Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Abschlagszahlungen auf das vertragsärztliche Honorar.
Die klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist Trägerin eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Einzige
Gesellschafterin der Träger-GmbH ist wiederum eine GmbH, die O GmbH. Bis zum Quartal 2/2012 gewährte die beklagte Kassenärztliche
Vereinigung (KÄV) der Klägerin monatliche Abschlagszahlungen auf das zu erwartende Honorar aus der vertragsärztlichen Tätigkeit
des MVZ. Mit Wirkung zum 1.7.2012 änderte die Beklagte ihre Abrechnungsbestimmungen (im Folgenden: AbrBestKVB) durch die Einführung
eines neuen § 5 Abs 1a AbrBestKVB. Über die bevorstehende Änderung informierte sie die Klägerin mit Schreiben vom 18.4.2012
und machte die weitere Gewährung von Abschlagszahlungen - ausgehend von einem monatlichen Abschlag von 2 407 700 Euro - von
der Beibringung einer Bankbürgschaft über 12 038 500 Euro abhängig. Die Klägerin brachte keine Bankbürgschaft bei, sodass
die Beklagte keine weiteren Abschlagszahlungen leistete. Hiergegen sowie gegen das Schreiben vom 18.4.2012 legte die Klägerin
Widerspruch ein, den die Beklagte als unzulässig und auch als unbegründet zurückwies (Widerspruchsbescheid vom 30.10.2013).
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 21.5.2019; Urteil des LSG vom 7.10.2020). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass der Beklagten bei der Ausgestaltung
der Regelungen zur Abschlagszahlung ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme, den diese nicht überschritten habe. Die geänderte
Regelung verstoße nicht gegen §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V, die allein die Bürgschaftsverpflichtung als Voraussetzung für die Zulassung eines in der Rechtsform einer GmbH betriebenen
MVZ regele. Sie habe hingegen nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschlagszahlungen zum Gegenstand. Die in den
Abrechnungsbestimmungen getroffene Regelung zur Beibringung einer Bürgschaft verstoße auch nicht gegen Art
3 Abs
1 GG. Die Ungleichbehandlung knüpfe nicht an personenbezogene Merkmale, sondern überwiegend an verhaltensbezogene Umstände an,
die beeinflussbar seien. Zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung sei daher nur ein sachlich einleuchtender Grund erforderlich,
der hier vorliege. Während ein in Einzelpraxis oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) tätiger Vertragsarzt oder Vertragsärzte,
die als Gesellschafter eines MVZ zur Vorlage einer selbstschuldnerischen Bürgschaft verpflichtet seien, mit ihrem gesamten
privaten Vermögen hafteten, sei die Haftung einer GmbH grundsätzlich auf deren Gesellschaftsvermögen begrenzt. Die Höhe der
angeforderten Bürgschaft (fünf Abschläge) sei angemessen, da erst mehr als sechs Monate nach Beginn des Abrechnungsquartals
die konkrete Höhe des Bruttohonorars feststehe.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V und Art
3 Abs
1 GG. Mit der von der Beklagten geforderten zusätzlichen Bürgschaft der MVZ-Trägergesellschaft werde §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V unterlaufen und die dazu ergangene Rechtsprechung des BSG missachtet. Die angegriffene Regelung verletze zudem Art
3 Abs
1 GG, weil nur von MVZ, hinter deren Trägergesellschaft eine GmbH stehe, eine - mit Kosten verbundene - Bankbürgschaft vorzulegen
sei. Für diese Ungleichbehandlung bestehe kein sachlicher Grund. Eine ausreichende Absicherung von Gläubigern werde bereits
über §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V erreicht. Eine GmbH hafte - ebenso wie eine natürliche Person - mit ihrem gesamten Vermögen. Bei Vermögenslosigkeit seien
auch Rückforderungsansprüche gegen natürliche Personen nicht zu realisieren. Zudem hätte die Beklagte eine weitere Absicherung
erreichen können, ohne die MVZ-GmbH mit den hohen Kosten einer Bankbürgschaft zu belasten, indem sie eine selbstschuldnerische
Bürgschaft der hinter einer Träger-GmbH stehenden natürlichen Person verlangt. Aufgrund der seit dem 1.8.2021 geltenden Regelungen
zum Transparenzregister seien die entsprechenden Personen leicht zu ermitteln.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 7.10.2020 und des SG München vom 21.5.2019 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte
die Gewährung von Abschlagszahlungen an die Klägerin auf deren Honorar aus vertragsärztlicher Tätigkeit nicht von der Beibringung
einer Bankbürgschaft abhängig machen darf.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
§
95 Abs
2 Satz 6
SGB V regele die Voraussetzungen der Zulassung des MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung, entfalte aber keine Sperrwirkung auf
der Ebene der Abrechnungsbestimmungen. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstoße die in den Abrechnungsbestimmungen getroffene
Regelung zum Bürgschaftserfordernis auch nicht gegen Art
3 Abs
1 GG. Vertragsärzte, die Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft seien und die nach §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V zur Beibringung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft verpflichtet seien, müssten mit ihrem gesamten Vermögen für etwaige
Rückforderungen von KÄVen und Krankenkassen einstehen. Dagegen sei die Haftung einer GmbH auf das Vermögen der Gesellschaft
beschränkt. Die Argumentation der Klägerin, nach der KÄVen die Möglichkeit haben, eine zusätzliche Absicherung durch selbstschuldnerische
Bürgschaften der hinter der MVZ-Trägergesellschaft stehenden natürlichen Personen zu erlangen, sei unverständlich und mit
der Rechtsprechung des BSG nicht zu vereinbaren. Es sei auch nicht Aufgabe der KÄVen oder der Zulassungsgremien, die Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft
zu ermitteln.
