Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Anforderungen an die Kodierung der OPS-Prozedur 8-980 intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur)
Tatbestand
Streitig sind Ansprüche auf Erstattung der Vergütung von Krankenhausbehandlungen in Höhe von insgesamt 178.799,66 EUR.
Der Beklagte betreibt das M-hospital B, ein für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes
(§
108 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuches -
SGB V -) Krankenhaus.
Achtzehn bei der klagenden Krankenkasse Versicherte, die Patienten
- E (stationärer Aufenthalt 02.01.2010 bis 16.02.2010) - C (stationärer Aufenthalt 05.05.2010 bis 17.06.2010) - S (stationärer
Aufenthalt 21.05.2010 bis 28.06.2010) - T (stationärer Aufenthalt 28.05.2010 bis 05.07.2010) - P (stationärer Aufenthalt 30.06.2010
bis 28.08.2010) - M (stationärer Aufenthalt 03.07.2010 bis 09.08.2010) - N (stationärer Aufenthalt 07.08.2010 bis 01.10.2010)
- X (stationärer Aufenthalt 21.10.2010 bis 22.12.2010) - T1 (stationärer Aufenthalt 22.10.2010 bis 26.11.2010) - O (stationärer
Aufenthalt 06.11.2010 bis 28.12.2010) - I (stationärer Aufenthalt 09.11.2010 bis 14.12.2010) - T2 (stationärer Aufenthalt
29.11.2010 bis 16.01.2011) - C1 (stationärer Aufenthalt 04.12.2010 bis 19.12.2010) - L (stationärer Aufenthalt 16.12.2010
bis 29.01.2011) - C2 (stationärer Aufenthalt 01.01.2011 bis 05.03.2011) - S1 (stationärer Aufenthalt 05.01.2011 bis 02.03.2011)
- C3 (stationärer Aufenthalt 17.03.2011 bis 03.05.2011) - T3 (stationärer Aufenthalt 29.03.2011 bis 03.05.2011)
wurden auf der interdisziplinären Intensivstation des M-hospitals behandelt.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein überprüfte im Oktober 2010 die Organisationsstruktur dieser
interdisziplinären Intensivstation, die insgesamt 14 Betten mit 14 Beatmungsmöglichkeiten umfasste. Nachdem das Krankenhaus
sich geweigert hatte, eine vom MDK beabsichtigte Ortsbegehung zu ermöglichen, erfolgte die Überprüfung anhand der Beantwortung
von Fragen des MDK durch die Klinikvertreter. Diese Befragung ergab folgendes Strukturkonzept: Das Versorgungskonzept der
Klinik sehe vor, dass die Intensivstation immer durch einen Arzt der Anästhesie betreut werde. Gleichzeitig sei ein internistischer
Kollege, ebenfalls als Intensivmediziner, auf der Intensivstation fest eingeteilt. Dies werde durch ein 3-Schichten-Dienstmodell
sichergestellt. Während des Nachtdienstes und am Wochenende gebe es neben dem diensthabenden Anästhesisten noch einen Rufdienst,
der sich für alle operativen und geburtshilflichen Eingriffe bereithalte und innerhalb von spätestens 20 Minuten in der Klinik
zur Verfügung stehe. In dringenden Fällen, die ein sofortiges Eingreifen erforderten, werde der auf der Intensivstation diensthabende
Anästhesist von dieser abgerufen. In diesem Fall sei der Internist der dort verantwortliche Arzt. Die internistischen Normalstationen
stellten eine 24-Stundenpräsenz ebenfalls durch ein 3-Schichten-Modell sicher. Zusätzlich befinde sich nachts und am Wochenende
ein internistischer Oberarzt in Rufbereitschaft. Nur an Tagen, an denen das Krankenhaus Notfalldienst habe, sei ein zusätzlicher
Internist im Haus, der sich ausschließlich um die Aufnahmen kümmere. Für die 130 internistischen Betten auf den vier peripheren
Stationen sei im Nacht- und Wochenenddienst der internistische Intensivmediziner ebenfalls zuständig. Des Weiteren werde dieser
zu Reanimationen auf peripheren Stationen von der Intensivstation abgerufen. Nachdem von den MDK-Vertretern darauf hingewiesen
worden war, dass aus ihrer Sicht eine adäquate Versorgung von 130 internistischen Planbetten, verteilt auf vier periphere
Stationen, vom internistischen Intensivdienst neben dem Dienst auf der Intensivstation nicht nachvollziehbar sei, reichten
die Vertreter der Klinik per Mail folgende Informationen nach: Die Versorgung der Intensivstation werde nachts und am Wochenende
in erster Linie durch den Anästhesisten sichergestellt und nur im Fall der kurzzeitigen Abwesenheit durch den Internisten
übernommen. Die Auslastung der Intensivstation betrage ca 10 Betten, die der vier internistischen Stationen rund 100 Betten.
