Inhaltskontrolle von Eheverträgen nicht nur zugunsten eines unterhaltbegehrenden Ehegatten; Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages
aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung zum Nachteil des Sozialleistungsträgers; Wirksamkeit einer Leibrentenverpflichtung in
einem Ehevertrag; Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf einen zwischen einem türkischen Staatsangehörigen und einer Deutschen
geschlossenen Ehevertrag
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Leibrentenverpflichtung, die der Kläger zugunsten der Beklagten durch Ehevertrag
eingegangen ist.
Der 1962 geborene Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist, und die 1953 geborene Beklagte heirateten am 12. Dezember
1997. Die Ehe blieb kinderlos. Am 24. November 1999 schlossen die Parteien unter Hinzuziehung eines für die türkische Sprache
allgemein vereidigten Dolmetschers einen notariell beurkundeten Ehevertrag, durch den in den Ziffern 1 bis 4 und 6 Vereinbarungen
über die Gestaltung des ehelichen Zusammenlebens getroffen wurden. Ziffer 7 enthält einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht
für den Fall der Scheidung sowie die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer Leibrente an die Beklagte. Im Einzelnen sieht
Ziffer 7 folgende Regelung vor:
"Im Hinblick auf den Altersunterschied zwischen den Eheleuten regeln die Eheleute einen etwaigen nachehelichen Unterhaltsanspruch
der Ehefrau durch eine Leibrente.
Für den Fall der Ehescheidung verzichten die Eheleute gegenseitig völlig auf jeden gesetzlichen Unterhalt und nehmen diesen
Verzicht wechselseitig an.
Als Abfindung für ihren Verzicht erhält die Ehefrau die folgende Leibrente. Für diese Leibrente wird die entsprechende oder
ergänzende Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt ausdrücklich ausgeschlossen. Die Leibrente
ist monatlich am 15. eines jeden Monats zu entrichten und beläuft sich auf monatlich 1.300 DM. Diese Leibrente erlischt mit
dem Tode der Ehefrau. Sie erlischt weiter mit Beginn des ersten Monats, an dem die Ehefrau Altersrente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung bezieht. Ferner ruht der Anspruch auf Leibrente, sobald und solange die Ehefrau Einkünfte aus einer Vollerwerbstätigkeit
bezieht.
Verändert sich der Preisindex aller privaten Haushalte für ganz Deutschland, festgestellt vom statistischen Bundesamt, Basis
1991 = 100, gegenüber den im Monat dieses Vertragsabschluss gültigen Index, so erhöht oder ermäßigt sich der Rentenbetrag
entsprechend. Eine Anpassung findet jedoch nur statt, wenn sich eine Veränderung dieses Index von mehr als 10 % eingestellt
hat, wobei jeweils von der letzten Anpassung zu Grunde liegenden Indexzahl auszugehen ist. Die Rente erhöht oder ermäßigt
sich ab dem der Anpassung folgenden Monatsfünfzehnten. Rückwirkende Anpassung kann nicht verlangt werden. Weiter gehende Anpassungen
finden nicht statt. Insbesondere wird die Änderungsklage nach §
323 ZPO ausdrücklich ausgeschlossen.
Der Ehemann unterwirft sich wegen der Verpflichtung zur Zahlung obiger wertgesicherter Rente der sofortigen Zwangsvollstreckung
aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen.
Die Ehefrau verpflichtet sich jedoch ihrerseits, im Falle einer Ehescheidung sich nach Kräften um eine Vollerwerbstätigkeit
als Bürokauffrau oder um eine vergleichbare Tätigkeit zu bemühen."
Nach den Schlussbestimmungen des Ehevertrages soll für den Fall, dass die als Unterhaltsersatz vereinbarte Leibrente unwirksam
sein oder werden sollte, der Unterhaltsverzicht ebenfalls unwirksam sein.
Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 9. April 2002 rechtskräftig geschieden. Während der Ehe
war der Kläger - abgesehen von einer kurzen Zeit der Arbeitslosigkeit Anfang des Jahres 2000 - durchgehend erwerbstätig, während
die Beklagte bis August 2000 arbeitslos war und Arbeitslosengeld bezog. Seit September 2000 ist sie im Umfang von 20 Stunden
pro Woche als Buchhalterin tätig.
Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass der Beklagten aus der notariellen Urkunde keine Leibrenten- oder Unterhaltsansprüche
zustehen, sondern die Regelung insoweit nichtig ist. Er hat außerdem die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde
verlangt. Hilfsweise hat er Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde erhoben und höchst hilfsweise
Abänderung der Leibrentenverpflichtung dahin beantragt, dass diese entfällt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil abgeändert
und festgestellt, dass der Beklagten keine Ansprüche auf Zahlung einer Leibrente aus Ziff. 7 des Ehevertrages zustehen; die
Regelung in Ziff. 7 sei nichtig. Darüber hinaus hat es die Beklagte verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung
der notariellen Urkunde an den Kläger herauszugeben. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision
der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe:
Das Urteil beruht inhaltlich nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern berücksichtigt - als sog. unechtes Versäumnisurteil
- den gesamten Sach- und Streitstand.
Die Revision ist nicht begründet.
1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 477 ff. veröffentlicht ist, hat die Feststellungsklage für zulässig gehalten und - in Anwendung deutschen Rechts - angenommen,
die Vereinbarung in Ziff. 7 des Ehevertrages sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß §
138 Abs.
1 BGB nichtig. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen, nach der trotz grundsätzlich bestehender Vertragsfreiheit der Schutzzweck
der gesetzlichen Scheidungsfolgeregelungen nicht beliebig unterlaufen werden dürfe, gelte auch zugunsten des unterhaltsverpflichteten
Ehegatten. Vorliegend führe bereits eine Wirksamkeitskontrolle zur Nichtigkeit der in Rede stehenden Vereinbarung, da schon
im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig gewesen sei, dass hierdurch eine einseitige, nicht gerechtfertigte Lastenverteilung
für den Scheidungsfall bewirkt werde. Maßgebend für diese Beurteilung sei das gesetzliche Leitbild des Ehegattenunterhalts,
das vom Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten an den die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einnahmen und
geldwerten Vorteilen (Halbteilung) und vom Gebot der Rücksichtnahme auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners
geprägt sei. Von diesem Leitbild weiche die Vereinbarung in evident einseitiger Weise ab. Die an die Stelle einer möglichen
Unterhaltsverpflichtung des Klägers tretende Leibrente sei nach der Vereinbarung unabhängig von einer bestehenden unterhaltsrechtlichen
Leistungsfähigkeit. Angesichts des eindeutigen Wortlauts, insbesondere des ausdrücklichen Ausschlusses "weitergehender Anpassung"
und der Abänderungsklage lasse sich eine entsprechende Begrenzung auch nicht im Wege der Auslegung begründen. Die Unabhängigkeit
der Zahlungspflicht von der Leistungsfähigkeit des Klägers sei auch deshalb gravierend, weil den Parteien bei Abschluss der
Vereinbarung die Möglichkeit weiterer Unterhaltsverpflichtungen des Klägers gegenüber minderjährigen Kindern in der Türkei
vor Augen gestanden haben müsse. Da die Beklagte vorgetragen habe, sie habe während der Ehezeit Auslandskindergeld für die
Kinder des Klägers beantragt, müsse ihr zumindest die Möglichkeit entsprechender Unterhaltsverpflichtungen bewusst gewesen
sein. Selbst wenn der Kläger zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich keine nennenswerten Unterhaltsleistungen an seine Kinder
erbracht habe, führe die Vereinbarung einer von der Leistungsfähigkeit unabhängigen Leibrente auch zu einer Abkehr vom unterhaltsrechtlichen
Gleichrang der Ehefrau und der unterhaltsberechtigten Kinder. Demgegenüber solle die Leibrente unabhängig von einer tatsächlich
bestehenden unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit der Beklagten geschuldet sein, solange diese keiner Vollerwerbstätigkeit nachgehe.
Die Regelung habe deshalb dazu führen können, dass die Beklagte nach Zahlung der Leibrente deutlich mehr als die Hälfte der
beiderseitigen prägenden Einkünfte, der Kläger dagegen nicht einmal den notwendigen Eigenbedarf erhalte. Dieses Ergebnis der
vertraglichen Regelung sei allenfalls für die Situation einer zwar nicht ausgeübten, der Beklagten aber möglichen und zumutbaren
Vollerwerbstätigkeit durch Vertragsauslegung korrigierbar.
