LSG Bayern, Urteil vom 24.05.2017 - 12 KA 157/15
Auskunftsanspruch im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der Gesetzlichen Krankenversicherung
Grundsatz von Treu und Glauben
Auskunftspflicht
Akzessorietät
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beurteilt sich die Frage, ob eine Streitigkeit eine Angelegenheit
des Vertrags(zahn)arztrechts i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG oder eine Angelegenheit der Vertrags(zahn)ärzte i.S. des Satzes 2 dieser Vorschrift darstellt, danach, ob nach den maßgebenden
rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle, die über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden hat, mit Vertretern
von Krankenkassen und Vertrags(zahn)ärzten oder nur mit Vertrags(zahn)ärzten besetzt ist.
2. Eine Auskunftspflicht kann als Nebenanspruch zu jedem Rechtsverhältnis bestehen. Grundlage dieses - mittlerweile zum Gewohnheitsrecht
verfestigten - Anspruchs ist der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); dieser Grundsatz findet auch im öffentlichen Recht Anwendung.
3. Eine derartige Auskunftspflicht besteht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen,
dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete
die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann.
4. Ein Auskunftsanspruch als Nebenpflicht eines Anspruchs kommt nicht in Betracht, wenn feststeht, dass der vom Auskunftsbegehrenden
zugrunde gelegte Leistungsanspruch nicht besteht; der Nebenanspruch ist mithin vom Bestehen des Hauptanspruchs abhängig.
5. Aus dieser Akzessorietät folgt zudem, dass ein Auskunftsanspruch auch inhaltlich durch den Hauptanspruch begrenzt ist:
Er kann nur auf Daten gerichtet sein, die für das Bestehen und den Umfang des Hauptanspruchs relevant sind.
Vorinstanzen: SG München 10.07.2015 S 28 KA 296/14
Tenor I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. Juli 2015, S 28 KA 296/14, wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
II.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Im Streit steht ein Auskunfts- und ggf. Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte im Zusammenhang mit dem im Gesetz
zur Stärkung der Solidarität in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz - GKV-SolG - vom 19.12.1998,
BGBl I 3853) geregelten Ausgleichsverfahren zwischen den KÄVen des früheren Bundesgebiets ("West-KÄVen") und den KÄVen des
Beitrittsgebiets ("Ost-KÄVen"). Die Klägerin begehrt nach Umstellung ihres ursprünglichen Klageantrags Auskunft, ob - und
falls ja, in welcher Höhe - im Bereich der Beklagten hinsichtlich der vereinbarten und gezahlten Gesamtvergütungen in den
Quartalen 1 bis 4/1999 eine über 1,34 % hinausgehende Veränderungsrate erreicht wurde, begrenzt durch die gem. Art. 18 GKV-SolG
festgestellte Veränderungsrate in Höhe von 1,66 %.
Hierzu führte das BSG in seinem Urteil vom 28.08.2013, Az. B 6 KA 41/12 R, [...] Rn. 2 aus:
"Mit dem GKV-SolG verfolgte der Gesetzgeber ua das Ziel, die Finanzierungsgrundlagen in der gesetzlichen Krankenversicherung
dauerhaft zu stabilisieren und einen weiteren Anstieg der Krankenversicherungsbeiträge zu stoppen (FraktE GKV-SolG, BT-Drucks
14/24, S 1). Hierzu wurden u.a. nach Art 14 Abs. 1 GKV-SolG die nach § 85 Abs. 3 SGB V zu vereinbarenden Veränderungen der Gesamtvergütungen der Vertragsärzte auf die nach Art 18 GKV-SolG durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) festzustellende Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen begrenzt. Ferner wurde
während des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. BT-Drucks 14/157 S. 23) ein Abs. 1a in Art. 14 GKV-SolG aufgenommen, welcher für
den Fall unterschiedlich hoher Veränderungsraten der beitragspflichtigen Einnahmen in den Bereichen der West- und der Ost-KÄVen
ein Ausgleichsverfahren vorsah, durch welches sichergestellt werden sollte, dass sich die Entwicklung der Gesamtvergütungen
im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet an der durchschnittlichen bundesweiten Steigerungsrate orientierte."
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) erließ gemäß Art. 14 Abs. 1a Satz 2 GKV-SolG Richtlinien, welche insbesondere
Regelungen zur Berechnung des Ausgleichsbetrages vorsahen (KÄBV-RL, in der zuletzt durch Vorstandsbeschluss vom 09.03.2000
geänderten 4. Fassung). Zudem erließ sie gegenüber allen West-KÄVen Bescheide über ihre jeweiligen Zahlungsverpflichtungen;
gegenüber den einzelnen Ost-KÄVen setzte sie in Bescheiden deren Zahlungsansprüche fest.
So erließ die KÄBV am 31.01.2001 gegenüber der Beklagten einen Bescheid zur "Ermittlung des Ausgleichsbetrages West-Ost Transfer
1999", mit dem der von der Beklagten zu zahlende Ausgleichsbetrag auf 39.545.105 DM festgesetzt wurde. Da bereits ein Betrag
iHv. 19.772.552 DM gezahlt worden sei, sei von der Beklagten nunmehr noch ein Ausgleichsbetrag iHv. 19.772.553 DM zu zahlen.
Den Widerspruch der Beklagten wies die KÄBV mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2001 zurück. Hiergegen erhob die Beklagte am
14.11.2001 Klage zum Sozialgericht Köln (Az. S 19 KA 101/01).
Auch die Klägerin und die übrigen Ost-KÄVen legten Widerspruch gegen die gegenüber ihnen am 31.01.2001 ergangenen Bescheide
der KÄBV ein, da sie die Auffassung vertraten, dass die Ausgleichsbeträge von sechs Kassenärztlichen Vereinigungen der alten
Bundesländer noch nicht abschließend geklärt seien. Gegen die ablehnenden Widerspruchsbescheide vom 15.11.2001 erhoben die
Klägerin und die übrigen Ost-KÄVen Klagen zum SG Köln (S 19 KA 105/01, S 19 KA 107/01, S 19 KA 108/01, S 19 KA 109/01, S 19 KA 110/01); die Klage der Klägerin ging am 18.12.2001 beim SG Köln ein.
Das SG Köln entschied - nach Verbindung aller o.g. Verfahren - mit Urteil vom 21.05.2003 (Az. S 19 KA 105/01), dass die Widerspruchsbescheide der KÄBV vom 15.11.2001 gegenüber den Ost-KÄVen (inkl. der Klägerin) sowie der Widerspruchsbescheid
vom 31.10.2001 gegenüber der Beklagten aufgehoben würden. Nach Auffassung des SG Köln waren die Widerspruchsbescheide nichtig,
da sie von einer sachlich unzuständigen Stelle erlassen wurden. Gegen das Urteil des SG Köln legte die KÄBV Berufung ein;
u.a. die Klägerin und die Beklagte erhoben zudem Anschlussberufungen (L 11 KA 114/03).
