Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Verwaltungsaktseigenschaft der Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrages; Keine Antragstellung
durch das Jobcenter vor Ablauf der gesetzten Frist
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens eine Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrages sowie
die Rücknahme eines vom Antragsgegner (Ag) gestellten Rentenantrages.
Der 1951 geborene Antragsteller (ASt) hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 und bezog seit 01.01.2005 (ab 01.11.2008
vom Antragsgegner - Ag) mit Unterbrechung vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 wegen einer selbständigen Tätigkeit als Versicherungsvertreter
(01.01.2011 bis 14.06.2011) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt wurde ihm Alg II für die Zeit bis 31.05.2015 iHv 745,13 EUR bewilligt (Änderungsbescheid vom 23.12.2014). Eine
vom ASt bezogene Rente nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) wurde bei der Leistungsgewährung nicht in Anrechnung gebracht. Im Antrag vom 07.06.2011 hatte er angegeben, über keine Vermögenswerte
zu verfügen. In den Folgeanträgen erklärte er hierzu jeweils, es seien keine Änderungen in den Vermögensverhältnissen eingetreten.
Mit Bescheid vom 05.05.2015 lehnte der Ag die Bewilligung von Alg II für die Zeit ab 01.06.2015 ab und verwies auf die Möglichkeit
des ASt, eine Altersrente und ggf. aufstockende Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Anspruch nehmen zu können.
Im Hinblick auf eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) vom 21.03.2013, wonach der ASt ab 01.08.2014
eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Abschläge iHv 599,59 EUR in Anspruch nehmen könne, forderte der Ag den
ASt mit Schreiben vom 02.12.2014 auf, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens einen entsprechenden Rentenantrag
zu stellen. Eine Abwägung seiner Interessen mit dem Interesse an der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Leistungen
nach dem SGB II sei die Beantragung dieser vorrangigen Leistung zur Beseitigung bzw. Verringerung der Hilfebedürftigkeit zumutbar. Gleichzeitig
wandte sich der Ag mit einem weiteren Schreiben vom 02.12.2014 an die DRV und stellte dort vorsorglich für den Fall, dass
der ASt noch keinen Rentenantrag gestellt habe, einen entsprechenden Antrag. Mit Schreiben vom 07.01.2015 teilte der Ag der
DRV weiter mit, er verfolge die vorsorgliche Antragstellung weiter und bitte um Verbescheidung und Zusendung des Rentenbescheides.
Mit seinem Widerspruch gegen die Aufforderung zur Rentenantragstellung trug der ASt vor, diese sei ihm nicht zumutbar. Es
sei nach wie vor bemüht, Arbeit zu finden, und habe mit dem Ag eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen. Bei Beantragung
einer Rente würde er keine Arbeitsförderdung mehr bekommen. Auch würde die Rente den Unterhaltsbedarf nicht decken. Im Rahmen
der dann notwendigen Leistungen nach dem SGB XII verbleibe im Hinblick auf das Vermögen nur ein geringerer Freibetrag als im Rahmen des SGB II. Weil im Rahmen des Alg II nur Schuldzinsen als Bedarf bezüglich seines Hauses anerkannt wurden, habe er dieses verkaufen
müssen und nicht mehr die Möglichkeit, durch das Wohnen im eigenen Haus im Alter finanziell unabhängig zu sein. Es müsse ihm
wenigstens die Möglichkeit zur Verfügung stehen, dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen und für das Alter noch vorsorgen
zu können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2015 wies der Ag den Widerspruch zurück. Der ASt habe zur Rentenantragstellung aufgefordert
werden können. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Durch die Inanspruchnahme der ungeminderten Rente bestünde
auch bei der vorzeitigen Inanspruchnahme kein Nachteil. Gründe iSd Unbilligkeitsverordnung (UnbilligkeitsV) lägen nicht vor.
Eine Erwerbstätigkeit stehe nicht unmittelbar bevor. Die Aufzählung der Gründe in der Unbilligkeitsverordnung sei abschließend;
gleichwohl seien auch keinerlei weitere Gründe erkennbar, die zu einer anderen Wertung führen würden. Der ASt habe während
des seit 01.01.2005 andauernden Bezuges keinerlei Einkünfte erzielt. Allein die vage Hoffnung, doch noch eine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung aufnehmen zu können, stelle keinen Grund dafür dar, die Verpflichtung zur Rentenantragstellung entfallen zu
lassen. Die Arbeitsförderungsmöglichkeiten seien Ermessensleistungen, bezüglich derer nur vage Erwartungen des ASt bestünden.