Mit Rücksicht auf die Einkommensverhältnisse der Parteien habe schon bei Vertragsschluss die Gefahr einer deutlichen Abweichung
vom Grundsatz der Halbteilung und der Begrenzung des Unterhaltsanspruchs durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen
bestanden. Nach dem Steuerbescheid für das Jahr 1999 habe das Jahresbruttoeinkommen des Klägers 33.600 DM betragen. Nach Abzug
von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen errechne sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von etwa 2.220
DM, nach Abzug pauschalierter berufsbedingter Aufwendungen von etwa 2.110 DM. Von diesem Betrag wären dem Kläger nach Abzug
der vereinbarten Leibrente von 1.300 DM nur 810 DM für seinen eigenen Bedarf verblieben, mithin weniger als 2/3 des notwendigen
Selbstbehalts nach der damals gültigen Düsseldorfer Tabelle. Die Beklagte habe demgegenüber über 1.300 DM zuzüglich etwaiger
Einkünfte aus Teilzeiterwerbstätigkeit oder Leistungen des Arbeitsamtes verfügen können. Diese Gefahr habe sich nach den derzeitigen
wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien auch realisiert. Während der Kläger über ein monatliches Nettoeinkommen von etwa
1.600 EUR verfüge, verblieben ihm nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und der Leibrente von etwa 650 EUR nur 870 EUR und
damit nicht einmal der notwendige Selbstbehalt. Dabei seien die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern noch nicht
berücksichtigt. Die Beklagte verfüge jedenfalls über ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von ca. 880 EUR. Zuzüglich
der Leibrente würde ihr ein Betrag von etwa 1.530 EUR monatlich zur Verfügung stehen.
Die für die Annahme der Sittenwidrigkeit zu fordernden subjektiven Voraussetzungen seien ebenfalls gegeben. Zwar seien konkrete
Umstände, die auf eine erheblich ungleiche Verhandlungsposition schließen ließen, nicht feststellbar. Aus dem Umstand, dass
die Parteien eine evident einseitig belastende ehevertragliche Regelung getroffen hätten, ohne dass hierfür ein nachvollziehbarer
Grund erkennbar sei, ergebe sich aber eine tatsächliche Vermutung für eine damals bestehende Störung der subjektiven Verhandlungsparität
dergestalt, dass der Kläger bei Vertragsschluss subjektiv nicht in der Lage gewesen sei, seine berechtigten Interessen sachgerecht
und angemessen zu vertreten, und dass dieser Umstand für die Beklagte zumindest erkennbar gewesen sei. Die von ihr geschilderten
- streitigen - ehelichen Probleme, die den Hintergrund der ehevertraglichen Regelungen im Übrigen bilden dürften, könnten
die einseitige Lastenverteilung in Ziffer 7 des Ehevertrages nicht rechtfertigen. Auch wenn die Beklagte berechtigten Anlass
zur Klage über das Verhalten des Klägers gehabt habe, erscheine die Verknüpfung der künftig fortbestehenden Ehe mit einer
den Kläger finanziell erheblich benachteiligenden Scheidungsfolgeregelung nicht billigenswert. Deshalb sei die Regelung unter
Ziffer 7 des Ehevertrages - einschließlich des dort erklärten Verzichts auf gesetzliche Unterhaltsansprüche - nichtig. Der
Beklagten stehe nicht die dort vereinbarte Leibrente, möglicherweise aber unter den gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch
auf nachehelichen Unterhalt zu. Infolge der Nichtigkeit von Ziffer 7 des Ehevertrages habe der Kläger auch Anspruch auf Herausgabe
der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
2. Das Berufungsgericht hat die in erster Linie erhobene Feststellungsklage zu Recht für zulässig gehalten. Der Kläger hat
ein berechtigtes Interesse im Sinne des §
256 Abs.
1 ZPO an der Feststellung des Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses, aus dem die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Leibrente
geltend macht. Mit der - hilfsweise erhobenen - Vollstreckungsabwehrklage kann dagegen nur der hinter der begehrten Feststellung
zurückbleibende Ausspruch erreicht werden, dass die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde aufgrund von Einwendungen
gegen die Forderung fortan ganz, teil- oder zeitweise unzulässig ist (BGH Urteil vom 3. Juni 1997 - XI ZR 133/96 - NJW 1997, 2320, 2321; Senatsurteil vom 20. September 1995 - XII ZR 220/94 - NJW 1995, 3318). Ein solcher Ausspruch erschöpft das Rechtsschutzziel des Klägers nicht. Der Streit über die Wirksamkeit der eingegangenen
Leibrentenverpflichtung ist deshalb mit Hilfe einer Feststellungsklage auszutragen.
3. Zutreffend ist das Berufungsgericht ferner davon ausgegangen, dass sich die Frage nach der Wirksamkeit von Ziff. 7 des
Ehevertrages nach deutschem Recht beurteilt. Für Sachverhalte mit Bezug zum Recht eines ausländischen Staates richtet sich
die Frage, welches materielle Recht anwendbar ist, nach den Regeln des von Amts wegen anzuwendenden deutschen Kollisionsrechts,
des
EGBGB (Senatsurteil vom 7. April 1993 - XII ZR 266/91 - FamRZ 1993, 1051). Jedoch gehen Bestimmungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen vor, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches
Recht geworden sind (Art.
3 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 Satz 1
EGBGB). Ein solcher Vorrang gilt hier nach dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober
1973 (im folgenden: UÜbk. 73, BGBl. 1986 II 825 ff., für Deutschland in Kraft seit 1. April 1987, vgl. BGBl. 1987 II 225).