Am 07.01.2004 erließ die KÄBV unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 31.10.2001 einen neuen Widerspruchsbescheid und
wies den Widerspruch der Beklagten gegen den Bescheid vom 31.01.2001 zurück. Neue ablehnende Widerspruchsbescheide der KÄBV
ergingen am 07.01.2004 auch gegenüber der Klägerin und den übrigen Ost-KÄVen.
Nach einem Hinweis des LSG Nordrhein-Westfalen im Verfahren L 11 KA 114/03, dass die KÄBV mangels Ermächtigungsgrundlage nicht befugt sei, im Rahmen des West-Ost-Ausgleiches Bescheide gegenüber den
einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen zu erlassen, hob die KÄBV in der mündlichen Verhandlung am 08.03.2006 alle Ausgangsbescheide
vom 31.01.2001 und die nachfolgenden Widerspruchsbescheide vom 07.01.2004 auf. Auch nahm sie die Berufung zurück.
Im Jahr 2005 nahm die Klägerin zweimal Akteneinsicht bei der KÄBV in die u.a. von der Beklagten übermittelten Daten.
In der Folgezeit verständigten sich die Ost-KÄVen mit zahlreichen West-KÄVen über die Zahlung von Ausgleichsbeträgen i.H.
der verdoppelten Grundlohnsummen(GLS)-Differenz (0,64 %), bezogen auf die Gesamtvergütung des Jahres 1997. Im Rahmen dieser
Vergleichsabschlüsse partizipierte die Klägerin mit einer Anteilsquote von 13,66 % der Ausgleichsansprüche aller Ost-KÄVen.
Die Klägerin machte der Beklagten, die für das Jahr 1998 Ausgleichszahlungen iHv. insgesamt 10.109.545 EUR an alle Ost-KÄVen
geleistet hatte, einen Vergleichsvorschlag, den diese mit Schreiben vom 27.09.2006 ablehnte. Zur Begründung verwies die Beklagte
auf die ablehnende Haltung ihrer Rechtsaufsichtsbehörde. Die für das Jahr 1999 vereinbarten Veränderungsraten in Bayern lägen
unterhalb der festgestellten Veränderungsrate im gesamten Bundesgebiet. Eine Ausgleichspflicht bestünde daher nicht.
Am 18.10.2006 erhob die Klägerin gegen die KÄBV, die Beklagte sowie die KÄV Nordrhein Klage zum Sozialgericht Berlin. Dabei
machte sie gegen die KÄBV einen Anspruch auf Auskunftserteilung sowie gegen die KÄV Nordrhein und die Beklagte (als damalige
Beklagte zu 2. und 3.) einen - nach Erteilung der Auskünfte noch näher zu beziffernden - Zahlungsanspruch auf höhere Ausgleichszahlungen
geltend. Das SG Berlin hat mit Beschluss vom 15.10.2007 das Verfahren, soweit sich die Klage gegen die Beklagte richtete,
abgetrennt und an das Sozialgericht München verwiesen (S 28 KA 1095/07). Das Verfahren gegen die KÄV Nordrhein trennte das SG Berlin ebenfalls ab und verwies den Rechtsstreit an das SG Düsseldorf
(S 33 KA 226/07?). Die Beteiligten hatten in der Folgezeit mit Hinweis auf das zwischen der Klägerin und der KÄBV zwischenzeitlich anhängige
Berufungsverfahren vor dem LSG Berlin-Brandenburg ihr Einverständnis zur Anordnung des Ruhens des hier streitgegenständlichen
Verfahrens erklärt.
Das BSG hat mit Urteil vom 28.08.2013 (Az. B 6 KA 41/12 R) die Revision der Klägerin gegen das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg zurückgewiesen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung
sei nicht verpflichtet, im Rahmen des West-Ost-Ausgleichsverfahrens einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Auskunft darüber
zu geben, ob und in welchem Umfang West-KÄVen Zahlungen von den Krankenkassen erhalten hätten, die außerhalb der Gesamtvergütungen
oder über die nach Art 18 GKV-SolG bestimmte Veränderungsrate hinaus geleistet wurden. Diese Daten seien im Rahmen des Ausgleichsverfahrens
nicht zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin die Einbeziehung "extrabudgetärer" Zahlungen begehre, stehe ihrem Anspruch entgegen,
dass ausschließlich die gezahlten Gesamtvergütungen für den Ausgleich herangezogen würden. Der West-Ost-Ausgleich sei explizit
auf den Ausgleich von Unterschieden bei der Höhe der für die Erhöhung der Gesamtvergütungen maßgeblichen Veränderungsraten
beschränkt. Für den Ausgleich heranzuziehen seien demnach allein die von den Krankenkassen an die West-KÄVen gezahlten Gesamtvergütungen.
Die Beklagte sei aufgrund der ihr durch Art. 14 Abs. 1a Satz 2 GKV-SolG zugesprochenen Richtlinienkompetenz berechtigt, die
für das Ausgleichsverfahren erforderlichen Berechnungsschritte zu präzisieren und einen "Ausgangsbetrag" zu definieren. Die
Richtlinien hielten sich innerhalb des von der KÄBV im Rahmen des dieser als Richtliniengeber zustehenden Gestaltungsspielraums.
Das SG München nahm nach der Entscheidung des BSG vom 28.08.2013 den Rechtsstreit unter dem Az.: S 28 KA 296/14 wieder auf. Die Klägerin schränkte ihren Antrag aufgrund der Entscheidung des BSG ein und begehrte nun Auskunft darüber, ob - und falls ja, in welcher Höhe - im Bereich der Beklagten in den Quartalen 1 bis
4/1999 hinsichtlich der vereinbarten und gezahlten Gesamtvergütungen eine über 1,34 % hinaus gehende, bis zu gem. Art. 18
GKV-SolG festgestellte Veränderungsrate erreicht wurde. Zur Begründung führte sie an, für das streitgegenständliche Ausgleichsverfahren
seien die tatsächlich auf Grundlage der Gesamtvergütungsvereinbarungen geleisteten Zahlungen maßgeblich. Insoweit sei eine
ex-post-Betrachtung vorzunehmen. Auch das BSG stelle in seinem Urteil vom 28.08.2013 auf die "gezahlten" Gesamtvergütungen ab. In den Gesamtvergütungsvereinbarungen sei
nicht nur auf vereinbarte Steigerungsraten je Mitglied abgestellt worden. Es seien dort Passagen enthalten, wie z.B. Einzelleistungsvergütungen
bzw. die Stützung von Punktwerten, mit einer maximalen Erhöhung der Gesamtvergütung von 0,4 %, die vermuten ließen, dass eine
Gesamtvergütung gewährt bzw. erreicht worden sei, welche im Ergebnis der nach Art. 18 GKV-SolG festgestellten Steigerungsrate entsprechen könnte. Indiz dafür sei auch eine Statistik des BMG, welche hinsichtlich der Beklagten eine Steigerungsrate seit 1997 von 4,7 % ausweise. Der an die Auskunft anknüpfende Zahlungsantrag
könne der Höhe nach erst auf Grundlage dieser Auskunft ermittelt werden. Die Beklagte machte die Einrede der Verjährung geltend.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10. Juli 2015 abgewiesen. Etwaige Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aufgrund Art. 14
Abs. 1a GKV-SolG seien verjährt. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Verjährungsfrist der Ausgleichsansprüche gem.
