Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld.
Die 1957 geborene Klägerin war bis Oktober 2002 als selbstständig erwerbstätige Diplom-Kauffrau freiwilliges Mitglied der
beklagten Ersatzkasse und in einer Versicherungsklasse mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit
versichert. Sie war wegen "psychischer Dekompensation bei chronischem Alkoholismus" vom 21. Februar 1997 an arbeitsunfähig
krank gewesen und hatte deswegen von der Beklagten bis zur Erschöpfung der Anspruchshöchstdauer (6. Juni 1999) Krankengeld
bezogen.
Ab 27. Juli 1999 bescheinigte der behandelnde Arzt der Klägerin ihr wegen "persistierender Bronchitis" erneut Arbeitsunfähigkeit.
In ärztlichen Folgebescheinigungen wurde sodann durchgehend fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bis zum 14. Januar 2000 attestiert
(Krankheiten: Wirbelsäulenleiden, "Virusinfekt mit Arthralgie und Cephalgie", "Schulter-Arm-Syndrom", "obstruktive Bronchitis",
"chronische obstruktive Emphysembronchitis und Schlaf-Apnoe-Syndrom"). Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Rücksicht darauf
Krankengeld vom 17. August 1999 bis 14. Januar 2000 (unter Zugrundelegung einer Blockfrist vom 27. Juli 1999 bis 26. Juli
2002).
Am 3. April 2000 hielt der Arzt Dr. F. die Klägerin unter Angabe der Diagnose "chronische Bronchitis" von diesem
Tag an für arbeitsunfähig. In darauf folgenden Bescheinigungen des Universitätsklinikums Heidelberg wurde sie auch für die
Folgezeit für fortdauernd arbeitsunfähig gehalten, nunmehr wegen "Vasculitis", "Vasculitis und Abszess" bzw wegen "Panarteriitis
nodosa". Die Beklagte gewährte der Klägerin deshalb wiederum Krankengeld vom 24. April 2000 bis 23. Mai 2001 und ging davon
aus, dass der Krankengeldanspruch damit geendet habe, weil die Vasculitis (erstmals festgestellt am 19. April 2000) und Panateriitis
nodosa (erstmals festgestellt am 22. Mai 2000) zu der weiterhin Arbeitsunfähigkeit auslösenden Lungenerkrankung hinzugetreten
seien; die hinzugetretene Krankheit habe die am 23. Mai 2001 erreichte Leistungshöchstdauer von 78 Wochen innerhalb der insoweit
maßgeblichen Blockfrist (27. Juli 1999 bis 26. Juli 2002) nicht verlängert (Bescheid vom 23. März 2001; Widerspruchsbescheid
vom 5. Juli 2001).
Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer beim Sozialgericht (SG) erhobenen Klage gewandt und geltend gemacht, die am 3. April 2000 festgestellte Arbeitsunfähigkeit sei wegen einer gänzlich
neuen Erkrankung eingetreten, nicht aber wegen der bereits ab 27. Juli 1999 bestehenden Lungenerkrankung; daher sei ab 3.
April 2000 eine neue Blockfrist zu bilden und der zurückliegende Leistungsbezug vom 17. August 1999 bis 14. Januar 2000 nicht
auf die Anspruchsdauer anzurechnen. Das SG hat die Klage abgewiesen, weil die Arbeitsunfähigkeit vom 3. April 2000 auf einer Atemwegserkrankung beruht habe, zu welcher
die Panarteriitis nodosa hinzugetreten sei (Urteil vom 24. Juli 2002).