Er verfüge auch über kein Vermögen im nennenswerten Umfang, so dass ihm aus den niedrigeren Freibeträgen des SGB XII kein erkennbarer Nachteil drohe.
Über die dagegen beim Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobene Klage (Az: S 17 AS 109/15) ist nach Aktenlage bislang nicht entschieden.
Der ASt hat beim SG beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Aufforderung zur vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente anzuordnen,
den Ag zur Rücknahme seines Antrages zu verpflichten und ihm Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen. Die Aufforderung zur
Rentenantragstellung beruhe auf einer fehlerhaften Ermessensausübung. Die UnbilligkeitsV sei nicht abschließend. Er sei nach
wie vor bestrebt, eine Beschäftigung zu finden, halte die Vorgaben der Eingliederungsvereinbarungen ein und unternehme zusätzlich
Eigenbewerbungen. Eine konkrete Arbeitsmöglichkeit sei derzeit aber nicht in Aussicht. Bei einer Verrentung entfiele jegliche
Arbeitsförderung und ihm würde die Möglichkeit genommen, bei einem weiterem Alg II-Bezug aus seiner anrechnungsfreien Versorgungsrente
Vermögen anzusparen, das den Freibetrag nach dem SGB XII überschreite. Mit Beschluss vom 11.03.2015 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Ziffern I., II. und IV. des Beschlusses) und den Antrag auf Bewilligung von PKH
(Ziffer III. des Beschlusses) abgelehnt. Die Ermessensentscheidung des Ag sei nicht zu beanstanden. Es handele sich dabei
um ein intendiertes Ermessen und ein atypischer Fall liege hier nicht vor. So fehle es an einem Grund iSd UnbilligkeitsV,
die auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 3 UnbilligkeitsV nicht anwendbar sei, da der ASt nicht erst in nächster
Zukunft, sondern bereits zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Rentenantragstellung die Altersrente für schwerbehinderte Menschen
abschlagsfrei in Anspruch nehmen könne. Die weiteren in der UnbilligkeitsV aufgeführten Gründe lägen ebenso nicht vor, da
der ASt kein Arbeitslosengeld beziehe, nicht erwerbstätig sei und eine Erwerbstätigkeit nicht unmittelbar bevorstehe. Der
ASt könne eine ungekürzte Altersrente in Anspruch nehmen. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass er, selbst unter
Zuhilfenahme von Maßnahmen der Arbeitsförderung, konkrete Aussichten auf ein wie auch immer geartetes Beschäftigungsverhältnis
habe. Ein Ansparen von Vermögen sei nicht nachvollziehbar, da trotz des schon seit 2000 laufenden Grundrentenbezuges der ASt
im Jahr 2011 über keinerlei Vermögen verfügt habe und nicht erkennbar sei, dass sich hieran seitdem etwas geändert habe. Eine
Änderung in den nächsten zwei Jahren sei nicht ersichtlich.
Dagegen hat der ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt und die Bewilligung von PKH für das erstinstanzliche
und das Beschwerdeverfahren beantragt. Die UnbilligkeitsV sei nicht abschließend. Durch den Ausschluss von der Möglichkeit
einer Beschäftigungsaufnahme und der Gewährung von Arbeitsförderungsmaßnahme werde er in seinen Grundrechten aus Art.
12 und
14 Grundgesetz (
GG) verletzt. Zudem führten die niedrigeren Vermögensfreibeiträge und deutlich niedrigeren Selbstbehalte bei Ausübung einer
Nebentätigkeit im SGB XII zu einer Benachteiligung. Nach wie vor bemühe er sich um eine Beschäftigung und eine Förderung im Rahmen der "Perspektive
50plus". Dies sei nicht berücksichtigt worden. Beim Bundessozialgericht (BSG) seien Verfahren zur Anwendung der UnbilligkeitsV und zu den Anforderungen an Ermessensentscheidungen bei der Aufforderung
zur Rentenantragstellung anhängig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig (§§
172 Abs
1,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG), aber nur in Bezug auf die Verpflichtung des Ag zur Rücknahme seines für den ASt gestellten Antrages vom 02.12.2014 bei
der DRV und die Ablehnung der Bewilligung von PKH für das erstinstanzliche Verfahren begründet.