Es geht demgemäß formell den Regeln des Art. 18
EGBGB vor, der allerdings inhaltlich mit denen des UÜbk. 73 übereinstimmt (Senatsurteil vom 27. März 1991 - XII ZR 113/90 - FamRZ 1991, 925, 926). Das UÜbk. 73, das von der Türkei ratifiziert wurde, würde allerdings auch unabhängig davon gemäß Art. 3 des Abkommens im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten gelten (Palandt/Heldrich
BGB 67. Aufl. Anh. zu Art. 18
EGBGB Rdn. 4 und 5; Johannsen/Henrich Eherecht 4. Aufl. Art. 18
EGBGB Rdn. 5).
Nach Art.
8 UÜbk. 73 (entsprechend Art. 18 Abs. 4 Satz 1
EGBGB) ist für die Unterhaltspflicht zwischen geschiedenen Ehegatten das auf die Scheidung angewandte Recht maßgebend, wenn die
Ehescheidung hier ausgesprochen worden ist. Die Ehe ist durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 9. April 2002
geschieden worden. Es kann kein Zweifel bestehen, dass dabei deutsches Recht angewandt worden ist. Denn die Scheidung unterliegt
dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe
maßgebend ist (Art.
17 Abs.
1 Satz 1
EGBGB). Das war nach Art.
14 Abs.
1 Nr.
2 EGBGB das deutsche Recht, da beide Ehegatten hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten und im Übrigen noch haben.
Zwar ist das Scheidungsstatut grundsätzlich nur auf gesetzliche Unterhaltsansprüche anwendbar. Daraus folgt aber nicht, dass
Unterhaltsvereinbarungen ihm nicht unterfallen. Wird durch eine Vereinbarung eine gesetzliche Unterhaltspflicht nur inhaltlich
nach Höhe, Dauer und Modalitäten der Unterhaltsgewährung näher festgelegt und ausgestaltet, so verliert der Anspruch dadurch
nicht seine Eigenschaft als gesetzlicher Unterhalt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Januar 1990 - XII ZB 143/89 - FamRZ 1990, 867 und vom 8. Juli 1987 - XII ZB 35/87 - FamRZ 1987, 1021).
Von einer solchen inhaltlichen Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs ist hier auszugehen, da die Parteien einen
etwaigen nachehelichen Unterhaltsanspruch der Beklagten nach Ziff. 7 des Ehevertrags ausdrücklich durch die Leibrente geregelt
haben. Deshalb gilt für die getroffene Regelung das Scheidungsstatut (vgl. auch MünchKomm/Siehr
BGB 4. Aufl. Art. 18
EGBGB Anh. I Rdn. 55), so dass deutsches Recht anzuwenden ist.
4. Die Grundsätze, die der Senat für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen aufgestellt hat und die einer evident einseitigen,
durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten und für den belasteten Ehegatten
unzumutbaren Lastenverteilung begegnen sollen (grundlegend: Senatsurteil BGHZ 158, 81 ff. = FamRZ 2004, 601 ff.), gelten, wie auch das Oberlandesgericht angenommen hat, nicht nur für den unterhaltbegehrenden Ehegatten, sondern im
Grundsatz auch für den auf Unterhalt in Anspruch Genommenen. Auch auf dessen Seite kann eine erhebliche Unterlegenheitsposition
vorliegen, die zu einer offensichtlich einseitigen Aufbürdung vertraglicher Lasten führt. Den Gerichten obliegt es insofern,
den verfassungsrechtlichen Schutz vor einer mit dem Gedanken der ehelichen Solidarität nicht in Einklang zu bringenden unangemessenen
Benachteiligung der im Einzelfall benachteiligten Partei zu gewähren (ebenso OLG Celle FamRZ 2004, 1969 mit zustimmender Anm. Bergschneider).
5. Das Berufungsgericht hat eine zur Sittenwidrigkeit führende evident einseitige Belastung des Klägers darin gesehen, dass
durch die Leibrentenverpflichtung bereits bei Vertragsschluss die Gefahr einer vom gesetzlichen Leitbild der Halbteilung und
der Begrenzung des Unterhalts durch die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten erhebliche Abweichung begründet worden sei.
Dem hält die Revision entgegen, ein solches Leitbild als unverzichtbarer Kern ehebedingter Unterhaltspflichten existiere nicht;
die Halbteilung erfolge lediglich mangels anderweitiger Vereinbarungen. Insofern könne es dem Unterhaltspflichtigen aber nicht
verwehrt sein, dem anderen Ehegatten umfangreichere Mittel zur Verfügung zu stellen, als er für sich selbst in Anspruch nehme.
