Beitragsforderung aufgrund einer als obligatorische Anschlussversicherung eingetretenen freiwilligen Mitgliedschaft in einer
Krankenkasse
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem zugrundeliegenden Verfahren streiten die Beteiligten um eine Beitragsforderung aufgrund einer als obligatorischen Anschlussversicherung
eingetretenen freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten im Zeitraum vom 14.5.2019 bis zum 30.11.2019.
Der 1954 geborene Kläger war bis zum 13.5.2019 aufgrund des Bezugs von Krankengeld pflichtversichert. Eine Klage auf Weitergewährung
des wegen Erreichens der Höchstbezugsdauer eingestellten Krankengelds wurde abgewiesen (SG Gerichtsbescheid vom 24.8.2021 - S 7 KR 334/20); dagegen legte der Kläger keine Berufung ein. Auf Nachfrage der Beklagten gab er im September 2019 an, dass er noch bis September
Anspruch auf Krankengeld und ansonsten keine anderen Einnahmen habe. Er sei weiterhin arbeitsunfähig. Die Beklagte stellte
ab 14.5.2019 eine freiwillige Krankenversicherung fest und forderte ausgehend von der Mindestbemessungsgrundlage Beiträge
(Bescheid vom 2.10.2019; Widerspruchsbescheid vom 9.2.2021). Ab 1.12.2019 war der Kläger aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II wieder pflichtversichert.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 24.8.2021). Die Voraussetzungen für die Anschlussversicherung seien erfüllt. Nach Ende der Versicherungspflicht mit Einstellung des
Krankengelds sei weder ein Austritt erklärt noch eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen worden. Die
Höhe der Beiträge sei nicht zu beanstanden. Das LSG Rheinland-Pfalz hat die Berufung als unzulässig verworfen. Der Kläger
habe trotz mehrfacher Aufforderungen und Hinweise auf die Rechtslage sowie die Rechtsfolgen dem Gericht seinen aktuellen Wohnsitz
oder in Ermangelung desselben seinen aktuellen Aufenthaltsort nicht mitgeteilt. Daher fehle es bereits an einem formal ordnungsgemäßen
Rechtsschutzbegehren. Es liege keine Ausnahme vor, welche die Angabe der Anschrift oder eines Aufenthaltsorts entbehrlich
machen würde. Insbesondere sei weder ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse ersichtlich noch sei der Kläger obdachlos. Denn
er habe angegeben, dass er ein Zimmer angemietet habe, zu dem er aber "aus Datenschutzgründen" keine näheren Angaben machen
könne. Im Übrigen sei die Berufung auch unbegründet (Urteil vom 5.5.2022 - L 5 KR 190/21).
Der Kläger hat gegen das am 17.6.2022 öffentlich zugestellte Urteil am 10.6.2022 privatschriftlich Beschwerde nach "Armenrecht"
erhoben. Er stelle den Antrag, ihm einen Rechtsanwalt zuzuweisen, um Beschwerden zu formulieren. Die Begründung erfolge dann
über den Prozessbevollmächtigten. Am 12.7.2022 übermittelte er die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
II
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) ist abzulehnen.
Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint. Das ist hier nicht der Fall. Denn die Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht
auf Erfolg. Es ist nicht zu erkennen, dass einer Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers Erfolg beschieden sein könnte.
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung
beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3).
Es ist nach Durchsicht der Akten nicht ersichtlich, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
4 SGG) eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG), eine Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) oder einen Verfahrensmangel des LSG, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte, mit Erfolg geltend machen könnte. Das LSG hat hinsichtlich der Verwerfung der Berufung
als unzulässig die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt (vgl BSG Beschluss vom 18.11.2003 - B 1 KR 1/02 S - SozR 4-1500 § 90 Nr 1 - RdNr 5 ff; vgl auch BFH Beschluss vom 10.3.2022 - VII B 174/20 - juris RdNr 15; BVerwG Urteil vom 15.8.2019 - 1 A 2.19 - juris RdNr 14 ff; BVerfG Beschluss vom 6.11.2009 - 2 BvL 4/07 - BVerfGK 16, 349 = juris RdNr 27), wonach ein zulässiges Rechtsschutzbegehren zur notwendigen Bezeichnung und Identifikation eines Klägers (vgl §§
153,
92 Abs
1 Satz 1
SGG) vorbehaltlich besonderer Umstände, die dies unzumutbar erscheinen lassen, die Angabe des tatsächlichen Wohn- oder Aufenthaltsorts
voraussetzt. Das LSG hat sich diesbezüglich mit eindeutigen Hinweisen und Nachfragen an den Kläger gewandt, Ermittlungen zum
Wohnort durchgeführt und Ausnahmen wegen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Wohnortangabe, wie etwa das Vorliegen von Obdachlosigkeit,
geprüft und aufgrund der Angaben des Klägers nachvollziehbar verneint.
Ein Verfahrensmangel ist nicht deshalb ersichtlich, weil das LSG am 5.5.2022 in Abwesenheit des Klägers nach Aktenlage entschieden
hat. Der Kläger hat im Schreiben vom 3.5.2022 zwar einer Entscheidung nach Aktenlage widersprochen, weil er erst einen Rechtsanwalt
finden müsse, der ihn insbesondere über den Krankengeldbezug und Diagnoseangaben der Krankenkasse berate; die Diagnosen für
den HWS- und BWS-Bereich seit dem Teenageralter würden fehlen. Damit ist aber kein hinreichender Vertagungsgrund iS von §
227 ZPO glaubhaft gemacht worden. Es ist weder ersichtlich, dass der Kläger seit Einlegung der Berufung im September 2021 alles Zumutbare
getan hätte, um rechtzeitig einen Anwalt zu finden oder beiordnen zu lassen, noch dass der vom Kläger gewünschte Beratungsbedarf
für das vorliegende Verfahren von entscheidungserheblicher Bedeutung sein könnte.
Da dem Kläger PKH nicht zusteht, hat er auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).