Art. 14 Abs. 1a GKV-SolG existiere zwar nicht, es gelte aber ebenso wie für die Ansprüche der Kassenärztlichen Vereinigungen
auf Zahlung der Gesamtvergütung in entsprechender Anwendung der §§ 45 SGB I, 113 Abs. 1 SGB X die vierjährige Verjährungsfrist. Die Verjährung beginne in analoger Anwendung des § 45 SGB I mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Forderung entstanden sei, hier - ihr Bestehen unterstellt - mit Ablauf des
Jahres 1999 im Jahr 2000; im Jahre 2000 hätte demnach die Klägerin bereits einen Auskunfts- bzw. Zahlungsanspruch gegenüber
der Beklagten gerichtlich geltend machen können. Dass diese Forderung jedenfalls im Jahr 2000 entstanden sei, ergebe sich
auch aus Nr. 4.2 KÄBV-RL. Danach hätten die Kassenärztlichen Vereinigungen im früheren Bundesgebiet die sich nach Nr. 2 ergebenden
Ausgleichsbeträge nach Erhalt durch die Krankenkassen als Abschlags- bzw. Restzahlungen unverzüglich an die Kassenärztliche
Bundesvereinigung weiterzuleiten. Die Schlusszahlung für die Ausgleichsvergütung sei je Quartal spätestens bis zum Ende des
sechsten auf das Ausgleichsquartal folgenden Monats an die Kassenärztliche Bundesvereinigung zu entrichten. Gem. Nr. 4.3 Satz
1 KÄBV-RL leite die Kassenärztliche Bundesvereinigung die Beträge nach Nr. 4.2 unverzüglich an die Kassenärztlichen Vereinigungen
im Beitrittsgebiet weiter. Danach hätte die Verjährungsfrist am 01.01.2001 zu laufen begonnen und hätte am 31.12.2004 geendet.
Grundsätzlich fänden § 45 Abs. 2 SGB I - und damit die entsprechenden Vorschriften des BGB - zur Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung entsprechende Anwendung. Vorliegend habe die Bekanntgabe des Bescheids der
KÄBV vom 31.01.2001, mit dem diese den von der Beklagten zu zahlenden "Ausgleichsbetrag West-Ost-Transfer 1999" festgesetzt
hatte, gem. § 52 SGB X (in der Fassung vom 18.01.2001; im Folgenden: a.F.) die Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs unterbrochen.
Die Unterbrechung dauere fort, bis der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden sei oder das Verwaltungsverfahren, das zu seinem
Erlass geführt habe, anderweitig erledigt sei (§ 52 Abs. 1 Satz 2 SGB X a.F.). § 52 Abs. 1 Satz 3 SGB X a.F. normiere, dass die §§ 212 und 217 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend gelten würden.
Die Tatbestandsvoraussetzungen der Unterbrechung gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X a.F. seien alle erfüllt. Die KÄBV hätte den mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 31.01.2001 zur Feststellung
oder Durchsetzung der Ansprüche der Klägerin und der übrigen Ost-KÄVen gegenüber der Beklagten erlassen. Der Bescheid vom
31.01.2001 sei auch nicht nichtig, sondern habe Rechtswirkungen entfaltet. Zwar hätte für die KÄBV keine Ermächtigungsgrundlage
existiert, um einen Bescheid gegenüber der Beklagten und den anderen Kassenärztlichen Vereinigungen zu erlassen, aus der fehlenden
sachlichen Zuständigkeit der KÄBV resultiere jedoch mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 1, 2 SGB X nur die Rechtswidrigkeit, nicht aber die Nichtigkeit des Bescheids.
Somit sei die Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs infolge des Bescheids der (sachlich unzuständigen)
KÄBV vom 31.01.2001 ab dem Zeitpunkt seiner Bekanntgabe unterbrochen gewesen. Gem. § 120 Abs. 5 SGB X gelte Art. 229 § 6 Abs. 1 bis 4 EGBGB entsprechend bei der Anwendung u.a. des § 52 SGB X in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB seien die bisherigen Unterbrechungstatbestände in Hemmungstatbestände übergeleitet worden. Damit hätte die Unterbrechung
der Verjährung des streitgegenständlich behaupteten Anspruchs als mit dem Ablauf des 31.12.2001 als beendigt gegolten und
die Verjährung ab dem 01.01.2002 als gehemmt. Allerdings sehe Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 3 EGBGB vor, dass wenn nach Ablauf des 31.12.2001 ein Umstand eintrete, bei dessen Vorliegen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in
der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung eine vor dem 01.01.2002 eintretende Unterbrechung der Verjährung als nicht erfolgt
oder als erfolgt gilt, auch insoweit das Bürgerliche Gesetzbuch in der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung anzuwenden sei.
Dies bedeute, dass im alten Recht, insbesondere in § 212 BGB a.F. vorgesehene Fiktionen, eine Unterbrechung sei eingetreten oder sei nicht eingetreten, weiter anzuwenden seien.
§ 52 Abs. 1 Satz 3 SGB X a.F. normiere, dass u.a. § 212 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend gelte. Gem. § 212 Abs. 1 BGB (in der Fassung vom 01.01.1964; im Folgenden "a.F.") gelte die Unterbrechung durch Klageerhebung u.a. als nicht erfolgt,
wenn die Klage zurückgenommen wird. Infolge der entsprechenden Geltung des § 212 BGB a.F. gelte die Fiktion des § 212 Abs. 1 BGB a.F., die Unterbrechung sei nicht eingetreten, auch in den Fällen, in denen nicht die Klage, sondern der die Verjährung unterbrechende
Verwaltungsakt aufgehoben oder zurückgenommen werde (BSG, Urteil vom 20.10.1983, Az. 7 RAr 41/82, Rn. 31; Wehrhahn in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand 01.04.2005, § 52 SGB X Rn. 7 m.w.N.; vgl. auch Engelmann in: von Wulffen/ Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 52 Rn. 10). Damit habe die ursprünglich mit der gegenüber der Beklagten erfolgten Bekanntgabe des Bescheids der KÄBV vom 31.01.2001
eingetretene Unterbrechung aufgrund der Aufhebung dieses Bescheids (und des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2004) durch die
KÄBV in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG Nordrhein-Westfalen am 08.03.2006 als nicht erfolgt gegolten.