Auf die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide
und des SG-Urteils zur Krankengeldgewährung über den 23. Mai 2001 hinaus "bis zur Erschöpfung der Anspruchshöchstdauer" verurteilt:
Die Ermittlungen hätten ergeben, dass schon am 3. April 2000 auch die Panarteriitis nodosa für sich genommen - neben ihrer
chronischen Lungenerkrankung - zur Arbeitsunfähigkeit der Klägerin geführt habe, auch wenn die zusätzliche Erkrankung erst
zu einem späteren Zeitpunkt diagnostiziert worden sei. Damit liege kein "Hinzutreten" einer Krankheit vor, sondern es sei
ab 3. April 2000 eine neue Blockfrist zu bilden gewesen, innerhalb derer die Klägerin wegen dieser weiteren Erkrankung Anspruch
auf Krankengeld für volle 78 Wochen innerhalb einer Blockfrist von drei Jahren habe. Welche Erkrankung am 3. April 2000 im
Vordergrund gestanden habe, sei ohne Belang, weil es nur darauf ankomme, dass die betreffenden Erkrankungen jeweils für sich
betrachtet an diesem Tag Arbeitsunfähigkeit hervorgerufen hätten (Urteil vom 20. August 2004).
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen
Urteils und rügt die Verletzung des §
48 Abs
1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V). Das LSG habe die Regelung entgegen ihrem Sinn und Zweck ausgelegt. Sie solle sicherstellen, dass die Höchstbezugsdauer
auch bei unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten werde. Eine schon bestehende und eine dazu
in der laufenden Blockfrist hinzutretende Krankheit behandele das Gesetz quasi als Einheit. Die Regelung wolle damit verhindern,
dass das Krankengeld als Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch genommen werde. Dies sei bei der Auslegung des
LSG nicht gewährleistet. In der Praxis sei es kaum möglich, die zeitliche Abfolge zweier Krankheiten sekunden- oder minutengenau
zu fixieren, zumal es nicht auf den Zeitpunkt der Diagnosestellung, sondern auf die objektive Sachlage ankomme. Das Hinzutreten
einer Krankheit müsse daher schon dann bejaht werden, wenn für mindestens einen Tag zeitgleich unterschiedliche Erkrankungen
nebeneinander zu Arbeitsunfähigkeit führten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. August 2004 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das
Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Juli 2002 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Auffassung der Beklagten verkehre den in §
48 Abs
1 Satz 1
SGB V niedergelegten Grundsatz der zeitlich unbegrenzten Gewährung von Krankengeld in sein Gegenteil. Ob eine weitere Krankheit
neben einer anderen bestehe oder zu ihr hinzutrete, sei allein nach der zeitlichen Abfolge des Auftretens zu beurteilen. Nach
den Grundsätzen über die Feststellungslast träfen die Beklagte die Nachteile daraus, dass sich das "Hinzutreten" nicht feststellen
lasse.
II
Die zulässige Revision der beklagten Ersatzkasse ist begründet, sodass das LSG-Urteil aufzuheben und das klageabweisende Urteil
des SG durch Zurückweisung der Berufung der Klägerin wieder herzustellen ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Krankengeld über
den 23. Mai 2001 hinaus, weil ihr Anspruch wegen Erreichung der Anspruchshöchstdauer des §
48 SGB V spätestens mit Ablauf dieses Tages erschöpft war.
Nach §
48 Abs
1 Satz 1
SGB V erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit "wegen derselben Krankheit"
jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt
während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nach Abs 1 Satz 2 der Regelung nicht
verlängert.
Entgegen der Ansicht des LSG hat die Klägerin auf der Grundlage der in seinem Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen,
die nicht mit Revisionsgründen angegriffen wurden und daher für den Senat bindend sind (§
163 Sozialgerichtsgesetz >SGG<), nach diesen Regelungen keinen Anspruch auf Krankengeld für die streitige Zeit vom 24. Mai 2001 bis zum Ablauf von