Der Senat hat im Revisionsverfahren die die Einführung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB betreffenden Materialien (Beschlussvorlage
des Vorstands für die Vertreterversammlung am 26.11.2011, Protokoll der Sitzung der Vertreterversammlung am 26.11.2011, ua)
beigezogen.
II
Die zulässige Revision der Klägerin hat Erfolg (§
170 Abs
2 Satz 1
SGG). Die Beklagte darf die Zahlung von Abschlägen auf das zu erwartende Honorar der Klägerin aus der vertragsärztlichen Tätigkeit
des von ihr getragenen MVZ nicht von der Vorlage einer Bankbürgschaft abhängig machen. Soweit die Beklagte in ihren Abrechnungsbestimmungen
Abweichendes geregelt hat, sind diese mit höherrangigem Recht unvereinbar und nichtig.
A. Gegenstand des Verfahrens sind die beiden vorinstanzlichen Urteile. Gegen den Widerspruchsbescheid, mit dem die Beklagte
den Widerspruch der Klägerin gegen das Schreiben vom 18.4.2012 (auch) als unzulässig zurückgewiesen hat, hat sich die Klägerin
auch nicht mehr hilfsweise gewandt, nachdem der Senat im Revisionsverfahren darauf hingewiesen hat, dass es sich bei dem genannten
Schreiben auch nach seiner Auffassung nicht um einen Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X handelt.
B. Die Klage ist als Feststellungsklage nach §
55 Abs
1 Nr
1 SGG zulässig.
1. Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus dem Umstand, dass die Beklagte es weiterhin ablehnt, der Klägerin monatliche
Honorarabschläge ohne vorherige Beibringung einer Bankbürgschaft zu zahlen.
2. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass sie auf die Klärung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses
gerichtet ist. Zwar hängt der Anspruch auf Abschlagszahlung nicht allein von der Beibringung einer Bankbürgschaft ab. Auch
die auf Feststellung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses gerichtete Elementenfeststellungsklage ist allerdings zulässig,
wenn sicher anzunehmen ist, dass dadurch der Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (BSG Urteil vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 90 RdNr 18 mwN; vgl auch BSG Urteil vom 25.11.2020 - B 6 KA 28/19 R - SozR 4-5531 Abschn 31.5.3 Nr 1 RdNr 16). So liegt der Fall hier. Auch die Beklagte stellt nicht in Frage, dass die Klägerin
Anspruch auf Abschlagszahlungen hat, wenn eine Bankbürgschaft nicht verlangt werden darf.
3. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags hängt hier nicht davon ab, ob die Klägerin ihr Begehren möglicherweise auch mit
einer Verpflichtungs- oder einer isolierten Leistungsklage hätte erreichen können. Zwar gilt der Grundsatz der Subsidiarität
der Feststellungsklage auch im sozialgerichtlichen Verfahren, obwohl er - anders als in §
43 Abs
2 VwGO und § 41 Abs 2 FGO - keinen ausdrücklichen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden hat (stRspr; vgl BSG Urteil vom 2.7.2013 - B 4 AS 74/12 R - SozR 4-4200 § 6b Nr 2 RdNr 24 mwN). Dieser gilt jedoch bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen
Rechts nur eingeschränkt, da angenommen werden kann, dass solche Beklagte aufgrund ihrer verfassungsrechtlich verankerten
Bindung an Gesetz und Recht (Art
20 Abs
3 GG) rechtskräftigen (feststellenden) Urteilen auch ohne Vollstreckungsdruck nachkommen (vgl BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - BSGE 116, 1 = SozR 4-2500 § 34 Nr 14, RdNr 20; BSG Urteil vom 26.5.2021 - B 6 KA 7/20 R - SozR 4-1300 § 56 Nr 2 RdNr 16; jeweils mwN).
4. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht das Erfordernis entgegen, vor ihrer Erhebung grundsätzlich ein
Verwaltungs- und ein Vorverfahren durchzuführen (vgl BSG Beschluss vom 15.12.2020 - B 2 U 142/20 B - juris RdNr 8; BSG Urteil vom 4.11.2021 - B 6 KA 13/20 R - juris RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 15 vorgesehen). Zwar hat die Beklagte hier keinen Ausgangsbescheid
erlassen und den Widerspruch der Klägerin in erster Linie als unzulässig zurückgewiesen. Sie hat aber sowohl in dem Schreiben
vom 18.4.2012 als auch in der Begründung des Widerspruchsbescheides unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die
im Streit stehende Regelung in § 5 Abs 1a AbrBestKVB als rechtmäßig und wirksam ansieht und dementsprechend die Gewährung
von Abschlagszahlungen gegenüber der Klägerin von der Beibringung einer Bankbürgschaft abhängig machen wird. Unter diesen
Umständen würde sich die Durchführung eines erneuten Verwaltungsverfahrens mit Ausgangs- und Widerspruchsbescheid als reine
Förmelei erweisen (zur Zulässigkeit der Feststellungsklage in einer solchen Konstellation vgl BSG Urteil vom 4.11.2021 - B 6 KA 13/20 R - juris RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 15 vorgesehen; BSG Urteil vom 6.4.2022 - B 6 KA 12/21 R - juris RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR 4-5520 § 24 Nr 15 vorgesehen).
C. Die Revision ist begründet. Zu Unrecht macht die Beklagte die Gewährung von Abschlagszahlungen an die Klägerin von der
Vorlage einer Bankbürgschaft abhängig.
1. Nach §
87b Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGB V verteilt die KÄV die vereinbarte Gesamtvergütung an die Ärzte, Psychotherapeuten und medizinischen Versorgungszentren sowie
ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Die an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden Leistungserbringer rechnen ihr Honorar kalendervierteljährlich (für den Bezirk der Beklagten vgl § 2 Satz 1
AbrBestKVB) und damit nach Abschluss des Quartals, in dem die Leistung erbracht worden ist, gegenüber der KÄV ab. Die Honorarbescheide,
die eine Prüfung sämtlicher eingereichter Abrechnungen und auf dieser Grundlage Berechnungen zur Quotierung der Vergütung
unter Berücksichtigung der Höhe der von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütung und der Menge der abgerechneten vertragsärztlichen
Leistungen voraussetzen, können daher regelmäßig erst im zweiten auf die Leistungserbringung folgenden Quartal ergehen. Dem
erheblichen zeitlichen Abstand zwischen der Erbringung der vertragsärztlichen Leistungen und ihrer Honorierung wird nicht
nur im Bezirk der Beklagten, sondern allgemein durch die Gewährung von Abschlagszahlungen auf die zu erwartende künftige Honorarforderung
Rechnung getragen. Entsprechende Regelungen können entweder im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) oder aber in gesonderten Abrechnungsbestimmungen
in Form einer Satzung getroffen werden (vgl zB BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 34/98 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 32 S 246; BSG Urteil vom 3.2.2010 - B 6 KA 30/08 R - BSGE 105, 224 = SozR 4-2500 § 85 Nr 52 RdNr 45; BSG Urteil vom 10.12.2014 - B 6 KA 45/13 R - BSGE 118, 30 = SozR 4-2500 §
85 Nr 81, RdNr 34; vgl Loose in Hauck/Noftz,
SGB V, Stand September 2022, §
85 RdNr 257). Die jeweils getroffenen Regelungen binden die KÄVen bei ihrer Entscheidung über die Erbringung von Abschlagszahlungen
gegenüber dem einzelnen Arzt (BSG Urteil vom 10.12.2014 - B 6 KA 45/13 R - BSGE 118, 30 = SozR 4-2500 § 85 Nr 81, RdNr 34).
2. Die Beklagte hat Regelungen zur Erbringung von Abschlagszahlungen in § 5 AbrBestKVB getroffen. Nach § 5 Abs 1 Satz 1 AbrBestKVB
werden Abschlagszahlungen auf das zu erwartende Vierteljahreshonorar des einzelnen Vertragsarztes monatlich durch die Beklagte
geleistet. Wenn der Beklagten besondere Umstände (zB wesentliche Veränderungen des Honorars des Vertragsarztes) bekannt werden,
kann sie die Abschlagszahlungen nach § 5 Abs 3 AbrBestKVB erhöhen, vermindern oder die Abschlagszahlungen einstellen. Bei
Vertragsärzten, die ihre Abrechnung nicht fristgerecht vorlegen, kann die Beklagte weitere Zahlungen nach § 5 Abs 4 AbrBestKVB
bis zum Eingang der Abrechnungsunterlagen aussetzen.
