Sonderbedarfszulassung als Arzt für Psychiatrie
Verfahrensrüge wegen fehlender Sachaufklärung im Verwaltungsverfahren
Aufrechterhalten eines Beweisantrages
1. Mit fehlender Sachaufklärung im Verwaltungsverfahren kann ein Verfahrensfehler des Berufungsgerichts von vornherein nicht
gerügt werden.
2. Die Wendung, "wie die entsprechenden Beweisangebote des Klägers", ist nicht ausreichend für die Bezeichnung eines Beweisantrages.
3. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass ein anwaltlich vertretener Kläger, der einen ursprünglich schriftsätzlich angekündigten Beweisantrag, dem das Berufungsgericht
bis zu Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen ist, in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich (erneut)
stellt, auf die Bescheidung dieses Antrags im Ergebnis verzichtet.
4. Einem anwaltlich vertretenen Kläger muss in der entsprechenden Prozesssituation klar sein, dass das Gericht, das etwa einen
von ihm benannten Zeugen nicht geladen hat, dem Beweisantrag nicht folgen will.
5. Dann ist es Sache des Klägers, durch die Wiederholung der Antragstellung zu verdeutlichen, dass es ihm auf die Durchführung
der entsprechenden Beweisaufnahme bzw. zumindest auf eine ausdrückliche Auseinandersetzung des Gerichts mit diesem Antrag
ankommt.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt eine Sonderbedarfszulassung als Arzt für Psychiatrie.
Der Kläger führt die Gebietsbezeichnung Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie und ist aufgrund einer Entscheidung des Zulassungsausschusses
zur Fortführung der Praxis eines verstorbenen Nervenarztes für überwiegend psychotherapeutische Tätigkeiten zugelassen. Am
21.3.2012 beantragte er eine Sonderbedarfszulassung als Psychiater und Psychotherapeut für den Standort seiner Praxis in N
(Kreis H). Der Planungsbereich "Landkreis H" ist wegen eines Versorgungsgrades von 118 % für Neuzulassungen gesperrt.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag des Klägers nach Durchführung von Ermittlungen zur Bedarfslage ab, weil in der Stadt
H ausreichende Versorgungsmöglichkeiten für Patienten bestünden, die einer psychiatrischen Behandlung bedürften. Der beklagte
Berufungsausschuss hat diese Entscheidung bestätigt; Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat die Zurückweisung
der Berufung damit begründet, der beklagte Berufungsausschuss sei ohne Überschreitung seines Beurteilungsspielraumes zu der
Einschätzung gelangt, dass ein nachweislicher lokaler Versorgungsbedarf iS des § 36 Abs 1 Buchst a der Bedarfsplanungsrichtlinie
des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der guten verkehrstechnischen Anbindung der Stadt N nicht gegeben sei. Auch ein besonderer
Versorgungsbedarf in qualitativer Hinsicht im Bereich der Psychiatrie bestehe nicht, weil ein in H zugelassener Arzt für Neurologie
und Psychiatrie seine Bereitschaft bestätigt habe, die psychiatrischen Patienten des Klägers, die dieser wegen seiner Beschränkung
auf psychotherapeutische Tätigkeit nicht selbst behandeln könne, zu übernehmen. Hinweise darauf, dass es in Einzelfällen im
Bereich der Bezirksstelle Oberfranken der zu 1 beigeladenen KÄV schwierig sei, Patienten einen Termin bei einem für sie gut
erreichbaren Psychiater zu vermitteln, rechtfertigten für sich genommen die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nicht (Urteil
vom 23.7.2014).
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer
Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Gerichts (Zulassungsgrund gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
II
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen. Sie ist deshalb ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter in entsprechender Anwendung
des §
169 Satz 2 und
3 SGG zu verwerfen.
Es ist bereits fraglich, ob der Kläger im Kern eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des LSG rügen will, auf die allein
eine Verfahrensrüge nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG gestützt werden kann. Auf den Seiten 13 bis 18 der Beschwerdebegründung setzt sich der Kläger nämlich allein damit auseinander,
welche Sachaufklärungspflichten den beklagten Berufungsausschuss nach der Rechtsprechung des BSG treffen, und macht geltend, der Beklagte sei diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Mit fehlender Sachaufklärung im Verwaltungsverfahren
kann jedoch ein Verfahrensfehler des Berufungsgerichts von vornherein nicht gerügt werden. Der Kläger verbindet seine Kritik
an der - unterstellt - unzulänglichen Sachaufklärung durch den Beklagten dann mit der Wendung, seine - des Klägers - Bedenken
habe das Bayerische LSG "ebenso außer acht gelassen, wie die entsprechenden Beweisangebote des Klägers". Wenn unterstellt
wird, dass der Kläger damit eine fehlende Sachaufklärung mittelbar auch des Bayerischen LSG rügen will, entspricht die Begründung
gleichwohl nicht den Anforderungen des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG.
Nach dieser Vorschrift kann die Rüge eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn der Kläger einen Beweisantrag anführt, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Ein entsprechender Beweisantrag wird in der Beschwerdebegründung nicht ausdrücklich bezeichnet. Die Wendung "wie die entsprechenden
Beweisangebote des Klägers", ist insoweit nicht ausreichend. Soweit der Kläger geltend macht, dass Berufungsgericht hätte
den Zeugen Dr. A. sowie weitere als Zeugen benannte Patienten, die in der Beschwerdebegründung nicht namentlich benannt werden,
vernehmen müssen, bezieht er sich nicht auf einen Beweisantrag, über den das LSG hätte entscheiden müssen.
Der Senat lässt offen, ob der Kläger auf Seite 10 seiner Berufungsbegründung gegenüber dem LSG vom 18.1.2014 einen auf die
Vernehmung des Dr. A. gerichteten formgerechten Beweisantrag gestellt hat. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang geltend gemacht,
Dr. A. habe erklärt, dass aus seiner Sicht von einer Überversorgung "in keinster Weise zu sprechen sein könne, vielmehr sei
er vollkommen ausgelastet und könne auf Monate hinaus keine Patienten vom Kläger übernehmen". Ein Anlass, Dr. A. zu seiner
Einschätzung der Versorgungslage zu vernehmen, hat von vornherein nicht bestanden, weil es insoweit nicht auf die Einschätzung
eines einzelnen Arztes ankommen kann. Ob der Kläger wirksam den Beweisantrag gestellt hat, Dr. A. dazu zu vernehmen, ob er
Patienten vom Kläger übernehmen könne, kann dahinstehen. Zum einen hat sich das LSG von seinem insoweit maßgeblichen Rechtsstandpunkt
aus nicht gedrängt sehen müssen, diesen Arzt zu vernehmen, weil es davon ausgegangen ist, dass der Arzt Dr. F. in H hinreichend
deutlich seine Bereitschaft und Fähigkeit erklärt habe, Patienten des Klägers zu übernehmen. Insoweit kam es auf die Frage,
welche Erklärungen in diesem Zusammenhang Dr. A., der ebenfalls in H praktiziert, abgegeben hat, nicht mehr an. Entscheidend
ist aber, dass der Kläger den Antrag auf Vernehmung von Dr. A. zwar in seiner Berufungsbegründung vom 18.1.2014 angekündigt,
in der mündlichen Verhandlung am 23.7.2014 vor dem LSG aber nicht mehr aufrecht erhalten hat. Ausweislich der Niederschrift
der Sitzung vom 23.7.2014 hat der durch seinen jetzigen Bevollmächtigten vertretene Kläger lediglich den Sachantrag aus dem
Berufungsschriftsatz vom 18.1.2014 gestellt. Das Protokoll vermerkt nach der Antragstellung ausdrücklich: "Weitere Anträge
werden nicht gestellt". Daraus ergibt sich, dass der Kläger den Antrag auf Vernehmung von Dr. A. in der mündlichen Verhandlung
nicht mehr aufrecht erhalten hat. Deshalb bestand für das LSG kein Anlass, sich mit diesem Antrag im Urteil näher zu befassen.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass ein anwaltlich vertretener Kläger, der einen ursprünglich schriftsätzlich angekündigten Beweisantrag, dem das Berufungsgericht
bis zu Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen ist, in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich (erneut)
stellt, auf die Bescheidung dieses Antrags im Ergebnis verzichtet (vgl die Nachweise bei Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160 RdNr 18c). Einem anwaltlich vertretenen Kläger muss in der entsprechenden Prozesssituation klar sein, dass das Gericht, das
etwa einen von ihm benannten Zeugen nicht geladen hat, dem Beweisantrag nicht folgen will. Dann ist es Sache des Klägers,
durch die Wiederholung der Antragstellung zu verdeutlichen, dass es ihm auf die Durchführung der entsprechenden Beweisaufnahme
bzw zumindest auf eine ausdrückliche Auseinandersetzung des Gerichts mit diesem Antrag ankommt. Eine entsprechende Antragstellung
des Klägers ist hier nicht erfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO; der Kläger hat die Kosten des von ihm ohne Erfolg geführten Rechtsmittels zu tragen.
Die Entscheidung zum Streitwert für das Beschwerdeverfahren folgt derjenigen des Berufungsgerichts, die von keinem der Beteiligten
in Frage gestellt worden ist.