachen rechtserheblich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung gewesen
ist (vgl BSG Urteile vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31 und vom 30.1.2007 - B 2 U 23/05 R - BSGE 98, 79 = SozR 4-2700 § 8 Nr 22 jeweils RdNr 14 f). Steht der nachweislich kausal gewordenen versicherten Ursache allein eine nur
hypothetisch in Betracht kommende, nicht versicherte Ursache gegenüber, deren Mitursächlichkeit im Sinne des Ingangsetzens
eines bestimmten Erfolgs - hier das Unfallereignis - nicht feststeht, bestehen insoweit an der Unfallkausalität mangels Vorliegen
einer wirksam gewordenen Konkurrenzursache keine Zweifel (vgl BSG Urteil vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31 mwN). Dabei trägt der Versicherungsträger für das Vorliegen einer Konkurrenzursache als rechtsvernichtenden
Einwand die objektive Beweislast.
Der nachweislich kausal gewordenen versicherten Ursache der Entgegennahme der stationären Behandlung stehen hier nur hypothetisch
in Betracht kommende, nicht versicherte Ursachen gegenüber. So kommen nach den Feststellungen des LSG als Infektionsvorgänge
sowohl intensiv-medizinische Tätigkeiten, die Behandlung im Inkubator als auch der Kontakt mit den Eltern als rein theoretische
Möglichkeit in Betracht. Keinen dieser Vorgänge konnte das LSG jedoch als Ursache für die Infektion feststellen, denn es ist
nicht aufklärbar, auf welchem Weg das Bakterium in den Körper der Klägerin gelangte.
Die Unfallkausalität zwischen Entgegennahme der stationären Behandlung und der Infektion kann hier also nicht deshalb entfallen,
weil die Infektion durch einen ärztlichen oder pflegerischen Behandlungsfehler (mit-)verursacht worden sein könnte, denn eine
andere (Mit-)Ursache der Infektion, zB ein ärztliches oder ein pflegerisches Handeln, ist hier gerade nicht nachweisbar. Zwar
könnte die Unfallkausalität mangels Kausalzusammenhangs zu verneinen sein, wenn die Infektion allein wesentlich durch einen
Behandlungsfehler eines Therapeuten oder des Pflegepersonals verursacht worden wäre. Unfälle, die allein wesentlich durch
eine fehlerhafte Behandlung bei dem Erhalt der ärztlich angeordneten Behandlung verursacht werden, sind mangels Wesentlichkeit
der Verrichtung des Versicherten für den Unfall regelmäßig keine Arbeitsunfälle. Das Risiko von Behandlungsfehlern während
einer stationären Behandlung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht vom Versicherungsschutz in der gesetzlichen
Unfallversicherung umfasst (vgl zu §
2 Abs
1 Nr
15 Buchst a
SGB VII BSG Urteil vom 27.4.2010 - B 2 U 11/09 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 14 RdNr 17 ff; zu § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO BSG Urteile vom 24.6.1981 - 2 RU 51/79 -, vom 30.9.1980 - 2 RU 13/80 - SozR 2200 § 539 Nr 71; BSG Urteile vom 31.10.1978 - 2 RU 70/78 - USK 78132 und vom 27.6.1978 - 2 RU 20/78 - BSGE 46, 283). Hieran hält der Senat fest. Voraussetzung dafür, dass das fehlerhafte ärztliche, therapeutische oder pflegerische Verhalten
eines Arztes, eines Therapeuten oder eines Pflegers als (Mit-)Ursache in Betracht kommt, ist jedoch, dass eine Verursachung
des Unfalls durch eine fehlerhafte Behandlung bei dem Erhalt ärztlich angeordneter Behandlungen nachgewiesen ist. Nach den
Feststellungen des LSG ist eine fehlerhafte Behandlung zwar eine denkbare und mögliche Ursache des Eindringens des Bakteriums
in den Körper der Klägerin. Das LSG hat jedoch einen alternativen Kausalverlauf gerade nicht feststellen können, weil nicht
aufklärbar ist, unter welchen Umständen und auf welche Weise die Klägerin mit dem Bakterium in Kontakt gekommen ist. Diese
Nichterweislichkeit geht zu Lasten der Beklagten.
