Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz
Höhere Bewertung eines GdS
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH)
in einem Verfahren, in dem er die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und einen höheren Grad der Schädigung (GdS) nach
dem
Opferentschädigungsgesetz (
OEG) begehrt.
Der Kläger wurde am 2007 in seiner Wohnung Opfer einer Gewalttat. Durch einen Bekannten wurde er mit der Faust ins Gesicht
geschlagen und mit schweren Schuhen in das Gesicht getreten. Nach dem Bericht des Universitätsklinikums M. vom 14. Januar
2008 erfolgte dort die Behandlung des Klägers vom 12. bis 17. September 2007 unter den Diagnosen: Frakturen in der Le-Fort-I
und II-Ebene mit Zertrümmerung der fazialen Kieferhöhlenwände beidseits und Orbitabodenfraktur beidseits. Es sei eine Reposition
und Osteosynthese infraorbital beidseits sowie im Bereich der Cristae zygomaticoalveolares und paranasal beidseits erfolgt.
Die Wundheilung sei regelrecht verlaufen. Das postoperative Augenkonsil habe keine Doppelbilder ergeben. Der Kläger sei darauf
hingewiesen worden, seine Mundhygiene zu verbessern. Eine dringende Vorstellung beim Zahnarzt sei ihm empfohlen worden. Ein
Wiedervorstellungstermin zur Entfernung des Osteosynthesematerials sei für den 3. Juni 2008 vereinbart worden. Nach dem Bericht
des Universitätsklinikums M. vom 4. Oktober 2007 an die Polizeidirektion H. sei für die Dauer von bis zu sechs Monaten (bis
zur Abheilung der Frakturen) eine deutlich eingeschränkte Kaufunktion anzunehmen. Eine weitergehende Beeinträchtigung durch
die Frakturen könne erst nach Abheilung beurteilt werden.
Am 25. Januar 2008 beantragte der Kläger Beschädigtenversorgung nach dem
OEG wegen multipler Frakturen des Gesichtsschädels. Er leide dadurch unter starken Kopfschmerzen, die bis zur Beeinträchtigung
seiner Leistungsfähigkeit führten. Er habe auch Schmerzen aufgrund der Operationsnarben. Auf Anfrage des Beklagten teilte
das Universitätsklinikum M. mit, zum vereinbarten Termin zur Entfernung des Osteosynthesematerials sei der Kläger nicht erschienen
und habe sich auch danach nicht mehr vorgestellt. Nach Beteiligung seines ärztlichen Dienstes stellte der Beklagte mit Bescheid
vom 9. September 2009 bei dem Kläger als Schädigungsfolgen nach Körperverletzung am 11. September 2007 fest: "reizlose Haut-
und Knochennarben nach osteosynthetisch versorgten Mittelgesichtsfrakturen im Bereich beider vorderen Kieferhöhlenwände und
des Augenhöhlenbodens beidseits und als vorübergehende Gesundheitsstörungen: Schwellungen und Blutergüsse im Bereich des Mittelgesichts".
Da die Schädigungsfolgen keinen rentenberechtigenden GdS von mindestens 25 bedingten, könne keine Rente gewährt werden.
Am 20. Juni 2011 beantragte der Kläger die Feststellung des teilweisen Verlustes des Geruchssinns, chronische Schmerzen im
Gesicht sowie eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als weitere Schädigungsfolgen. Mit Schreiben vom 15. Dezember
2011 machte er den Verlust des Geruchssinns sowie dauerhafte Schmerzen durch Knochennarben und durchtrennte Nerven geltend.
Der Beklagte führte weitere medizinische Ermittlungen durch. Nach der Epikrise des Klinikums T. (Abteilung Psychiatrie) vom
29. November 2010 sei der Kläger dort vom 29. Oktober bis 29. November 2010 wegen einer depressiven Anpassungsstörung behandelt
worden. Dort hatte der Kläger mitgeteilt: Seit dem Überfall 2007 habe er Titanplatten im Gesicht und leide unter Schmerzen.
Seit ca. einem Monat habe er starke Rückenschmerzen und seit kurzem starke Konzentrations- und Gedächtnisdefizite. Seit ca.
drei Monaten nehme er Gerüche wahr, die es nicht geben dürfe, meist schwere, süßliche Gerüche. Es bestünden Flashbacks, vor
allem bei Kontakt zu Triggerreizen (Gerüche; ähnliche Gesichter). Im Bericht wurde zusammenfassend ausgeführt, unter antidepressiver
Medikation und Modifikation der fortbestehenden Schmerzmedikation sei allmählich eine Stimmungsaufhellung erfolgt. Nach der
ärztlichen Einschätzung des Facharztes für Urologie Dr. K. vom 26. Juli 2011 leide der Kläger unter einer Geruchsstörung,
Rückenschmerzen beim Bücken und schwerem Heben und Tragen sowie an Bronchialasthma. Er befinde sich in einem guten Ernährungs-
und Allgemeinzustand ohne psychische und kognitive Einschränkungen. Eine Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden sei durch körperliches
Training bzw. eine medizinische Reha-Maßnahme möglich. Nach dem Bericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin M.-W. vom 15.