§ 212 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. sehe vor, dass die Verjährung als durch die Erhebung der ersten Klage unterbrochen gilt, wenn der Berechtigte binnen
sechs Monaten von neuem Klage erhebt. Auf diese Frist fänden die Vorschriften der §§ 203, 206, 207 entsprechende Anwendung (§ 212 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F.). Die Vorschrift des § 212 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F., die zu Gunsten des Berechtigten eine Unterbrechungsfiktion normiere, finde nach Auffassung der Kammer grundsätzlich
auf die vorliegende Konstellation Anwendung, auch wenn die Vorschrift eine Klageerhebung bzw. - in entsprechender Anwendung
- einen Verwaltungsakterlass "von neuem" vorsieht. Der vorliegende Fall sei gerade dadurch gekennzeichnet, dass nicht die
Klägerin, sondern die KÄBV den Bescheid erlassen habe, mit dem, letztlich zum Vorteile der Klägerin, der begonnene Verjährungslauf
ursprünglich unterbrochen worden sei. Es handele sich um eine Art "Dreipersonenverhältnis", das aber im Hinblick auf die Interessenlagen
dem Fall gleichzustellen sei, dass der Berechtigte - also die Klägerin - selbst die (erstmalige) Unterbrechung durch Klageerhebung
bzw. Verwaltungsakterlass bewirkt habe. Vorliegend habe die Klägerin jedoch erst am 18.10.2006, und damit nach Ablauf von
sechs Monaten nach der Aufhebung der Bescheide am 08.03.2006, Klage u.a. gegen die Beklagte zum Sozialgericht Berlin erhoben.
Die Voraussetzungen für die Fiktion gem. § 212 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F., dass die Verjährung als durch den Erlass des Bescheids vom 31.01.2001 als unterbrochen gelte, lägen demnach nicht vor.
Dem Umstand, dass die Klägerin der Beklagten noch am 12.09.2006 einen Vergleichsvorschlag gemacht habe, den die Beklagte mit
Schreiben vom 27.09.2006 abgelehnt habe, komme hinsichtlich der Frage der Verjährung(sunterbrechung) keine Bedeutung zu. Gesichtspunkte
von Treu und Glauben (§ 242 BGB) stünden der Verjährungseinrede ebenfalls nicht entgegen. Die Beklagte besitze, den klägerischen Anspruch unterstellt, damit
ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung zum Bayer. Landessozialgericht. Das BSG habe trotz umfassender Erörterung des entschiedenen Ausgangsverfahrens keine Verjährung des Anspruchs erblickt. Der Ansatz
des SG hinsichtlich einer entsprechenden Anwendung der §§ 45 SGB I, 113 Abs. 1 SGB X mit der Folge einer vierjährigen Verjährungsfrist treffe nicht zu, da es vorliegend weder um Sozialleistungen im Sinne des
§ 45 SGB I noch um Erstattungsansprüche im Sinne von § 113 SGB X gehe. Das spezialgesetzlich durch Art. 14 Abs.1a GKV-SolG geregelte Ausgleichsverfahren unterliege keiner Verjährung. Auch gebe es in den Richtlinien der KÄBV keine
Ausschlussfristen. Dies erkläre sich auch daraus, dass die dem West-Ost-Ausgleich zu Grunde liegenden Gesamtvergütungsvereinbarungen
zum Teil erst jährig nachfolgend im Rahmen von Schiedsverfahren festgelegt würden mit möglicherweise folgenden gerichtlichen
Überprüfungen, die sich über Jahre hinziehen könnten. Damit könne schon der Ansatz des SG, die Ansprüche seien mit Ablauf des Jahres 1999 im Jahr 2000 entstanden, keine Rechtfertigung finden, zumal es sich der Kenntnis
der Klägerin entziehe, wann die vereinbarten Gesamtvergütungen sich als bestandskräftig erweisen würden. Auch verkenne das
Gericht, dass die Verjährung zwar durch einen Verwaltungsakt, der zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen
Rechtsträgers erlassen werde, unterbrochen werde. Soweit das Gericht jedoch ausführe, die Unterbrechung dauere fort, bis der
Verwaltungsakt unanfechtbar geworden sei oder das Verwaltungsverfahren, das zu seinem Erlass geführt habe, anderweitig erledigt
sei, werde verkannt, dass eine anderweitige Erledigung nicht eingetreten sei. Vielmehr befänden sich die Parteien des vorliegenden
Rechtsstreits weiterhin in einem durch die Richtlinie der KBV speziell ausgestalteten Verwaltungsverfahren des West-Ost-Ausgleichs,
welches erst mit seiner Durchführung erledigt sei. Die Erledigung wäre vorliegend dabei eine solche, dass die Beklagte erst
ihrer durch das Urteil des BSG vom 28.08.2013 bestätigten Auskunftsverpflichtung gegenüber der Klägerin nachgekommen und sodann den noch näher zu beziffernder
Ausgleichsbetrag gezahlt habe. Auch habe die Beklagte bereits Teilzahlungen auf das Ausgleichsverfahren geleistet. Soweit
sich die Beklagte darauf berufe, dass sie angeblich in Teilbereichen die nach den Richtlinien zu Grunde liegenden GLS-Steigerungen
nicht erreicht habe, seien diese Behauptungen nicht zutreffend. Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 212 und 217 BGB lägen nicht vor. So fehle es zum einen an einer Klagerücknahme seitens der Klägerin, zum anderen sei seitens der Klägerin
in dem ursprünglich vor dem Sozialgericht Köln bzw. vor dem dortigen LSG geführten Rechtsstreit zu keinem Zeitpunkt eine Erledigung
erklärt worden. Damit hätte auch nicht das Gebot der Erhebung einer neuen Klage binnen sechs Monaten gegolten. Die erstmalige
Unterbrechung sei auch nicht durch die Klägerin erfolgt, sondern vielmehr durch die KBV, auf deren fehlerhaftes Verwaltungshandeln
die Klägerin jedoch keinen Einfluss hätte. Auch seien die Vergleichsvorschläge der Klägerin vom 12.09.2006 von der Beklagten
nicht unter dem Aspekt der Verjährung abgelehnt worden. Der Verjährungseinrede stehe auch § 242 BGB entgegen, da diese bis dato ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Inhaltlich stehe man weiter auf dem Standpunkt,
Grundlage der Ausgleichszahlungen seien die Gesamtvergütungsvereinbarungen nicht nur im Hinblick auf die vereinbarten Steigerungsraten
je Mitglied, sondern ebenfalls in Bezug auf weitere die Gesamtvergütung steigernde Mechanismen, wie Einzelleistungsvergütungen
bzw. die Stützung einzelner Punktwerte. Dies seien auch keine extrabudgetären Leistungen, sondern Leistungen innerhalb der
Gesamtvergütung.
Die Klägerin beantragt,
1.