Als unversicherte (Mit-)Ursache der bakteriellen Infektion scheidet auch eine Erkrankung der Klägerin oder deren allgemein
geschwächter physiologischer Zustand als frühgeborener Säugling aus. Auch ein solcher Ursachenzusammenhang kommt hier nur
rein hypothetisch in Betracht. Zwar schützt § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO nicht vor Gesundheitsschäden durch die zu behandelnde Krankheit als solche oder durch den Krankheitsverlauf (vgl BSG Urteil vom 1.2.1979 - 2 RU 85/78 - SozR 2200 § 539 Nr 56 RdNr 22). Nach den bindenden Feststellungen des LSG ist jedoch ein solcher Ursachenzusammenhang nicht erwiesen und
auch nicht mehr feststellbar. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Zustand der Klägerin ab dem 15. Lebenstag stabil
war, die Klägerin ab diesem Zeitpunkt spontan ohne Zeichen von Luftnot atmete und die antibiotische Therapie am 17. Lebenstag
beendet wurde. Erst am 3.5.1992 erkrankte die Klägerin dann an einer durch das Bakterium Pseudomonas aeruginosa hervorgerufenen
Meningitis. Auch dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast für das Vorliegen dieses rechtsvernichtenden Einwandes
zu Lasten der Beklagten.
bb) Die Entgegennahme der stationären Behandlung war auch rechtlich wesentliche Ursache für die bakterielle Infektion. Auf
der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung ist zu prüfen, ob die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller ggf auf der
ersten Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des
jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr ist. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit"
der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln
ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung
dafür, dass eine versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven (Mit-)Verursachung der Einwirkung auch rechtlich wesentlich
war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Ursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks
der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl BSG Urteile vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46 RdNr 33 ff und vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55).
Die Versicherung nach § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO dient dem Zweck, Versicherte vor den spezifischen Risiken zu schützen, die sich aus einem Aufenthalt zur stationären Behandlung
ua in einem Krankenhaus ergeben. Die Versicherten sollen vor Gefahren geschützt werden, die entstehen, weil sie sich in eine
besondere Einrichtung begeben müssen und dort überwiegend anderen Risiken ausgesetzt sind als zu Hause (vgl BSG Urteile vom 1.2.1979 - 2 RU 85/78 - SozR 2200 § 539 Nr 56 mwN und vom 27.4.2010 - B 2 U 11/09 R - SozR 4-2700 §
2 Nr
14 zu §
2 Abs
1 Nr
15 Buchst a
SGB VII). Danach ist das Risiko, bei der Entgegennahme einer stationären Behandlung auf einer Intensivstation in einem Krankenhaus
eine bakterielle Infektion mit dem Keim Pseudomonas aeruginosa zu erleiden, vom Versicherungsschutz des § 539 Abs 1 Nr 17 Buchst a
RVO umfasst. Dieses Bakterium ist nach den Feststellungen des LSG ein typischerweise in Krankenhäusern vorkommender Keim, der
in Kliniken feuchte Stellen an Armaturen und im Kondenswasser an Gegenständen besiedelt. Damit kann das Bakterium in allen
feuchten Bereichen des Krankenhauses vorhanden sein, mit denen die Versicherten zwangsläufig in Kontakt kommen. Diese Art
der Verbreitung schafft für Versicherte, die eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus entgegennehmen, ein erhöhtes
Risiko, eine solche bakterielle Infektion in der Klinik zu erwerben. Sie können sich während der stationären Krankenhausbehandlung
der Infektionsgefahr weder entziehen noch davor wirksam selbst schützen.
b) Schließlich ist auch die haftungsbegründende Kausalität gegeben. Ebenso wie bei der Prüfung der Unfallkausalität muss hier
das Unfallereignis - die bakterielle Infektion - den Gesundheitsschaden - hier die Meningitis - in gleicher Weise objektiv
wie rechtlich wesentlich verursacht haben (vgl BSG Urteile vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55, vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R - BSGE 118, 18 = SozR 4-2700 § 101 Nr 2, RdNr 16, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 53 RdNr 11 sowie vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 32 ff mwN). Die Infektion mit dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa hat nach den Feststellungen
des LSG die Meningitis naturwissenschaftlich verursacht. Sie war auch im oben genannten Sinne rechtlich wesentlich für diese
Erkrankung. Die Konkurrenzursache, dass die Meningitis lediglich Folge einer zu behandelnden Grunderkrankung der Klägerin
war, ist vom LSG nicht festgestellt und auch sonst nicht erwiesen. Auch dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast
für das Vorliegen dieses rechtsvernichtenden Einwandes zu Lasten der Beklagten.
6. Der Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides und auf Feststellung des Arbeitsunfalles besteht
gegenüber der Beklagten. Gemäß § 658 Abs 2 Nr 3
RVO war Unternehmer für Versicherte nach § 539 Abs 1 Nr 17 der Rehabilitationsträger (vgl BSG Urteil vom 22.3.1983 - 2 RU 12/82 - BSGE 55, 30, 32 = SozR 2200 § 539 Nr 89), hier die AOK R.. Die Zuständigkeit der Beklagten erstreckt sich gemäß § 3 Abs 1 Abschnitt I
Nr 3 ihrer Satzung vom 1.1.2012 auf Sozialleistungsträger und damit auch auf gesetzliche Krankenkassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.