April 2012 leide der Kläger unter chronischen Schmerzen nach chirurgisch versorgter Mittelgesichtsfraktur. Nach der beigelegten
Epikrise des Klinikums T. (Abteilung HNO) vom 17. März 2010 sei die Vorstellung des Klägers wegen eines Druckgefühls und Schmerzen
im Bereich der Wangen erfolgt. Der klinische, endoskopische und mikroskopische HNO - Befund sei unauffällig gewesen. Insgesamt
sei ein desolater Gebisszustand mit kariösem Defekt bzw. kariöser Zerstörung fast sämtlicher Zähne des Ober- und Unterkiefers
festzustellen gewesen. Eine zahnärztliche/kieferchirurgische Zahnsanierung sei empfohlen worden. Die Schmerzeinstellung sei
bereits durch den Hausarzt erfolgt. Die Osteosyntheseplatten sollten bei persistierenden Beschwerden entfernt werden.
Schließlich ließ der Beklagte das Sachverständigengutachten durch Prof. Dr. A. (Klinikdirektor der Universitätsklinik für
HNO M.) vom 9. Oktober 2012 erstatten. Danach habe der Kläger ständige Schmerzen im Bereich beider Kieferhöhlen, einen Riechverlust
seit dem 11. September 2007 und eine Nasenatmungsbehinderung in der Pollenflugzeit angegeben. Der Untersuchungsbefund habe
eine beidseitige Anosmie (völlige Aufhebung des Riechvermögens) ergeben. Das Schmeckvermögen sei nach dem durchgeführten Geschmackstest
vom 1. Oktober 2012 nicht beeinträchtigt. Eine frontobasale Schädelbasisfraktur oder Hirnverletzungen als direkten Beweis
für eine Kausalität zwischen der Gewalteinwirkung und dem später angegebenen Riechverlust könne anhand der zur Begutachtung
vorliegenden computertomographischen Bilder des Kopfes vom 11. September 2007 nicht gefunden werden. Die Gewalteinwirkung
auf den Schädel und die damit verbundenen Beschleunigungskräfte seien aber so groß gewesen, dass es durchaus zu einem Abriss
der Riechfäden an der vorderen Schädelbasis hätte kommen können. Diese Verletzungen seien durch bildgebende Verfahren nicht
darstellbar. Der Verlust des Riechvermögens könne grundsätzlich jederzeit zum Beispiel durch Virusinfektionen im Zusammenhang
mit einer Erkältung auftreten. Die Häufigkeit solcher Ereignisse sei sehr gering, so dass die Gewalteinwirkung als wahrscheinlichste
Ursache für den beidseitigen vollständigen Verlust des Riechvermögens eingeschätzt werde. In Bezug auf die bekannte allergische
Rhinitis (Heuschnupfen) sei der Kläger zum Zeitpunkt der Begutachtung beschwerdefrei gewesen. Ein Zusammenhang zwischen dieser
seit der Kindheit bestehender Erkrankung und dem festgestellten Verlust des Riechvermögens sei ebenfalls unwahrscheinlich.
Der Riechverlust werde dauerhaft sein und werde mit einem GdS von 10 eingeschätzt. Eine derzeitige Berufsausübung als Koch
sei damit nicht möglich. Die dauerhaften Schmerzen im Bereich des Mittelgesichts seien direkte Folge der beidseitigen ausgedehnten
Mittelgesichtsfraktur. Der Kläger müsse deshalb täglich Schmerzmittel einnehmen. Diese Folge werde auch mit einem GdS von
10 eingeschätzt. Der Gesamt-GdS auf HNO - Fachgebiet betrage 20.
Der ärztliche Gutachter des Beklagten Dipl.-Med. K. führte dazu aus: Da die Schmerzmedikation möglicherweise wegen der Rückenschmerzen
erfolge, könne die Anerkennung der Schmerzen nicht empfohlen werden. Gegen schädigungsbedingte Schmerzen durch Knochennarben
spreche der fehlende Klopfschmerz im Bereich der Nasennebenhöhlen.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 2012 hob der Beklagte den Bescheid vom 26. September 2000 auf und stellte ab 1. Juni 2011 beim
Kläger als Schädigungsfolgen "Verlust des Riechvermögens, reizlose Haut- und Knochennarben nach osteosynthetisch versorgten
Mittelgesichtsfrakturen im Bereich beider vorderen Kieferhöhlenwände und des Augenhöhlenbodens beidseits" mit einem GdS von
10 fest.
Dagegen erhob der Kläger am 18. Dezember 2012 Widerspruch und trug vor: Die Sensibilitätsstörung im Gesicht, die Schmerzattacken
und der Verlust des Riechvermögens seien höher zu bewerten. Zudem sei ein Ausgleich für den entgangenen Lohn als Koch seit
seiner Antragstellung zu zahlen.
Der Beklagte zog aus der Schwerbehindertenakte des Klägers den Befundschein der Dipl.-Med. M.-W. vom 18. April 2013 bei, die
eine Anpassungsstörung nach Polytrauma und osteosynthetisch versorgter Mittelgesichtsfraktur mitteilte. Seitdem liege eine
Einschränkung des Riechvermögens vor. Eine Dauermedikation bezüglich der Anpassungsstörung erfolge nicht. Zudem liege ein
chronischer Gesichtsschmerz nach Mittelgesichtsfraktur vor.