Dies bestätigend hat der Beklagte im Klageverfahren ausdrücklich vorgetragen, in den Jahren 2010 und 2011 sei auf der Intensivstation
ständig ein Anästhesist eingesetzt gewesen, zusätzlich tagsüber ein Internist. Der Nachtdienst sei so geregelt gewesen, dass
der neben dem Anästhesisten (Bereitschaftsdienst der Stufe "D") eingesetzte Internist im Bedarfsfall Aufgaben auf den Normalstationen
wahrgenommen habe. Wenn es in einer Situation, in der der Internist auf der Normalstation gewesen sei, zu einem hausinternen
Notfall gekommen sei, habe auch der Anästhesist kurzzeitig die Intensivstation verlassen, allerdings maximal für einen Zeitraum
von 15 Minuten, da ein Hintergrunddienst bestanden habe, der den Anästhesisten dann "am Notfall" abgelöst habe. Im Jahre 2012
habe sich die Struktur insofern geändert, als nun der Spät- und Nachtdienst nicht mehr ausschließlich durch einen Anästhesisten,
sondern abwechselnd von einem Anästhesisten und einem Internisten in ständiger Anwesenheit betreut worden sei. Zusätzlich
habe es in der Normalstation einen Hausdienst gegeben, so dass sich im Notfall kein Abzug von der Intensivstation ergeben
habe.
Der Beklagte stellte der Klägerin für die Behandlung der 18 Versicherten insgesamt 961.592,91 EUR in Rechnung und legte dabei
jeweils ua den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-980 - intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) -,
Versionen 2010 und 2011, zu Grunde. Die Klägerin beglich die in Rechnung gestellten Behandlungskosten zunächst in voller Höhe.
Mit Schreiben vom 06.02.2013 übermittelte sie dem Beklagten eine Liste mit 20 Behandlungsfällen aus den Jahren 2009, 2010
und 2011, verwies auf die Stellungnahme des MDK und erklärte, sie gehe davon aus, dass die dort festgestellten Strukturmerkmale
in allen Behandlungsfällen nicht zur Abrechnung des OPS-Kodes 8-980 berechtigt hätten. Sie habe daher insgesamt 270.441,02
EUR zu viel gezahlt; die Überzahlung sei von dem Beklagten zurückzuerstatten.
Nachdem der Beklagte dem nicht gefolgt war, hat die Klägerin am 31.12.2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Aachen mit dem Begehren erhoben, eine Überzahlung in Höhe von 178.799,66 EUR für die 18 Behandlungsfälle aus den Jahren
2010 und 2011 zurückzuerstatten. Sie hat vorgetragen, sie habe die Behandlungskosten in der genannten Höhe ohne Rechtsgrund
geleistet. Der OPS-Kode 8-980 sei zu Unrecht den Abrechnungen zu Grunde gelegt worden, denn die Mindestmerkmale dieses Kodes
seien bis einschließlich 2011 nicht erfüllt gewesen. Die für die Kodierung erforderliche ständige ärztliche Anwesenheit auf
der Intensivstation sei nicht gewährleistet gewesen, denn diese sei während der Nacht und am Wochenende bis zum Eintreffen
des Hintergrunddiensttuenden Arztes nicht kontinuierlich besetzt gewesen.