Zu Recht hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des ASt gegen den Bescheid des Ag vom 02.12.2014 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2015 abgelehnt.
Der Widerspruch hat zunächst keine aufschiebende Wirkung nach §
86a Abs
1 Satz 1
SGG. Diese tritt nicht ein, wenn ein Verwaltungsakt angefochten wird, mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert
wird (§
86a Abs
2 Nr
4 SGG i.V.m. § 39 Nr 3 SGB II). Bei der Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrages durch den Ag im Bescheid vom 02.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 15.01.2015 handelt es sich um einen Verwaltungsakt (vgl BSG, Beschluss vom 16.12.2011 - B 14 AS 138/11 B - mwN - [...]; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2013 - L 28 AS 2330/13 B ER - [...]; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl, § 12a Rn 9). Ob mit der Altersrente für schwerbehinderte Menschen tatsächlich eine vorrangige Leistung vorliegt, ist dabei eine
Frage der Begründetheit (Eicher/Greise in Eicher, SGB II, 3. Aufl, § 39 Rn 25). In den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, kann das Gericht der
Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, §
86b Abs
1 Nr
2 SGG. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage ist nur möglich, wenn das besondere Interesse des ASt an der Anordnung
der aufschiebenden Wirkung das vom Gesetz vorausgesetzte Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes
überwiegt, wobei bei der Prüfung der Interessen zuerst auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen ist.
Unter Berücksichtigung des § 39 Nr 3 SGB II ist von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Suspensiveffektes auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung
zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt
Belasteten feststellbar ist (vgl Beschluss des Senats vom 18.11.2008 - L 11 B 948/08 AS ER). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (Keller
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl, §
86b Rn 12c). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt,
wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht
erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht
in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens
und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 39 Nr 3 SGB II mitberücksichtigt werden (vgl zum Ganzen: Keller aaO Rn 12f; Beschluss des Senats aaO).
Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die Aufforderung des Ag im Bescheid vom 02.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 15.01.2015, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens einen entsprechenden Rentenantrag zu stellen, rechtswidrig
wäre und den ASt in seinen Rechten verletzen würde. Der Verwaltungsakt ist auch im Hinblick auf den Ablauf der Zweiwochenfrist
noch nicht erledigt, denn der ASt hat zwar den Rentenantrag nicht innerhalb der Frist gestellt, in der Aufforderung zur Rentenantragstellung
liegt aber zugleich die Feststellung, dass der Leistungsberechtigte zur Stellung des Rentenantrages verpflichtet und ihm die
Inanspruchnahme der Rente zumutbar ist (vgl LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.05.201 - L 15 AS 85/15 B ER - [...] - mwN).
Die vor Erlass der Aufforderungsbescheides fehlende Anhörung (§ 24 Abs 1 SGB X) führt nicht zu dessen Rechtswidrigkeit. Zwar bedarf es vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes einer Anhörung,
was gerade für eine zu treffende Ermessensentscheidung die maßgeblichen Interessen des Betroffenen hervorbringen kann. Der
formale Fehler der fehlenden Anhörung ist aber jedenfalls nach § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X durch Nachholung im Widerspruchsverfahren geheilt. Die Anhörung hat zu den von der Verwaltung für ihre Entscheidung als tragend
angesehenen Tatsachen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens, dh bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides, stattzufinden
(vgl BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 9/11 R - [...]; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.11.2014 - L 10 AS 2254/14 B ER - [...]; Siefert in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl, Rn 4 und 7 mwN zu § 24 [...] RdNr 14). Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens konnte der ASt die entsprechenden Gesichtspunkte vortragen, was dieser
auch genutzt hat. Einer weiteren Anhörung vor Erlass des Widerspruchsbescheides bedurfte es nicht, da dem Widerspruchsbescheid
vom 15.01.2015 kein neuer Sachverhalt zu Grunde gelegt wurde (vgl LSG Berlin-Brandenburg, aaO, mwN).
