Gründe:
Mit Urteil vom 17.7.2015 hat das LSG Rheinland-Pfalz einen Anspruch der Klägerin auf Ausbezahlung durch Verrechnung einbehaltener
Rentenbeträge verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie beruft sich auf Rechtsprechungsabweichung (Divergenz) und auf Verfahrensfehler.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des
LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass der angefochtene
Beschluss auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung
erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Beschluss
des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die
oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird
(zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin macht geltend, das BSG habe im Urteil vom 24.7.2003 - B 4 RA 60/02 R - folgenden Rechtssatz aufgestellt:
"Eine wirksame Ermächtigung zur Verrechnung und die hierzu korrespondierende Verrechnungserklärung erfordern neben der Bezeichnung
einer bestands- und rechtskräftig festgestellten Forderung auch die Konkretisierung nach Art und Umfang."
Demgegenüber habe das LSG folgendermaßen entschieden:
"Eine Verrechnungserklärung umfasst auch im Bescheid nicht bezifferte Säumniszuschläge, die durch den ermächtigenden Leistungsträger
nicht per Verwaltungsakt bestands- und rechtskräftig festgestellt wurden. Eine Verrechnung von Säumniszuschlägen, die durch
den ermächtigenden Leistungsträger nicht mit Verwaltungsakt festgestellt wurden, ist zulässig."
Des Weiteren habe das BSG im Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - folgenden Rechtssatz aufgestellt:
"Ein Verrechnungs-Verwaltungsakt ist noch hinreichend bestimmt, wenn die zur Verrechnung gestellte bezifferte Gesamtforderung
des anderen Leistungsträgers mit bestehenden, ihrer Art nach benannten Einzelforderungen aufgefüllt werden kann."
Demgegenüber habe das LSG entschieden:
"Ein Verrechnungsbescheid umfasst über den bezifferten Betrag hinaus auch unbezifferte Forderungen."
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damit abstrakte Rechtssätze als Voraussetzung für eine Divergenz iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG angegeben hat, weil mit diesen einander gegenübergestellten Sätzen das Vorliegen einer Divergenz nicht hinreichend dargetan
ist. Denn die Klägerin gibt bereits nicht an, mit welcher anerkannten Methodik sie den Urteilen des LSG und des BSG die behaupteten Rechtssätze jeweils entnehmen will. Zudem legt die Beschwerdebegründung nicht ausreichend dar, dass das BSG in den herangezogenen Entscheidungen auf der Grundlage der darin angeblich aufgestellten Rechtssätze eine Fallkonstellation,
die mit derjenigen der Klägerin vergleichbar ist, anders entschieden hat als das LSG im angegriffenen Urteil. Dafür genügt
es nicht, isoliert einzelne Sätze aus den Entscheidungen des Berufungs- und des Revisionsgerichts zu zitieren. Vielmehr ist
der Kontext darzustellen, in dem die angeblich divergierenden Rechtssätze jeweils stehen (vgl hierzu zB Senatsbeschluss vom
13.12.2012 - B 5 R 254/12 B - BeckRS 2013, 65382 RdNr 9 sowie BSG Beschluss vom 7.2.2007 - B 6 KA 56/06 B - BeckRS 2007, 41946 RdNr 10 mwN). Zum Kontext der Entscheidungen ist der Beschwerdebegründung aber schon deshalb nichts
zu entnehmen, weil sie nicht im Einzelnen darlegt, ob der geschilderte Sachverhalt dem festgestellten Sachverhalt des LSG
entspricht (§
163 SGG) und welcher Sachverhalt den Entscheidungen des BSG jeweils zugrunde liegt, um beurteilen zu können, welche rechtlichen Aussagen diese Gerichte wirklich getroffen haben. Eine
konkrete Sachverhaltsdarstellung der Entscheidung des LSG und der beiden Entscheidungen des BSG gehört aber zu den Mindestvoraussetzungen, um die Entscheidungserheblichkeit der Divergenzrüge prüfen zu können. Denn eine
die Rechtseinheit gefährdende Abweichung kann nur bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt vorliegen.
Die Klägerin rügt des Weiteren einen Verstoß gegen §
136 Abs
1 Nr
6 SGG, nach dem ein Urteil mit Entscheidungsgründen zu versehen ist.
Hierzu trägt sie vor, das LSG habe lediglich unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - die Auffassung vertreten, die Forderung sei hinreichend bestimmt. Auf ihren Vortrag unter Zitierung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung, dass eine Verrechnung mit einer Forderung, die durch den ermächtigenden Leistungsträger bislang nicht bestands-
und rechtskräftig festgestellt worden sei, unzulässig sei, sei das Gericht nicht eingegangen.
Mit diesem Vorbringen ist eine Verletzung des §
136 Abs
1 Nr
6 SGG nicht schlüssig dargetan. Eine Entscheidung ist nicht schon dann im gerügten Sinne nicht mit Gründen iS des §
136 Abs
1 Nr
6 SGG versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt,
der erwähnt werden könnte, behandelt hat (vgl BSGE 76, 233, 234 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 3 mwN). Die Begründungspflicht ist selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des
Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen oder zum tatsächlichen Geschehen falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend
sein sollten (BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - BeckRS 2008, 51032 RdNr 7). Aus dem Urteil des LSG ist nach dem Vorbringen der Klägerin ersichtlich, dass es nach dessen
Auffassung für die hinreichende Bestimmtheit einer Verrechnung genügt, dass die zur Verrechnung gestellten Forderungen des
anderen Leistungsträgers bestimmbar sind. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist damit - wenn auch nicht in ihrem
Sinne - beantwortet. Sofern die Klägerin dennoch der Meinung ist, das LSG habe sich mit der Frage, dass nur mit einer durch
den ermächtigenden Leistungsträger bestands- und rechtskräftig festgestellten Forderung verrechnet werden könne, nicht auseinandergesetzt,
liegt hierin im Kern die Rüge falscher Rechtsanwendung. Hierauf kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch von vorne herein
nicht gestützt werden.
Schließlich rügt die Klägerin die Verletzung des Justizgewährungsanspruchs aus Art
19 Abs
4 GG. Das SG ebenso wie das LSG seien davon ausgegangen, hinsichtlich der Säumniszuschläge gelte eine Verjährungsfrist von 30 Jahren.
Die Klägerin habe keine Gelegenheit gehabt, in einem gegen die Beigeladene geführten Verwaltungs-, Widerspruchs- und ggf nachfolgenden
Klageverfahren geltend zu machen, dass die Voraussetzungen für die Annahme einer 30jährigen Verjährungsfrist - kein Vorenthalten
der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mit bedingtem Vorsatz - nicht vorlägen. Bei Zugrundelegung der regelmäßigen vierjährigen
Verjährungsfrist wären zum Zeitpunkt des LSG-Urteils vom 17.7.2015 die vor dem 1.1.2012 entstandenen Säumniszuschläge verjährt
gewesen. Die Einrede der Verjährung habe sie erhoben.
Soweit auch hiermit eine fehlerhafte Rechtsanwendung gerügt wird, gilt das vorstehend Gesagte. Auch Art
19 Abs
4 GG gibt im Übrigen keinen Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz gerade im Sinne der klagenden Partei. Soweit die Klägerin
im Übrigen eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG), geltend machen will, verkennt sie zunächst ebenfalls, dass die Rechtsauffassung des LSG vorliegend auch nicht insofern
zu Überprüfung steht, als es um die mit ihr jeweils verbundenen Folgen der Rechtsverfolgung/-verteidigung geht. §
160 Abs
2 Nr
3 SGG bezieht sich auf Fehler des (Gerichts-)Verfahrens, das zum angefochtenen Urteil geführt hat, nicht auf hypothetische Verfahren,
die nach Auffassung der Klägerin durchzuführen gewesen wären. Dass das LSG im Übrigen sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse
gestützt haben könnte, zu denen sich die Klägerin nicht habe äußern können (sog Überraschungsentscheidung iS von §
128 Abs
2 SGG; vgl BVerfGE 98, 218, 263; BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19), ist dem Beschwerdevorbringen nicht schlüssig zu entnehmen. Die Klägerin trägt vielmehr selbst vor, dass bereits
das SG von den Voraussetzungen einer 30jährigen Verjährung ausgegangen sei.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.