Das SG hat mit Urteil vom 04.08.2010 die Klage abgewiesen: Diese sei als echte Leistungsklage nach §
54 Abs
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, da es bei einer auf Erstattung überzahlter Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage einer Krankenkasse
gegen ein Krankenhaus um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis gehe, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt
nicht in Betracht komme und ein Vorverfahren nicht durchzuführen sei. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Allerdings habe
die Klägerin nicht die Prüfungsfrist des §
275 Abs
1c iVm Abs
1 SGB V versäumt, denn die Überprüfung der Abrechenbarkeit eines OPS-Kodes im Rahmen einer Krankenhausbehandlung beinhalte keine
Auffälligkeitsprüfung iS des §
275 Abs
1c SGB V, sondern eine Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Krankenhausabrechnung. Dieses Überprüfungsrecht bestehe
unabhängig von den engeren Anforderungen einer Auffälligkeitsprüfung und unterliege einem eigenen Prüfungsregime. Der Beklagte
habe aber den streitigen OPS-Kode 8-890 zu Recht abgerechnet. Das M-hospital habe auch 2010 und 2011 die Mindestmerkmale sowohl
einer "kontinuierlichen, 24-stündigen Überwachung und akuten Behandlungsbereitschaft", als auch der "ständigen ärztlichen
Anwesenheit auf der Intensivstation" erfüllt. Wenn der für die Intensivstation eingeteilte Internist im Nachtdienst im Bedarfsfall
auf der Normalstation Dienst getan habe, sei auf der Intensivstation immer noch planmäßig der Anästhesist anwesend gewesen.
Wäre dieser zu einem Notfall innerhalb des Krankenhauses gerufen worden, wäre die Intensivstation nicht zwingend ohne ärztliche
Anwesenheit gewesen, sondern nur dann, wenn die bedarfsabhängige Abwesenheit des Internisten mit einem Notfalleinsatz des
Anästhesisten zusammengefallen wäre. Der Klägerin sei zuzugeben, dass diese Konstellation habe eintreten können und dann bei
wortgetreuer Anwendung des OPS-Kodes die Vorgabe einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation und damit
ein Mindestmerkmal dieses Kodes nicht mehr erfüllt gewesen wäre. Eine derart enge Interpretation werde aber dem Sinn und Zweck
des OPS-Kodes 8-980 nicht gerecht.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 11.08.2015 zugestellte Urteil am 01.09.2015 Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen
vor, eine Gewährleistung der ständigen ärztlichen Anwesenheit sei nur bei einer dies unter allen vorhersehbaren Umständen
sicherstellenden, speziell auf die Intensivstation bezogenen, Dienstplanung des Krankenhauses gegeben. An einer solchen Planung
habe es bei den hier streitigen Behandlungsfällen gefehlt, weil, wie das erstinstanzliche Urteil selbst ausführe, nachts und
am Wochenende nicht geplant gewesen sei, wie die Intensivstation konkret ärztlich versorgt werde, wenn sowohl der Anästhesist
als auch der Internist an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben erfüllen mussten. Die Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes
der Stufe "D" für die Intensivstation reiche entgegen der Auffassung des SG nicht aus. Die erforderliche ständige ärztliche Anwesenheit sei wegen der Aufgabenhäufung sowohl des Anästhesisten als auch
des Internisten nicht erfüllt; im Übrigen mangele es letzterem auch an der Kenntnis der aktuellen Probleme der Patienten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 04.08.2015 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr 178.799,66 EUR nebst Zinsen
in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.12.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und im Übrigen das Vorgehen der Klägerin für treuwidrig. Mit Schriftsatz vom
13.03.2019 hat er die Einrede der Verjährung erhoben und vorgetragen, mit dem zum 01.01.2019 neu eingeführten Absatz
5 des §
109 SGB V sei geregelt worden, dass Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen in 2 Jahren nach Ablauf
des Kalenderjahres, in dem sie entstanden seien, verjährten, dies gelte auch rückwirkend für Ansprüche, die vor dem 01.01.2019
entstanden seien. Die geltend gemachten Rückzahlungsansprüche seien daher bereits bei Klageerhebung verjährt gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist auch begründet. Die Klage ist als Leistungsklage zulässig, wie das SG, auf dessen Urteilsbegründung insoweit Bezug genommen wird, zu Recht ausgeführt hat. Sie ist entgegen der Auffassung des
SG auch begründet, denn die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung eines Erstattungsbetrags iHv insgesamt 178.799,66 EUR nebst Zinsen.
Einwendungen und Einreden gegen den Anspruch greifen nicht durch.
Rechtsgrundlage für die Hauptforderung ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Dieser setzt voraus, dass der Berechtigte
(hier die Klägerin) im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht hat (vgl
Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 14.10.2014, B 1 KR 27/13 R, juris Rn 9). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, weil der Beklagte die Behandlung der 18 Versicherten nicht unter Berücksichtigung
des OPS-Kodes 8-980 abrechnen durfte.