Schließlich holte der Beklagte das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. (Klinikum U.) vom 5. August
2013 ein, das dieser nach einer ambulanten Untersuchung unter Einbeziehung einer testpsychologischen Untersuchung erstattete.
Diesem hatte der Kläger angegeben, nach der Gewalttat sei er acht Wochen arbeitsunfähig gewesen. Anschließend habe er wieder
als Koch in verschiedenen Hotels gearbeitet. Die Störung des Geruchssinns und die damit verbundenen Einschränkungen seien
ihm im Verlauf der Tätigkeit stärker bewusst geworden. Auch der notwendige Zahnersatz sei nicht vom Täter gestellt worden.
Es habe zudem Probleme mit dem ehemaligen Arbeitgeber gegeben und Schulden hätten bestanden. Aus dieser Lage heraus habe er
im Oktober 2010 Suizidgedanken gehabt. Zu diesem Zeitpunkt hätten auch Rückenschmerzen bestanden. Er habe sich damals in psychiatrische
Behandlung begeben. Nachfolgend hätten keine psychiatrischen Behandlungen mehr stattgefunden. Unter Schmerzmedikation erlebe
er sich als medikamentös gut eingestellt. Die Schmerzen erlebe er mit einer Intensität von 2 bis 3 auf einer Skala bis 10.
Andere Behandlungen nehme er aktuell nicht wahr. Bei stärkeren Schmerzen, ca. 3 bis 4-mal im Monat, nehme er eine Bedarfsmedikation
ein. Die Schmerzen träten im Verletzungsbereich auf, strahlten jedoch auch nach hinten aus und es komme zu einem Verschwommen
sein der Augen. Weiterhin komme es zu einer Taubheit im Bereich des Kopfes. Derartige Schmerzbeschwerden habe er bis 2007
nicht gehabt. Psychiatrische Beschwerden habe er verneint. Der körperliche Befund habe zwei reizlose, kosmetisch nicht störende
feine Narben nach Osteosynthese gezeigt. Der neurologische Befund habe bis auf die Dysosmie (Riechstörung) regelrechte Hirnnervenfunktionen
gezeigt. Außerdem bestünden hypästhetische Zonen unterhalb der unteren Augenlider (ca. 3 x 1 cm). Der psychische Befund habe
keine Hinweise auf behandlungsrelevante psychische Störungen, somatoformes Erleben, Symptome einer partiellen PTBS oder Hinweise
für Aggravation oder Simulation von Beschwerden gezeigt. Der Sachverständige stellte folgende Diagnosen: Störung des Riechvermögens
(GdS 15), Gesichtsschmerzsyndrom nach osteosynthetisch versorgter Mittelgesichtsfraktur im Bereich beider vorderer Kieferhöhlenwände
und des Augenhöhlenbodens (GdS 10), abgeklungene depressive Anpassungsstörung. Neurologisch habe er keine Hinweise für eine
erfolgte Hirnverletzung finden können. Die im Jahr 2010 mitgeteilten Konzentrationsbeeinträchtigungen seien im Rahmen des
damaligen depressiven Geschehens zu sehen. Es lägen keine Angaben über längere Bewusstseinsstörungen, eine antro- oder retrograde
Amnesie bzw. über mögliche hirnkontusionelle Beschwerden vor, so dass eine mögliche Hirnkontusion als Mitursache der aufgeführten
Beschwerden nicht wahrscheinlich sei. Die vorliegende Symptomatik sei nicht als Trigeminusneuralgie oder atypischer Kopfschmerz
unklarer Genese zu werten. Die leichtgradigen hypästhetischen Beschwerden bzw. Empfindungsstörungen seien so diskret, dass
allein daraus kein GdS von 10 resultiere. Dies spreche nach seiner Einschätzung für eine Nervenirritation im Rahmen der aufgeführten
Verletzungen. Die vom Kläger geschilderten heftigeren Kopfschmerzen wirkten teilweise migräneartig, wobei in der Voranamnese
keine derartigen Beschwerden aufgetreten seien und auch keine familiäre Belastung bestehe, so dass er eher von Spannungskopfschmerzen
ausgehe. Hinsichtlich der Störung des Riechvermögens werde auf die Darstellungen im HNO-ärztlichen Bericht verwiesen. Gegebenenfalls
sei ein besonderes berufliches Betroffen sein zu berücksichtigen. Das schädigungsbedingte Schmerzsyndrom sei nicht primär
durch eine neurologische Störung bedingt. Andere neurologische Störungen seien jedoch auszuschließen. Ein GdS von 10 bis 20
sei nach seiner Einschätzung leidensangemessen. Wesentliche Änderungen in der Schmerzverarbeitung und hinsichtlich der Schmerzintensität
seien im zeitlichen Verlauf nicht aufgetreten.