Auch seine Leistungsfähigkeit könne der Unterhaltspflichtige eigenverantwortlich einschätzen.
Diese Rügen sind teilweise gerechtfertigt.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen u.a. die gesetzlichen Regelungen über den nachehelichen Unterhalt grundsätzlich
der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die auf die Scheidungsfolgen bezogene Vertragsfreiheit stellt sich dabei als
notwendige Ergänzung des aus den §§
1353,
1356 BGB folgenden Rechts der Ehegatten dar, ihre ehelichen Lebensverhältnisse eigenverantwortlich entsprechend ihren individuellen
Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten; die Vertragsfreiheit entspringt insoweit dem legitimen Interesse der Ehegatten,
Abweichungen von den gesetzlichen Scheidungsfolgen zu vereinbaren, die zu dem individuellen Ehebild besser passen. So ist
es den Ehegatten etwa unbenommen, bestimmte Lebensrisiken eines Partners (z.B. eine bereits vor der Ehe aufgetretene Krankheit)
aus der wechselseitigen Verantwortung füreinander auszunehmen (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 94 f.). Die Ehegatten sind aber im Grundsatz auch frei zu bestimmen, in welcher Weise sie die Verteilung der die ehelichen
Lebensverhältnisse prägenden Einkünfte für ihren jeweiligen nachehelichen Lebensbedarf vorsehen. Falls einer der Ehegatten
sich insofern zu besonderer Großzügigkeit veranlasst sieht - etwa in Anerkennung besonderer während der Ehe erbrachter Leistungen
des anderen Ehegatten -, ist dies (zunächst) seine privatautonome, von ihm selbst zu verantwortende Entscheidung (so auch
Palandt/Heinrichs
BGB 67. Aufl. §
138 Rdn. 36; vgl. auch OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 578, 579; OLG Stuttgart FamRZ 1998, 1296, 1297). Mit Rücksicht darauf ist der vom Berufungsgericht herangezogene Grundsatz der Halbteilung für sich betrachtet jedenfalls
kein geeigneter Maßstab, um eine evident einseitige Lastenverteilung festzustellen, der - bei Vorliegen auch der erforderlichen
subjektiven Voraussetzungen - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung durch die Rechtsordnung zu versagen ist.
b) aa) Anders verhält es sich indes mit der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Beurteilung weiterhin genannten Begrenzung
des Unterhaltsanspruchs durch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Die Notwendigkeit der Erbringung
von Unterhaltsleistungen schränkt den Verpflichteten in seiner durch Art.
2 Abs.
1 GG geschützten Handlungsfreiheit ein. Diese ist allerdings nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, zu der
auch das Unterhaltsrecht gehört, soweit es mit Art.
6 Abs.
1 GG in Einklang steht. Da die Anwendung unterhaltsrechtlicher Normen nicht zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen darf, ist
darauf Bedacht zu nehmen, dass der zu leistende Unterhalt nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Unterhaltspflichtigen
führt. Wird die Grenze des Zumutbaren eines Unterhaltsanspruchs überschritten, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit
des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche nicht mehr Bestandteil der verfassungsgemäßen
Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art.
2 Abs.
1 GG nicht bestehen. Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs ist damit die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen.
Diese endet dort, wo er nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (BVerfG FamRZ 2001, 1685 f. und FamRZ 2002, 1397, 1398 f.).
bb) Im Privatrechtsverkehr entfalten die Grundrechte ihre Wirkung als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen vor allem durch
die zivilrechtlichen Generalklauseln der §§
138,
242 BGB. Es ist Aufgabe der Gerichte, den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz zu gewährleisten, um zu verhindern, dass sich die
durch Art.
2 Abs.
1 GG ebenfalls geschützte Privatautonomie in eine Fremdbestimmung verkehrt (BVerfGE 103, 89 ff. = FamRZ 2001, 343, 345).
cc) Da die Parteien einen etwaigen nachehelichen Unterhaltsanspruch der Beklagten nach Ziff. 7 des Ehevertrages ausdrücklich
durch die Leibrente geregelt haben, kommt es für die Frage, ob durch die Leibrentenverpflichtung für den Kläger eine evident
einseitige, seine Interessen nicht angemessen berücksichtigende Lastenverteilung begründet worden ist, ebenso wie bei einer
unmittelbar unterhaltsrechtlichen Regelung auf die Voraussetzung der Leistungsfähigkeit an. Das Berufungsgericht hat hierzu
festgestellt, dem Kläger seien nach den für die Wirksamkeitskontrolle maßgeblichen Einkommensverhältnissen zum Zeitpunkt des
Abschlusses des Ehevertrages unter Berücksichtigung der Leibrente monatlich allenfalls 810 DM von seinem bereinigten Nettoeinkommen
für den eigenen Bedarf verblieben. Dies sei weniger als 2/3 des notwendigen Selbstbehalts (von 1.500 DM) der damals geltenden
Düsseldorfer Tabelle. Dabei seien etwaige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den in der Türkei lebenden Kindern des Klägers
noch nicht einmal berücksichtigt.