Zwar erfüllte der Beklagte die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem er die genannten 18 Versicherten
in den Jahren 2010 und 2011 stationär behandelte. Der Vergütungsanspruch für eine Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend
die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme
der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung, wie hier, in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt
und im Sinne von §
39 Abs
1 S 2
SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist. Diese Voraussetzungen sind bei den genannten 18 Versicherten, was von der Klägerin nicht
in Abrede gestellt wird, dem Grunde nach erfüllt. Die Vergütungsansprüche entstanden jedoch nicht in der abgerechneten und
von der Klägerin gezahlten Höhe von 961.592,91 EUR, sondern nur iHv 782.793,25 EUR, so dass eine Überzahlung iHv 178.799,66
EUR entstanden ist.
Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter bemisst sich nach §
109 Abs
4 S 3
SGB V iVm § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) ua nach Fallpauschalen entsprechend dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG). Dieser umfasst nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG insbesondere den Fallpauschalen-Katalog nach § 17b Abs 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Fallpauschalen-Katalog wird durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den Verband der privaten Krankenversicherung
gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene nach § 9 Abs 1 KHEntgG mit Wirkung
für die Vertragsparteien vereinbart. Der nach Fallgruppen geordnete Fallpauschalen-Katalog schließt Bewertungsrelationen sowie
Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte und Abschläge ein. Ferner
vereinbaren die genannten Vertragsparteien insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Vereinbarungen zum Fallpauschalsystem für
Krankenhäuser (FPV). FPV mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben sowie allgemeine und spezielle Kordierrichtlinien
für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kordierrichtlinien - DKR -) bilden den konkreten vertragsrechtlichen
Rahmen, aus dem die für die Behandlung maßgebliche Diagnosis Related Group (DRG-) Position folgt (vgl ua BSG, Urteil vom 20.03.2018, B 1 KR 25/17 R in juris Rn 12 ff). Vorliegend sind die für die Jahre 2010 und 2011 maßgeblichen Fallpauschalkataloge in der Anlage 1 der
FPV 2010 und 2011 einschließlich der Anlagen 1 bis 6 und die DKR für diese Kalenderjahre einschlägig.
Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen
Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert. Dieses Programm greift dabei auf Daten zurück, die
entweder als integraler Bestandteil des Programms mit vereinbart sind, wie zB die Zuordnung von ICD-10 Diagnosen und Prozeduren
zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben,
wozu die Fallpauschalen selbst, die ICD-10 in der jeweiligen deutschen Fassung, die Klassifikation des vom Deutschen Institut
für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen OPS
(hier in den Versionen 2010, 2011) und die DKR 2010 und 2011 gehören.
Die vom M-hospital angesteuerten DRGs, die zur Abrechnung des Betrags von 961.592,91 EUR geführt haben, werden nur dann im
Groupierungsvorgang angesteuert, wenn jeweils die Prozedur nach OPS 8-980 kodiert werden konnte. Die Klägerin ist insoweit
jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass die durchgeführten Behandlungen der genannten Versicherten die Voraussetzungen dieses
Kodes nicht erfüllten. Im Einzelnen ändert sich dadurch, was der Beklagte auch nicht in Abrede stellt, für die Behandlungskosten
der 18 Versicherten die abzurechnende DRG von der vom Beklagten abgerechneten (alten) DRG zu der von der Klägerin zugrunde
gelegten zutreffenden (neuen) DRG wie folgt:
Nachname - DRG alt - DRG neu - Differenz
E - G36Z - A11E - 8.403,03 EUR C - A07C - A07E - 23.191,85 EUR S - A09C - A09F - 20.707,94 EUR T - A09D - A09E - 7.885,98
EUR P - A09C - A09E -.785,10 EUR M - E36Z - A11G - 694,80 EUR N - A07C - A07D - 10.375,68 EUR X - 07C - A07D - 10.375,68 EUR
T - H36Z - A13G - 9.973,28 EUR O - F36B - A13E - 7.509,63 EUR I - F36B - F28A - 15.421,67 EUR T1 - A07C - A07D - 10.375,68
EUR C1 - I26Z - A13E - 6.620,87 EUR L - A09D - A09E - 7.885,98 EUR C2 - A09D - A09E - 3.494,27 EUR S1 - A09D - A09F - 11.319,45
EUR C3 - A09D - A09E - 7.389,39 EUR T2 - A09D - A09E - 7.389,39 EUR
178.799,66 EUR
Unter den Kode 8-980 fällt nach dessen Wortlaut die Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme
oder kurzfristige (( 24 Stunden) Intensivbehandlung sowie die kurzfristige (( 24 Stunden) Stabilisierung von Patienten nach
operativen Eingriffen. Unter den "Hinweisen" des DIMDI finden sich die Mindestmerkmale zur Kodierung der Prozedur. Danach
müssen ua folgende Mindestmerkmale kumulativ vorliegen (vgl hierzu auch Urteil des BSG vom 18.07.2013, B 3 KR 25/12 R in juris Rn 17):
"(1) Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten,
die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen.