Bis zum 30.6.2012 hat die im Bezirk der beklagten KÄV an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Klägerin die Voraussetzungen
für den Anspruch auf monatliche Abschlagszahlungen erfüllt. Das ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und entsprechende
Zahlungen sind auch geleistet worden. Davon ist die Beklagte auch in dem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 18.4.2012
ausgegangen. Grundlage der Einstellung der Abschlagszahlungen gegenüber der Klägerin mit Ablauf des 30.6.2012 war allein die
in der Vertreterversammlung vom 26.11.2011 beschlossene, im Bayerischen Staatsanzeiger Nr 3/2012 vom 20.1.2012 veröffentlichte
Regelung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB, die nach der Präambel zur AbrBestKVB zum 1.7.2012 in Kraft getreten ist und erstmals auf
Abrechnungen des Quartals 3/2012 Anwendung gefunden hat. Danach werden Abschlagszahlungen nach § 5 Abs 1 AbrBestKVB für ein
MVZ, das in der Organisationsform einer juristischen Person des Privatrechts betrieben wird, nur dann geleistet, wenn deren
Gesellschafter ausschließlich natürliche Personen sind und diese zur Sicherung von Forderungen der Krankenkassen und der Beklagten
selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen abgegeben haben. Sind bei einem MVZ, das in der Organisationsform einer juristischen
Person des Privatrechts betrieben wird, die Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen, leistet die Beklagte
Abschlagszahlungen nur dann, wenn das MVZ zur Sicherung von Forderungen der Beklagten und der Krankenkassen aus dessen vertragsärztlicher
Tätigkeit eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank, die im Gebiet der Europäischen Union ansässig ist, in Höhe von
fünf Abschlagszahlungen beigebracht hat. Die Klägerin ist eine juristische Person und ihre einzige Gesellschafterin wiederum
eine GmbH und damit keine natürliche Person.
3. Indes ist die in § 5 Abs 1a AbrBestKVB getroffene Regelung mit höherrangigem Recht unvereinbar und unwirksam, sodass der
Anspruch der Klägerin auf Abschlagszahlungen nicht von der Beibringung einer Bankbürgschaft abhängig ist. Die genannte Regelung
verstößt gegen Art
3 Abs
1 GG, indem sie den Anspruch auf Abschlagszahlungen von der Vorlage einer Bankbürgschaft abhängig macht, wenn die Gesellschafter
einer MVZ-Trägergesellschaft nicht ausschließlich natürliche Personen sind.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl BVerfG Beschluss
vom 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 ua - BVerfGE 98, 365, 385; stRspr). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich für Ungleichbehandlungen je nach Regelungsgegenstand und
Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten
Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl BVerfG Beschluss vom 7.11.2006 - 1 BvL 10/02 - BVerfGE 117, 1, 30; BVerfG Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvF 4/05 - BVerfGE 122, 1, 23; BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 ua - BVerfGE 126, 400, 416). Das Maß der Bindung hängt unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten
die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (BVerfG Beschluss vom 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 69 = juris RdNr 65 mwN). Die an die Rechtfertigung zu stellenden Anforderungen sind umso höher, je weniger die Merkmale,
an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (BVerfG Beschluss vom 15.12.2015 - 2 BvL 1/12 - BVerfGE 141, 1 RdNr 94; BVerfG Beschluss vom 29.3.2017 - 2 BvL 6/11 - BVerfGE 145, 106 RdNr 105; BVerfG Beschluss vom 8.7.2021 - 1 BvR 2237/14 ua - BVerfGE 158, 282 RdNr 111).
Hier bedarf es keiner strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Differenzierungen bedürfen aber stets der Rechtfertigung durch
Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art
3 Abs
1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft,
sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten
und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht
erweist (vgl BVerfG Beschluss vom 7.7.2009 - 1 BvR 1164/07 - BVerfGE 124, 199, 220 = juris RdNr 86; BSG Urteil vom 28.6.2017 - B 6 KA 12/16 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 19 RdNr 15). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen
im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und
solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (stRspr des BVerfG; vgl hierzu zB
BVerfG Urteil vom 28.1.2003 - 1 BvR 487/01 - BVerfGE 107, 133, 141; BVerfG Beschluss vom 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 68 f; jeweils mwN).
Den danach zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen wird die in § 5 Abs 1a AbrBestKVB getroffene Regelung nicht
gerecht. Es gibt keinen sachlichen Grund, MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter ausschließlich natürliche Personen
sind - ebenso wie Vertragsärzten - Abschlagszahlungen unabhängig von der Beibringung einer Bankbürgschaft zu gewähren, bei
MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen sind, die Abschlagszahlungen dagegen
von der Beibringung einer Bankbürgschaft in Höhe von fünf Abschlagszahlungen abhängig zu machen. Zwischen den beiden Gruppen
von MVZ-Trägergesellschaften bestehen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie diese unterschiedliche
Behandlung rechtfertigen können.
b) Die von der Beklagten von einem Teil der MVZ-Trägergesellschaften als Voraussetzung für die Gewährung von Abschlagszahlungen
verlangte Bankbürgschaft dient nach dem Wortlaut der in § 5 Abs 1a AbrBestKVB getroffenen Regelung "zur Sicherung von Forderungen
der Krankenkassen und der KVB". Vor diesem Hintergrund kann eine Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen vertragsärztlicher
Leistungserbringer in erster Linie durch Unterschiede gerechtfertigt werden, die Auswirkungen auf das durch die Gewährung
von Abschlagszahlungen begründete Risiko der Beklagten und der Krankenkassen haben, Rückforderungen gegenüber dem jeweiligen
Leistungserbringer nicht verwirklichen zu können.