dd) Die Revision rügt insofern, das Berufungsgericht habe hinsichtlich der Einkommensverhältnisse des Klägers Vortrag der
Beklagten übergangen. Diese habe behauptet, das Einkommen des Klägers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei weitaus höher
gewesen als 2.800 DM brutto monatlich; es werde bestritten, dass der in der Auskunft der Landesversicherungsanstalt für das
Jahr 1999 ausgewiesene Betrag von 33.600 DM dem gesamten Einkommen des Klägers entsprochen habe, da dort lediglich sozialversicherungspflichtige
Entgelte aufgeführt würden, der Kläger aber zeitweise einer nicht sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen sei.
Der Einwand bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat das Einkommen des Klägers für das Jahr 1999 dem gegenüber beiden
Parteien ergangenen Steuerbescheid entnommen. Dass darin nicht sämtliche Einkünfte des Klägers aufgeführt worden seien, hat
die Beklagte nicht geltend gemacht; Einkünfte aus sogenannter Schwarzarbeit hat sie selbst nicht behauptet.
ee) Bei einem verbleibenden Einkommen von allenfalls 810 DM monatlich wäre der Kläger aber nicht mehr in der Lage gewesen,
seine eigene Existenz zu sichern. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Betrag des notwendigen Selbstbehalts, da
die betreffenden Sätze in der Regel geringfügig über dem nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen ermittelten Existenzminimum
liegen. Angesichts des Umstandes, dass der dem Kläger verbleibende Teil seines Einkommens aber deutlich unter dem notwendigen
Selbstbehalt liegt, ist von einem nicht mehr gewährleisteten Existenzminimum auszugehen. Das wird durch den doppelten Eckregelsatz
der Sozialhilfe (vgl. zu diesem früheren Maßstab Senatsurteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 15/88 - FamRZ 1989, 272, 273; BVerfGE FamRZ 2001, 1685 f.) bestätigt, der zum 1. Juli 1999 für Alleinstehende in Baden-Württemberg monatlich 1.096 DM (548 DM x 2) betrug. Nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts war mit einer erheblichen Einkommensverbesserung auf Seiten des Klägers auch nicht
zu rechnen, erst recht nicht mit einer solchen, bei der sich die vereinbarten 1.300 DM monatlich als Beschränkung des gesetzlichen
Unterhalts dargestellt hätten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 120, 272, 275 f.). Mit Rücksicht auf die Beeinträchtigung des Existenzminimums des Klägers begründet die vereinbarte Leibrente für
diesen objektiv eine einseitige, durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung.
6. Die Beurteilung, ob ein Ehevertrag wegen einer derartigen Lastenverteilung sittenwidrig und deshalb nach §
138 Abs.
1 BGB nichtig ist, erfordert indes zusätzlich eine Gesamtwürdigung, die neben den objektiv vorliegenden individuellen Verhältnissen
beim Vertragsschluss die subjektiv von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen
hat, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten
Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100). In diese Würdigung ist einzubeziehen, ob der Vertrag eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige
Dominanz eines Ehegatten widerspiegelt (BVerfG FamRZ 2001, 243, 247; Senatsurteil BGHZ 170, 77, 83). In solchen Fällen gestörter Vertragsparität ist dem Ehevertrag die Wirksamkeit zu versagen.
a) Das Berufungsgericht hat zu den mit Ziff. 7 des Ehevertrages beabsichtigten Zwecken und den sonstigen Beweggründen für
die Regelung keine Feststellungen getroffen. Es hat auch konkrete Umstände, die eine erheblich ungleiche Verhandlungsposition
erkennen lassen, nicht ausmachen können. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht allerdings für entbehrlich
gehalten, weil angesichts des Umstands, dass die Parteien ohne nachvollziehbaren Grund eine evident einseitige, belastende
Regelung getroffen hätten, eine tatsächliche Vermutung für eine Störung der subjektiven Verhandlungsparität spreche. Dabei
sei für die Beklagte zumindest erkennbar gewesen, dass der Kläger nicht imstande gewesen sei, seine berechtigten Interessen
angemessen zu vertreten. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
b) Der Kläger, der sich auf die Sittenwidrigkeit der Leibrentenverpflichtung beruft, muss die hierfür notwendigen Voraussetzungen
darlegen und erforderlichenfalls beweisen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann entsprechender Vortrag nicht deshalb für
verzichtbar gehalten werden, weil die objektiven Gegebenheiten einen Rückschluss auf die subjektive Einstellung zuließen.