In ihrer prüfärztlichen Stellungsname führte die ärztliche Gutachterin des Beklagten Dr. M. am 25. September 2013 aus: Der
neurologische Gutachter habe in seinem klinisch-neurologischen Befund lediglich eine Dysosmie (Riechstörung) und keine Anosmie
(Geruchsverlust) festgestellt. Ein GdS von 15 sei mithin nicht zu begründen, da dies den völligen Verlust des Riechvermögens
und eine leidensimmanent verbundene Beeinträchtigung der Geschmackswahrnehmung erfordert. Der Geschmackstest habe keine Einschränkung
ergeben, so dass auch nicht vom vollständigen Verlust des Riechvermögens auszugehen sei. Ein höherer GdS als 10 sei somit
bezüglich dieser Funktionsstörung nicht vertretbar. Der gutachtlichen Einschätzung, wonach der Gesichtsschmerz mit einem GdS
von 10 zu bewerten sei, könne gefolgt werden. Die über den Gesichtsschmerz hinausgehenden Schmerzattacken seien Gesundheitsstörungen
schädigungsfremder Ursache, die keinen kausalen Bezug zu einer Gesichtsschädelverletzung zeige. Es sei auch nicht nachvollziehbar,
dass der Kläger schädigungsbedingt nicht in der Lage sein soll, eine Umschulungsmaßnahme durchzuführen bzw. erfolgreich absolvieren
zu können. Eine Verschlimmerung des schädigungsbedingten Gesichtsschmerzes sei im Verlauf medizinisch nicht zu erwarten bzw.
zu erklären.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2013 änderte der Beklagte den Bescheid vom 3. Dezember 2012 ab und erkannte als
Schädigungsfolgen an: "Verlust des Riechvermögens, Lokalisierter Gesichtsschmerz, Gefühlsstörung unterhalb der unteren Augenlider
ca. 3 x 1 cm, Reizlose Haut- und Knochenarben nach osteosynthetisch versorgten Mittelgesichtsfrakturen im Bereich beider vorderer
Kieferhöhlenwände und des Augenhöhlenbodens". Diese Schädigungsfolgen bedingten keinen rentenberechtigten GdS von 25. Soweit
der Widerspruch über die Teilabhilfe hinausgehe, bleibe er erfolglos. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Da die Geschmackswahrnehmung
unbeeinträchtigt sei, sei allenfalls der GdS für den Verlust des Riechvermögens mit 15 zu bewerten. Unter einer nicht allein
gesichtsschmerzbedingten Medikation sei die Schmerzintensität von 2-3/10 auf einer visuellen Analogskala festgestellt worden.
Die daraus resultierenden Beeinträchtigungen bedingten einen GdS von 10. Die über den Gesichtsschmerz hinausgehenden Schmerzen
seien nicht schädigungsbedingt. Dr. B. habe in diesem Zusammenhang auf Spannungskopfschmerzen hingewiesen. Bei den Einzelgraden
von 15 und 10 werde kein Gesamt-GdS von 25 erreicht.
Dagegen hat der Kläger am 12. Dezember 2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben und PKH beantragt. Als Gesundheitsstörungen hat er "permanenten Dauerkopfschmerz einhergehend mit witterungsumschwungsbedingten
migräneartigen Kopfschmerzattacken bei gleichzeitiger Geräusch- und Lichtüberempfindlichkeit" geltend gemacht. Diese seien
mit einem rentenberechtigenden GdS von mindestens 25 zu bewerten. Insbesondere wende er sich gegen die Bagatellisierung seines
Dauergesichtsschmerzes und die Argumentation, dass die schmerztherapeutische Bedarfsmedikation nicht schädigungsbedingt sei.
Neben den Schmerzmitteln nehme er ein Antiepileptikum ein, um die Schmerzreize im Kopfbereich zu unterdrücken. Während der
mehrtägigen migräneartigen Schmerzattacken befinde er sich in Phasen völliger Handlungsunfähigkeit. Er müsse sich hinlegen,
Verdunklung herbeiführen und geräuschmindernde Ohrstöpsel verwenden. Nach dem Abklingen dieser Schmerzattacken verwandele
sich das Schmerzbild in einen Spannungskopfschmerz, der diffus als Dauerdruck- und Spannungszustand vom Gesichtsbereich ausgehend
bis zum Kopf ausstrahle. Auch sei für die Kopfschmerzsymptomatik keine Hirnschädigung erforderlich. Vielmehr sei eine Schädigung
von Nerven im Gesichts- und Kopfbereich ausreichend. Vor dem Schadensereignis habe er weder Schmerzmittel nehmen müssen, noch
sei eine Kopfschmerzproblematik vorhanden gewesen. In dem Schwerbehindertenverfahren habe der Beklagte zusätzlich zu dem Verlust
des Riechvermögens und dem lokalisierten Gesichtsschmerz als weitere Gesundheitsstörung einen chronischen Kopfschmerz mit
einem Grad der Behinderung von 20 anerkannt.
Dem hat der Beklagte zunächst entgegengehalten, dass im Schwerbehindertenrecht die Anerkennung nach dem Finalprinzip, das
heißt unabhängig von der Ursache erfolge. Die geltend gemachte Kopfschmerzsymptomatik könne nach dem Ergebnis der im Verwaltungsverfahren
durchgeführten neurologischen Untersuchung nicht als Schädigungsfolge wahrscheinlich gemacht werden.