c) Weshalb die Gewährung von Abschlagszahlungen, die allein von der Beklagten zu leisten sind, die Sicherung von "Forderungen
der Krankenkassen" (§ 5 Abs 1a AbrBestKVB) erforderlich macht, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Hingegen unterliegt es
nach Auffassung des Senats keinem Zweifel, dass die beklagte KÄV berechtigt ist, die für sie mit der Erbringung von Abschlagszahlungen
verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu begrenzen und Regelungen zu treffen, die - auch in Abhängigkeit von der Frage, wer
Empfänger der Zahlung ist - typisierend die Höhe des Risikos einkalkulieren, dass Rückforderungen im Falle einer Überzahlung
nicht durchgesetzt werden können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine KÄV zur Zahlung des Honorars an die in ihrem
Bezirk tätigen vertragsärztlichen Leistungserbringer im Grundsatz unabhängig von deren Solvenz und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
verpflichtet ist. Der im Zivilrecht geltende Grundsatz der Vertragsfreiheit und die daraus folgenden Gestaltungsspielräume,
die auch die Möglichkeit einschließen, keine vertraglichen Beziehungen mit unzuverlässigen Vertragspartnern einzugehen, stehen
der KÄV als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§
77 Abs
5 SGB V) bei der Erfüllung der ihr durch §
87b Abs
1 Satz 1
SGB V gesetzlich zugewiesenen Aufgabe der Verteilung des Honorars auf die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer
nicht zur Verfügung. Dementsprechend sind die zivilrechtlichen Bestimmungen - soweit sie im öffentlich-rechtlich geprägten
Leistungserbringungsrecht überhaupt Geltung beanspruchen (vgl dazu §
69 Abs
1 Satz 3
SGB V) - auf die rechtlichen Beziehungen der Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung zur KÄV nur mit Einschränkungen übertragbar
(zu der nur eingeschränkten Anwendbarkeit der eine Aufrechnung gegenüber abgetretenen Ansprüchen beschränkenden Bestimmung
des §
406 BGB vgl BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 6 KA 10/18 R - SozR 4-7610 § 406 Nr 1 RdNr 41). Der daraus folgenden Notwendigkeit, die durch die Gewährung von Abschlagszahlungen begründeten
Risiken der beklagten KÄV zu begrenzen, trägt etwa § 5 Abs 4 AbrBestKVB Rechnung, wonach die weiteren Zahlungen im Falle einer
nicht fristgerechten Vorlage der Honorarabrechnung des Arztes ausgesetzt werden können.
d) Mit der Einführung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB wollte die Beklagte nach dem Inhalt der im Revisionsverfahren beigezogenen
Materialien aus dem Verfahren zur Einführung dieser Satzungsbestimmung dem Umstand Rechnung tragen, dass gerade von MVZ-Trägergesellschaften,
deren Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen sind, ein besonders hohes Risiko ausgehe, dass Honorarrückforderungen
ins Leere gehen. Dabei hat die Beklagte - unzutreffend - angenommen, dass die Haftung einer GmbH auf die Stammeinlage begrenzt
sei, die nicht mehr als 25 000 Euro betragen müsse. Dagegen würden natürliche Personen mit ihrem gesamten Vermögen haften.
Mit der Forderung nach einer Bankbürgschaft gegenüber MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter nicht ausschließlich
natürliche Personen sind, würde eine "haftungsrechtliche Gleichstellung des MVZ mit den 'klassischen' Versorgungsformen (Einzelpraxis,
Gemeinschaftspraxis)" erreicht (so die Ausführungen in der Beschlussempfehlung für den Vorstand der Beklagten, Bl 198 Revisionsakte
sowie die Begründung des Antrags des Vorstands der Beklagten zur Beschlussfassung der Vertreterversammlung über die Einführung
des § 5 Abs 1a AbrBestKVB, Bl 212 f Revisionsakte). Diese der Einführung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB zugrundeliegenden Annahmen
der Beklagten sind in verschiedener Hinsicht unzutreffend.