78 Wochen innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums vom 3. April 2000 bis 2. April 2003.
Das LSG ist - übereinstimmend mit der Beklagten - für die Beurteilung des Krankengeldanspruchs der Klägerin ab 24. Mai 2001
zunächst von einer an sich bestehenden Blockfrist vom 27. Juli 1999 bis 26. Juli 2002 ausgegangen; in dieser war die Klägerin
vom 27. Juli 1999 bis 14. Januar 2000 wegen eines Lungenleidens arbeitsunfähig. Es hat zu Recht angenommen, dass bezogen auf
das Lungenleiden die maßgebliche Anspruchshöchstdauer von 78 Wochen innerhalb dieses Zeitraums noch nicht erschöpft war, als
der Klägerin nach einer Zwischenphase der Gesundung (15. Januar bis 2. April 2000) am 3. April 2000 wieder ärztlicherseits
Arbeitsunfähigkeit wegen chronischer Bronchitis bescheinigt wurde. Deswegen hatte sie bezogen auf das Lungenleiden und die
dazu hinzugetretenen Krankheiten (unter Berücksichtigung der satzungsmäßigen Karenz von 21 Tagen) wieder einen Krankengeldanspruch
vom 24. April 2000 an. Dieser Anspruch war entgegen der Ansicht des LSG wegen der 78-Wochen-Regelung auf die Zeit bis zum
23. Mai 2001 begrenzt.
Das LSG ist zu einem der Klägerin günstigen, darüber hinausgehenden Ergebnis mit Rücksicht darauf gelangt, dass nach seinen
Feststellungen schon am 3. April 2000 neben der Bronchitis zusätzlich eine ebenfalls zur Arbeitsunfähigkeit führende Panarteriitis
nodosa bestand: Da es sich bei dieser Krankheit nicht um "dieselbe Krankheit" wie das Lungenleiden iS von §
48 Abs
1 Satz 1
SGB V gehandelt habe und die neue Krankheit wegen des zeitgleichen Auftretens auch nicht während der (durch das Lungenleiden bedingten)
Arbeitsunfähigkeit "hinzugetreten" sei (§
48 Abs
1 Satz 2
SGB V), könne die Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen innerhalb der ursprünglichen Blockfrist für die auf der Panarteriitis
nodosa beruhende Arbeitsunfähigkeit nicht gelten; durch die weitere Krankheit werde vielmehr ein neuer Leistungsfall ausgelöst,
für den die zeitlichen Grenzen des §
48 SGB V gesondert in den Blick zu nehmen seien (allgemein ebenso wohl Kruse in: Kruse/Hänlein, LPK-
SGB V, 2. Aufl 2003, §
48 RdNr 7). Diese Auffassung des LSG geht fehl.
Ein "Hinzutreten während der Arbeitsunfähigkeit" iS von §
48 Abs
1 Satz 2
SGB V liegt unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik sowie nach Sinn und Zweck der Regelung auch dann vor, wenn zeitgleich
mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser Krankheit
zugleich eine weitere Krankheit die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die Krankheiten
zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden haben (so im Ergebnis auch: LSG NRW, Urteil vom 15. Mai 2001 - L 5 KR 77/00 = EzS 90/258; vgl ferner zB: Schmidt in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung Bd 2, §
48 SGB V RdNr 46; Schulz, WzS 1985, 36, 38; Berchtold, Krankengeld, 2004, S 173 RdNr 622; offen lassend: Just in: Wannagat,
SGB V, §
48 RdNr
9). Das Eingreifen des §
48 Abs
1 Satz 2
SGB V erfordert es demgegenüber nicht, dass zwei Krankheiten bei dem Versicherten im Falle bestehender Arbeitsunfähigkeit in der
Weise aufeinander treffen, dass eine zweite Krankheit einer schon zuvor eingetretenen und fortbestehenden ersten Krankheit
zeitlich nachfolgt.