Das SG hat vom Kläger einen Fragenbogen über die ärztlichen Behandlungen der letzten drei Jahre eingeholt. Am 15. Februar 2015 hat
der Kläger angegeben, in keinen Krankenhäusern behandelt worden zu sein. Er sei einmalig von der Pneumologin Dr. K. behandelt
worden. Ansonsten erfolge die Behandlung durch Dr. M.-W. wegen der Schmerzen im Gesicht und der Asthmaerkrankung.
Sodann hat das SG Befundberichte dieser Ärzte eingeholt. Dr. K., Fachärztin für Innere Medizin/Pneumologie/Schlafmedizin hat über die einmalige
ambulante Behandlung des Klägers am 17. Januar 2015 berichtet. Danach leide der Kläger seit der Kindheit an einem gut eingestellten
leichtgradigen Asthma Bronchiale ohne Exacerbationen. Dipl.-Med. M.-W. hat am 16. April 2015 einen chronischen Schmerz bei
Zustand nach chirurgisch versorgter Mittelgesichtsfraktur, Asthma Bronchiale und Adipositas diagnostiziert. Seit 2012 sei
keine Änderung der Befunde eingetreten. Der Kläger habe über chronische Schmerzen im Bereich des Mittelgesichtes, intermittierende
Schlafstörungen sowie Atem- bzw. Luftbeschwerden geklagt.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2015 hat das SG die Gewährung von PKH abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Der permanente Dauerkopfschmerz einhergehend mit witterungsumschwungbedingten
migräneartigen Kopfschmerzen bei gleichzeitiger Geräusch- und Lichtüberempfindlichkeit könne nicht als weitere Schädigungsfolge
anerkannt werden. Auch sei keine höhere GdS-Bewertung vorzunehmen, so dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg habe. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Auftreten des Kopfschmerzes und dem Schädigungstatbestand sei
nicht gegeben. Insoweit werde dem Gutachten des Dr. B. und der versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom 25. September 2013
gefolgt. Auch die GdS-Bewertung sei nicht zu beanstanden. Nach dem HNO-Gutachten liege keine Beeinträchtigung des Geschmacksvermögens
vor, insoweit sei eine GdS-Bewertung von 10 aufgrund des Verlusts des Riechvermögens nicht zu beanstanden. Die anerkannten
Sensibilitätsstörungen habe der Beklagte zutreffend mit einem GdS von 10 bewertet. Darüber hinausgehende Beeinträchtigungen
lägen nicht vor. Ein rentenberechtigter GdS von 25 werde hierdurch nicht erreicht.
Gegen den ihm am 1. Juli 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 21. Juli 2015 Beschwerde eingelegt und zur Begründung
vorgetragen: Es sei nicht lediglich der Gesichtsschmerz im ehemaligen Frakturbereich schädigungsbedingt. Denn eine scharfe
Abgrenzung der großflächig im Kopfbereich eingetretenen Beschwerden sei nicht möglich. Die Beschreibung des Beschwerdebildes
als migräneartig habe lediglich das äußere Erscheinungsbild charakterisieren sollen. Der Bewertung der Schmerzattacken als
Spannungskopfschmerz und als Migräne trete er ausdrücklich entgegen. Zudem weiche das Gutachten des Sachverständigen Dr. B.
von dem ärztlichen Gutachten des Prof. Dr. A. ab, der die Schmerzbeschwerden als direkte Folge der beiderseitigen ausgedehnten
Mittelgesichtsfraktur ansehe. Insoweit sehe er weiteren Aufklärungsbedarf. Darüber hinaus komme dem Verlust des Riechvermögens
vor dem Hintergrund seiner früheren Tätigkeit als Koch wesentliche Bedeutung zu. Ein Koch, der zwar über Geschmackssinn, nicht
jedoch über Geruchssinn verfüge, sei nicht in der Lage, den Anforderungen seines Berufes gerecht zu werden.
Der Beklagte hat auf die vorliegenden medizinischen Gutachten und Stellungnahmen verwiesen, die nicht für eine Kausalität
zwischen der erlittenen Schädigung und den geltend gemachten migräneartigen Kopfschmerzen sprächen. Dem stehe insbesondere
auch die Tatsache entgegen, dass die Schädigung nicht mit einer Hirnschädigung einhergegangen sei. Daher sei eine weiterführende
medizinische Beweiserhebung entbehrlich.
Dazu hat der Kläger vorgetragen: Auch er gehe nicht von einem Hirnschaden, sondern von neuropathischen Schmerzen aus, die
von dem verletzten Nervenbereich im Mittelgesicht über den gesamten Kopf ausstrahlten. Auch Nervenverletzungen im Gesicht
könnten derartige Beschwerdebilder auslösen.
Dazu hat der Beklagte am 10. Dezember 2015 unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme seiner ärztlichen Gutachterin
S.-S. vom 4. Dezember 2015 ausgeführt: Eine Trigeminusneuralgie sei von Dr. B. ausdrücklich ausgeschlossen worden. Die nunmehr
aufgestellte Behauptung, bei der erlittenen Mittelgesichtsverletzung sei ein Nerv verletzt worden, der die migräneähnlichen
Schmerzattacken auslöse, sei aus medizinischer Sicht nicht plausibel. Ein im Bereich des Mittelgesichts lokalisierter Nerv,
dessen Schädigung Auswirkungen auf den gesamten Schädel in Form von migräneähnlichen Kopfschmerzattacken nehmen könne, sei
in der medizinischen Wissenschaft nicht bekannt.