Rechtsgrundlage für die Aufforderung ist § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II i.V.m. § 12a SGB II (jeweils idF der Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.05.2011 - BGBl I 850). Leistungsträger nach dem SGB II können einen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen, wenn der
Leistungsberechtigte einen solchen Antrag trotz Aufforderung nicht selbst stellt (§ 5 Abs 3 Satz 1 SGB II). Nach § 12a Satz 1 SGB II - dieser ergänzt den bereits in den § 3 Abs 3, § 5, § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 7 Abs 4, 5, 6, § 9 und §§ 11 ff SGB II enthaltenen Nachranggrundsatz der Leistungen nach dem SGB II (vgl S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl, § 12a Rn 1) - sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen
Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich
ist. Da der ASt das 63. Lebensjahr beendet hat, entfällt die Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme auch nicht nach
§ 12a Satz 2 Nr 1 SGB II.
Der ASt hat ab 01.08.2014 einen Anspruch auf eine Rente wegen Alters ohne Abschläge. Nach der Rentenauskunft der DRV vom 21.03.2013
erfüllt der ASt ab diesen Zeitpunkt die Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach
§
37 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI). Er kann diese Rente auch ohne Abschläge in Anspruch nehmen, da er am 11.07.1951 - damit vor dem 01.01.1952 geboren ist
- und das 63. Lebensjahr vollendet hat (§
236a Abs
2 1.HS
SGB VI). Durch den Bezug einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen kann der ASt seine Hilfebedürftigkeit jedenfalls vermindern
und hätte nach § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II als Bezieher einer Rente wegen Alters keinen Anspruch mehr auf Alg II.
Es kann vorliegend dahinstehen, ob eine Unbilligkeit der Inanspruchnahme der Rente nach § 13 Abs 2 SGB II i.V.m. §1 UnbilligkeitsV bereits zur Verneinung des Tatbestandes von § 12a Satz 1 SGB II führt (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.10.2014 - L 7 AS 886/14 - [...]; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.05.2015 - L 15 AS 85/15 B ER - [...]; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.05.2013 - L 19 AS 291/13 B ER - FEVS 65, 235) oder ermessensleitende Funktion hat (S. Knickrehm/Hahn, aaO, Rn 4 aE), und ob sie vorliegend im Hinblick
darauf, dass es bei der vom ASt zu beanspruchenden Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach §
236a Abs
2 1.HS
SGB VI nicht um eine vorzeitig in Anspruch genommene Rente handelt, überhaupt anwendbar ist. Es liegt jedenfalls kein Fall einer
Unbilligkeit iSv § 1 UnbilligkeitsV vor. Durch den Rentenbezug würde der ASt keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld verlieren
(§ 2 UnbilligkeitsV). Da die in Betracht kommende Altersrente für schwerbehinderte Menschen bereits ohne Abschläge bezogen
werden kann, liegt auch kein Fall vor, bei der ein Verweis auf die Rente unbillig wäre, weil erst in nächster Zukunft die
Altersrente abschlagfrei in Anspruch genommen werden könnte (§ 3 UnbilligkeitsV). Der ASt ist auch weder aktuell erwerbstätig
(§ 4 UnbilligkeitsV), noch ist von ihm durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages oder anderer verbindlicher, schriftlicher
Zusagen glaubhaft gemacht worden, dass er in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit aufnehmen könne (§ 5 UnbilligkeitsV).