aa) Gemäß § 13 Abs 1, Abs 2 GmbHG haftet eine GmbH als juristische Person unbeschränkt mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen (vgl zB Merkt, Münchener Kommentar
GmbHG, 4. Aufl 2022, § 13 RdNr 340). Sofern die GmbH über ein geringes Gesellschaftsvermögen verfügt und von der KÄV hohe Honorarrückzahlungen geltend
gemacht werden, kann es dazu kommen, dass diese Rückforderungen nicht realisiert werden können, auch weil die Gesellschafter
einer GmbH gemäß § 13 Abs 2 GmbHG im Grundsatz nicht für Verbindlichkeiten der GmbH haften. Allerdings kann aus dem Umstand, dass eine GmbH nur über ein Mindeststammkapital
in Höhe von 25 000 Euro verfügen muss, nicht geschlossen werden, dass GmbHs generell über ein geringes Gesellschaftsvermögen
verfügen würden und dafür gibt es bezogen auf die einzige Gesellschafterin der Klägerin, die O GmbH, die aufgrund der vorliegenden
Bürgschaftserklärung für Verbindlichkeiten der Klägerin einzustehen hat, auch keine Anhaltspunkte. Dass eine juristische Person
als Gesellschafterin der Trägergesellschaft über eine Kapitalausstattung verfügt, die das Vermögen vieler natürlicher Personen
bei weitem übersteigt, ist im Übrigen keineswegs untypisch, gerade wenn hinter der Träger-GmbH ein Krankenhaus oder - wie
hier - ein großes Laborunternehmen steht (vgl dazu Kaya, Rechtsfragen medizinischer Versorgungszentren auf Gründungs- und
Zulassungsebene, 2012, S 234; Basteck, GesR 2008, 14, 17; vgl auch bereits BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 36/13 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 21). Jedenfalls ist die Haftung einer GmbH wie der O GmbH nicht auf das Mindeststammkapital
in Höhe von 25 000 Euro beschränkt, wenn sie tatsächlich über ein höheres Gesellschaftsvermögen verfügt (vgl dazu bereits
BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 36/13 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 21). Das hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht mehr in Zweifel gezogen.
bb) Mit der von der Beklagten geforderten Bankbürgschaft wird vor allem nicht die angestrebte haftungsrechtliche Gleichstellung
bewirkt, sondern eine fast vollständige Aufhebung der mit der Erbringung von Abschlagszahlungen verbundenen Risiken allein
bezogen auf die Gruppe der MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen sind. Weder
von Vertragsärzten oder BAGen noch von MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter ausschließlich natürliche Personen sind,
wird von der Beklagten ein damit vergleichbar hohes Maß an Sicherheiten als Voraussetzung für die Gewährung von Abschlagszahlungen
gefordert, obwohl Ausfallrisiken auch hier bestehen und durch eine Bankbürgschaft weitgehend beseitigt werden könnten. Das
besonders hohe Maß an Sicherheit, das der KÄV durch die Bankbürgschaft vermittelt wird, belastet die MVZ-Träger, von denen
die Beibringung dieser Bürgschaft gefordert wird, einseitig mit nicht unerheblichen Kosten, die von der Klägerin für die Zeit
der Durchführung des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens nachvollziehbar mit jährlich etwa 0,35 bis 0,5 % der Bürgschaftssumme
(hier also ausgehend von einer Bürgschaftssumme von ca 12 Mio Euro mit Beträgen zwischen ca 42 000 und 60 000 Euro jährlich)
angegeben worden sind. Damit werden die mit dem Anspruch auf Abschlagszahlungen verbundenen Vorteile durch die geforderte
Bankbürgschaft erheblich eingeschränkt.
e) §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V steht der ergänzenden Regelung von Bürgschaftserfordernissen in Abrechnungsbestimmungen zwar nicht generell entgegen (nachfolgend
aa). Der Regelung können aber Hinweise darauf entnommen werden, auf welche Weise und in welchem Umfang der parlamentarische
Gesetzgeber Forderungen von KÄVen und von Krankenkassen absichern möchte. Für eine Differenzierung danach, ob Gesellschafter
einer Trägergesellschaft natürliche oder juristische Personen sind, sind der gesetzlichen Regelung keine Anknüpfungspunkte
zu entnehmen (nachfolgend bb).
aa) Der Senat geht - anders als die Klägerin - nicht davon aus, dass §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V eine Sperrwirkung im Abrechnungsverhältnis in der Weise entfaltet, dass die KÄVen generell gehindert wären, im HVM oder in
ihren Abrechnungsbestimmungen Regelungen zu treffen, nach denen der Anspruch auf Abschlagszahlungen von der Beibringung einer
weiteren Bürgschaft bzw einer anderen Sicherheitsleistung abhängig ist. Zwar besteht ein enger Zusammenhang zwischen den in
§
95 Abs
2 Satz 6
SGB V geregelten Zulassungsvoraussetzungen und der Honorarzahlung insoweit, als der Gesetzgeber mit dem Bürgschaftserfordernis
der Gesellschafter eines MVZ in der Rechtsform einer GmbH gerade Honorarrückforderungen von KÄVen und Schadensersatzansprüche
von Krankenkassen absichern wollte (vgl den Regierungsentwurf des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes - VÄndG - BT-Drucks
16/2474 S 21, zu Art 1 Nr 5 Buchst b). Das schließt es aber nicht vollständig aus, dass die KÄV in ihren Abrechnungsbestimmungen
ergänzende Regelungen mit dem Ziel der Sicherung von Honorarrückforderungen trifft. So hat die Beklagte - ähnlich wie andere
KÄVen - in ihren Abrechnungsbestimmungen Regelungen zur Aussetzung oder Einstellung von Abschlagszahlungen ua für Konstellationen
getroffen, in denen ein besonders hohes Risiko von Überzahlungen besteht (zB bei Versäumung der Frist zur Vorlage der Abrechnung
durch den Vertragsarzt). Das ist aus Sicht des Senats grundsätzlich nicht zu beanstanden. Daher spricht grundsätzlich auch
nichts dagegen, wenn eine KÄV die für den Arzt bzw das MVZ aus der Einstellung von Abschlagszahlungen folgenden Nachteile
in solchen Konstellationen begrenzt, indem sie die Abschläge zwar leistet, aber die Zahlung von Sicherheiten abhängig macht,
die über die in §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V geforderten hinausgehen.
