Leistungen der Opferentschädigung
Verletzung der Grundsätze des Anscheinsbeweises
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt zum wiederholten Mal Leistungen der Opferentschädigung wegen einer nach ihrer Ansicht fehlerhaften orthopädischen
Behandlung ihrer Skoliose in der ehemaligen DDR.
Ihren im Jahr 2013 beim Beklagten erfolglos gestellten Antrag auf Beschädigtenversorgung begründete die Klägerin mit der Behauptung,
die sie in den Jahren 1986 - 1990 behandelnden Ärzte hätten notwendige Behandlungen unterlassen und sie über bestehende Behandlungsmöglichkeiten
getäuscht.
Das SG hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen, weil es an einem Angriff im Sinne des §
1 Opferentschädigungsgesetz (
OEG) fehle (Gerichtsbescheid vom 24.6.2014). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor,
dass die seinerzeit an der Klägerin durchgeführte Behandlung in feindseliger Willensrichtung erfolgt wäre und daher einen
Angriff im Sinne von §
1 OEG darstellen könne. Der anderslautende Vortrag der Klägerin sei unsubstantiiert und erschöpfe sich in Mutmaßungen, die dem
Gericht keinen Anlass für weitere Ermittlungen böten. Unabhängig davon sei ein etwaiges Fehlverhalten der behandelnden Ärzte
auch nicht kausal für die gesundheitliche Schädigung der Klägerin, weil sie von sich aus von einer möglichen Operation abgesehen
habe (Urteil vom 16.4.2015). Die gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil erhobene und mit Verfahrensmängeln
begründete Beschwerde hat der Senat verworfen. Die Klägerin habe unter anderem keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag
bezeichnet (BSG Beschluss vom 2.10.2015 - B 9 V 46/15 B).
Im Juni 2015 hat die Klägerin wegen der behaupteten medizinischen Falschbehandlung erneut Leistungen nach dem
OEG beantragt. Das LSG hat wie vor ihm der Beklagte und das SG den Anspruch der Klägerin wiederum verneint. Es sei nicht von einem rechtswidrigen tätlichen Angriff auf die Klägerin auszugehen,
insbesondere fehle es an einer feindseligen Willensrichtung (Urteil vom 17.8.2017). Den Antrag der Klägerin, ihr für eine
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen, hat der Senat abgelehnt
(Beschluss vom 26.2.2018 - B 9 V 4/17 BH).
Mit Schreiben vom 6.10.2017 beantragte die Klägerin wiederum erfolglos die Überprüfung der ablehnenden Bescheide vom 14.10.2013
und 4.12.2013. Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die dagegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid zurückgewiesen, in dem es wiederum einen rechtswidrigen Angriff in feindseliger
Willensrichtung auf die Klägerin verneint und auf die früher in dieser Sache ergangenen Entscheidungen verwiesen hat. Das
SG hat der Klägerin außerdem Verschuldenskosten in Höhe von 150 Euro auferlegt (Gerichtsbescheid vom 27.3.2019). Die dagegen
erhobene Berufung hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 4.7.2019).
Für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin PKH beantragt.
Das LSG habe §
128 SGG verletzt und sei von der dazu ergangenen Rechtsprechung des BSG abgewichen.
II
1. Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter
(§
73 Abs
4 SGG) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach zugelassen
werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin - Anhaltspunkte dafür, dass sie einen
der in §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall
der Klägerin hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend
von Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte. Insbesondere ist keine Abweichung von der von der Klägerin zitierten
Senatsentscheidung vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R (BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17) ersichtlich. Der behauptete Anspruch der Klägerin war nicht zuletzt bereits Gegenstand einer erfolglosen
Nichtzulassungsbeschwerde (Senatsbeschluss vom 2.10.2015 - B 9 V 46/15 B) und eines erfolglosen Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Senatsbeschluss vom 26.2.2018 - B 9 V 4/17 BH). Für den von der Klägerin erhobenen Vorwurf willkürlicher Rechtsanwendung durch das LSG ist nach wie vor nichts ersichtlich.
Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass die Klägerin einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler
des LSG bezeichnen könnte. Die Klägerin rügt vor allem eine Verletzung von §
128 SGG und der Grundsätze des Anscheinsbeweises sowie im Zusammenhang damit der Amtsermittlungspflicht durch das LSG. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel indes von vornherein nicht auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden. Das gilt auch für den von der Klägerin thematisierten Anscheinsbeweis,
der im Kern eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Frage der richterlichen Beweiswürdigung darstellt (BSG Beschluss vom 2.4.2015 - B 13 R 361/14 B - juris = BeckRS 2015, 68964, RdNr 8 mwN). Mit ihrem umfangreichen Vortrag zu Einzelheiten ihrer Skoliosebehandlung und
einer angeblich feindseligen Willensrichtung der sie behandelnden Ärzte wendet sich die Klägerin ebenfalls gegen die Beweiswürdigung
des LSG, die sich gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG indes, wie ausgeführt, der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzieht.
Auf die von der Klägerin gerügte Verletzung des §
103 SGG kann ein Verfahrensmangel nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Für einen solchen prozessordnungsgemäßen, bis zum Ende der Berufungsinstanz aufrechterhaltenen Beweisantrag ist auch
im erneuten Verfahren der Klägerin nichts ersichtlich.
2. Da der Klägerin keine PKH zusteht, kann sie auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).