Vergütung für im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erbrachte Leistungen der Intermittierenden transurethralen Einmalkatheterisierung
Gesetzliche Schiedsregelung
Schiedsgutachten im weiteren Sinne
Leistungsbestimmung durch einen Dritten
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erbrachte Leistungen der Intermittierenden
transurethralen Einmalkatheterisierung (ITEK) in den Jahren 2008 und 2009.
Die Klägerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst in der Rechtsform der gGmbH. Sie ist Mitglied des Diakonischen Werkes
der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. Das Diakonische Werk und die beklagte Krankenkasse (KK) - diese in ihrer Funktion
als Landesverband - schlossen den zum 1.1.1991 in Kraft getretenen Rahmenvertrag (RV) gemäß §
132 SGB V aF über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege ua. Der RV regelt Inhalt, Umfang und Vergütung der häuslichen Krankenpflege
(§
37 SGB V). Er gilt auf der Leistungserbringerseite für die den Wohlfahrtsverbänden angeschlossenen Träger und deren Einrichtungen,
soweit diese Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbringen und dem RV durch schriftliche Erklärung beigetreten sind (§
1 Abs 1 und 2 RV). Die häusliche Krankenpflege umfasst als Teil der Behandlungspflege ua die Katheterpflege bzw den -wechsel
(§ 2 Abs 1 Buchst a RV), die durch Leistungserbringer nach ärztlicher Verordnung durchgeführt werden (§§ 3, 4 RV). Die Vergütung
der erbrachten Leistungen ergibt sich nach einer Preisvereinbarung (PV, s § 6 Abs 1 RV). Im streitigen Zeitraum galten als
Anlagen A zum RV die PV vom 31.8.2006 seit 1.9.2006 und die PV vom 30.4.2009 seit 1.1.2009. Die Grundlage der Verordnungsfähigkeit
der Leistungen der Behandlungspflege bildeten nach den PVen die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nach §
92 Abs
1 S 2 Nr
6 und Abs
7 SGB V. Erfolgten Änderungen der Richtlinien (neue Leistungen, Veränderungen der Leistungen etc) durch den GBA, nahmen die Vertragspartner
im Hinblick auf die Zuordnung der Leistungen zu den Leistungsgruppen Verhandlungen auf (Nr 1 Abs 2 PV). In den PVen wurde
die Höhe der Vergütung für Leistungen der Behandlungspflege (§
37 SGB V) in vier Leistungsgruppen unterteilt (für Leistungsgruppe I 8,40 Euro, ab 1.4.2009 8,59 Euro; für Leistungsgruppe II 12,65
Euro, ab 1.3.2009 12,94 Euro; für Leistungsgruppe III 16,20 Euro, ab 1.1.2009 16,57 Euro). Die jeweilige Zuordnung zu einer
der Leistungsgruppen ergab sich aus der Anlage 1 zur PV. Diese enthielt jeweils unter der laufenden Nr 3.6 zu Nr 23 der Leistungsbeschreibung
gemäß den Richtlinien nach §
92 SGB V die Leistungen: "Katheterisierung der Harnblase; Einmalkatheterisierung als Schulungsmaßnahme (gemäß Richtlinienänderung
Häusliche Krankenpflege)" und die damit korrespondierende Zuordnung zur Leistungsgruppe III. Im Übrigen galten die Bemerkungen
aus dem "Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege/Anlage der Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 SGB V und Abs.
7 SGB V".
Die ab 1.1.2009 geltende PV enthielt in der Leistungsgruppe III, zu Nr 3.6 und Nr 23 der Leistungsbeschreibung gemäß Richtlinien
nach §
92 SGB V die Protokollnotiz: "Zum 17.03.2007 wurde durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses die Leistung 'intermittierende
transurethrale Einmalkatheterisierung' als Regelfall in das Leistungsverzeichnis der HKP-Richtlinien Nr. 23 aufgenommen. Die
Verbände der Leistungserbringer und die AOK Baden-Württemberg konnten dazu bis zum Abschluss der zum 01.01.2009 geltenden
Preisvereinbarung keine Einigung über die Zuordnung zu einer Leistungsgruppe erzielen." Dieselbe Protokollnotiz findet sich
in der ab 1.2.2010 geltenden PV mit dem Hinweis, dass auch bis zum Abschluss der zum 1.2.2010 geltenden PV keine Einigung
über die Zuordnung der ITEK zu einer Leistungsgruppe erzielt werden konnte.
In Ergänzung des RV schlossen die Verbände der Liga der freien Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg, darunter das Diakonische
Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V., und die Beklagte mit Wirkung vom 1.1.2008 eine "Schiedsordnung gemäß §
132a Abs.
2 SGB V für eine Schiedsperson" (nachfolgend SchiedsO). Die Schiedsperson für Angelegenheiten der häuslichen Krankenpflege ist zuständig
für Entscheidungen über die Regelungen gemäß §
132a Abs
2 SGB V (§
1 SchiedsO). Das Schiedsverfahren kann eingeleitet werden, wenn ein Vertrag oder eine Vereinbarung innerhalb von zwölf Wochen
nicht zustande kommt, nachdem eine Vertragspartei oder deren Bevollmächtigter ein schriftliches Angebot zum Vertragsabschluss
vorgelegt hat (§ 7 Abs 1 SchiedsO). Gegen die Entscheidung der Schiedsperson ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.
Ein Vorverfahren findet nicht statt (§ 9 Abs 2 SchiedsO).
Bereits seit August 2006 verordnete der Facharzt für Urologie G. für die im Jahr 2000 geborene und bei der Beklagten Versicherte
wegen einer neurogenen Blasenentleerungsstörung häusliche Krankenpflege in Form eines sterilen Einmalkatheterismus täglich
einmal in der Schule (fünfmal wöchentlich). Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung bestätigte die medizinische Notwendigkeit
als Dauerbehandlung. Aufgrund solcher Folgeverordnungen führte die Klägerin bei der Versicherten in der Zeit vom 7.1.2008
bis 31.1.2008 Katheterisierungen durch und stellte der Beklagten ua einen Betrag in Höhe von 307,80 Euro in Rechnung. Sie
legte den Preis für die Leistungsgruppe III der PV (16,20 Euro) zugrunde.
Die Beklagte teilte dazu mit, dass sie nur die Kosten nach der geringeren Leistungsgruppe II (12,65 Euro) übernehme und kürzte
mit Schreiben vom 20.3.2008 den Rechnungsbetrag um 67,45 Euro. Für die folgende Zeit stellte der Urologe G. für die Versicherte
ebenfalls ärztliche Verordnungen des Einmalkatheterismus (fünfmal wöchentlich) aus, die die Klägerin erbrachte. Auch für diese
erbrachten Leistungen stellte sie der Beklagten jeweils Rechnungen nach der Leistungsgruppe III aus, die die Beklagte nur
im Umfang des Preises der Leistungsgruppe II beglich. Im streitigen Leistungszeitraum von Januar 2008 bis Dezember 2009 kürzte
die Beklagte die Rechnungen der Klägerin wegen der ITEK-Leistungen um insgesamt 1125,74 Euro.