bb) Hier möchte die Beklagte den Anspruch auf Abschlagszahlungen indes - ganz unabhängig von einem im Einzelfall bestehenden
Risiko der Überzahlung - gegenüber einer bestimmten Gruppe von MVZ-Trägern generell von einer Bankbürgschaft und damit einer
Sicherheitsleistung abhängig machen, die in §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V gerade nicht vorgeschrieben wird und die das durch die Abschlagszahlung begründete Risiko praktisch vollständig abdeckt.
Abgesehen davon, dass die Beklagte mit § 5 Abs 1a AbrBestKVB keine haftungsrechtliche Gleichstellung herbeiführt, sondern
die Absicherung gegen Forderungsausfälle bezogen auf die Gruppe von MVZ, zu der die Klägerin gehört, ganz erheblich über das
für andere vertragsärztliche Leistungserbringer geltende Maß hinaus erhöht (vgl oben RdNr 28), nimmt die Beklagte damit eine
Unterscheidung zwischen unterschiedlichen "Typen" von MVZ vor, die so im höherrangigen Recht des
SGB V nicht angelegt ist und die der Gesetzgeber jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang ersichtlich nicht vornehmen wollte (zur
Bindung des untergesetzlichen Normgebers an höherrangiges Recht und die daraus folgenden Einschränkungen im Hinblick auf das
zulässige Differenzierungsziel vgl Heun in Dreier,
GG, 3. Aufl 2013, Art
3 RdNr 53; vgl auch BVerfG Urteil vom 13.12.1961 - 1 BvR 1137/59 ua - BVerfGE 13, 248, 255 = juris RdNr 23; BVerfG Beschluss vom 26.2.1985 - 2 BL 17/83 - BVerfGE 69, 150, 159 f = juris RdNr 38 f; Boysen in von Münch/Kunig,
GG, 7. Aufl 2021, Art
3 RdNr 44). Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22.10.2014 (B 6 KA 36/13 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 25) ausgeführt hat, wurde schon zum Zeitpunkt der Einführung der in §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V geregelten Bürgschaftsverpflichtung mWv 1.1.2007 ein erheblicher Teil der MVZ durch Krankenhäuser bzw deren Träger gegründet,
die zu diesem Zweck in der Regel eine MVZ-Träger-GmbH gründeten. In der Praxis der Zulassungsgremien war vor der Änderung
des §
95 Abs
1a Satz 3
SGB V durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 6.5.2019 (BGBl I 646) sogar teilweise die Auffassung vertreten
worden, dass für jedes MVZ eine eigene Trägergesellschaft bestehen müsse (vgl die Begründung zum Regierungsentwurf eines TSVG,
BT-Drucks 19/6337 S 116, zu Art 1 Nr 52 Buchst a Doppelbuchst bb). Auch der Umstand, dass Gesellschafter einer solchen Träger-GmbH
nicht notwendig natürliche Personen sein müssen, ist im Gesetzgebungsverfahren zum VÄndG ersichtlich nicht übersehen worden
(vgl dazu näher BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 36/13 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 25). Nachdem der Senat mit dem genannten Urteil vom 22.10.2014 entschieden hatte, dass §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V nicht die Bürgschaft der hinter einer MVZ-Trägergesellschaft stehenden natürlichen Personen fordert, ist §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V im Übrigen mehrfach - nämlich durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vom 16.7.2015 (BGBl I 1211) und durch das
TSVG - modifiziert worden. Eine Erweiterung der Haftung für MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter keine natürlichen
Personen sind, ist dabei nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass die von der Beklagten vorgenommene
Differenzierung nach der Art der Gesellschafter von MVZ-Trägergesellschaften im Abrechnungsverhältnis nicht dem in §
95 Abs
2 Satz 6
SGB V fixierten Regelungsprogramm entspricht.