Schon der Wortlaut der Regelung gebietet die vom LSG vorgenommene Auslegung nicht zwingend. Die Wendung "Hinzutreten eines
Umstandes zu einem anderen während eines bestimmten Ereignisses" wird umgangssprachlich nicht durchgehend in einem strengen
Sinne derart verwendet, dass damit zwangsläufig auch eine bestimmte zeitliche Abfolge von Geschehensabläufen, dh ein Aufeinanderfolgen
bzw ein Nacheinander, verbunden ist. Auch wenn eine derartige Abfolge typischerweise vorliegen wird, ist es jedenfalls begrifflich
nicht gänzlich ausgeschlossen, auch dann ein gegenseitiges "Hinzutreten" zu bejahen, wenn sich zwei oder mehrere Umstände
zeitgleich zutragen. Denn in einem solchen Fall wird gleichermaßen - gesamtschauend betrachtet - jedes Einzelelement durch
das andere, weitere Objekt ergänzt und tritt in diesem Sinne ebenbürtig neben es ("hinzu"). Solange dieses kumulative Nebeneinander
der betrachteten Elemente zeitlich messbar vorhanden ist und nicht ein zweites Element das erste abgelöst, beseitigt bzw ersetzt
hat, können so auch mehrere zeitgleich stattfindende Umstände zusammenkommen und jeweils für sich genommen zu einem anderen
Umstand hinzutreten. Auch eine Arbeitsunfähigkeit auslösende Krankheit B tritt daher nach dem Wortsinn des §
48 Abs
1 Satz 2
SGB V "hinzu", wenn und solange sie der Versicherte bei gleichzeitigem Bestehen einer Krankheit A erleidet, dh einer solchen, welche
für sich genommen zeitgleich ebenfalls Arbeitsunfähigkeit bedingt.
Dass ein Hinzutreten einer weiteren Krankheit während der Arbeitsunfähigkeit auch bei zeitgleichem Auftreten zweier oder mehrerer
Krankheiten anzunehmen ist, ergibt sich vor allem bei Würdigung der systematischen und teleologischen Einbindung dieser Tatbestandsvoraussetzung
in §
48 SGB V.
§
48 Abs
1 SGB V enthält drei unterschiedliche Regelungen: Er stellt zunächst den Grundsatz der Krankengeldgewährung ohne zeitliche Begrenzung
auf. Nach der schon im selben Satz geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer,
wenn "dieselbe Krankheit" die Arbeitsunfähigkeit bedingt. Schließlich wird ein dieser ersten Ausnahme gleichgestellter weiterer
Fall von der Leistungsbegrenzung erfasst, nämlich das während der Arbeitsunfähigkeit erfolgende Hinzutreten einer weiteren
Krankheit. Mit dieser Regelungstechnik stellt §
48 Abs
1 SGB V die "hinzutretende Krankheit" bezüglich der Rechtsfolge der Leistungsbegrenzung dem Fall "derselben Krankheit" rechtlich
gleich (vgl BSGE 71, 290, 292 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3 S 14); denn das Hinzutreten einer weiteren Krankheit zu einer weiter bestehenden und fortlaufend
Arbeitsunfähigkeit verursachenden Erkrankung führt weder zur Entstehung eines gänzlich neuen Krankengeldanspruchs noch bewirkt
es die Verlängerung der schon in Ansehung der ersten Krankheit maßgeblichen (begrenzten) Leistungsdauer (vgl BSGE 83, 7, 9 = SozR 3-2500 §
48 Nr
8 S 39). Die Regelungen des §
48 Abs
1 SGB V wollen auf diese Weise sicherstellen, dass die gesetzliche Höchstbezugsdauer bei Arbeitsunfähigkeit sowohl bei identischen
Krankheiten als auch bei bestimmten unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten wird (vgl Höfler
