Gewährung eines höheren Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über einen höheren Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung.
Die Beklagte berechnete mit Bescheid vom 15.5.2020 die Altersrente der Klägerin unter Hinweis auf ein geändertes Krankenversicherungsverhältnis
ab dem 1.10.2019 neu. Der dagegen ohne Begründung erhobene Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 21.10.2020). Das SG hat die Klage auf Gewährung eines höheren Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung abgewiesen (Urteil vom 29.7.2021). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache an das SG zurückzuverweisen. Auch die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (Beschluss vom 29.3.2022).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht als Zulassungsgrund verschiedene Verfahrensmängel geltend (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Form begründet ist. Sie ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG zu verwerfen. Die Klägerin hat keine Verfahrensmängel hinreichend bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin trägt vor, sie habe vor dem SG das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf mehrere noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Rechtsstreitigkeiten zur Höhe ihrer
Altersrente bei Anwendung von Hinzuverdienstgrenzen beantragt. Die Entscheidungen über ihre Berufungen gegen die Gerichtsbescheide
vom 24.6.2020, 25.6.2020 und 27.10.2020 sollten abgewartet werden. Weil dies nicht geschehen sei, hätte das LSG das Urteil
vom 29.7.2021 aufheben und den Rechtsstreit an das SG zurückverweisen müssen. Damit rügt die Klägerin keinen Verfahrensfehler des LSG, sondern eine vermeintlich fehlerhafte Entscheidung
des Berufungsgerichts in der Sache. Im Übrigen ist seit der Änderung des §
159 SGG durch das Vierte Gesetz zur Änderung des
SGB IV und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl I 3057) eine solche Zurückverweisung nach Abs 1 Nr 2 der Norm nur möglich, wenn aufgrund des erstinstanzlichen Verfahrensmangels
eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme unter erheblichem Einsatz von personellen und sächlichen Mitteln notwendig wird
(vgl BSG Beschluss vom 1.6.2022 - B 3 KR 24/21 B - juris RdNr 11). Dazu enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Ausführungen. Sie verhält sich deshalb auch nicht dazu, dass das LSG die
Notwendigkeit einer solchen Beweisaufnahme in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich verneint hat.
Auch hinsichtlich der vorgetragenen Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§
62 SGG) fehlt es an einer hinreichenden Begründung. Die Klägerin macht dazu geltend, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei "überraschend"
gewesen. Von einer Überraschungsentscheidung kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen
Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen
Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 13.4.2022 - B 5 R 291/21 B - juris RdNr 21 mwN). Warum dies hier der Fall gewesen sein sollte, obwohl die vor dem LSG durch einen Rentenberater vertretene Klägerin ausdrücklich
die Zurückverweisung der Sache an das SG beantragt und von einem Sachantrag abgesehen hat, erschließt sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Vor diesem Hintergrund
bleibt auch unklar, aus welchen Gründen im Berufungsverfahren ein richterlicher Hinweis zur Stellung eines Sachantrags oder
eines Antrags, das Verfahren ruhend zu stellen, hätte ergehen sollen.
Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht, eine Entscheidung über die Höhe des Beitragszuschusses sei "sinnentleert",
wenn die Rentenhöhe noch nicht geklärt sei, betrifft dies eine vermeintliche Fehlerhaftigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung,
auf die eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden kann.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.