f) Auch andere vernünftige Gründe, die geeignet sein könnten, die in § 5 Abs 1a AbrBestKVB geregelte Ungleichbehandlung zu
rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Es gibt keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass das Risiko von Forderungsausfällen
bei der Rückforderung überzahlter Abschläge auf das Honorar gerade bei den in der Organisationsform einer juristischen Person
geführten MVZ, deren Gesellschafter keine natürlichen Personen sind, so erheblich erhöht ist, dass es sachgerecht wäre, darauf
mit der Forderung nach einer Bankbürgschaft in Höhe der Gesamtsumme der Abschlagszahlungen zu reagieren. Praktische Erfahrungen
oder empirische Erkenntnisse, die auf ein erhöhtes Risiko von Forderungsausfällen gerade bezogen auf die Gruppe von MVZ hindeuten
würden, von denen Bankbürgschaften gefordert werden sollen, werden von der Beklagten, die in erster Linie über die erforderlichen
Informationen verfügt, nicht geltend gemacht. Auch in der Begründung des og Antrags des Vorstands der Beklagten zur Einführung
des § 5 Abs 1a AbrBestKVB wird dieser Gesichtspunkt nicht erwähnt und in ihrer Revisionserwiderung macht die Beklagte ausdrücklich
geltend, dass es nicht darauf ankommen könne, "ob und inwieweit Rückforderungen gegenüber MVZ-GmbHs bzw. ihre Gesellschafter,
die als juristische Person firmieren, besonders häufig ins Leere gehen". Auf ergänzende Nachfrage des Senats hat die Beklagte
in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie negative praktische Erfahrungen bei der Rückforderung überzahlter Abschlagszahlungen
gerade gegenüber der Gruppe von MVZ, von der sie seit dem 1.7.2012 die Beibringung einer Bankbürgschaft fordert, nicht geltend
machen möchte.
4. Nach der Rspr des BVerfG haben Verstöße gegen Art
3 Abs
1 GG im Regelfall nicht unmittelbar die Nichtigkeit der beanstandeten Norm zur Folge. Deshalb erklärt das BVerfG die betroffene
Norm in der Regel nur als mit Art
3 Abs
1 GG unvereinbar (Jarass in ders/Pieroth,
GG, 17. Aufl 2022, Art
3 RdNr 32 mwN). Das gilt für Kollisionen von Gesetzen mit der Verfassung ebenso wie für Kollisionen untergesetzlicher Rechtsvorschriften
mit gesetzlichen Bestimmungen oder mit der Verfassung (vgl BSG Urteil vom 20.1.1999 - B 6 KA 9/98 R - BSGE 83, 218, 222 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 112 = juris RdNr 23; vgl Jarass, aaO RdNr 42). Die Beklagte ist grundsätzlich auch an die
untergesetzlichen Normen ihrer Satzung gebunden (zur Bindung an Regelungen des Bewertungsausschusses als Normgeber des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabs für Ärzte vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 42) und kann als Normgeberin den Verstoß gegen höherrangiges Recht im Regelfall auf unterschiedliche
Weise beseitigen.
Jedoch ist eine Nichtigkeitserklärung angebracht, wenn der Normgeber mit Sicherheit die nach einer Teilnichtigkeit verbleibende
Regelung wählen würde (BVerfG Beschluss vom 26.1.1993 - 1 BvL 38, 40, 43/92 - BVerfGE 88, 87, 101). Teilweise hat das BVerfG bei Gleichheitsverstößen auch eigene Übergangsregelungen getroffen und eine begünstigende
Regelung in Fällen eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses auf die Ausgeschlossenen angeordnet (Jarass in ders/Pieroth,
GG, 17. Aufl 2022, Art
3 RdNr 33 mwN), etwa wenn nur so ein verfassungsmäßiger Zustand hergestellt werden konnte oder wenn sich mit Sicherheit annehmen
lässt, dass der Normgeber, wäre ihm das Problem bewusst, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgebots gerade in diesem Sinne
Rechnung tragen würde (BVerfG Beschluss vom 21.5.1974 - 1 BvL 22/71 ua - BVerfGE 37, 217, 260 = juris RdNr 125 mwN; zu Rechtsverordnungen vgl BVerwG Urteil vom 25.7.2007 - 3 C 10/06 - BVerwGE 129, 116 RdNr 30 f mwN).
Der gesamte Prozessstoff ergibt keinerlei Hinweise dafür, dass die Beklagte den Gleichheitsverstoß - abweichend von der Praxis
aller anderen KÄVen im Bundesgebiet - durch einen generellen Verzicht auf Abschlagszahlungen oder durch eine Ausdehnung der
in § 5 Abs 1a AbrBestKVB getroffenen Regelungen zur Beibringung einer Bankbürgschaft als Voraussetzung für die Gewährung von
Abschlagszahlungen auf alle vertragsärztlichen Leistungserbringer hätte beheben wollen. Hinzu kommt, dass die vorübergehende
Fortsetzung der Ungleichbehandlung gerade bei der Gewährung von Abschlagszahlungen auf den zu erwartenden Honoraranspruch
kaum rückwirkend kompensiert werden könnte. Unter diesen Umständen kann der Gleichheitsverstoß nur beseitigt werden, indem
die Beklagte der Klägerin - soweit die Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind - Abschlagszahlungen ab der Verkündung dieses
Urteils unabhängig von den in § 5 Abs 1a AbrBestKVB geregelten einschränkenden Voraussetzungen gewährt. Die Freiheit der Beklagten,
die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschlagszahlungen künftig durch Satzung im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums abweichend
zu regeln, wird dadurch nicht beschränkt, soweit sie dabei den aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art
3 Abs
1 GG) folgenden Anforderungen Rechnung trägt.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§
154 Abs
1 VwGO).