Dem hat der Kläger entgegengehalten: Er könne als medizinischer Laie nur das äußere Erscheinungsbild seiner Beschwerden und
Beeinträchtigungen schildern. Die Schmerzen bestünden im Bereich des Mittelgesichtes großflächig unter beiden unteren Augenlidern,
die je nach Intensität des Schmerzes bis in den Bereich der Schläfe und der beiden Wangen ausstrahlten. Bei länger anhaltendem
Schmerzbild erstrecke sich der Schmerz sogar bis in den Stirnbereich. Im Übrigen sei auch der Geschmackssinn beeinträchtigt,
da die Möglichkeit, geschmacklich Zuordnungen treffen zu können, durch den Verlust des Geruchssinns erheblich beeinträchtigt
sei. Er gehe auch davon aus, dass die bei ihm vorhandene Nervenschädigung radiologisch feststellbar sei. Letztlich könne die
Nervenschädigung angesichts der sonstigen dargestellten Umstände nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Auch bestünden
weitere diagnostische Möglichkeiten, wie zum Beispiel Ultraschall oder elektrische Leitfähigkeitsuntersuchungen. Wegen der
Medikamenteneinnahme könne er keinen Führerschein erwerben. Bei regelmäßig wiederkehrenden Beschwerdeattacken sei er schon
an der Wahrnehmung einfachster Alltagserledigungen gehindert und müsse sich jedweder Umwelteinwirkung entziehen.
Dagegen hat der Beklagte auf die gutachtliche Stellungnahme der ärztlichen Gutachterin S.-S. vom 8. Februar 2017 verwiesen
und ausgeführt: Die Vermutung des Klägers, wonach nun eine Beeinträchtigung des Geschmackssinns vorliege, sei durch keinen
HNO-ärztlichen Befund nachgewiesen. Selbst wenn man dies annehmen würde, könne der GdS lediglich mit 15 festgestellt werden.
Schließlich hat der Kläger einen Ausdruck aus Wikipedia zum "Geschmackssinn" übersandt und sieht dadurch seine Auffassung
bestätigt. Zudem hat er das von ihm in den Monaten Februar und März 2017 geführte Schmerztagebuch vorgelegt. Der Beklagte
sieht aufgrund dieser Unterlagen keinen Anlass zur Änderung seiner Rechtsauffassung.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 25. Juni 2015 ist nach §
172 Abs.
1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist aber unbegründet. Der Antrag auf Bewilligung von PKH war abzulehnen, da die Klage keine hinreichende Aussicht
auf Erfolg hat.
Nach dem gemäß §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG entsprechend anzuwendenden §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) setzt die Bewilligung von PKH voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die
Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung muss der durch Art.
3 Abs.1 i. V. m. Art.
20 Abs.
3 Grundgesetz gebotenen Rechtsschutzgleichheit gerecht werden. Danach muss einerseits der Prozesserfolg nicht schon gewiss sein, reicht
andererseits aber eine nur entfernte Erfolgsaussicht nicht aus (vgl. BVerfGE 81, 347, 356 ff.). Nach dem vorgetragenen Sachverhalt und den vorliegenden Unterlagen müssen der Rechtsstandpunkt des Antragstellers
zumindest vertretbar und eine Beweisführung möglich sein (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer in
SGG, 11. Auflage 2014, §
73 a Rn. 7 a).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art.
3 Abs.
1 i. V. m. Art.
20 Abs.
3 Grundgesetz (
GG) eine weitgehende Angleichung der Situation von bemittelten und unbemittelten Rechtsuchenden bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes
(vgl. nur BVerfGE 9, 124, 130 f.). Zwar ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von PKH davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der
Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren
der PKH zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will
den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen
(vgl. BVerfGE 81, 347, 357). Es läuft dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, wenn der unbemittelten Partei wegen Fehlens der Erfolgsaussichten
seines Rechtsschutzbegehrens PKH verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten
und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des
Klägers ausgehen würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 1 BvR 1450/00, NJW-RR 2002, S. 1069). Eine Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren ist nur in eng begrenztem Rahmen zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss
vom 7. Mai 1997 -1 BvR 296/94, NJW 1997, S. 2745, 2746). Andernfalls überspannt das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung und verfehlt so den Zweck der PKH, der unbemittelten Partei den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu
ermöglichen (vgl. BVerfGE 81, 347, 358).
Nach diesem Maßstab hat die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung
von weiteren Schädigungsfolgen und Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem
OEG. Weder dem Vortrag des Klägers noch dem übrigen Inhalt der Akten lassen sich rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte
entnehmen, die seiner Klage im Ergebnis zum Erfolg verhelfen könnten. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass nach den
eingeholten Befundberichten weitere Ermittlungen erforderlich sind.