Zudem ist die vom Ag getroffene Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden. Die Aufforderung zur Rentenantragstellung steht
im pflichtgemäßen Ermessen des Ag. Aus dem Wortlaut des § 5 Abs 3 SGB II ergibt sich die Pflicht zur Ausübung eines Ermessens im Hinblick auf die Antragstellung durch den Beklagten selbst. Eine
Ermessensentscheidung hat aber auch bereits für die zeitlich vorgelagerte Aufforderung nach § 12a SGB II zu erfolgen (vgl Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.05.2014 - L 7 AS 545/14 B ER und L 7 AS 546/14 B - [...]; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2013 - L 28 AS 2330/13 B ER - [...]; S. Knickrehm/ Hahn aaO § 5 Rn 31, 35 und § 12a Rn 10; Armborst in LPK-SGB II, 5. Aufl, § 5 Rn 49; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 01/2013, § 12a Rn 198). Andernfalls wäre der, der gemäß der Aufforderung seinen Rentenantrag stellt, schlechter gestellt, da in seinem Fall
die Ermessensentscheidung vor Vollziehung des Antrags nicht mehr erfolgen würde. Es ist somit notwendig, die Ermessensentscheidung
vorzuverlegen und bereits schon im Rahmen der Aufforderungsprüfung zu fällen (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.02.2010
- L 19 B 371/09 AS ER - [...]; LSG Hessen, Beschluss vom 24.05.2011 - L 7 AS 88/11 B ER - [...]; Hengelhaupt aaO).
Nach den allgemeinen Grundsätzen in §
39 Abs
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) und § 35 Abs 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist das Ermessen entsprechend dem Sinn und Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind
einzuhalten. Der Ag hat darzulegen, dass der Ermessensspielraum erkannt und genutzt wurde (anderenfalls: Ermessensnichtgebrauch),
dass sämtliche, aber auch ausschließlich die nach dem Zweck des § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II i.V.m. § 12a Satz 1 SGB II relevanten Gesichtspunkte ermittelt und berücksichtigt wurden (anderenfalls: Ermessensunter- oder -überschreitung) und welche
Abwägung stattgefunden hat (anderenfalls: Ermessensmissbrauch). Sind diese Kriterien nicht erfüllt, so ist die Ermessensentscheidung
rechtswidrig (so insgesamt: Hengelhaupt aaO Rn 199).
Dahinstehen kann vorliegend, ob bei der im Rahmen von § 12a Satz 1 SGB II zu treffenden Ermessensentscheidung ein intendiertes Ermessen angenommen werden kann (so zB LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss
vom 28.05.201 - L 15 AS 85/15 B ER - [...]; Thüringer LSG, Beschluss vom 08.04.2015 - L 4 AS 263/15 B ER - [...]; Sächsisches LSG, Beschluss vom 19.02.2015 - L 8 AS 1232/14 ER - [...]; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.11.2014 - L 10 AS 2254/14 B ER - [...]; zum intendierten Ermessen allgemein: BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 R 14/11 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 15 - mwN; Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 24/11 R - beide zitiert nach [...]), da der Ag jedenfalls
sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat.
Er hat die relevanten Interessen ermittelt, berücksichtigt und abgewogen. Zunächst wurde der Umstand dargetan, der ASt könne
eine Rente wegen Alters abschlagsfrei in Anspruch nehmen. Zutreffend wurde weiter darauf abgestellt, dass eine Erwerbstätigkeit
des ASt nicht unmittelbar bevorsteht und prognostisch auch nicht in naher Zukunft zu erwarten ist. Dies ist nachvollziehbar,
da der ASt in den letzten Jahren - mit Ausnahme einer kürzeren selbständigen Tätigkeit - nicht erwerbstätig gewesen ist. Entsprechend
der Wertung in der UnbilligkeitsV müsste aber die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, die sich ggf.
noch rentenerhöhend auswirken könnte, nachzuweisen oder aber zumindest konkret naheliegend sein. Dies vermag der Senat nicht
zu erkennen. Wahrscheinlicher ist vielmehr, dass der ASt bis zum Erreichen des regulären Rentenalters keine entsprechende
Arbeit mehr aufnehmen wird. Es ist auch nicht ersichtlich, dass hieran die Vermittlungsbemühungen des Ag im Hinblick auf die
abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung oder eine mögliche Maßnahme etwas ändern kann. Eine bloß abstrakte, nicht völlig
ausgeschlossene Möglichkeit, nochmals eine Arbeitsstelle zu finden, ist nicht ausreichend. Damit ist aber zugleich der Gesichtspunkt
unterschiedlicher Einkommensfreibeträge zwischen dem SGB II und dem SGB XII - sofern solche Leistungen neben einem etwaigen Anspruch auf Wohngeld in Betracht kommen - unerheblich. Auch übt der ASt
weder eine Nebentätigkeit aus, noch steht die Aufnahme einer solchen konkret bevor (zu einer etwaigen Relevanz dieses Umstandes
für eine Ermessensausübung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.01.2015 - L 19 AS 1969/14 B ER - [...]). Der Ag hat sich schließlich mit den unterschiedlichen Vermögensfreibeträgen in SGB II und SGB XII auseinandergesetzt (zu einer etwaigen Relevanz eines im SGB XII aufzubrauchenden und nach dem SGB II geschützten Vermögens: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.05.2015 - L 15 AS 85/15 B ER - [...]; Sächsisches LSG, Beschluss vom 19.02.2015 - L 8 AS 1232/14 B ER - [...]). Hier fehlt es ebenfalls schon an konkreten Nachweisen, der ASt könnte über entsprechende Vermögenswerte verfügen,
die er bei einem etwaigen Bezug von Leistungen nach dem SGB XII zunächst einsetzen müsste. Vielmehr wurden solche in den Leistungsanträgen beim Ag nicht angegeben und sind nicht nachgewiesen.
Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 12a Satz 1 SGB XII ergibt, der es ausreichen lässt, wenn eine andere Sozialleistung zumindest die Hilfebedürftigkeit verringert, ist der ggf.
mögliche Bezug von Leistungen nach dem SGB XII neben der zu beantragenden Rente kein relevanter Gesichtspunkt (vgl dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.12.2014 -
L 7 AS 1775/14 - [...]; Urteil vom 23.10.2014 - L 7 AS 886/14 - [...]; Beschluss vom 26.01.2015 - L 19 AS 1969/14 B ER - [...]; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.05.2015 - L 15 AS 85/15 B ER - [...]), insbesondere nicht, wenn die Rente ohne Abschläge bezogen werden kann und eine mögliche Erhöhung der Rentenanwartschaften
konkret nicht erkennbar bzw. unwahrscheinlich ist.
Die Aufforderung zur Rentenantragstellung verstößt schließlich nicht gegen etwaige Grundrechte des ASt.
Für eine Verletzung von Art
12 Abs
1 GG fehlt es bereits an der Eröffnung des Schutzbereichs. Art.
12 Abs
1 GG gewährt dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als Beruf zu ergreifen und zur Grundlage
seiner Lebensführung zu machen. Die Vorschrift konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich
der individuellen Leistung und Existenzerhaltung und zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab (BVerfG,
Beschluss vom 20.03.2001 - 1 BvR 491/96 - BVerfGE 103, 172-195). Insofern wird der Kläger nicht an der Aufnahme einer Tätigkeit gehindert. Dies wäre ihm auch trotz Rentenbezugs möglich
(vgl dazu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.12.2014 - L 7 AS 1775/14 - [...]). Im Übrigen ist eine konkrete Tätigkeitsaufnahme nicht nachgewiesen und unwahrscheinlich.
Ebenso liegt keine Verletzung von Art
14 GG vor. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Eigentums liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn der Bestand an individuell geschützten
vermögenswerten Rechten aufgrund einer gesetzlichen oder auf einem Gesetz beruhenden Maßnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt
vermindert wird (BVerfG, Beschluss vom 08.11.2011 - 1 BvR 2007/11 - [...] - mit Verweis auf BVerfGE 87, 1). Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II als steuerfinanzierte Fürsorgeleistung unterliegen aber schon gar nicht dem Eigentumsschutz iSv Art
14 GG (BVerfG, Beschluss vom 08.11.2011 - 1 BvR 2007/11 - [...]). Selbst wenn man im Hinblick auf die mit der aufgeforderten Inanspruchnahme der Rente fehlende Möglichkeit, die
Rentenanwartschaften noch weiter zu erhöhen, abstellen wollte, ergibt sich nichts anderes. Nach Art
14 Abs
1 Satz 2
GG bestimmt der Gesetzgeber Inhalt oder Schranken des Eigentums. Er kann damit auch die gesetzlichen Regeln über den Erwerb
von und den Zugang zu Anwartschaftsrechten ändern, wenn die Inhalts- oder Schrankenbestimmung dem Gemeinwohl dient und dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (vgl BVerfG, Urteil vom 28.04.1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1-59). Verhältnismäßig sind Eingriffe, die zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sind, den Betroffenen
nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen zumutbar sind (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.12.2014 - L 7 AS 1775/14 - [...]). Dies ist vorliegend aber der Fall. So handelt es sich im Rahmen des SGB II um nachrangige, steuerfinanzierte Leistungen. Vor Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen sind insofern zunächst Eigenmittel
in Anspruch zu nehmen (vgl BSG, Urteil vom 11.12.2013 - B 4 AS 29/12 R - [...]; LSG Nordrhein-Westfalen aaO). Der Verweis ist - insbesondere unter Berücksichtigung der einschränkenden Verweisungsmöglichkeit
durch die UnbilligkeitsV und eine zu treffende Ermessensentscheidung - nicht unverhältnismäßig.