(2) Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein".
Dieses zweite Merkmal, die ständige ärztliche Anwesenheit, war auf der Intensivstation im Krankenhaus des Beklagten jedenfalls
in den Jahren 2010 und 2011 nicht erfüllt.
Vergütungsregelungen sind nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der erkennende Senat folgt, streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregelungen zu handhaben.
Es gibt grundsätzlich keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen. Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche
und sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalkatalogs, des OPS-Kodes oder
der Kodierrichtlinien in der Hand, Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau
der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen. Diese Auslegungs- und Anwendungsprinzipien
gelten in vergleichbarer Weise für die vom DIMDI erteilten Hinweise zur Auslegung und Anwendung einzelner OPS-Kodes (vgl Urteil
des BSG vom 18.07.2013, aaO, Rn 15 mwN).
Bei der wortgetreuen Anwendung des Kodes 8-980 kann hiernach von einer ständigen ärztlichen Anwesenheit gemäß dem zweiten
Mindestmerkmal nicht gesprochen werden, wenn ein Arzt auf der Intensivstation nicht durchgehend anwesend ist. Soweit in den
Auslegungshinweisen des DIMDI der Arzt die Intensivstation auch verlassen könne, wenn er nur innerhalb kürzester Zeit handlungsfähig
am Patienten sei, ist zugleich in den Erläuterungen geregelt, dass eine ständige Anwesenheit dann nicht anzunehmen ist, wenn
der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle weitere Aufgaben übernehmen muss, wie etwa,
eine Normalstation zu betreuen. Dieser Auslegungshinweis entspricht dem Wortlaut des OPS-Kodes, der auf die Gewährleistung
der ständigen Anwesenheit und damit nicht auf die tatsächlichen Umstände im Einzelnen, sondern auf eine Planungs- und Strukturkomponente
abstellt (vgl hierzu Urteil des BSG vom 18.07.2013, aaO, Rn 18). Eine Gewährleistung der ständigen ärztlichen Anwesenheit ist nur bei einer dies unter allen
vorhersehbaren Umständen sicherstellenden, speziell auf die Intensivstation bezogenen, Dienstplanung des Krankenhauses gegeben.
Zudem muss unter Berücksichtigung des ersten Mindestmerkmals die Kenntnis vom aktuellen Gesundheitszustand aller Patienten
der Intensivstation bei allen Mitgliedern des Teams und damit auch bei dem auf der Intensivstation diensttuenden Arzt gleichzeitig
vorliegen. Der Arzt muss wirklich in des Team der Intensivstation eingebunden sein (vgl hierzu Urteil des Landessozialgerichts
Nordrhein-Westfalen vom 08.03.2018, L 5 KR 174/15 in juris, Rn 59 ff).
Diesen Anforderungen genügte die personelle Besetzung der interdisziplinären Intensivstation des M-hospitals, in der die genannten
18 Versicherten der Klägerin behandelt wurden, im streitigen Zeitraum nicht. Die Ausführungen sowohl des MDK zum Versorgungskonzept
der Klinik sowie auch das eigene Vorbringen des Beklagten im Klageverfahren machen deutlich, dass die Klinik das ihr zustehende
Organisationsrecht 2010 und 2011 dergestalt ausgeübt hatte, dass sie im Nachtdienst und am Wochenende den diensthabenden Anästhesisten
der Intensivstation auch mit der Aufgabe betraut hatte, in Notfallsituationen bis zum Eintreffen des Hintergrunddienstes tätig
zu werden. Damit war der auf der Intensivstation tätige Anästhesist planmäßig auch im Rahmen von Notfalloperationen bzw geburtshilflichen
Notsituationen bis zum Eintreffen des Rufdienstes eingesetzt. Insoweit waren auch nicht nur außerpanmäßige Notfallsituationen
sondern vielmehr sämtliche Notfälle erfasst. Soweit im Falle der Abwesenheit des anästhesistischen Intensivmediziners der
internistische Intensivmediziner tätig werden sollte, genügte dies an den Nacht- und Wochenenddiensten nicht dem Merkmal "ständige
ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation". Wie der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG -ebenso wie zuvor schon die Mitarbeiter des M-hospitals B gegenüber dem MDK Nordrhein- ausdrücklich eingeräumt hat, war der
für die Intensivstation zuständige Internist während dieser Dienste auch für Aufgaben auf den peripheren Normalstationen eingeteilt.