Das kann für familienrechtliche Vereinbarungen nicht angenommen werden (Senatsurteile vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788, 789 und vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403, 1404). An dieser Auffassung hält der Senat fest.
aa) Richtig ist zwar, dass es Fälle gibt, in denen bereits ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung die
Annahme zwingend nahe legt, dass der dadurch begünstigte Vertragspartner eine überlegene Verhandlungsposition bewusst oder
grob fahrlässig zum Nachteil des anderen ausgenutzt hat. Die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze, die auf Austausch von Leistungen
oder Gütern gerichtete Verträge betreffen, lassen sich auf familienrechtliche Verträge indessen nicht übertragen (a.A. für
Fälle einer krassen objektiven Benachteiligung: Schwab DNotZ Sonderheft 2001, 9, 15). So wurde etwa für die Frage, ob und in welcher Weise neben den objektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit von
Finanzierungs-Leasingverträgen über bewegliche Sachen das subjektive Erfordernis einer verwerflichen Gesinnung des Leasinggebers
hervorgetreten ist, nach damaliger Rechtslage unterschieden, ob es sich bei dem Leasingnehmer um einen privaten Endverbraucher,
einen vollkaufmännischen oder minderkaufmännischen Leasingnehmer oder Freiberufler handelt. Nur im ersten Fall wurde eine
verwerfliche Gesinnung vermutet, wenn der objektive Tatbestand des §
138 Abs.
1 BGB vorlag. Beim vollkaufmännischen Leasingnehmer war dagegen umgekehrt zu vermuten, dass die persönlichen Voraussetzungen der
Sittenwidrigkeit beim Leasinggeber nicht erfüllt waren. Bei Geschäften mit minderkaufmännischen Leasingnehmern oder Freiberuflern
blieb es dagegen bei der allgemeinen Beweislastregel, dass derjenige, der sich auf die Nichtigkeit des Geschäfts beruft, die
subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit darzulegen und zu beweisen hat (BGHZ 128, 255, 267 f.). Vergleichbares gilt z.B. auch für die Sittenwidrigkeit von Ratenkreditverträgen (vgl. BGHZ 98, 174, 178; 104, 102, 107).
bb) Daraus ergibt sich, dass bei Vorliegen der objektiven Sittenwidrigkeit nur dann eine verwerfliche Gesinnung vermutet werden
kann, wenn einem der Vertragspartner aufgrund außerhalb des konkreten Vertragsinhalts vorliegender Umstände eine überlegene
Verhandlungsposition zukommt. Davon kann im Verhältnis von Ehegatten zueinander indessen nicht ohne weiteres ausgegangen werden.
Selbst eine Schwangerschaft bei Abschluss des Ehevertrages ist nur ein Indiz für eine vertragliche Disparität, das Anlass
gibt, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Kontrolle zu unterziehen (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1447 und vom 5. Juli 2006 - XII ZR 25/04 - FamRZ 2006, 1359, 1361). Deshalb kann für die Beurteilung, ob die subjektiven Elemente der geltend gemachten Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages
vorliegen, auf konkrete Feststellungen hierzu jedenfalls für solche Fälle nicht verzichtet werden, in denen ein Ehegatte dem
anderen Leistungen verspricht, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt.
7. Danach kann das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Es erweist sich allerdings aufgrund
der getroffenen Feststellungen aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§
561 ZPO).
Die Leibrentenverpflichtung ist schon deshalb gemäß §
138 Abs.
1 BGB sittenwidrig und daher nichtig, weil sie den Träger der Sozialleistung belasten würde.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Vereinbarung, durch die Verlobte oder Eheleute für den Fall ihrer Scheidung
auf nachehelichen Unterhalt verzichten, nach deren von Inhalt, Beweggrund und Zweck bestimmtem Gesamtcharakter gegen die guten
Sitten verstoßen, falls die Vertragschließenden dadurch zumindest grob fahrlässig eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten
des Sozialleistungsträgers herbeiführen, auch wenn sie dessen Schädigung nicht beabsichtigen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ
86, 82, 88 = FamRZ 1983, 137 und vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788, 790). Diese Rechtsprechung ist durch die Grundsätze, die der Senat zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen entwickelt hat
(vgl. grundlegend BGHZ 158, 81 ff.), nicht gegenstandslos geworden. Eine Unterhaltsabrede kann weiterhin sittenwidrig sein, wenn die Ehegatten damit auf
der Ehe beruhende Familienlasten objektiv zum Nachteil des Sozialleistungsträgers regeln (Senatsurteil vom 25. Oktober 2006
- XII ZR 144/04 - FamRZ 2007, 197, 198 f.). Das gilt auch für den Fall, dass ein von den Ehegatten vereinbarter Unterhaltsverzicht einer auf das Verhältnis
der Ehegatten zueinander bezogenen Inhaltskontrolle standhält, gleichwohl aber zur sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit führt.