Im Übrigen wird durch die Aufforderung zur Rentenantragstellung auch weder gegen Art
3 GG noch gegen Art
2 Abs
1 GG verstoßen (vgl dazu im Einzelnen: LSG Nordrhein-Westfalen aaO).
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist jedoch im Hinblick auf eine Verpflichtung des Ag zur Rücknahme seines mit Schreiben
vom 02.12.2014 bei der DRV gestellten Rentenantrages begründet.
Ein solches Anliegen wäre vom ASt in der Hauptsache im Wege einer isolierten Leistungsklage gemäß §
54 Abs
5 SGG geltend zu machen, so dass vorliegend Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis §
86b Abs
2 Satz 2
SGG darstellt. Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa
dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen,
zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79,
69; vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes
- das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche
Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§
86b Abs
2 Satz 2 und
4 SGG i.V.m. §
920 Abs
2, §
294 Zivilprozessordnung -
ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer,
SGG 11. Aufl, §
86b Rn 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes
sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen
Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich
unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde
Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen.
In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden
(vgl BVerfG vom 12.05.2005 - aaO - und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend
geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend
geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO; weniger eindeutig BVerfG, Beschluss vom 04.08.2014 - 1 BvR 1453/12).
Die Rentenantragstellung mit Schreiben vom 02.12.2014 war rechtswidrig. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben. Der Ag hat vorliegend
zeitgleich mit der Aufforderung an den ASt, einen Rentenantrag zu stellen, selbst den entsprechenden Antrag bei der DRV gestellt.
Nach § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II kann der Leistungsträger nach dem SGB II einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers stellen, wenn Leistungsberechtigte trotz Aufforderung einen
solchen nicht stellen. Voraussetzung ist damit schon nach dem Wortlaut, dass der Leistungsberechtigte eine Antragstellung
trotz Aufforderung unterlassen hat (vgl auch Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2014, § 5 Rn 156 mwN). So hat der Ag den ASt im Aufforderungsbescheid vom 02.12.2014 aufgefordert, den Antrag binnen 14 Tagen zu stellen.
Ohne Abwarten dieser Frist ist aber eine eigene Antragstellung durch den Ag nicht zulässig.
Es liegt auch ein Anordnungsgrund vor. Es ist nicht auszuschließen, dass die DRV über den Rentenantrag des Ag vom 02.12.2014
entscheidet, bevor ein etwaiges Hauptsacheverfahren abgeschlossen wäre. Unter Berücksichtigung der Gewährung eines möglichst
effektiven Rechtsschutzes iSv Art
19 Abs
4 GG sieht es der Senat hier als zulässig an, ausnahmsweise die Hauptsache vorwegzunehmen. Andernfalls würde die Gefahr bestehen,
dass nicht mehr abänderbare Tatsachen geschaffen würden.
Die Entscheidung des SG war auch aufzuheben, als darin die Bewilligung von PKH für das erstinstanzliche Antragsverfahren abgelehnt worden ist. Da
die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen vorlagen und der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz aus oben genannten
Gründen zumindest teilweise eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte, war dem ASt PKH für das Antragsverfahren beim SG unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu bewilligen (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§
114,
119 Abs
1 Zivilprozessordnung -
ZPO).
Auch für das Beschwerdeverfahren liegen die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen vor und die Beschwerde hat zumindest
teilweise aus oben genannten Gründen hinreichende Aussicht auf Erfolg, weshalb dem ASt PKH für das Beschwerdeverfahren unter
Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu bewilligen ist (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§
114,
119 Abs
1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).