Daher konnte es planmäßig zu Situationen kommen, in welchen die Intensivstation für 15 bis 20 Minuten nicht mit einem Arzt
besetzt war. Dies ist dann planmäßig der Fall gewesen, wenn der Internist auf der Normalstation und der Anästhesist (bis zum
Eintreffen des Rufdienstes) bei Notfalloperationen oder geburtshilflichen Notfallsituationen tätig sein mussten. Hinzu kommt,
dass der internistische Intensivmediziner an Nacht- und Wochenenddiensten nicht in das Team der Intensivstation dergestalt
eingebunden war, dass er Kenntnis vom aktuellen Gesundheitszustand aller dortigen Patienten hatte. Da er für die mit durchschnittlich
ca 100 Patienten belegten internistischen Normalstationen ebenfalls zuständig war, konnte er rein tatsächlich aus Kapazitätsgründen
nicht zugleich mit dem Gesundheitszustand aller Patienten der Intensivstation vertraut gewesen sein, worauf die Klägerin zutreffend
hingewiesen hat.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Beklagten in Bezug genommenen, den internistischen Dienst Januar/Februar
2011 betreffenden, Anlage BK 8 zum Schriftsatz vom 27.07.2015. Falls, was zumindest nicht offensichtlich ist, der Dienstplan
sich tatsächlich bei den unter Tag-/Spätdienst Nachtdienst verzeichneten Ärzten auf die der Intensivstation und bei den in
dem darunterliegenden Block Tag-/Spätdienst 2 Nachtdienst 2 bezeichneten Ärzten auf diejenigen der "Normalstation" bezieht,
so ergibt sich hieraus jedenfalls nicht die Gewährleistung der ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation. Vielmehr
ist im Block "Tag-/Spätdienst 2 Nachtdienst 2" nur an insgesamt 10 Tagen in den Monaten Januar und Februar ein Internist auf
der Normalstation eingesetzt, was gerade belegt, dass der diensthabende Internist regelmäßig für die Intensiv- und die Normalstationen
eingesetzt war.
Damit konnten planmäßig Konstellationen eintreten, in welcher die Vorgabe einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation
als Mindestmerkmal nicht erfüllt war, da der Anästhesist ebenso wie der Internist nach der Dienststruktur gleichzeitig an
anderer Stelle ärztliche Aufgaben übernehmen mussten. Das planmäßige Versorgungskonzept der Klinik des Beklagten erfüllte
mithin aus strukturellen Gründen die Mindestvoraussetzungen für die Anwendung des Kodes 8-980 nicht.
Einwendungen und Einreden gegen den Erstattungsanspruch greifen nicht durch.
Die Erstattung der ohne Rechtsgrund gezahlten Krankenhausvergütung ist nicht in entsprechender Anwendung des §
814 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) ausgeschlossen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin in Kenntnis ihrer Nichtschuld gezahlt hätte.
Anhaltspunkte für ein etwaiges treuwidriges Verhalten der Klägerin sind zur Überzeugung des Senats nicht einmal ansatzweise
zu erkennen. Vielmehr war die Klägerin nach dem für die Abrechnung der Krankenhausvergütung ebenfalls einschlägigen nordrhein-westfälischen
Landesvertrag nach §
112 Abs
2 Nr
1 SGB V - Landesvertrag NRW - zu einer Begleichung der Krankenhausabrechnung binnen 15 Tagen nach Eingang verpflichtet (§ 15 Abs
1 S 1 Landesvertrag NRW), so dass ihr eine Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Rechnung, jedenfalls was
die Strukturmerkmale von OPS-Kodes betrifft, schlechterdings nur im Nachhinein möglich war. Der Landesvertrag NRW ist zwar
am 08.04.2003 gekündigt worden, die Vertragsparteien haben sich aber darauf verständigt, den Vertrag bis zu einer Neuregelung,
zu der es bislang nicht gekommen ist, weiter zu praktizieren. Die Klägerin hat auch eine ausreichend zeitnahe Überprüfung
der Strukturmerkmale des streitigen OPS-Kodes vorgenommen. Es sind keine Umstände ersichtlich oder vorgetragen, die nach den
Besonderheiten des Einzelfalles die Geltendmachung des Rückforderungsrechts dem Beklagten gegenüber nach Treu und Glauben
als illoyal erscheinen lassen. Allein der Zeitablauf reicht hier nicht (vgl Urteil des BSG vom 14.10.2014, B 1 KR 27/13 R, in juris Rn 36 f).