b) Die genannte Rechtsprechung muss gleichermaßen zur Anwendung gelangen, wenn die Ehegatten - wie vorliegend - einen über
das Recht des nachehelichen Unterhalts hinausgehenden Ausgleich vereinbaren und dadurch bewirken, dass der über den gesetzlichen
Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb
ergänzender Sozialleistungen bedarf. Auch bei dieser Fallgestaltung werden die wirtschaftlichen Risiken der Scheidung in unzulässiger
Weise auf den Sozialleistungsträger verlagert. Eine solche sich zum Nachteil Dritter auswirkende vertragliche Gestaltung verstößt
objektiv gegen die guten Sitten, sofern sie nicht auf Motiven beruht, die sie zu rechtfertigen vermögen (vgl. Senatsurteil
BGHZ 86, 82, 90).
c) Danach sind im vorliegenden Fall die objektiven Voraussetzungen eines nach §
138 Abs.
1 BGB sittenwidrigen Rechtsgeschäfts gegeben. Die Erfüllung der vereinbarten Leibrentenverpflichtung hätte - wie unter 5. ausgeführt
- zur Folge, dass das Existenzminimum des Klägers nicht mehr gewährleistet wäre, so dass er teilweise auf Sozialleistungen
angewiesen wäre. Dem kann - entgegen der Auffassung der Revision - nicht entgegengehalten werden, einer Existenzgefährdung
des Klägers könne bereits durch den Schutz der Pfändungsfreigrenzen begegnet werden. Der Kläger braucht sich jedenfalls der
Beklagten gegenüber nicht auf eine Beitreibung der Leibrente im Wege der Zwangsvollstreckung verweisen zu lassen, sondern
ist berechtigt, den Standpunkt einzunehmen, die vertraglich eingegangene Verpflichtung, die im Verhältnis der Vertragsparteien
zueinander nicht sittenwidrig ist, erfüllen zu müssen. Andernfalls müsste der Kläger auch damit rechnen, im Rahmen der Zwangsvollstreckung
die eidesstattliche Versicherung abgeben zu müssen. Außerdem würden Rückstände zuzüglich Zinsen auflaufen. All dies kann dem
Kläger nicht zugemutet werden.
Umstände, die zu einer sittlichen Rechtfertigung der Regelung führen könnten, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
Der Gesichtspunkt einer sogenannten "ritterlichen Scheidung", der nach früherem Recht bei einer Scheidung aus Verschulden
zum Tragen kommen konnte (vgl. Senatsurteil BGHZ 86, 82, 86 f.), scheidet hier aus. Entgegen der Auffassung der Revision sind auch aus den weiteren ehevertraglichen Regelungen keine
Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, dass Ziff. 7 des Vertrages vor der Rechtsordnung Bestand haben könnte. Den unter den Ziffern
1 bis 4 und 6 aufgeführten Vereinbarungen, die maßgeblich das eheliche Zusammenleben im persönlichen Bereich betreffen, kommt
keinerlei vermögensrechtliche Relevanz zu, so dass die unterschiedlichen Regelungskomplexe isoliert zu betrachten sind.
d) Nach den getroffenen Feststellungen ist auch der subjektive Tatbestand des §
138 Abs.
1 BGB erfüllt. Angesichts der Einkommensverhältnisse des Klägers und der Höhe der vereinbarten Leibrente lag es auf der Hand, dass
er mit den ihm verbleibenden Mitteln nicht seinen existentiell notwendigen Lebensunterhalt bestreiten konnte, zumal er - wenn
auch nur in geringem Umfang - regelmäßige Unterhaltsleistungen für seine in der Türkei lebenden Kinder erbrachte. Diese Auswirkungen
der ehevertraglichen Regelung müssen den Parteien bewusst gewesen sein, zumindest aber haben sie sich dieser Erkenntnis grob
fahrlässig verschlossen, was als ausreichend zu erachten ist (vgl. BGHZ 86, 82, 89).
8. Da die Leibrentenverpflichtung nichtig ist, kann der Kläger in entsprechender Anwendung von §
371 BGB die Herausgabe des Vollstreckungstitels verlangen (vgl. BGH Urteile vom 21. Januar 1994 - V ZR 238/92 - NJW 1994, 1161, 1162 und vom 22. September 1994 - IX ZR 165/93 - NJW 1994, 3225).