in: Kasseler Kommentar, §
48 SGB V RdNr 7).
Wie in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bereits wiederholt betont worden ist, beruht die dargestellte Begrenzung
der Leistungsdauer des Krankengeldes maßgeblich auf der Erwägung, dass es in erster Linie der gesetzlichen Rentenversicherung
obliegt, bei dauerhaft eingetretener Erwerbsminderung des Versicherten Entgeltersatzleistungen zur Verfügung zu stellen, während
die gesetzliche Krankenversicherung typischerweise nur für den Ausgleich des entfallenden laufenden Arbeitsentgelts bei vorübergehenden,
dh behandlungsfähigen Gesundheitsstörungen eintritt (vgl zB zuletzt Senats-Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 1 R 6/03 R, S 7 mwN, BSGE 94, 26, 30 = SozR 4-2500 § 51 Nr 1 S 5 RdNr 13 mwN; BVerfGE 97, 378, 386 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7 S 32). Anreizen, das Krankengeld zweckwidrig als Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch
zu nehmen, sollte dagegen entgegengewirkt werden (vgl Gesetzentwurf der Faktionen der CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes
zur Strukturreform im Gesundheitswesen >GRG<, BT-Drucks 11/2237 S 181 zu § 47 Abs 2 des Entwurfs), wie sich zB auch an der
Möglichkeit der Krankenkassen zeigt, bei dauerhaften gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen den Krankengeldbezug
über §
51 SGB V zu beenden. Krankengeld hat demgegenüber auch bei dem bisweilen bei bestimmten Personengruppen (zB selbstständig Erwerbstätigen,
zu denen die Klägerin gehört) anzutreffenden Fehlen von Rentenansprüchen und -anwartschaften nicht die Funktion, dauerhafte
Leistungsdefizite bzw eine Erwerbsminderung finanziell abzusichern (zur insoweit fehlenden Auffangfunktion des Krankengeldes
vgl schon BVerfGE 97, 378, 386 = SozR 3-2500 §
48 Nr 7 S 32; Höfler, aaO, §
48 SGB V RdNr 1a mwN).
Sinn und Zweck des §
48 Abs
1 SGB V gebieten vor diesem Hintergrund die oben dargestellte Auslegung, wie auch ein Vergleich seiner Regelungsalternativen zeigt.
So kann es für den häufig anzutreffenden Fall, dass ein Versicherter zeitgleich an mehreren Krankheiten leidet und jede Krankheit
für sich unabhängig von den anderen, noch daneben bestehenden Leiden Arbeitsunfähigkeit bedingt, keinem Zweifel unterliegen,
dass die Gesamtheit dieser Leiden trotz ihrer Verschiedenheit im Einzelnen gleichwohl im Rechtssinne als "eine" einheitlich
zu beurteilende Krankheit anzusehen ist; allein das zeitgleiche Bestehen mehrerer erstmals und dann erneut Arbeitsunfähigkeit
bedingender Krankheiten bewirkt nämlich nicht, dass es sich in einem solchen Fall bei einer Betrachtung im Zeitablauf nicht
mehr um "dieselbe(n)" Krankheit(en) iS von §
48 Abs
1 Satz 1
SGB V handeln würde und stattdessen eine Leistungserweiterung Platz griffe. Erleidet ein Versicherter etwa bei einem schweren,
sich in einem Sekundenbruchteil realisierenden Unfallereignis zusammenhanglos Gesundheitsschäden in mehreren Körperregionen,
sind die Voraussetzungen für die Leistungsdauer des Krankengeldes daher nicht gesondert anhand jedes einzelnen gesundheitlichen
Defizits zu ermitteln, sondern es kommt auf eine Gesamtwürdigung der Beeinträchtigungen an, sodass es auch hier insgesamt
bei der Anspruchshöchstdauer von 78 Wochen innerhalb einer Blockfrist von drei Jahren verbleibt. Gleiches gilt bei Versicherten,
bei denen wegen des Nebeneinanders verschiedener gravierender akuter oder chronischer Leiden von Anfang an eine Multi- oder
Polymorbidität bzw Polypathie besteht (vgl zu dieser Fall-Problematik besonders: Vogl, Die Leistungen 1982, 289, 293 f); denn
in Bezug auf die Anspruchsdauer des Krankengeldes behandelt das Gesetz den Versicherten, der von vornherein an mehreren Krankheiten
leidet und der deshalb arbeitsunfähig ist, nicht anders als denjenigen, bei dem "nur" ein einziges Leiden die Arbeitsunfähigkeit
auslöst.
Die aufgezeigte Sichtweise bereitet geringe Probleme, wenn es zB darum geht zu bestimmen, ob das Auftreten einzelner gesundheitlichen
Beeinträchtigungen in Zusammenhang mit einer bereits früher einmal aufgetretenen Krankheitssymptomatik steht. Handelt es sich
um dieselbe Krankheits-Gesamtproblematik wie schon zuvor oder um einen Teil dieser ursprünglichen Problematik, muss auch dann
von "derselben Krankheit" ausgegangen werden, wenn die "Ausgangserkrankung" in einem Bündel nebeneinander vorhanden gewesener
Krankheiten bestand. In diesem Fall teilt die wieder aufgetretene Erkrankung (im Sinne eines Minus) das rechtliche Schicksal
der ursprünglichen Erkrankungen.