Rechtsgrundlage für den von dem Kläger in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage
(§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 SGG) geltend gemachten Anspruch ist §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG i.V.m. § 31 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung
der Vorschriften des BVG, u. a. auch Beschädigtenrente nach § 31 Abs. 1 BVG, wer im Geltungsbereich des
OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine
oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
Weitere als die bereits vom Beklagten anerkannten Schädigungsfolgen "Verlust des Riechvermögens, Lokalisierter Gesichtsschmerz,
Gefühlsstörung unterhalb der unteren Augenlider ca. 3 x 1 cm, Reizlose Haut- und Knochenarben nach osteosynthetisch versorgten
Mittelgesichtsfrakturen im Bereich beider vorderer Kieferhöhlenwände und des Augenhöhlenbodens" können nicht festgestellt
werden. In medizinischer Hinsicht ist der Sachverhalt durch die Gutachten von Prof. Dr. A. und Dr. B. aufgeklärt, die keine
darüber hinausgehenden Schädigungsfolgen festgestellt haben. Auch die im Klageverfahren ergänzend eingeholten Befundberichte
der behandelnden Ärzte können den Vortrag des Klägers nicht stützen.
Die vom Kläger nunmehr geltend gemachte Störung des Geschmackssinns, die objektiv im Vollbeweis feststehen muss, ist bislang
nicht medizinisch nachgewiesen. Das Schmeckvermögen war nach dem Gutachten des Prof. Dr. A. erhalten geblieben. Auch ein Gesichtsschmerz
neurologischer Ursache ist medizinisch nicht nachgewiesen. Dr. B. hat bei seiner neurologischen Untersuchung bis auf die Riechstörung
regelrechte Hirnnervenfunktionen feststellen können. Der Kläger befindet sich nicht in neurologischer Behandlung, sodass sein
Sachvortrag keinen tatsächlichen Anknüpfungspunkt findet und eine Beweisführung im weiteren Klageverfahren auch nicht wahrscheinlich
ist. Schließlich war auch bei der HNO-ärztlichen Untersuchung in T. (Epikrise vom 17. März 2010) ein klinisch, endoskopisch
und mikroskopisch unauffälliger Befund festgestellt worden.
Indes besteht aufgrund des jahrelangen völlig desolaten Zahnstatus mit der mehrfachen Empfehlung der Sanierung durchaus eine
Ursache, die schädigungsunabhängig auch die Schmerzzustände erklären könnte. So wurde bereits im Bericht des Universitätsklinikums
M. vom 14. Januar 2008 darauf hingewiesen, dass der Kläger seine Mundhygiene verbessern müsse. Außerdem wurde eine Vorstellung
beim Zahnarzt dringend empfohlen. Dieser Empfehlung ist der Kläger allerdings nicht nachgekommen, wie der Bericht des Klinikums
T. vom 17. März 2010 zeigt. Danach war beim Kläger ein desolater Gebisszustand mit kariösem Defekt bzw. kariöser Zerstörung
fast sämtlicher Zähne des Ober- und Unterkiefers festgestellt worden. Auch damals war eine zahnärztliche/kieferchirurgische
Zahnsanierung empfohlen worden.
Auf Grundlage der bereits festgestellten Schädigungsfolgen kommt keine höhere Bewertung des GdS in Betracht. Nach § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des GdS nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen.
Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) aufgestellt worden. Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG - Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember
2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und damit der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der
rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen.
Für die hier streitige Bemessung ist die GdS-Tabelle der VMG anzuwenden. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der GdS-Tabelle
sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte (Teil B, Nr. 1 a). In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen
auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Teil A, Nr. 2 e genannten
Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat;
Haut; Blut und Immunsystem; innere Sekretion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen
tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a).
Danach lässt sich nicht mit einer nach dem oben dargelegten PKH-Maßstab ausreichenden hinreichenden Erfolgsaussicht für die
Schädigungsfolgen des Klägers ein rentenberechtigender GdS von mindestens 25 feststellen.
Der völlige Verlust des Riechvermögens mit der damit verbundenen Beeinträchtigung der Geschmackswahrnehmung wird nach Teil
B, Nr. 6.3 VMG mit einem GdS von 15 bewertet. Die Angabe des Klägers gegenüber Prof. Dr. A., wonach er einen Riechverlust
seit dem 11. September 2007 hat, erscheint nach der Aktenlage nicht nachvollziehbar. So hat er bei seinem Erstantrag im Januar
2008 eine solche Gesundheitsstörung gar nicht geltend gemacht. Auch war er nach der Tat lediglich acht Wochen arbeitsunfähig
und hat anschließend weiterhin als Koch jedenfalls bis zum Jahre 2010 in verschiedenen Hotels gearbeitet (so die Angaben im
Klinikum T. und gegenüber Dr. B.). Dies erscheint mit einem vollständigen Verlust des Geruchsinns schwer möglich. Außerdem
war bei der HNO-ärztlichen Untersuchung in T. im März 2010 noch ein klinisch, endoskopisch und mikroskopisch unauffälliger
Befund festgestellt worden. Im Klinikum T. hatte er im November 2010 über Geruchsstörungen und Triggerreize durch bestimmte
Gerüche berichtet. Erst im Juni 2011, also fast vier Jahre nach dem schädigenden Ereignis, hat er erstmals einen "teilweisen"
Verlust des Geruchssinns als Schädigungsfolge geltend gemacht. Auch Dr. K. hat am 26. Juli 2011 lediglich von einer "Geruchsstörung"
berichtet. Dipl.-Med. M.-W. hat ebenso nur von einer "Einschränkung" des Riechvermögens, nicht aber von einem vollständigen
Verlust berichtet (Befundschein vom 18. April 2012). Schließlich hat Dr. B. bei seiner Untersuchung im Jahre 2013 lediglich
eine "Riechstörung" festgestellt. Dass nunmehr ein vollständiger Verlust des Geruchssinns und der Verlust des Geschmackssinns
vom Kläger angegeben werden, erscheint in Anbetracht des Zeitablaufs weder plausibel noch medizinisch hinreichend gesichert.