Mit der am 28.12.2012 beim SG erhobenen Klage hat die Klägerin die Zahlung dieses Differenzbetrags nebst Zinsen geltend gemacht. Mit Urteil vom 3.6.2013
hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Klage sei bereits unzulässig,
weil es an der Durchführung des Schiedsverfahrens fehle. Auf die von der Beklagten rechtzeitig erhobene Rüge nach §
1032 Abs
1 ZPO habe das SG die Klage als unzulässig abweisen müssen. Die SchiedsO nach §
132a Abs
2 SGB V sei eine Schiedsvereinbarung iS von §
1029 Abs
1 ZPO. Eine solche Schiedsvereinbarung könne auch dann vorliegen, wenn es den Parteien freigestellt sei, innerhalb bestimmter Fristen
den Schiedsspruch nicht anzuerkennen und deshalb den Weg zum staatlichen Gericht zu beschreiten (Hinweis auf BGHZ 171, 245). Die Klägerin hätte daher nach dem Scheitern von Vergütungsverhandlungen über eine höhere Vergütung der ITEK zunächst ein
Schiedsverfahren einleiten müssen. Hierzu sei sie ungeachtet ihrer rahmenvertraglichen Bindung befugt gewesen. Als Mitglied
des Diakonischen Werks, welches als Leistungserbringerverband die SchiedsO in Ergänzung des RV mit der Beklagten vereinbart
habe, sei die Klägerin Vertragspartei der SchiedsO geworden. Die Vorrangigkeit des Schiedsverfahrens gegenüber der gerichtlichen
Prüfung trage dem Vertragskonzept von §
132a SGB V Rechnung (Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 1 RdNr 18). Einseitige Leistungsbestimmungsrechte der Beteiligten stünden dem Vertragsmodell aber entgegen. Der Gesetzgeber
habe die Preisbildung dem freien Spiel der Kräfte überlassen (Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 132a Nr 1). Für den Fall, dass vertragliche Vereinbarungen nicht zustande kämen, sei das Schiedsverfahren im Bereich der häuslichen
Krankenpflege durchzuführen und eine Einigung durch eine Schiedsperson herbeizuführen. Dies entspreche den Vorstellungen des
Gesetzgebers (BT-Drucks 15/1525 S 123) und der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5). Bereicherungsrechtliche Ansprüche nach §§
812 ff
BGB kämen nicht in Betracht (Urteil vom 18.11.2015).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Klage sei
zulässig und begründet. Die Beklagte habe sich nicht auf die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit nach §
1032 Abs
1 ZPO berufen können, weil die SchiedsO nach §
132a Abs
2 SGB V keine Schiedsvereinbarung iS von §
1029 Abs
1 ZPO sei. Sie (die Klägerin) könne als einzelne Leistungserbringerin selbst kein Schiedsverfahren einleiten, weil diese Möglichkeit
den vertragsschließenden Leistungserbringerverbänden vorbehalten sei, andernfalls hätte sie zunächst ihren Beitritt zum RV
kündigen müssen. Eine Schiedsperson, die die Vertragsfindung nach §
317 BGB erleichtere, sei weder von den Verbänden der Leistungserbringer noch von der Beklagten angerufen worden. Erst im Jahr 2013
sei auf Landesebene ein Konsens über die Vergütungshöhe der ITEK gefunden worden. In erster Linie handele es sich um einen
Streit über die Vertragsauslegung, dessen Klärung den Gerichten vorbehalten sei. Die Klage sei auch begründet, weil der Anspruch
auf Zahlung in Höhe der Leistungsgruppe III für die erbrachten Leistungen der ITEK bestehe. Der Anspruch folge aus einer ergänzenden
bzw dynamischen Vertragsauslegung (Hinweis auf Bayerisches LSG Beschluss vom 5.10.2015 - L 12 KA 83/15 B ER - NZS 2016, 102). Nach dem RV seien fortlaufende Änderungen der Anlagen zu diesem Vertrag erforderlich gewesen. Diese Änderungen seien über
eine ergänzende Vertragsauslegung in den RV einbezogen worden; die Zuordnung zu einer Leistungsgruppe als Teil der bestehenden
PV sei einer solchen dynamischen Vertragsauslegung zugänglich. Für eine bloße Vertragsanpassung bedürfe es keines Schiedsverfahrens.
Für einen Übergangszeitraum habe der Wille der Parteien nicht entgegengestanden, die Höhe des Preises durch ergänzende Vertragsauslegung
zu bestimmen. Anders ließen sich solche Zeiträume nicht überbrücken, wenn Sachleistungsansprüche der Versicherten erfüllt
werden müssten. Im Übrigen bestehe der Zahlungsanspruch aus einer Nebenpflichtverletzung nach §
69 Abs
1 S 3
SGB V iVm §
311 Abs
2 Nr
1, §
280 Abs
1 BGB, weil die Beklagte keine Schiedsperson eingeschaltet habe, während die Klägerin hierzu nicht berechtigt gewesen sei. Der
Anspruch bestehe auch nach § 33 Abs 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Die Beklagte habe ihre Marktmacht ausgenutzt, indem sie bewusst auf die Einschaltung einer Schiedsperson verzichtet habe,
damit sie der Klägerin den Preis für die ITEK diktieren konnte. Der Zahlungsanspruch sei zudem aus Bereicherungsrecht nach
§
812 BGB und aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach §
242 BGB herzuleiten.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. November 2015 und des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. Juni
2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1125,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz entsprechend Seite 2/3 der Revisionsschrift vom 23. Dezember 2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Berufungsurteil für zutreffend. Im Übrigen bestehe immer noch die Möglichkeit, die Vergütung für
in der Vergangenheit erbrachte Leistungen zum Gegenstand eines Schiedsverfahrens zu machen.
II
Die zulässige Revision der klagenden Erbringerin von Leistungen der häuslichen Krankenpflege ist unbegründet.
Zwar hat das LSG die gegen die beklagte AOK - zugleich ein KKn-Landesverband iS von §
207 Abs
4 SGB V - gerichtete allgemeine Leistungsklage rechtsfehlerhaft als unzulässig angesehen (dazu im Folgenden unter A.). Darin liegt
- wie die Klägerin sinngemäß zu Recht rügt - eine Verletzung formellen Rechts (§
54 Abs
5 SGG). Stellt sich die Entscheidung des LSG aber aus anderen Gründen als richtig dar, dh, kann das vom Berufungsgericht behandelte
Rechtsschutzbegehren der Klägerseite aus anderen Gründen jedenfalls im Ergebnis keinen Erfolg haben, so ist die Revision vom
BSG ebenfalls zurückzuweisen (§
170 Abs
1 S 2
SGG). So verhält es sich hier. Da die Klägerin ihre allgemeine Leistungsklage gegen die Beklagte verfrüht erhoben hat, hätte
das LSG die Klage nicht aus prozessrechtlichen Gründen als unzulässig abweisen dürfen, sondern - unter Heranziehung von Erwägungen
des materiellen Rechts - als "zur Zeit unbegründet" abweisen müssen (dazu unter B.).
A. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen der allgemeinen Leistungsklage liegen
entgegen der Ansicht des LSG vor. Die Klage ist gemäß §
54 Abs
5 SGG zulässig.
1. Ein Verwaltungsakt hatte hier nicht zu ergehen, da die von der Klägerin begehrte Verurteilung der Beklagten zur Zahlung
einer höheren Vergütung für die erbrachten ITEK-Leistungen einen vertraglichen Vergütungsanspruch nach der Leistungsgruppe
III voraussetzt. Ansprüche aus Vergütungsverträgen werden nicht durch Verwaltungsakt durchgesetzt. Sie werden (auch) im Bereich
der häuslichen Krankenpflege im Rahmen des Vertragsmodells zwischen den Leistungserbringern und den Leistungsträgern konsensual
vereinbart. Es handelt sich um öffentlich-rechtliche Verträge, bei denen nach §
69 Abs
1 S 3
SGB V die Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung finden, soweit sie mit den Vorgaben von §
70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach §§
69 ff
SGB V vereinbar sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 1 RdNr 6). Dem Vertragsmodell liegt ein Gleichordnungsverhältnis zwischen den Vertragspartnern zugrunde. Es fehlt an einem
Über-/Unterordnungsverhältnis, das Voraussetzung für den Erlass eines Verwaltungsakts nach § 31 SGB X ist (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 23; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 10 RdNr 23 - auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; zuletzt umfassend zum Leistungserbringerrecht vgl Senatsurteil
vom 29.6.2017 - B 3 KR 16/16 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
2. Die formelle Beschwer der Klägerin liegt darin, dass sie geltend macht, die Vergütungshöhe ergebe sich aus der Vertragsauslegung
der geltenden PVen. Ein Anspruch auf ungekürzte Leistungen kann nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise
ausgeschlossen werden (zum Maßstab vgl nur BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 37 RdNr 12; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 16 und Nr 26, RdNr 15). Ein allgemeines Rechtsschutzinteresse für die Erhebung der allgemeinen
Leistungsklage ergibt sich regelmäßig schon aus der formellen Beschwer (vgl Keller in Meyer-Ladewig/ders/Leitherer/Schmidt,
12. Aufl 2017, Vor § 51 RdNr 16a; vgl nur BSGE 115, 110 = SozR 4-1200 § 53 Nr 4, RdNr 19 mwN). Ob vor der Klageerhebung ein Schiedsspruch zur Höhe der streitigen Vergütung ergangen
sein muss, betrifft hingegen nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, sondern die Festlegung der streitigen Vergütungshöhe,
über die im Rahmen der Begründetheit der Klage zu entscheiden ist. Die Zulässigkeit einer Klage, die auf die Zahlung einer
Vergütung aus einem bestehenden Vertrag und einer gültigen PV gerichtet ist, setzt jedenfalls nicht die vorherige Durchführung
eines Schiedsverfahrens nach der SchiedsO voraus. Dieses ist allein auf den Abschluss von Verträgen oder Vereinbarungen gerichtet.
3. Aber auch für den Fall, dass über den geltend gemachten Zahlungsanspruch keine vertragliche Vereinbarung zustande gekommen
ist (vgl dazu unten B.1.), ist die Herbeiführung des Schiedsspruchs (hier nach §
132a Abs
2 S 6
SGB V aF, seit 1.1.2017 §
132a Abs
4 S 7
SGB V) keine Sachurteilsvoraussetzung vor Erhebung der allgemeinen (echten) Leistungsklage. Der Zulässigkeit der Leistungsklage
steht nicht die von der Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit der Klage nach §
1032 Abs
1 ZPO iVm §
202 SGG entgegen; die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit greift vorliegend nicht. Denn es liegt schon keine Schiedsvereinbarung iS
von §
1029 Abs
1 ZPO vor, eine Vereinbarung der Parteien, eine Streitigkeit der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Die in Ergänzung
des RV geschlossene SchiedsO nach §
132a Abs
2 SGB V aF zielt nicht darauf ab, einen Rechtsstreit der Vertragspartner von der Sozialgerichtsbarkeit auf ein Schiedsgericht zu
verlagern. Entgegen der Ansicht des LSG kommt es hier nicht maßgebend darauf an, dass ein vollständiger Ausschluss der staatlichen
Gerichtsbarkeit für eine Schiedsvereinbarung iS von §
1029 Abs
1 ZPO nicht erforderlich ist (vgl BGHZ 171, 245, 250; vgl Geimer in Zöller,
ZPO, 32. Aufl 2017, §
1029 RdNr 6 mwN).
a) Der Ansicht des LSG steht die Entstehungsgeschichte zur Einführung eines Konfliktlösungsmodells im Bereich der häuslichen
Krankenpflege (§
37 SGB V und §
132a Abs
2 S 6 bis 8
SGB V idF des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 [aF] = § 132a Abs 4 S 7 bis 9 idF des Gesetzes vom 23.12.2016, BGBl I 3191 mWv
1.1.2017) und die hierzu bereits ergangene Rechtsprechung des BSG entgegen.
Die in Ergänzung des RV abgeschlossene SchiedsO hat die Rechtsqualität einer Schiedsgutachtenvereinbarung iS von §
132a Abs
2 S 6
SGB V aF (iVm §§
317,
319 BGB, §
69 Abs
1 S 3
SGB V). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) gilt sie für die Beteiligten; für die Klägerin, weil sie dem RV beigetreten ist (s dazu noch unten B. 2.) und für die Beklagte
als unmittelbare Vertragspartnerin. Nach § 1 SchiedsO ist die "Schiedsperson für Angelegenheiten der häuslichen Krankenpflege"
zuständig für Entscheidungen über die Regelungen nach §
132a SGB V. Kommt ein Vertrag oder eine Vereinbarung aus dem Zuständigkeitsbereich der Schiedsperson innerhalb von zwölf Wochen nicht
zustande, nachdem eine Vertragspartei bzw deren Bevollmächtigte ein schriftliches Angebot zum Vertragsabschluss vorgelegt
hat, kann das Schiedsverfahren eingeleitet werden. Die in § 9 Abs 2 SchiedsO normierte Rechtsweg-Klausel zu den Sozialgerichten
bezieht sich nach Sinn und Zweck auf die vom Gesetzgeber vorgegebene Leistungsbestimmung durch die Schiedsperson nach §
69 Abs
1 S 3
SGB V iVm §
317 Abs
1 BGB in Form eines "nach billigem Ermessen" zu erlassenden Schiedsspruchs, der von den Vertragsparteien inhaltlich nur mit der
Rüge der Unbilligkeit (entsprechend §
319 Abs
1 BGB) angefochten und durch Urteil ersetzt werden kann.
Der Schiedsspruch nach §
132a Abs
2 S 6
SGB V aF stellt rechtstechnisch ein "Schiedsgutachten im weiteren Sinne" dar, weil der Schiedsperson die Befugnis eingeräumt wird,
die Leistung (zB Vergütung) oder eine Leistungsmodalität (zB Beginn, Dauer, Höhe) zu bestimmen und dadurch den Vertragsinhalt
rechtsgestaltend zu ergänzen (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 35; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 10, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, RdNr 23 mwN, vgl dort auch zum "Schiedsgutachten im engeren Sinne" und
dazu BGH Urteil vom 26.4.1991 - V ZR 61/90 - NJW 1991, 2761). Das Schiedsverfahren im Bereich der häuslichen Krankenpflege entspricht einer im Zivilrecht üblichen Schlichtung, in der
sich die Vertragsparteien auf die Leistungsbestimmung durch einen Dritten (§
317 BGB) einigen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung
der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Modernisierungsgesetz - GMG], BT-Drucks 15/1525 S 123 Zu Nr 97 Zu Buchstabe b; BSGE
107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 24 f). Der Dritte hat die Funktion eines öffentlich-rechtlichen Schlichters und Vertragshelfers.
Er übt weder eine Behördenfunktion aus noch erlässt er Verwaltungsakte (vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 10 RdNr 17 - auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
b) Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung im Bereich des Zivilprozessrechts handelt es sich bei einer solchen
Vereinbarung nicht um eine Schiedsabrede iS von §
1029 Abs
1 ZPO, sondern um eine Schiedsgutachtenvereinbarung, wenn die Vertragsparteien die Festlegung der Leistungsbestimmung einem Dritten
iS von §§
317,
319 BGB durch rechtsgestaltende Festsetzung der einander geschuldeten Leistungen übertragen haben. Das wirksame Schiedsgutachten
erzeugt eine materiell-rechtliche Wirkung. Die Festsetzung des Leistungsinhalts kann dann nach dem Parteiwillen im Rahmen
des §
319 BGB von einem staatlichen Gericht geprüft werden (vgl BGHZ 6, 335, 338; BGHZ 48, 25, 28; BGH Urteil vom 21.5.1975 - VIII ZR 161/73 - NJW 1975, 1556; BGH Urteil vom 4.6.1981 - III ZR 4/80 - VersR 1981, 882; BGH Urteil vom 3.3.1982 - VIII ZR 10/81 - WM 1982, 543).
Eine vor der Einholung eines Schiedsgutachtens verfrüht erhobene Klage ist nach allgemeiner Ansicht im Zivilprozessrecht "als
zur Zeit unbegründet" abzuweisen; auch ein dem Grunde nach zusprechendes Urteil iS von §
304 ZPO darf nicht ergehen (vgl BGH Urteil vom 23.5.1960 - II ZR 75/58 - NJW 1960, 1462, 1463; BGH Urteil vom 8.6.1988 - VIII ZR 105/87 - WM 1988, 1500; BGH Urteil vom 7.6.2011 - II ZR 186/08 - NJW-RR 2011, 1059; vgl aus der Literatur nur Rieble in Staudinger,
BGB, Buch 2, Recht der Schuldverhältnisse, Neubearbeitung 2015, §
319 RdNr 41; § 317 RdNr 41). Diese zivilprozessualen Grundsätze sind nach §§
202,
130 Abs
1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden. Das Konfliktlösungsmodell im Bereich der häuslichen Krankenpflege
ist - wie ausgeführt - dem zivilrechtlichen Schlichtungsmodell nach §
317 BGB entlehnt (vgl erneut Gesetzentwurf zum GMG, aaO, BT-Drucks 15/1525 S 123 Zu Nr 97, Zu Buchstabe b). Hiervon unterscheidet
auch das Zivilprozessrecht die Abweisung der Klage "als zur Zeit unzulässig", wenn der Vertragspartner vor Klageerhebung nicht
wie vereinbart einen Schlichtungsversuch vor einem Schiedsgericht unternommen hat (vgl BGH Beschluss vom 14.1.2016 - I ZB 50/15 - WM 2016, 1189 und BGH Urteil vom 29.10.2008 - XII ZR 165/06 - MDR 2009, 284); um eine vergleichbare Konstellation geht es im vorliegenden Fall nicht.
4. Es kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht das Verfahren in analoger Anwendung von §
114 SGG hätte aussetzen können und den Beteiligten eine Frist zur Beibringung des Schiedsspruchs hätte setzen müssen (so für das
Zivilprozessrecht BGH Urteil vom 8.6.1988 - VIII ZR 105/87 - WM 1988, 1500, 1503). Im Revisionsverfahren ist diese Möglichkeit für den Senat von vornherein ausgeschlossen, weil der Schiedsspruch eine
neue Tatsache ist, über die zunächst das LSG zu entscheiden hätte (vgl §
163 SGG). Eine Zurückverweisung der Sache durch den Senat an das LSG zum Zwecke der Durchführung eines Schiedsverfahrens wäre im
Übrigen - wegen des damit verbundenen Verlustes einer Tatsacheninstanz in Bezug auf die Möglichkeiten der formell- und materiell-rechtlichen
Überprüfung durch beide Beteiligte des erst noch zu erwartenden Schiedsspruchs - gerade hier nicht sachgerecht (vgl auch BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 10 RdNr 22 f).
B. Die verfrüht erhobene allgemeine Leistungsklage ist allerdings "zur Zeit unbegründet" und daher - wie das SG richtig entschieden hat - abzuweisen.
Derzeit steht der Klägerin kein vertraglicher Anspruch auf höhere Vergütung für die erbrachten Leistungen der ITEK nach der
Leistungsgruppe III zu. Die von der Klägerin begehrte Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer höheren Vergütung für die
von der Klägerin an die Versicherte in den Jahren 2008 und 2009 erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege als von
der Beklagten zugebilligt, durfte weder durch die Vorinstanzen noch durch das Revisionsgericht ergehen. Erst dann, wenn der
bisher fehlende, aber rechtlich notwendige Schiedsspruch zur Höhe der Vergütung für die ITEK-Leistungen herbeigeführt worden
ist, kann seine etwaige Unbilligkeit einer sozialgerichtlichen Kontrolle im Wege der Ersetzungs- bzw Feststellungsklage unterzogen
werden (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 10 RdNr 16 ff, 31 ff - auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Das zwischen den Beteiligten geltende Vertragswerk enthält einen offenen Dissens über die Vergütungshöhe der ITEK; der Preis
ist nicht durch richterliche Vertragsauslegung zu bestimmen (dazu im Folgenden 1.), sondern durch eine Schiedsperson festzulegen;
die Klägerin hat als Einzelleistungserbringerin das Recht einen Schiedsspruch herbeizuführen (dazu unter 2.). Ansprüche nach
zivilrechtlichen oder anderen Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu 3.). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen
insoweit nicht (dazu 4.). Der Schiedsspruch kann nach Abschluss dieses Rechtsstreits nachgeholt werden (dazu 5.).
1. Die Vergütungshöhe der ITEK ergibt sich weder aus den geltenden PVen (dazu a) noch aus einer ergänzenden bzw dynamischen
Vertragsauslegung (b). Es bestand kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (c) und die Vergütung galt auch nicht als vereinbart
(d).
a) Das zwischen den Beteiligten im streitigen Zeitraum geltende vertragliche Regelwerk weist eine planwidrige und regelungsbedürftige
Vertragslücke über die Vergütungshöhe der ITEK auf. Der Senat durfte das Vertragswerk einer revisionsrechtlichen Überprüfung
unterziehen. Das LSG hat die Vertragsinhalte des auf Landesebene geltenden RV mit den ergänzenden PVen und der SchiedsO für
den Senat bindend festgestellt (vgl §
163 SGG). Im Übrigen orientieren sich die Inhalte des auf der Grundlage von §
132a Abs
2 S 1
SGB V (in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung - aF) ergangenen RV an den bundesweit geltenden Rahmenempfehlungen von §
132a Abs
1 SGB V über eine einheitliche häusliche Krankenpflege, wobei diese die bundesweit geltenden Richtlinien des GBA nach §
92 Abs
1 S 2 Nr
6 SGB V zur ärztlichen Verordnung von häuslicher Krankenpflege zu berücksichtigen haben.
aa) Nach der Richtlinie des GBA (vormals Bundesausschuss der Ärzte und KKn) über die Verordnung von "häuslicher Krankenpflege"
nach §
92 Abs
1 S 2 Nr
6 und Abs
7 SGB V (HKP-RL, hier idF vom 19.12.2006, BAnz Nr 53 vom 16.3.2007 S 2800, zum 17.3.2007 in Kraft getreten) bedurften die vom Versicherten
durch Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung beantragten Leistungen der Genehmigung durch die KK. Die KK übernahm bis zur
Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen,
entsprechend der - hier fehlenden - vereinbarten Vergütung nach §
132a Abs
2 SGB V aF, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der KK vorgelegt wurde (Nr 19 und
Nr 24 HKP-RL).
Im Verzeichnis der verordnungsfähigen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege der HKP-RL (= Anlage der HKP-RL) waren bis zum
16.3.2007 in der Leistungsbeschreibung "Nr 23 Katheterisierung der Harnblase zur Ableitung des Urins" nur zwei Methoden der
Katheterisierung benannt: "Einlegen, Entfernen oder Wechseln eines transurethralen Dauerkatheters in die Harnblase" und das
"Einbringen eines transurethralen Einmalkatheters in die Harnblase zur Schulung von Patienten in der sachgerechten Anwendung
des Einmalkatheters". In der Praxis hatte sich aber die ITEK als das Mittel der Wahl herausgestellt, die in der Anwendung
einfacher als der Dauerkatheter zu praktizieren und für den Patienten sicherer war (vgl Erläuterung Nr 1 Buchst a zur Einführung
einer ITEK vom 18.4.2006, unter 5.5.4 der Tragenden Gründe des Beschlusses zur Änderung der HKP-RL vom 19.12.2006).
Durch Beschluss des GBA vom 19.12.2006 (BAnz Nr 53 vom 16.3.2007 S 2800) ist unter der Nr 23 der Leistungsbeschreibung eine
dritte Methode neu eingefügt worden: "Intermittierende transurethrale Einmalkatheterisierung bei neurogener Blasenentleerungsstörung
oder myogener chronischer Restharnbildung". In der Leistungsbeschreibung wurde erläutert, dass die ITEK verordnungsfähig ist,
wenn eine andere Methode der Harnableitung nicht zu besseren Ergebnissen führt bei Patienten, die wegen (1.) einer so erheblichen
Einschränkung der Grob- und Feinmotorik oder (2.) eingeschränkter Sehfähigkeit, (3.) einer so starken Einschränkung der geistigen
Leistungsfähigkeit oder eines Realitätsverlusts oder (4.) entwicklungsbedingt noch nicht vorhandener Fähigkeit die Katheterisierung
nicht erlernen oder nicht selbstständig durchführen können. Diese Voraussetzungen mussten aus der Verordnung hervorgehen.
Eine Zuordnung hinsichtlich Dauer und Häufigkeit der Maßnahme wurde in Nr 23 der Leistungsvereinbarung - anders als bei den
zwei älteren Methoden - offengelassen.
bb) Allein aus dem Inkrafttreten der seit 17.3.2007 verordnungsfähigen ITEK in Nr 23 der Leistungsbeschreibung als Anlage
der HKP-RL kann nicht geschlossen werden, dass für diese neue Methode automatisch der Preis der Leistungsgruppe III gelten
soll, der für die zwei älteren Methoden der Katheterisierung der Harnblase von den Vertragspartnern in PVen ausgehandelt worden
ist. Denn ausweislich Nr 1 Abs 2 der seit 1.9.2006 geltenden PV hatten die Vertragspartner in Ergänzung des RV sogar ausdrücklich
vereinbart, dass im Fall von Änderungen der RL (neue Leistungen, Veränderungen der Leistungen usw) die Vertragspartner im
Hinblick auf die Zuordnung der Leistungen zu den Leistungsgruppen Verhandlungen aufnehmen.
cc) Die seit 1.9.2006 geltende PV konnte die ITEK noch gar nicht berücksichtigen, weil sie überhaupt erst ein halbes Jahr
später vom GBA als verordnungsfähige Methode in die HKP-RL eingeführt wurde. Aus den ab 1.1.2009 bzw 1.2.2010 geltenden PVen
ergibt sich aus der jeweiligen Protokollnotiz zu Nr 23 der Leistungsbeschreibung der HKP-RL, dass die Verbände der Leistungserbringer
und die Beklagte weder bis zum Abschluss der zum 1.1.2009 noch bis zum Abschluss der zum 1.2.2010 geltenden PV eine Einigung
über die Zuordnung der ITEK zu einer der Leistungsgruppen erzielt hatten. Insofern ergibt sich aus dem Vertragswerk des RV,
dass ein offener Dissens (§
154 BGB) im Hinblick auf die Vergütungshöhe für die ITEK mangels vertraglicher Zuordnung zu einer der Leistungsgruppen vorlag.