Anders verhält es sich hingegen, wenn Folgeerkrankungen des Versicherten mit einem eigenständigen gesundheitlichen Defizit
einhergehen, das über die ursprünglich bestehende Krankheitsproblematik hinausgeht. Da §
48 Abs
1 Satz 1
SGB V Rechtsfolgen zum Nachteil des Versicherten zunächst nur an "dieselbe" Erkrankung knüpft, kommt in einem solchen Fall in Betracht
- wie die Situation der Klägerin zeigt -, dass für die Ausgangserkrankung rechtlich etwas anderes gilt als für die Folgeerkrankung,
weil der Krankengeldanspruch für die ursprüngliche Krankheit bereits ganz oder teilweise ausgeschöpft ist. §
48 Abs
1 Satz 2
SGB V beantwortet die Frage dahin, dass nur eine "hinzugetretene" Krankheit das Schicksal der Ursprungserkrankung teilt, wobei
das allerdings nur für den Fall gilt, dass die weitere Krankheit bereits "während des Bestehens der Arbeitsunfähigkeit" infolge
der ersten Krankheit aufgetreten ist. Wie in der Rechtsprechung bereits geklärt und in der Literatur weitgehend unumstritten
ist, tritt eine Krankheit dagegen jedenfalls nicht mehr "hinzu" (sondern ist in ihren Rechtsfolgen eigenständig zu beurteilen),
wenn sie erst am Tage nach Beendigung der bisherigen Arbeitsunfähigkeit oder noch später auftritt (vgl zB BSGE 83, 7, 10 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8 S 39; BSGE 71, 290, 292 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3 S 14 f; BSG SozR Nr 40 zu § 183
RVO = USK 6950; Vay in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, §
48 SGB V RdNr 9; Hauck/Noftz,
SGB V, K §
48 RdNr 5; Schmidt in H. Peters, aaO, RdNr 41; Marschner in: von Maydell, GK-
SGB V §
48 RdNr 7, Höfler in: Kasseler Kommentar, §
48 SGB V RdNr 7a; Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung - Krankengeld - Mutterschaftsgeld, 7. Aufl, Stand September 2005, §
48 SGB V RdNr 16 S O 708 mwN; Wiedekamp in: Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer,
SGB V, §
48 RdNr 7; Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenversicherung vom 6. Oktober 1993, Sonderdruck, ohne Jahr, S 8 und 26;
aA: Franz, WzS 1966, 195, 198 f).
Die im Falle der Klägerin zu beurteilende Rechtsfrage, wie es sich verhält, wenn zwei Folgeerkrankungen, von denen jede für
sich genommen Arbeitsunfähigkeit bedingt, zeitgleich auftreten, muss vor dem dargestellten Gesamtkontext wertungsmäßig dahin
beantwortet werden, dass sie eher dem (anspruchsdauerschädlichen) Zusammentreffen mehrerer als "dieselbe Krankheit" zu verstehender
Krankheiten zuzuordnen ist als dem beschriebenen zweiten Komplex. Die bei der Klägerin vorliegende Konstellation ist einem
Nebeneinander bzw einem Aufeinanderfolgen von erster und zweiter Krankheit, bei dem die Leiden gänzlich unabhängig voneinander
und ohne gemeinsame medizinische oder zeitliche Verklammerung aufgetreten sind, nicht vergleichbar. Denn wenn der Gesetzgeber
sogar das zeitlich nachfolgende Hinzutreten einer weiteren Krankheit zur fortbestehenden ersten Krankheit als rechtliche Einheit
- bzw wie "dieselbe" Krankheit - bewertet, muss diese Wertung angesichts der Ausführungen zum erstmaligen zeitgleichen Auftreten
mehrerer Erkrankungen erst recht gelten, wenn beide Leiden nicht nacheinander in Erscheinung treten, sondern in ihrer Entstehung
und in ihrer jeweiligen Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit sogar zeitlich zusammenfallen. In derartigen Fällen ist es zur
Umsetzung des gesetzgeberischen Willens, die Leistungsdauer zu begrenzen, erforderlich, aber auch ausreichend, dass beide
Krankheiten - wie hier - mindestens an einem Tag, dh der kleinsten für die Krankengeldgewährung maßgeblichen zeitlichen Einheit
(vgl §
47 Abs
1 Satz 6
SGB V), nebeneinander begonnen haben und auf diese Weise miteinander verklammert sind. Für die vom LSG angenommene, allein an den
Wortlaut anknüpfende und darüber hinausgehende Begünstigung arbeitsunfähiger Versicherter im Vergleich zu anderen Gruppen
von Versicherten ist demgegenüber weder ein entsprechender gesetzgeberischer Wille ersichtlich, noch wäre dafür ein rechtfertigender
Grund erkennbar.