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. Juli 2015, S 28 KA 296/14, aufzuheben,
2.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, ob - und falls ja, in welcher Höhe - in ihrem Bereich
in den Quartalen 1-4/1999 hinsichtlich der vereinbarten und gezahlten Gesamtvergütungen eine über 1,34 % hinausgehende, bis
zu gem. Art. 18 GKV-SolG festgestellte Veränderungsrate erreicht wurde und dies mittels dem dafür vorgesehenen Summenformblatt
3 (PKA 400 L 6/EKA 400 L 6) zu belegen,
3.
die Beklagte zu verurteilen, den nach Erteilung der Auskünfte gemäß Ziff. 2 noch näher zu beziffernden Ausgleichsbetrag zu
zahlen,
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend und den - vermeintlichen - Anspruch für verjährt. Insbesondere käme es nicht auf eine Kenntnis der Klägerin
hinsichtlich des Verjährungsbeginns an. Auch seien seitens der Beklagten keine Teilzahlungen auf den gegenständlichen Ausgleichsanspruch
für 1999 geleistet worden. Der Betrag in Höhe von 19.772.552 EUR sei der Ausgleichsanspruch für 1998 gewesen. Zudem bestehe
ein Ausgleichsanspruch der Beklagten auch nicht. Eine Ausgleichspflicht ergebe sich nach dem maßgeblichen Gesetzeswortlaut
des Art. 14 Abs. 1a S. 1 GKV-SolG aus der Differenz der vereinbarten Veränderungsraten je Mitglied im früheren Bundesgebiet
und der Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen je Mitglied im gesamten Bundesgebiet.
Maßgeblich seien daher die von der Beklagten vereinbarten Veränderungsraten der pauschalierten Gesamtvergütung. Die Verknüpfung
des Zeitpunkts des Inkrafttretens des GKV-SolG zum 01.01.1999 und der Ausgleichspflicht bereits für das laufende Jahr 1999
zeige, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine ex ante-Betrachtung anhand der vereinbarten Veränderungsraten erfolgen sollte.
Die vereinbarten bzw. geschiedsten Erhöhungen mit den bayerischen Regionalkrankenkassen und Ersatzkassen für das Jahr 1999
lägen mit 1,26 % bzw. 1,06 % unter der durchschnittlichen Veränderungsrate im gesamten Bundesgebiet von 1,34 %. Bei der Ausgleichspflichtbemessung
könne es nicht auf Einzelleistungsvergütungen ankommen. Die Festlegung der Obergrenzen für die vereinbarten Einzelleistungen
seien schon in ihrer Funktion von der Veränderungsrate je Mitglied nach Art. 14 Abs. 1a Satz 2 GKV-SolG zu unterscheiden. Auch des BSG habe den geltend gemachten Auskunfts-Ausgleichsanspruch nicht bejaht. Im Gegenteil habe des BSG das Rechtsschutzbedürfnis der Klage verneint, soweit der Klägerin die Daten schon bekannt seien. Das BSG habe auch nicht nur über die über die Veränderungsrate nach Art. 18 GKV-SolG hinausgehenden Ausgleichsansprüche entschieden, sondern auch für Einzelleistungsvergütungen außerhalb der vereinbarten
Veränderungsrate der Gesamtvergütungen unterhalb der von Art. 18 gezogenen Grenze. Extrabudgetäre - d.h. außerhalb der oder
zusätzlich zu den Gesamtvergütungen - gezahlte Vergütungen blieben nach dem Urteil des BSG vom 28.08.2013 bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags außer Betracht.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten des Sozialgerichts und des LSG. Auf den
Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zutreffend eine Verjährung des ggf. bestehenden Anspruchs angenommen (vgl. unter 3.). Der Ausgleichsanspruch besteht
aber schon dem Grunde nach nicht (dazu unter 2.).
1. Der Senat entscheidet im vorliegenden Verfahren in der sich aus § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 2 SGG ergebenden Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertrags(zahn)ärzte, da es sich bei dem Streit um
eine Ausgleichspflicht zwischen zwei Kassenärztlichen Vereinigungen um eine Angelegenheit der Vertrags(zahn)ärzte handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beurteilt sich die Frage, ob eine Streitigkeit eine Angelegenheit des
Vertrags(zahn)arztrechts iS des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG oder eine Angelegenheit der Vertrags(zahn)ärzte iS des Satzes 2 dieser Vorschrift darstellt, danach, ob nach den maßgebenden
rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle, die über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden hat, mit Vertretern
von Krankenkassen und Vertrags(zahn)ärzten oder nur mit Vertrags(zahn)ärzten besetzt ist (stRspr des BSG: BSGE 67, 256, 257 f = SozR 3-2500 § 92 Nr. 1 S. 3 f mwN; BSGE 70, 246, 249 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 10 S 46 f; SozR 3-1500 § 12 Nr. 9 S 17; BSGE 79, 105, 106 = SozR 3-2500 § 80 Nr. 2 S 10; BSGE 82, 150, 151 = SozR 3-1500 § 60 Nr. 4 S. 13; BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18 S. 63; SozR 4-5555 § 15 Nr. 1 Rn. 10; SozR 4-2500 § 106a Nr. 3 Rn. 12). Vorliegend ist auch kein
Fall gegeben, in dem die Abgrenzung zweifelhaft bzw. umstritten ist und somit nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu etwa BSGE 67, 41, 42 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 2 S. 3; BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18 S 63) in gemischter Besetzung zu entscheiden ist. Die Abgrenzung gemäß § 12 Abs. 3 SGG ist vielmehr danach vorzunehmen, ob Gegenstand des streitbefangenen Anspruchs eine Entscheidung ist, die allein von Mitgliedern
einer Kassen(zahn) ärztlichen Vereinigung getroffen worden ist, oder ob ihr Gegenstand ein paritätisch, dh unter Mitwirkung
auch eines Vertreters der Krankenkassen gefasster Beschluss ist (vgl. zu aufsichtlichen Maßnahmen BSG Urteil vom 07.10.1981 - 6 RKa 2/80 - [...] Rn. 31). Dass dem Ausgleichsanspruch die Höhe und Berechnung der Gesamtvergütung zugrunde liegt, vermag keine Zuordnung
des Rechtsstreits zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts iS des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG zu begründen. Das BSG hat der Abgrenzung beider Angelegenheiten bewusst ausschließlich formale Kriterien zugrunde gelegt. Bei der Anwendung von
Besetzungsvorschriften steht nämlich der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und der -klarheit im Vordergrund, weil schon bei
der Ladung der ehrenamtlichen Richter Klarheit über die Besetzung der Richterbank bestehen muss, und die Feststellung, welches
im konkreten Fall der gesetzliche Richter ist, möglichst ohne Schwierigkeiten getroffen werden können soll (BSGE 70, 285, 287 = SozR 3-2500 § 122 Nr. 3 S. 5; BSGE 79, 105, 106 = SozR 3-2500 § 80 Nr. 2 S. 11; BSGE 83, 135, 136 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18 S. 63 f). Deshalb kann die Abgrenzung gemäß § 12 Abs. 3 SGG nicht danach vorgenommen werden, ob der Streitgegenstand nur die Vertrags(zahn)ärzte oder auch die Krankenkassen betrifft
bzw. wer am Verfahrensausgang ein eigenes Interesse hat (BSGE 79, 105, 106 = SozR 3-2500 § 80 Nr. 2). Eine Abgrenzung unter Berücksichtigung einer (möglichen) Betroffenheit Dritter (z.B. Berücksichtigung
der Höhe des Ausgleichsanspruchs bei zukünftigen Verhandlungen über die Gesamtvergütung) würde einer zweifelsfreien Zuordnung
und damit der angestrebten Rechtssicherheit und -klarheit nicht zuletzt deswegen entgegenstehen, weil sowohl die - abstrakte
- Beurteilung, welchen Umfang die Auswirkungen haben müssen, um für die Zuordnung relevant zu sein, als auch die - konkrete
- Beurteilung, welches Ausmaß die Auswirkungen einer Regelung tatsächlich haben, unterschiedliche Bewertungen zulässt.
2. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Auskunft darüber, ob - und falls ja, in welcher Höhe - in ihrem Bereich in den Quartalen
1-4/1999 hinsichtlich der vereinbarten und gezahlten Gesamtvergütungen eine über 1,34 % hinausgehende, bis zu gem. Art. 18
GKV-SolG festgestellte Veränderungsrate erreicht wurde sowie ggf. die Zahlung eines noch zu beziffernden Ausgleichsanspruchs.
Die Klage ist als Stufenklage iSv § 202 SGG i.V.m. § 254 ZPO zulässig, da sowohl der Rechnungslegungs- als auch der Zahlungsanspruch gegen den gleichen Beklagten gerichtet sind. Die
Besonderheit der auch im sozialgerichtlichen Verfahren zulässigen Stufenklage als Sonderform der objektiven Klagehäufung liegt
in der Zulassung eines unbestimmten (Haupt-)Antrages, neben dem die Auskunftsklage lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch)
fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr. 8, Rn. 11; stRspr des BGH, vgl. Urteil vom 16.6.2010 - VIII ZR 62/09 - NJW-RR 2011, 189 ff Rn. 27 mwN). Folge dessen ist, dass bei einer Stufenklage "Rechnungslegungs- und Zahlungsanspruch" - obwohl es sich prozessual
um selbstständige Streitgegenstände handelt - als Entscheidungsverbund in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (BSG aaO Rn. 13 mwN unter Hinweis auf BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr. 1). Eine Trennung der Streitgegenstände ist hier nicht möglich, da in derartigen Fällen keine kumulative
Klagehäufung vorliegt, weil die Ansprüche nicht voneinander unabhängig sind; vielmehr ist die noch nicht bezifferte Leistungsklage
nur deswegen zulässig, weil sie im Verbund mit dem Rechnungslegungsanspruch erhoben worden ist (BSG aaO).
Die Klage ist aber unbegründet, weil die Klägerin auf die Bekanntgabe der begehrten Daten im Ergebnis keinen Anspruch hat.
Ob überhaupt ein Auskunftsanspruch zulässigerweise gegen die Beklagte gerichtet werde kann, kann hierbei offenbleiben. Zur
Frage des Auskunftsanspruchs gegenüber der KÄBV hat das BSG im Urteil vom 28.08.2013 (B 6 KA 41/12 R) ausgeführt:
"Zwar besteht dem Grunde nach ein aus Art 14 Abs. 1a Satz 2 GKV-SolG abzuleitender Auskunftsanspruch der Klägerin gegen die
KÄBV ... aa) Eine Auskunftspflicht kann als Nebenanspruch zu jedem Rechtsverhältnis bestehen. Grundlage dieses - mittlerweile
zum Gewohnheitsrecht verfestigten (Grüneberg in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 260 Rn. 4 mwN) - Anspruchs ist der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); dieser Grundsatz findet auch im öffentlichen Recht Anwendung (vgl. schon BSG SozR 5550 § 13 Nr. 1 S 4). Eine derartige Auskunftspflicht besteht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit
sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der
Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann (Grüneberg in Palandt, aaO,
§ 260 Rn. 4 mwN; stRspr des BGH, vgl.: BGHZ 97, 188 = [...] Rn. 15 mwN = NJW 1986, 1755 ff; BGH Urteil vom 19.03.1987 - I ZR 98/85 - [...] Rn. 8 = NJW-RR 1987, 1521 f; BGHZ 126, 109 = [...] Rn. 25 = NJW 1995, 386 ff; BGH Urteil vom 19.03.2013 - XI ZR 46/11 - [...] Rn. 34 = NJW 2013, 2015; s auch BSG SozR 5550 § 13 Nr. 1 S 4). Zwischen der klagenden KÄV und der beklagten KÄBV besteht eine "besondere rechtliche Beziehung" (BGHZ 126, 109 = [...] Rn. 25 = NJW 1995, 386 ff), welche sich aus den von der KÄBV im Rahmen des Art 14 Abs. 1a GKV-SolG übernommenen Aufgaben ergibt. Nach Art. 14 Abs.
1a Satz 2 GKV-SolG bestimmt die KÄBV in Richtlinien nach § 75 Abs. 7 SGB V "das Nähere über den Ausgleich und die Einzelheiten des Zahlungsverkehrs". Dabei ist ohne Bedeutung, ob die KÄBV damit (auch)
die "Einzelheiten des Zahlungsverkehrs" zu bestimmen, also Detailregelungen bis hin zu konkreten Abrechnungsvorgängen und
abschließenden Verwaltungsentscheidungen zu treffen oder lediglich den Rechenweg vorzugeben hatte. Denn in jedem Fall steht
der Klägerin ein unmittelbar gegen die KÄBV gerichteter Anspruch auf "Rechnungslegung" über die Durchführung des Ausgleichsverfahrens
zu (zu einem derartigen Anspruch im Verhältnis von Krankenkasse und KÄV vgl. BSG SozR 5550 § 13 Nr. 1)."
Da demnach die Durchführung des Ausgleichsverfahrens der KÄBV zugewiesen war, ist die Beklagte ohnehin allein der KÄBV gegenüber
auskunftspflichtig, nicht aber gegenüber den einzelnen Ost-KAVen und daher auch nicht gegenüber der Klägerin. Doch selbst
bei Annahme einer daneben bestehenden Auskunftsverpflichtung der KAVen im früheren Bundesgebiet und im Beitrittsgebiet untereinander
als Nebenpflicht aus Art. 14 Abs. 1a GKV-SolG, würde sich dieser Anspruch auch nur auf solche Daten beziehen, die im Rahmen
des Ausgleichsverfahrens Berücksichtigung finden. Ein Auskunftsanspruch als Nebenpflicht eines Anspruchs kommt nicht in Betracht,
wenn feststeht, dass der vom Auskunftsbegehrenden zugrunde gelegte Leistungsanspruch nicht besteht (BGH Urteil vom 19.03.2013
- XI ZR 46/11 - ([...] Rn. 35) mwN = NJW 2013, 2015; s. schon BGHZ 97, 188 = [...] Rn. 16 = NJW 1986, 1755 ff; BGHZ 126, 109 = [...] Rn. 25 = NJW 1995, 386 ff); der Nebenanspruch ist mithin vom Bestehen des Hauptanspruchs abhängig. Aus dieser Akzessorietät folgt zudem, dass ein
Auskunftsanspruch auch inhaltlich durch den Hauptanspruch begrenzt ist: Er kann nur auf Daten gerichtet sein, die für das
Bestehen und den Umfang des Hauptanspruchs relevant sind. (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 41/12 R -, SozR 4-5408 Art 14 Nr. 1, Rn. 31).
Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die von der Klägerin begehrten Daten nicht gegeben. Vorliegend macht die Klägerin
zwar nach der (zulässigen) Umstellung des Klageantrages keine Auskünfte über Daten mehr geltend, die Vergütungen betreffen,
die die Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütungen - "extrabudgetär" - an die Beklagte gezahlt haben, und solche Daten,
die Rückschlüsse darauf zulassen, dass im Einzelfall bei den Gesamtvergütungen höhere Steigerungsraten als die nach Art. 18 GKV-SolG vom BMG festgestellte Rate vereinbart worden sind. Insofern geht die Beklagte auch fehl, wenn sie annimmt, dass das BSG in seinem Urteil vom 28.08.2013 bereits auch über die im streitgegenständlichen Verfahren begehrten Daten entschieden hat.
Vorliegend begehrt die Klägerin weder Auskunft über Daten, die eine höhere Steigerungsrate als die nach Art. 18 GKV-SolG vom BMG festgestellte Rate betreffen noch Daten über ausdrücklich "extrabudgetäre" Zahlungen. Der neue Antrag bezieht sich ausschließlich
auf Zahlungen im Rahmen der "vereinbarten und gezahlten Gesamtvergütung". Eine Identität der geltend gemachten Daten besteht
somit zumindest nicht insoweit, als extrabudgetäre bzw. über die nach Art. 18 GKV-SolG vom BMG festgestellte Rate hinausgehende Daten nicht mehr verlangt werden. Die hier begehrten Daten waren dem Grunde nach der Klägerin
vielmehr bereits bekannt, als es um die Berücksichtigung der Bestandteile der Gesamtvergütung ging, denen eine Einzelleistungsvergütungsvereinbarung
zugrunde lag. Insoweit hatte das BSG der Klägerin bezüglich ihrer Klage gegen die KÄBV das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen. Vorliegend streitig ist im Wesentlichen,
ob die Erhöhung der Gesamtvergütung in Bezug auf Einzelleistungsvergütungen bei der Berechnung des Ausgleichsbetrages nach
Art. 14a GKV-SolG Berücksichtigung findet - wie Klägerin meint - oder ob lediglich die nach Kopfpauschalen berechnete Gesamtvergütung
zugrunde zu legen ist. Letztere Auffassung vertritt die Beklagte. Eine Verpflichtung zum Ausgleich bestand gemäß Art 14 Abs.
1a Satz 1 Halbsatz 1 GKV-SolG dann, wenn die nach Art 18 GKV-SolG festgestellte Veränderungsrate im früheren Bundesgebiet
die entsprechende Veränderungsrate im gesamten Bundesgebiet überstieg. Zur Höhe des Ausgleichsanspruchs bestimmte Art. 14
Abs. 1a Satz 1 Halbsatz 2 GKV-SolG, dass die Gesamtvergütungen im Bereich der KÄVen im Beitrittsgebiet für 1999 durch Ausgleich
unter den KÄVen insgesamt um die Vergütungssumme zu erhöhen waren, welche sich "aus der Differenz der nach Art. 14 Abs. 1
GKV-SolG vereinbarten Veränderungsraten je Mitglied im früheren Bundesgebiet und der Veränderungsrate der beitragspflichtigen
Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen je Mitglied im gesamten Bundesgebiet" ergab. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs
ergab sich mithin aus der Differenz zwischen den - nach Vom-Hundert-Sätzen bestimmten - Veränderungsraten; ausgeglichen wurde
die Differenz zwischen der bundesdurchschnittlichen Veränderungsrate und der (höheren) Veränderungsrate im alten Bundesgebiet.
Die Beklagte hat die gesetzlichen Vorgaben in der Nr. 3 der KÄBV-RL ("Berechnung des Ausgleichsbetrages") wie folgt umgesetzt:
"Ausgangsbetrag" für die Berechnung waren die Gesamtvergütungen je Mitglied der West-KÄVen des Jahres 1997 (Nr. 3.1 Satz 1
aaO), mit Ausnahme der nach Art. 14 Abs. 4 GKV-SolG außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen vergüteten Leistungen (Nr.
3.1 Satz 2 aaO) sowie der Dialyse-Sach- kosten (Satz 3 aaO). Nach Nr. 3.2 Satz 1 aaO entsprach der Ausgleichsbetrag gemäß
Art. 14 Abs. 1a und 1b GKV-SolG für jede KÄV derjenigen Honorarsumme, die sich aus der Multiplikation des verdoppelten vH-Anteils
der Differenz zwischen der Grundlohnentwicklung je Mitglied im früheren Bundesgebiet und im gesamten Bundesgebiet mit der
Gesamtvergütung je Mitglied nach Nr. 3.1 sowie der Zahl der Mitglieder im Jahre 1999 ergab. Dieser Berechnung wurden die gemäß
Art. 18 GKV-SolG vom BMG bekanntgemachten Veränderungsraten für das Jahr 1998 zugrunde gelegt (Nr. 3.2 Satz 2 KÄBV-RL). Die Regelungen halten sich
im Rahmen des der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als Richtliniengeber zustehenden Gestaltungsspielraums (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 41/12 R -, SozR 4-5408 Art 14 Nr. 1, Rn. 42). Die Gesamtvergütung nach § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB V aF ist das Ausgabevolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder
auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach
einem System berechnet werden, dass sich aus der Verbindung dieser oder weitere Berechnungsarten ergibt. Die Kopfpauschale
stellt die klassische und die - jedenfalls vor Einführung des neuen Vergütungssystems (§ 87a SGB V) - im vertragsärztlichen Bereich durchgängig vereinbarte Vergütungsform dar. Sie unterscheidet sich dadurch von einem Festbetrag,
dass diese an den Leistungsbedarf je Mitglied angebunden ist. Sie bestimmt sich nach der Anzahl der Versicherten und nach
dem durchschnittlichen Jahresbedarf eines Versicherten an kassenärztlichen Leistungen, wobei der Bedarf der anspruchsberechtigten
Familienangehörigen in den Bedarf der Versicherten einzurechnen ist. Die zu zahlende Gesamtvergütung ergibt sich durch Multiplikation
des im Gesamtvertrag vereinbarten Kopfpauschalenbetrages mit der durchschnittlichen Mitgliederzahl der Krankenkassen. Bei
der Berechnung nach Kopfpauschalen geht das Risiko der Krankheitshäufigkeit der Leistungsmengenausweitung zulasten der Vertragsärzte,
während das Risiko der Mitgliederentwicklung von den Krankenkassen zu tragen ist (vergleiche Engelhardt in Hauck/Noftz, Kommentar
zum SGB V, § 85, Rn. 95). Bei der Einzelleistungsvergütung erfolgt die Berechnung der Gesamtvergütung grundsätzlich durch Vereinbarung eines
Punktwertes für die im Bewertungsmaßstab für die einzelnen Leistungen festgelegten Punktzahl; die Höhe der Gesamtvergütung
ergibt sich erst im Nachhinein aus der Multiplikation des vereinbarten Punktwertes mit der Gesamtpunktzahl aller im Rahmen
der vertragsärztlichen Versorgung im Abrechnungszeitraum erbrachten Leistungen. Bei der Berechnung der Gesamtvergütung nach
Einzelleistungen liegen grundsätzlich sämtliche Veränderungsrisiken, insbesondere das Risiko der Morbidität und der Leistungsmengenausweitung,
bei den Krankenkassen. Allerdings ist auch hier der Betrag des Ausgabevolumens zu bestimmen, wodurch die Risiken dieser Vergütungsform
für die Krankenkassen und damit für die Beitragsstabilität deutlich eingeschränkt werden (vergleiche Hauck Noftz, Rn. 98 zu
§ 85 SGB V.). § 85 Abs. 2 Satz 2 in der Fassung des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes enthält nunmehr eine gesetzliche Definition der Gesamtvergütung
und lässt zudem wieder eine Vergütung nach Einzelleistungen auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes zu. Nachdem maßgebend
für die Berechnung nach dem Wortlaut des Art. 14a GKV-SolG "die vereinbarten Veränderungsraten je Mitglied im früheren Bundesgebiet"
sind, kann hier nur die Gesamtvergütung nach Kopfpauschalen, mithin die pauschalierte Gesamtvergütung gemeint sein. Denn eine
auf Grundlage der Einzelleistungsvergütung berechnete Gesamtvergütung ist nicht kalkulierbar bzw. von vornherein nicht bestimmbar,
so dass aufgrund der Abhängigkeit von der Leistungsmenge die Vereinbarung einer Veränderungsrate der Vergütungsumme je Mitglied
ins Leere ginge. Auch die vereinbarte Obergrenze (0,4 % bei den Primärkassen) ist keine Veränderungsrate je Mitglied, sondern
eine Obergrenze. Damit sind diese Leistungen zwar Bestandteil der Gesamtvergütung und keine extrabudgetären Leistungen, wie
die Beklagte meint, sie sind jedoch nicht in die Ausgleichspflicht mit einzubeziehen, da sie sich nicht auf die Veränderung
"je Mitglied" beziehen. Es ist davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber bei der Wortwahl des Art. 14 Abs. 1a der Unterscheidung
der Vergütung nach Kopfpauschalen und Einzelleistungen bewusst war und durch den Bezug "je Mitglied" nur eine Berechnung auf
der Grundlage der Gesamtvergütung nach Kopfpauschalen meinte. Diese Auslegung entspricht auch der Zielsetzung des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes.
Das ab 01.01.1999 geltende GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz war als Gesetz zur Strukturreform in der gesetzlichen Krankenversicherung
konzipiert. Durch das GKV-Solidari- tätsstärkungsgesetz sollte daher eine Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung,
insbesondere im Ausgabenbereich für das Jahr 1999 erreicht werden. Für die eigentliche Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung
gewann der Gesetzgeber dadurch ausreichend Zeit für eine politische Abstimmung der Vorarbeiten für das Nachfolgegesetz. Es
sollte im Wesentlichen für das Jahr 1999 die gesetzlich in § 141 SGB V und an vielen weiteren Stellen im SGB verankerte Beitragsstabilität garantieren. (Hinz, Das Gesetz zur Stärkung der Solidarität
in der gesetzlichen Krankenversicherung und die Änderungen im Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung und Vergütung in:
Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, 1999, S. 65 ff.). Nur die Gesamtvergütung aufgrund einer Kopfpauschale
konnte zeitnah errechnet und die darauf basierende Veränderungsrate in die Berechnung der Ausgleichsverpflichtung im Rahmen
des West-Ost-Ausgleichs nach Art. 14 Abs. 1a GKV-SolG eingehend Berücksichtigung finden. Hinsichtlich der Gesamtvergütung
basierend auf Einzelleistungsvergütungen hätte eine Veränderung "je Mitglied" erst im Rahmen einer ex-post Betrachtung nach
Durchführung sämtlicher sachlich-rechnerischer Richtigstellungen unter Umständen erst Jahre später ausgerechnet werden können.
Eine Summierung der Veränderungsraten - wie die Klägerin begehrt -, ist daher nicht zulässig.
Nachdem sich somit für den Bereich der Beklagten aufgrund der nach Kopfpauschalen berechneten Gesamtvergütung mit 1,26 % und
1,06 % nur eine Veränderungsrate unterhalb der bundesdurchschnittlichen Veränderungsrate ergibt, besteht unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt ein Zahlungsanspruch und damit auch kein Auskunftsanspruch hinsichtlich der begehrten Daten.
3. Doch selbst bei Annahme eines Anspruchs, wäre dieser Anspruch verjährt, wie das Sozialgericht ausführlich und mit zutreffender
Begründung dargelegt hat. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe im angefochtenen Urteil des SG und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs. 2 SGG. Da die Klägerin nicht bis zum 08.09.2006, sondern erst am 18.10.2006 Klage erhoben hat, gilt die Verjährung nach § 212 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. als nicht unterbrochen und der Beklagten steht - das Bestehen des Anspruchs unterstellt - ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht
zu. Auch die in der Berufung geltend gemachten Ausführungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Soweit die Klägerin geltend
macht, eine Verjährung käme bei Ansprüchen nach Art.14 Abs. 1a GKV-SolG nicht in Betracht, geht sie mit dieser Annahme fehl.
Gemäß § 194 Abs. 1 BGB i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V unterliegt der Anspruch, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, der Verjährung (BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 6 KA 5/09 R, Rn. 19 [...].) Das SG hat auch zutreffend auf die Verjährungsfrist bezogen auf die Gesamtvergütung abgestellt und eine vierjährige Verjährungsfrist
in entsprechender Anwendung der §§ 45 SGB I und 113 Abs. 1 SGB X angenommen. Nach der Rechtsprechendes BSG kann eine analoge Anwendung von Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Rechts nur insoweit in Betracht kommen, als allgemeine
Rechtsgrundsätze und Erfordernisse des öffentlichen Rechts oder Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets nicht entgegenstehen.
Der Anspruch der KÄV auf Zahlung der Gesamtvergütung unterscheidet sich jedoch durch seinen öffentlich-rechtlichen Charakter
und seine Einbindung in das vertragsärztliche Vertragssystem in rechtlicher Hinsicht wesentlich von einem zivilrechtlichen
Anspruch, so das Gründe der Spezialität, aber auch Gründe des Sachzusammenhangs und der Vereinheitlichung dafür sprechen,
die für sozialrechtliche Ansprüche durchgängig vorgesehene vierjährige Verjährungsfrist auch auf die Zahlung der Gesamtvergütung
anzuwenden (Hauck/Noftz, Kommentar zu SGB V, § 85, Rz. 119 a).
Die Berufung war daher vollumfänglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Die Revision war nicht zuzulassen, § 160 SGG.
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