Damit kann keinesfalls ein höherer GdS als 10 für diese Schädigung angenommen werden. Dies hat im Ergebnis auch Prof. Dr.
A. als HNO-Gutachter nachvollziehbar vorgeschlagen.
Die bestehenden Schmerzen aufgrund der erlittenen Frakturen können nicht höher als mit einem GdS von 10 bewertet werden. Insoweit
ist zu beachten, dass Kopfschmerzen dann eine Bewertung rechtfertigen, wenn eine entsprechende neurologische Diagnose besteht
(z.B. Migräne, Trigeminusneuralgie) oder eine ärztliche Behandlung der Schmerzen stattfindet, weil nach Ort und Ausmaß der
pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist (Teil A, Nr. 2 j VMG).
Die dauerhaften Schmerzen im Bereich des Mittelgesichts sind nach den Ausführungen von Prof. Dr. A. direkte Folge der beidseitigen
ausgedehnten Mittelgesichtsfraktur. Da der Kläger täglich Schmerzmittel einnehmen muss, hat er vorgeschlagen, diese mit einem
GdS von ebenfalls 10 zu bewerten. Das erscheint nachvollziehbar, da der Kläger gegenüber Dr. B. angegeben hatte, hinsichtlich
der Schmerzen gut eingestellt zu sein und an einer Intensität von 2 bis 3 auf einer Skala bis 10 zu leiden. Lediglich 3 bis
4-mal monatlich habe er stärkere Beschwerden. Da der Kläger keine schmerztherapeutische und auch keine neurologische Behandlung
seit der Schädigung in Anspruch genommen hat und auch in den letzten Jahren keine stationären Behandlungen erfolgt sind, spricht
dies gegen einen höheren Leidensdruck und damit auch gegen einen höheren GdS. Schließlich hat der Kläger auch die mehrfach
vorgeschlagene Entfernung des Osteosynthesematerials nicht durchgeführt. Diese Therapieoption war ihm in den Kliniken M. und
in T. bei fortbestehenden Beschwerden angeraten worden.
Die von Dr. B. festgestellten leichtgradigen hypästhetischen Beschwerden bzw. Empfindungsstörungen sind nach seiner Einschätzung
diskret, sodass der Senat sich seiner Empfehlung anschließt, dafür keinen GdS anzunehmen. Dies entspricht den VMG, wonach
bei sensiblen Störungen die Funktionseinschränkungen und Schmerzen zu berücksichtigen sind (Teil B, Nr. 3.11). Damit einhergehende
Funktionseinschränkungen hat Dr. B. nicht feststellen können und die Schmerzen wurden bereits berücksichtigt. Eine Doppelbewertung
ist nicht möglich.
Da beim Kläger die Riechstörung und die Schmerzen jeweils mit Einzel-GdS von 10 zu bewerten sind, verbleibt es beim Gesamt-GdS
von 10. Die Einschätzung von Prof. Dr. A., wonach der Gesamt-GdS 20 betrage, entspricht nicht den Vorgaben der VMG, sodass
der Senat ihm nicht folgen kann. Denn von einem hier nicht vorliegenden Ausnahmefall abgesehen, führen zusätzliche leichte
Gesundheitsstörungen, die nur einen GdS von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung (VMG,
Teil A 4, Nr. 3 ee). Eine medizinische Begründung für einen hier vorliegenden Ausnahmefall hat auch Prof. Dr. A. nicht gegeben.
Der rentenberechtigende GdS von 25 kann auch unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit nicht erreicht
werden. Nach § 30 Abs. 2 BVG kann der GdS wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit angehoben werden. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist der GdS
höher zu bewerten, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen
Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen ist, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde
oder noch ausgeübt wird. Das könnte bei der Tätigkeit als Koch durchaus möglich sein. Doch selbst wenn der GdS von 10 um 10
auf 20 angehoben werden würde, könnte der Kläger nicht den rentenberechtigenden GdS von 25 erreichen. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass der Beschädigte für eine Erhöhung des GdS um 10 "besonders betroffen" sein muss und für eine darüber hinausgehende Erhöhung
um 20 "außergewöhnlich große" berufliche Betroffenheit vorliegen muss (Dau in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht,
§ 30 BVG Rn. 20 f). Von einer schädigungsbedingten außergewöhnlichen Betroffenheit kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil
der Kläger nach acht Wochen Arbeitsunfähigkeit im Anschluss an die Gewalttat zumindest bis zum Jahre 2010 wiederum als Koch
in verschiedenen Hotels tätig war. Weshalb diese Berufsausübung schädigungsbedingt dann im weiteren Verlauf gar nicht mehr
möglich sein sollte, lässt sich anhand der hier vorliegenden medizinischen Befunde nicht erklären.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).