Aufwerfen einer grundsätzlich bedeutenden Rechtsfrage
Berücksichtigung des anwendbaren Rechts und der höchstrichterlichen Rechtsprechung
Entscheidungserheblichkeit und Breitenwirkung
Gründe:
I
Die Klägerin, Trägerin einer durch Versorgungsvertrag nach §
72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (
SGB XI) zugelassenen Pflegeeinrichtung, begehrt vom Beklagten weitere Leistungen der Sozialhilfe für den am 8.5.2010 verstorbenen
I, der in der Zeit vom 16.1. bis zum 11.3.2010 in der Pflegeeinrichtung aufgrund eines Unterbringungsbeschlusses untergebracht
war.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin als Rechtsnachfolgerin nach § 19 Abs 6 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) Sozialhilfeleistungen, soweit sie nicht durch Leistungen der sozialen Pflegeversicherung und die Eigenbeteiligungen gedeckt
seien (Bescheide vom 27.5.2010 und vom 17.6.2011; Widerspruchsbescheid vom 18.7.2011). Klage und Berufung gerichtet auf weitere
Leistungen (insgesamt 1237,42 Euro für die Zeit vom 16.1. bis 11.3.2010) blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts München
vom 28.1.2014; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts [LSG] vom 24.9.2014).
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
geltend; es stellten sich die Rechtsfragen,
ob § 19 Abs 3 SGB XII Rechtsgrundlage für den Anspruch eines Sozialhilfeberechtigten auf Übernahme der Entgeltkomponenten Unterkunft/Verpflegung
einer versorgungsvertraglich nach §
72 SGB XI zugelassenen stationären Einrichtung
und
ob § 19 Abs 3 SGB XII Rechtsgrundlage für den Anspruch eines Sozialhilfeberechtigten auf Übernahme der Entgeltkomponente Investitionskosten einer
nicht geförderten versorgungsvertraglich nach §
72 SGB XI zugelassenen stationären Einrichtung sei.
Beide Fragen seien entscheidungserheblich. Hätte das LSG für eine der beiden Entgeltkomponenten § 19 Abs 3 SGB XII als einschlägige Rechtsgrundlage angesehen, hätte es entschieden, dass die Einkommensgrenzen nach §§ 85 ff SGB XII zum Tragen kämen und damit eine günstigere Entscheidung wegen einer zumindest niedrigeren Eigenbeteiligung getroffen. Die
Fragen seien auch klärungsbedürftig; denn aus dem Gesetz ergebe sich nicht, dass die Entgeltbestandteile für Unterkunft/Verpflegung
und Investitionskosten sozialhilferechtlich nicht der Hilfe zur (stationären) Pflege unterfielen. Die Rechtsfragen seien durch
die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht geklärt, würden in der Literatur unterschiedlich beantwortet und hätten über den Einzelfall hinaus grundsätzliche
Bedeutung.
Hilfsweise, wenn man § 19 Abs 1 SGB XII als einschlägig ansehe, stellten sich die weiteren Rechtsfragen,
ob § 92a Abs 1 SGB XII tatbestandlich das Bestehen einer "Einstandsgemeinschaft" voraussetze und
ob § 92a Abs 1 SGB XII tatbestandlich die Heranziehungsberechtigung des Sozialhilfeträgers (Berechtigung des Sozialhilfeträgers, die Sozialhilfe
brutto zu erbringen) voraussetze.
Auch diese Fragen seien entscheidungserheblich. Das LSG habe erstmals rechtsfortbildend in § 92a SGB XII weitere Tatbestandsvoraussetzungen hineingelesen; bei Verneinung beider Fragen hätte es die Eigenbeteiligung an § 92a Abs 1 SGB XII gemessen und seine Entscheidung wäre anders ausgefallen. Es bestehe auch Klärungsbedürftigkeit, weil sich die Beantwortung
der Fragen weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Rechtsprechung ergäbe.
II
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der von der Klägerin allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
(§
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise dargelegt ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach
§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher
anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums
- angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfrage aus
Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine
Klärung erwarten lässt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer deshalb eine konkrete
Frage formulieren, deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit und (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit)
sowie deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (Breitenwirkung) darlegen.
Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es kann dahinstehen, ob alle Fragen verständlich
formuliert sind. Es fehlt jedenfalls an einer ausreichenden Darlegung zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage
im Einzelfall. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31): Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsbedürftigkeit
- konkret-individuell sachlich entscheiden können (BSG SozR 1500 § 160 Nr 39; SozR 1500 § 160a Nr 31). Dies erfordert es, dass der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg
der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich
bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (dazu BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 31).
Daran fehlt es hier. Die Klägerin hätte wegen der gestellten Rechtsfragen den Sachverhalt so schildern müssen, dass der Senat
in die Lage versetzt wird zu prüfen, inwieweit sich im konkreten Fall weitere Ansprüche ergeben könnten. Aus dem Vortrag erschließt
sich für den Senat aber nicht, inwieweit die Beantwortung der Rechtsfrage im Sinne der Klägerin auch zu einem höheren Anspruch
im Einzelfall führt. Hierzu genügt es nicht, auf einzelne Rechtsfragen hinzuweisen, die sich bei Berechnung der Leistungen
stellen mögen; es hätte der zur Entscheidung stehende Sachverhalt vielmehr so dargestellt werden müssen, dass es dem Senat
möglich wäre, die Ansprüche der Klägerin im Einzelnen dem Grunde und der Höhe nach nachzuvollziehen. Vorliegend ist jedoch
der zur Entscheidung stehende Sachverhalt nicht im Zusammenhang, sondern nur bruchstückhaft wiedergegeben und erschließt sich
auch aus der (ihrerseits nur schwer verständlichen) inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Entscheidung des LSG nicht. Es
fehlen schon Darlegungen dazu, welche Ansprüche im Einzelnen dem Grunde nach überhaupt im Streit stehen. Soweit ferner - wie
dies vorliegend offenbar der Fall ist - die fehlerhafte Berücksichtigung von Einkommen gerügt wird, ist überdies die Darstellung
der in Rede stehenden Einkommensverhältnisse unerlässlich. Es ist aber nicht Aufgabe des Senats, Streitgegenstand und Sachverhalt
selbst den Akten zu entnehmen und die Klärungsfähigkeit ohne genaueren Vortrag zu prüfen. Darauf, ob die Fragen wirklich in
der höchstrichterlichen Rechtsprechung ungeklärt sind und die (weitere) Klärungsbedürftigkeit ausreichend dargelegt ist, kommt
es damit nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.