Leistungen nach der Pflegestufe III
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht
Gründe
I
Mit vorbezeichnetem Beschluss hat das Hessische LSG die Berufung der während des Beschwerdeverfahrens verstorbenen Versicherten
betreffend Leistungen nach der Pflegestufe III ab Mai 2015 zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser
Entscheidung hat sie Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der sie eine Verletzung des §
103 SGG rügt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie den allein
behaupteten Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Wer seine Nichtzulassungsbeschwerde darauf stützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG), muss bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert darlegen. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Die Versicherte rügt einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§
103 Satz 1 Halbsatz 1
SGG). Eine solche Sachaufklärungsrüge muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres
auffindbaren Beweisantrags, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts,
aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen,
(3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung
des Berufungsgerichts auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das Berufungsgericht mithin
bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer
günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl nur BSG vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5 mwN).
Die Versicherte macht geltend, das LSG sei ihrem Antrag, den im Verfahren bestellten Sachverständigen S zu seinem Gutachten
persönlich zu hören, nicht nachgegangen; dies betreffe die Fragen:
"Kann unter Berücksichtigung der Änderung des Vorhandenseins von Hilfsmitteln auf eine Änderung des zeitlichen Pflegeaufwandes
geschlossen werden? Kann das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anerkennung der Pflegestufe III bejaht werden, wenn der
zeitliche Pflegeaufwand unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Vorgutachterin an mehreren Stellen des Gutachtens mit
mehr als 4 Stunden bewertet wurde? Lagen die Voraussetzungen für die Anerkennung der Pflegestufe III seit Antragstellung vor
oder ist davon auszugehen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt vorlagen? Mit welchem Grad der Wahrscheinlichkeit ist davon
auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Pflegestufe III vorlagen? In welchen Pflegegrad hätte die Klägerin
zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung im Jahre 2017 eingestuft werden müssen?"
Hierzu habe das LSG ausgeführt, der Sachverständige sei nicht erneut anzuhören, weil er zum Einsatz der Hilfsmittel und zum
Zeitpunkt des Beginns der Einschränkungen befragt worden sei. Ob Pflegestufe III vorliege, stelle eine rechtliche Bewertung
dar und obliege dem Gericht. Da Streitgegenstand Leistungen nach dem
SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung seien, bedürfe es keiner diesbezüglichen Anhörung des Sachverständigen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Versicherte mit diesem Vorbringen einen auf Sachverhaltsermittlung gerichteten Beweisantrag
gestellt hat, weil sie jedenfalls nicht darlegt, dass sich das LSG ausgehend von seiner insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung
zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Mit ihrer Darstellung zur Auseinandersetzung des Berufungsgerichts
mit ihren Fragen an den Sachverständigen macht sie vielmehr deutlich, dass es sich mit der Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen
befasst und diese verneint hat. Dass und warum dies fehlerhaft gewesen und das LSG zu weiteren Ermittlungen gehalten gewesen
sei, wird in der Beschwerdebegründung nicht schlüssig dargetan. Die Versicherte trägt selbst vor, wie das LSG unter Berücksichtigung
der von S in seinem Gutachten erfassten Werte zur Körperpflege, Ernährung und Mobilität zum zeitlichen Umfang der Grundpflege
gelangt ist. Dass und warum sich das LSG ausgehend von seiner Überzeugungsbildung und seiner Rechtsauffassung zum Streitgegenstand
zu der beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen, lässt die Beschwerdebegründung nicht genügend erkennen. Soweit
die Versicherte rügt, das LSG habe das Gutachten von S unvollständig bzw unzutreffend gewürdigt, kann eine solche Rüge nicht
zur Zulassung der Revision führen. Denn eine Überprüfung der Beweiswürdigung nach §
128 Abs
1 Satz 1
SGG ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG ausdrücklich ausgeschlossen.
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.