Die Richtigkeit der aufgezeigten Auslegung ergibt sich schließlich unter einem weiteren, im Zusammenhang mit der Krankengeldgewährung
bereits in der Vergangenheit bedeutsam gewordenen Gesichtspunkt. In der Rechtsprechung des Senats hat das leistungsbegrenzende
Merkmal "dieselbe Krankheit" iS von §
48 Abs
1 Satz 1
SGB V bislang vornehmlich eine Rolle gespielt, wenn es darum ging zu klären, ob es sich bei im Zeitablauf nacheinander auftretenden
Erkrankungen im Rechtssinne um eine solche selbige Krankheit handelt. Typischerweise ist in solchen Fällen zu prüfen, ob der
regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden
zurückzuführen ist, wie dies zB bei wiederholt in unterschiedlicher Ausprägung auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen
der Fall sein kann (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 7. Dezember 2004 - B 1 KR 10/03 R mwN, jeweils Kurzwiedergabe in NZA 2005, 572 = SGb 2005, 333 = Die Leistungen Beilage 2005, 173). In diesem Zusammenhang hat der Senat zB in Bezug auf Wirbelsäulenleiden darauf hingewiesen,
dass bei einer Handhabung des Begriffs "dieselbe Krankheit", die eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-anatomische
Sichtweise zu Grunde legt, die Gefahr bestünde, dass dem Merkmal im Kontext des §
48 Abs
1 SGB V letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommen könnte, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung
des zeitlichen Umfangs der Krankengeldgewährung bezweckt. Dieser Gesichtspunkt der erforderlichen Handhabbarkeit der Regelung
greift in ähnlicher Weise im nun zu entscheidenden Fall durch.
Auch wenn ein Sachverhalt der beschriebenen Art bei der Klägerin nicht im Streit ist (weil auch die Beklagte nicht in Zweifel
zieht, dass Lungenleiden und Arterienleiden als zwei tatsächlich und rechtlich selbstständige Krankheiten zu qualifizieren
sind), ist für die Fälle zeitgleich auftretender unterschiedlicher Leiden ein Begriffsverständnis von den Tatbestandsmerkmalen
"dieselbe Krankheit" und "hinzugetretene Krankheit" geboten, das der mit den Regelungen des §
48 SGB V beabsichtigten Leistungsbegrenzung ebenfalls Ausdruck verleiht und sie für Leistungsträger und Gerichte handhabbar macht.
Das aber wäre nicht gewährleistet, wollte man mit dem LSG und mit der Revision jeweils eine dezidierte, ggf auf eine bestimmte
Uhrzeit zugespitzte Feststellung über das erstmalige Auftreten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verlangen. Selbst
mit sachverständiger ärztlicher Hilfe ist es in der Regel aber kaum möglich, die zeitliche Abfolge zweier oder mehrerer Krankheiten
präzise festzustellen, zumal im Streitfall immer nur eine nachträgliche und keine zeitnahe Würdigung stattfinden kann (zu
diesem Gesichtspunkt zB Figge, Sozialversicherungshandbuch - Leistungsrecht, 10.3.4., Stand November 2002).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.