b) Diese Vertragslücke konnte nicht durch ergänzende Vertragsauslegung (§§
133,
157 BGB, vgl BSGE 115, 40 = SozR 4-2500 §
302 Nr 1, RdNr 32 mwN) geschlossen werden. Für die Auslegung vertraglicher Vereinbarungen ist in erster Linie der Wortlaut des
Vertrags und der dem Vertrag zu entnehmende objektiv erklärte Wille bzw im Fall einer planwidrigen Vertragslücke der objektiv
zu ermittelnde hypothetische Wille der Vertragsparteien maßgeblich (stRspr vgl nur BGHZ 121, 13, 16; BGH Urteil vom 23.5.2014 - V ZR 208/12 - NJW 2014, 3439, 3441). Hier brachten die Vertragspartner in ihren Protokollnotizen zu den PVen hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass ein
Konsens über die regelungsbedürftige Vergütungshöhe nicht zu erzielen war. Sie führten einen dauerhaften Streit über die Vergütungshöhe,
weil konträre Vorstellungen über die angemessene Vergütungshöhe bestanden. Dieser Streit wäre am ehesten beizulegen gewesen,
wenn zeitnah eine sachverständige Stellungnahme zum zeitlichen Aufwand bei der Versorgung des behandlungsbedürftigen Personenkreises
mit der ITEK im Vergleich zu den beiden älteren Methoden eingeholt worden wäre.
aa) Einer ergänzenden Vertragsauslegung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit steht die gesetzliche Schiedsregelung
von §
132a Abs
2 S 6
SGB V aF entgegen. Denn der Gesetzgeber hat gerade jenen Fall, dass die Vertragspartner über den konkreten Vertragsinhalt, insbesondere
über die Höhe der Vergütung keine Einigung erzielen können, die primäre Leistungsbestimmung dem Dritten (§
317 BGB) als Schlichter überlassen (vgl Gesetzentwurf zum GMG, aaO, BT-Drucks 15/1525 S 123 Zu Nr 97, Zu Buchstabe b), der die notwendige
punktuelle rechtsgestaltende Ergänzung des Vertrags durch Schiedsspruch vornehmen muss (vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 10 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
bb) Eine dynamische Vertragsauslegung scheitert daran, dass das Vertragswerk keine Anpassungsklausel enthält, die der Klägerin
zu einer höheren Vergütung verhelfen könnte (anders das Vertragswerk im Beschluss des Bayerischen LSG vom 5.10.2015 - L 12 KA 83/15 B ER - Juris RdNr 112). Eine dynamische Verweisung derart, dass bei Änderungen der HKP-RL die PVen fortgelten, bis die Verträge
entsprechend angepasst sind, fehlt im vorliegenden Fall auf der Grundlage der Feststellungen des LSG. Die Beteiligten hatten
keinen Anpassungsmechanismus vereinbart, sondern sich auf die Aufnahme von neuen Preisverhandlungen geeinigt (s Nr 1 Abs 2
PV). Die bislang von der Beklagten gezahlte Vergütung in Höhe der Leistungsgruppe II stellt sich daher (nur) als eine vorläufige
Zahlung dar. Um solche vertragslosen Zustände zu vermeiden, wäre es möglich gewesen, eine Übergangsklausel in den PVen mit
dem Inhalt festzulegen, welche Preise bis zum Abschluss von Preisverhandlungen im Fall von Änderungen der HKP-RL gelten sollen.
Auch eine Fortgeltungsklausel wäre möglich gewesen. An beidem fehlt es hier.
c) Den Beteiligten stehen ebenfalls einseitige Leistungsbestimmungsrechte nicht zur Seite. Weder den KKn noch den Leistungserbringern
soll für den Fall, dass Vereinbarungen nicht zustande kommen, ersatzweise ein Preisbestimmungsrecht iS von §
315 BGB bzw §
316 BGB eingeräumt werden; dies würde jedes Interesse am Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung unterlaufen. Denn mit der Regelung
in §
132a Abs
2 SGB V aF ist der Gesetzgeber - der allgemeinen Intention des
SGB V zur Kostenreduzierung im Gesundheitswesen entsprechend - davon ausgegangen, dass derartige vertragliche (Verbands- oder Einzel-)Abmachungen
"im freien Spiel der Kräfte" geschlossen werden und durch die Verpflichtung der Beklagten zur Versorgung der Versicherten
einerseits und die Konkurrenz der Leistungserbringer andererseits im Ergebnis marktgerechte und möglichst günstige Bedingungen,
insbesondere Preise, für die Versicherten erreicht werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 1 RdNr 11; BSG SozR 3-2500 § 132a Nr 1 S 4).
d) Aus demselben Grund kann entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht die Preisbestimmung nach §
612 Abs
2 BGB Anwendung finden. Diese Norm sieht für den Fall, dass die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, bei Bestehen einer Taxe
die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart an. Auch insoweit hat der Senat bereits
entschieden, dass bei anderen KKn vereinbarte Preise nicht als "übliche" Vergütung iS von §
612 Abs
2 BGB angesehen werden können, weil dadurch die Motivation für einen Vertragsabschluss verhindert würde (vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 1 RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 132a Nr 1 S 4 f).
2. Der Schiedsspruch zur Festlegung der Vergütungshöhe für die ITEK ist erforderlich. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist
sie als einzelne Pflegeeinrichtung von der Befugnis zur Einholung eines Schiedsspruchs nicht ausgeschlossen. Dies beruht auf
dem Einzelvertragsmodell, das der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach dem
SGB V und dem ergänzenden untergesetzlichen Recht zugrunde liegt.
a) Nach §
132a Abs
2 S 1
SGB V aF (seit 1.1.2017 in §
132a Abs
4 S 1
SGB V geregelt) schließen die KKn über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren
Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung grundsätzlich Verträge "mit den Leistungserbringern".
Nach dieser eindeutigen gesetzlichen Anordnung sind Partner solcher Verträge der einzelne Pflegedienst einerseits und die
KK andererseits. Anders als etwa bei Heilmitteln (§
125 Abs
2 SGB V), bei Hilfsmitteln (§
127 Abs
1 und
2 SGB V) oder bei der ambulanten und stationären Pflege im Bereich der sozialen Pflegeversicherung (§
72 Abs
2 SGB XI) hat der Gesetzgeber bei der häuslichen Krankenpflege (§
132a SGB V) und bei der Haushaltshilfe (§
132 SGB V) nicht die gesetzliche Möglichkeit vorgesehen, Versorgungsverträge auch zwischen den Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen
der Leistungserbringer einerseits und den Landesverbänden der KKn (bzw Pflegekassen) oder ihren Arbeitsgemeinschaften andererseits
zu schließen (vgl BSGE 101, 142 = SozR 4-2500 § 69 Nr 4, RdNr 25).
Für den Bereich der häuslichen Krankenpflege (§
132a SGB V) hat der Senat daraus geschlossen, dass der Gesetzgeber ersichtlich vom Leitbild der Einzelverträge mit den einzelnen Pflegediensten
ausgeht (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 §
132a Nr
5, RdNr
39; anders zur Heilmittelversorgung nach §
125 Abs
2 SGB V: vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 §
125 Nr
5, RdNr 24 f). Aus Gründen der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung hat der Senat aber auch kollektive Verträge
mit Gruppen von Leistungserbringern bzw deren Verbänden zur Vergütungsregelung nach §
132a SGB V zugelassen, da diese in der Praxis dominieren (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 39). Der Abschluss solcher kollektiven Verträge einschließlich kollektiv geschlossener Vergütungsvereinbarungen
zwischen Verbänden der Leistungserbringer und den KKn bzw deren Landesverbänden ist daher nicht ausgeschlossen; die einzelnen
Leistungserbringer (Pflegedienste) können solchen Kollektivverträgen beitreten. Mit Abgabe der jeweiligen Beitrittserklärung
wird der Versorgungsvertrag zwischen dem einzelnen Leistungserbringer und der KK wirksam. Der Inhalt des Versorgungsvertrags
wird durch den RV und die zugehörige Vergütungsvereinbarung bestimmt, soweit mit den Beitrittserklärungen nichts Abweichendes
vereinbart ist (vgl BSGE 101, 142 = SozR 4-2500 §
69 Nr 4, RdNr 26 zur Haushaltshilfe nach §
132 SGB V).
Ein solcher Beitritt der Klägerin zu dem auf Landesebene abgeschlossenen Kollektivvertrag (RV) zwischen ua dem Diakonischen
Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. - dessen Mitglied die Klägerin ist - und dem beklagten KKn-Landesverband
liegt nach den Feststellungen des LSG vor. Mit dem erfolgten Beitritt zu dem Vertrag war die Klägerin berechtigt und verpflichtet,
Leistungen zur häuslichen Krankenpflege für die Versicherten nach §
37 SGB V zu erbringen. Einer weitergehenden "förmlichen Zulassung" bedurfte es hierfür nicht, weil Leistungserbringer im Bereich der
häuslichen Krankenpflege allein durch Versorgungsverträge mit den KKn verbunden sind. Der Abschluss des Versorgungsvertrags
ist daher in diesem Bereich nicht statusbegründend (vgl BSGE 90, 150 = SozR 3-2500 § 132a Nr 4; BSGE 99, 303 = SozR 4-2500 §
132a Nr
4, RdNr
30; anders zB im Bereich der Heilmittelversorgung nach §
124 Abs
2 SGB V).
b) Das gesetzlich vorgesehene vertragliche Konfliktlösungsmodell knüpft an das Einzelvertragsmodell in §
132a Abs
2 S 1
SGB V aF an. Daher hat der einzelne Pflegedienst das gesetzliche Recht zur Herbeiführung des Schiedsspruchs (wie hier Armbruster
in Eichenhofer/Wenner, 2. Aufl 2016,
SGB V, §
132a RdNr
47). Dafür spricht maßgeblich der Wortlaut von §
132a Abs
2 S 6
SGB V aF, der die Bestimmung des Vertragsinhalts durch eine "von den Vertragspartnern" zu bestimmende unabhängige Schiedsperson
vorsieht. Zusammenschlüsse oder Verbände von Leistungserbringern werden im Konfliktlösungsmodell der häuslichen Krankenpflege
gar nicht erwähnt. Anders verhält es sich zB im Bereich der Heilmittelversorgung (§
125 Abs
2 SGB V). Dort sind lediglich Verbände der Leistungserbringer, nicht aber einzelne Leistungserbringer oder sonstige Zusammenschlüsse
zur Einleitung des Schiedsverfahrens im Fall der Nichteinigung auf Vertragspreise berechtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 125 Nr 8 RdNr 29 ff).
c) Die rahmenvertragliche Bindung schließt die Klägerin dabei nicht von der Einholung eines Schiedsspruchs aus. Aus welcher
Norm des Vertragswerks sich ein solches rechtliches Hindernis ergeben sollte, hat die Klägerin selbst nicht näher dargelegt.
Im Übrigen fehlte dem RV und seinen ergänzenden Regelungen eine PV über die Vergütungshöhe der ITEK, obwohl die Klägerin zur
ordnungsgemäßen Leistungserbringung gegenüber den Versicherten (§
37 SGB V) rahmenvertraglich verpflichtet war und diese Leistungen entsprechend erbracht hat. Der Senat hält es zwar vor dem Hintergrund,
dass der Kollektivvertrag im Bereich der häuslichen Krankenpflege den Einzelvertrag in der Praxis überwiegend verdrängt haben
mag, für naheliegend, die Konfliktlösung auf der Ebene der Partner des RV anzustreben. Diese Praxis darf dem Einzelleistungserbringer
jedoch jedenfalls dann nicht zum Nachteil gereichen oder sogar davon abhalten, das Schiedsrecht auszuüben, wenn die Verhandlungspartner
auf Verbandsebene keine Einigung im Konfliktfall erzielen und - wie hier über Jahre hinweg - keine formelle vertrags- und
gesetzeskonforme Preisfestlegung durch eine Schiedsperson initiieren.
Nach den bindenden Feststellungen des LSG sind die hierüber auf Verbandsebene geführten Preisverhandlungen gescheitert, ohne
dass eine Einigung über den Preis der ITEK erzielt wurde. Dieses Scheitern kommt faktisch und rechtlich einer "Nichteinigung"
nach §
132a Abs
2 S 6
SGB V aF gleich. Die Klägerin war daher berechtigt, das ihr als Einzelleistungserbringerin zustehende Recht zur Initiierung eines
Schiedsverfahrens aus §
132a Abs
2 S 6
SGB V aF (vgl §
7 Abs
1 S 3 SchiedsO) auszuüben, um eine Preisfestlegung zu erreichen.
Etwas anderes könnte nur gelten, wenn sich der Gesetzgeber angesichts der aufgezeigten Abweichung der tatsächlichen Vertrags-
und Konfliktlösungspraxis von dem normativen Gesetzeskonzept entschließen sollte, in das Gesetz eine ausdrückliche Regelung
aufzunehmen, die ausschließlich Verbände oder Zusammenschlüsse von Leistungserbringern berechtigt, zur Ausübung des Rechts
die Schiedsperson anzurufen. Das ist aber nach aktueller Gesetzeslage (§
132a Abs
4 SGB V) nicht der Fall.
d) Insbesondere verkennt die Beklagte, dass es nicht im Belieben der Vertragspartner steht, ein Schiedsverfahren im Streitfall
durchzuführen oder nicht (so aber die Formulierung in der SchiedsO: "kann" eingeleitet werden). Die Vertragspartner sind nämlich
schon von Gesetzes wegen verpflichtet, ein vertragliches Konfliktlösungsmodell zu schaffen und einen Schiedsspruch im Streitfall
herbeizuführen (§
132a Abs
2 S 6
SGB V aF = §
132a Abs
4 S 7
SGB V; vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 §
132a Nr 5, RdNr 23; Gesetzentwurf zum GMG, aaO, BT-Drucks 15/1525 S 123 Zu Nr 97, Zu Buchstabe b; anders die "kann"-Formulierung
zur Anrufung der Schiedsstelle bei Rahmenempfehlungen in §
132a Abs
2 SGB V in der ab 1.1.2017 geltenden Fassung). Der Gesetzgeber hat den einzelnen Pflegedienst normativ mit einer gegenüber den KKn
gleichrangigen Verhandlungsmacht ausgestattet. Entgegen der Ansicht der Beklagten können sich die KKn nicht darauf beschränken,
eine Vergütungsforderung, die nicht ihren Vorstellungen entspricht, abzulehnen und ansonsten nichts weiter zu veranlassen,
obwohl keine Einigung über den Preis erzielt wurde. Denn mit der Schiedsregelung ist das Recht auf eine zügige Preisfestlegung
im Streitfall verbunden.
Für ein solches Verfahren wäre eine Einigung auf eine Schiedsperson nicht erforderlich gewesen. Im Streitfall wird diese nämlich
von der für die vertragsschließende KK zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung
der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt (§
132a Abs
2 S 7
SGB V aF, vgl dazu BSGE 117, 288 = SozR 4-2500 §
132a Nr 7). Da sowohl für das Erstellen des Schiedsspruchs als auch für die aufsichtsbehördliche Bestellung der Schiedsperson
enge zeitliche Grenzen gelten, hätten die Beteiligten eine zeitnahe Festlegung des Preises durch einen Dritten erlangen können.
Dies hätte den von der Klägerin zu Recht gerügten langen Zeitraum ohne Preisfestlegung zügig beenden können.
e) In dieser Konstellation greift ferner auch nicht die entsprechende Anwendung des §
319 Abs
1 S 2 Halbs 2
BGB.
Nach dieser Norm hat die Bestimmung der Leistung durch Urteil des angerufenen Gerichts zu erfolgen, wenn der Dritte, dem die
Bestimmung obliegt, diese verzögert. Die Vorschrift gilt im Zivilrecht entsprechend, wenn die Verzögerung der Leistungsbestimmung
(die kein Verschulden voraussetzt) auf der Nichtbenennung des bestimmungsberechtigten Dritten durch eine hierzu verpflichtete
Vertragspartei beruht (vgl BGH Urteile vom 17.3.1971 - IV ZR 209/69 - NJW 1971, 1455, 1456; vom 2.2.1977 - VIII ZR 271/75 - WM 1977, 418; vom 30.3.1979 - V ZR 150/77 - BGHZ 74, 341, 344 f; BGH Urteil vom 7.6.2011 - II ZR 186/08 - WM 2011, 1374). Die Norm findet insbesondere auch dann Anwendung, wenn die hierzu befugte und verpflichtete Vertragspartei außerhalb objektiv
angemessener Zeit die Benennung des Schiedsgutachters und die Einholung des Gutachtens unterlässt (vgl BGHZ 74, 341, 345) oder die Einigung auf die Person des Schiedsgutachters fehlschlägt (vgl BGH Urteil vom 4.7.2013 - III ZR 52/12 - WM 2013, 1452). Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor.
Hier hatten es die Beteiligten durchaus selbst in der Hand, den offenen Dissens durch eine zeitnahe Konfliktlösung zu beenden.
Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte waren unabhängig voneinander zur Einleitung des Schiedsverfahrens durch einen eigenen
Antrag auf Festsetzung des Inhalts der PV bei der Schiedsperson berechtigt (s § 7 Abs 1 S 3 SchiedsO). Ebenso war die Bestimmung
der Schiedsperson bei Nichteinigung durch die Aufsichtsbehörde der KK möglich (§
132a Abs
2 S 7
SGB V aF).
3. Da die Leistungsbestimmung durch einen unabhängigen Dritten bisher nicht erfolgt ist und die Klägerin - wie dargelegt -
rechtlich nicht gehindert war, ein Schiedsverfahren selbst zu initiieren, kommen ebenfalls weder bereicherungsrechtliche Ansprüche
(§§
812 ff
BGB) noch Schadensersatzansprüche (§
311 Abs
2 Nr
1, §
280 Abs
1, §
242 BGB, § 33 Abs 3 GWB) der Klägerin gegen die Beklagte in Betracht. Der Senat konnte insoweit auch dahinstehen lassen, ob § 33 GWB im Leistungserbringerrecht (§
69 Abs
1 S 3, Abs
2 S 2
SGB V) überhaupt Anwendung findet (vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 10 RdNr 53, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
4. Der derzeitige Ausschluss einer gerichtlichen Preisfestlegung steht weder dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (Art
19 Abs
4 GG) noch dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch (Art
20 Abs
3 GG) iVm dem Rechtsstaatsprinzip (vgl BVerfGE 85, 337, 345; 97, 169, 185) entgegen. Das
GG gewährleistet lediglich, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten eröffnet ist (vgl zB Sachs in ders,
GG, 7. Aufl 2014, Art
19 RdNr 134 ff). Verfahrensordnungen zur Rechtsschutzgewährung können Einschränkungen für Rechtsschutzsuchende haben. Der Gesetzgeber
kann auch Anreize für konsensuale Streitlösungen schaffen, um Rechtsfrieden zu fördern und die Gerichte zu entlasten. Ergänzend
muss aber immer der Weg zu einer Streitentscheidung durch staatliche Gerichte eröffnet bleiben (vgl BVerfGK 10, 275, 278 f;
BSGE 119, 150 = SozR 4-5560 § 17c Nr 3, RdNr 26). Das ist hier auch gewährleistet, allerdings - wie dargelegt - erst nach Abschluss eines
durchgeführten Schiedsverfahrens.
5. Schließlich hat der Senat keine Bedenken gegen die aufgezeigte Verfahrensweise unter dem Blickwinkel, dass ein Schiedsverfahren
erst nach Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits nachgeholt wird. Für ein solches Schiedsverfahren gelten keine Ausschlussfristen.
Der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch ist auch nicht etwa bereits verjährt; er ist vielmehr noch gar nicht
fällig, solange die Leistung nicht durch den Dritten nach §
319 Abs
1 BGB festgelegt bzw im Einzelfall konkretisiert worden ist bzw die Entscheidungsbefugnis noch nicht auf das Gericht übergegangen
ist (vgl BGH Urteil vom 4.7.2013 - III ZR 52/12 - NJW-RR 2014, 492). Im Bereich der häuslichen Krankenpflege ist es nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich möglich, Versorgungsverträge
mit den KKn auch noch rückwirkend abzuschließen, weil derartige Verträge nicht statusbegründend sind (vgl BSGE 99, 303 = SozR 4-2500 § 132a Nr 4, RdNr 30). Weder das Gesetz noch der RV stehen dem hier entgegen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO.
7. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.