Die Klägerin hat schließlich die Prüfungsfrist des §
275 Abs
1c iVm Abs
1 SGB V nicht versäumt; insoweit wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt. Die Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen
verjähren nach §
109 Abs
5 SGB V in der seit dem 01.01.2019 geltenden neuen Fassung vom 11.12.2018 (Artikel 7 Nr 8a Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals
- Pflegepersonal-Stärkungsgesetz - BGBl I Nr 45 S. 2394 ff) in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden
sind. Dies gilt nach S 2 auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen, die vor dem 01.01.2019
entstanden sind. Es kann dahinstehen, ob diese Vorschrift, wie in der Rechtswissenschaft vertreten (vgl Rechtsgutachten von
Prof. Dr. Kingreen, Verfassungsrechtliche Prüfung der Vorschriften des Pflegepersonalstärkungsgesetzes zur nachträglichen
Regulierung von bereits geltend gemachten Erstattungsansprüchen von Krankenkassen gegen Krankenhäuser von April 2019), wegen
Verstoßes insbesondere gegen Art
20 Abs
3 des
Grundgesetzes verfassungswidrig ist (aA: Prof. Dr. Huster, Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit der §§
109 Abs
5,
325 SGB V und der §§
295 Abs
1 S 6, 301 Abs
2 S 4
SGB V in der Fassung des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes von Juni 2019).
Auch bei Anwendung der Vorschrift des §
109 Abs
5 SGB V auf den vorliegenden Rechtsstreit sind die Zahlungsansprüche der Klägerin nicht verjährt. Der Zahlungsanspruch konnte bei
Inkrafttreten der Vorschrift zum 01.01.2019 nicht verjähren, weil die Verjährung nach §
204 Abs
1 Nr
1 BGB, wonach die Verjährung durch die Erhebung der Klage auf Leistung oder Feststellung des Anspruchs gehemmt wird, gehemmt war.
Bei Inkrafttreten des §
109 Abs
5 SGB V war die Zahlungsklage bereits seit dem 31.12.2014 rechtshängig, so dass die Verjährung gehemmt war. Der Zahlungsanspruch
war auch nicht bereits bei Klageerhebung verjährt. Nach der bis zum 31.12.2018 geltenden Rechtslage unterlag der Anspruch
einer Krankenkasse gegen einen Krankenhausträger auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung einer 4-jährigen Verjährung
(vgl ua Urteil des BSG vom 14.10.2014, B 1 KR 27/13 R in juris Rn 33). Die Verjährung beginnt nach §
45 Abs
1 des
Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB I) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im gleichgeordneten
Leistungserbringungsverhältnis entsteht bereits im Augenblick der Überzahlung, hier also der vollständigen Begleichung der
Rechnungen in den Jahren 2010 und 2011. Dementsprechend begann die Verjährung nach Ablauf der Jahre 2010 bzw 2011 und endete
am 31.12.2014 bzw 31.12.2015. Die Klägerin hat noch vor Ablauf der Verjährungsfristen rechtzeitig am 31.12.2014 Klage erhoben
und damit den Eintritt der Verjährung der Forderung gemäß §
45 Abs
2 SGB I iVm §
204 Abs
1 Nr
1 BGB gehemmt. Auch §
109 Abs
4 S 4
SGB V verweist insoweit ausdrücklich auf die Regelungen des
BGB.
Eine Auslegung der neuen Verjährungsregelung im Sinne der Beklagten hält der Senat nach Wortlaut, Regelungssystem und -zweck
für ausgeschlossen. Gem §
109 Abs
5 S 4
SGB V gelten -wie zuvor gem §
45 Abs
2 SGB I- für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des
BGB entsprechend. Daraus folgt, dass sich das Ende der Hemmung allein nach den Vorschriften des
BGB bestimmt. Die vom Beklagten vertretene Auffassung, dass ab 01.01.2019 auch bereits rechtshängige Erstattungsansprüche aus
der Zeit vor 2015 bzw vor 2017 rückwirkend verjährt seien, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Vielmehr gelten
insoweit gem §
109 Abs
5 S 4 die Vorschriften des
BGB entsprechend. Daraus folgt, dass sich das Ende der Hemmung allein nach den Regelungen des
BGB -gem §
204 Abs
2 BGB- bestimmt, sodass die hier streitgegenständliche Forderung der Klägerin während des Rechtsstreits nicht rückwirkend verjährt.
Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Neuregelung auch keine rückwirkende Verjährung rechtshängiger Ansprüche. Nach der Gesetzesbegründung
(BT-Drucksache 19/5593, S 115 ff zu Nr 8a) sollte die verkürzte Verjährungsfrist für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung,
die vor dem 01.01.2019 entstanden sind, gelten, weil andernfalls das gesetzgeberische Regelungsziel nur unvollkommen erreicht
werden könne. Insoweit stellt der Gesetzgeber ausdrücklich auf die in 2016 entstandenen Ansprüche ab. Es könne eine umfassende
Befriedung abgeschlossener Abrechnungsfälle nicht erreicht werden, wäre die verkürzte Verjährungsfrist erst mit dem 01.01.2019
eingeführt worden. Diese hätte bereits auf 2016 entstandene Ansprüche keine Auswirkungen gehabt, weil diese sowohl nach der
bisherigen vierjährigen Verjährungsfrist als auch nach der neuen zweijährigen Verjährungsfrist erst am 31.12.2020 verjährt
wären. Vor diesem Hintergrund sollte Satz 2 in Abweichung von den Grundsätzen des intertemporalen Rechts die Verjährung dieser
Ansprüche bereits ab dem 01.01.2019 durchsetzen. Ansprüche aus den Jahren 2010 und 2011, die bereits gerichtlich geltend gemacht
worden waren, als die Neufassung des §
109 Abs
5 SGB V in Kraft trat, sollten von der Verkürzung der Verjährungsfrist nach der Gesetzesbegründung ersichtlich nicht umfasst werden.
Im Übrigen ist nach der Regelung des §
325 SGB V, der ebenfalls zum 01.01.2019 in Kraft getreten ist, die Geltendmachung von Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückzahlung
der geleisteten Vergütung ausgeschlossen, soweit diese vor dem 01.01.2017 entstanden sind und bis zum 09.11.2018 nicht gerichtlich
geltend gemacht worden sind. Wenn es der Gesetzgeber aber den Krankenkassen ermöglichen wollte, Erstattungsansprüche aus 2015
und 2016 noch bis zum 09.11.2018 gerichtlich geltend zu machen, obwohl auch bei den Ansprüchen aus 2015 die zweijährige Verjährungsfrist
bereits abgelaufen war, so muss dies erst recht für solche Erstattungsansprüche gelten, die bereits gerichtlich anhängig waren,
bevor §
109 Abs
5 SGB V und §
325 SGB V überhaupt in Kraft traten (so auch Prof. Dr. Kingreen, aaO, S 35).
Die Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Prozesszinsen - 2 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§
247 BGB) - ergibt sich aus §
69 Abs
1 S 3
SGB V, §§
291,
288 Abs
1 S 2
BGB iVm § 15 Abs 1 S 4 Landesvertrag NRW (vgl Urteil des BSG vom 21.04.2015, B 1 KR 7/15 R in juris, Rn 21).
Es besteht kein Anlass, die Revision nach §
160 Abs
2 SGG zuzulassen. Die Auslegung des OPS-Codes 8-980 ist durch höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung (Urteil des BSG vom 18.07.2013, aaO, Urteil des LSG NRW vom 08.03.2018, aaO) geklärt. Die Frage, ob die Neuregelung der Verjährungsfrist
in §
109 Abs
5 SGB V auch für bereits bei Inkrafttreten der Norm rechtshängige Ansprüche gilt, hat keine grundsätzliche Bedeutung iSd §
160 Abs
2 Nr
1 SGG. Die Antwort auf die von dem Beklagten problematisierte Frage ergibt sich ohne weiteres aus den geltenden Rechtsvorschriften
(vgl auch Kingreen, aaO S 35; Huster, aaO, S 3). Die von dem Beklagten vertretene Rechtsauffassung wird auch weder in der
Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 S 1 1. HS
SGG iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 1 und Abs 3 S 1, 47 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes.