Sozialhilfe: Eingliederungshilfe, Kostenübernahme für Integrationshelfer bei schulrechtlicher Bestimmungsfreiheit der Eltern
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten eines Integrationshelfers
für den Besuch einer integrativ unterrichtenden Grundschule in den Schuljahren 2001/2002 (ab 15. April 2002) und 2002/2003
zu übernehmen.
Der am 16. Juni 1993 geborene Kläger ist geistig behindert. In der Zeit von 1998 bis August 2001 besuchte er einen integrativen
Kindergarten und erhielt hierfür von der Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für
heilpädagogische Maßnahmen im Rahmen einer Einzelintegration.
Nachdem die Eltern des Klägers sich zunächst erfolglos um eine integrative Beschulung des Klägers in einer öffentlich-rechtlichen
Regelschule bemüht hatten, beantragten sie mit Schreiben vom 2. April 2001 bei der Beklagten, dem Kläger Eingliederungshilfe
zu bewilligen und in diesem Rahmen die Kosten für einen Integrationshelfer zu übernehmen, um den Besuch der (integrativ unterrichteten)
1. Klasse der Montessori-Grundschule in C. zu ermöglichen.
Das Regionalschulamt C. erließ am 14. Mai 2001 einen "Bescheid zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs", in
welchem u.a. festgestellt wurde, dass der Kläger erhöhten sonderpädagogischen Förderschulbedarf habe und mit Beginn des Schuljahres
2001/2002 an der Förderschule für geistig Behinderte zu beschulen sei. Einen dagegen erhobenen Widerspruch nahmen die Eltern
zurück, nachdem das Regionalschulamt klargestellt hatte, dass es sich nicht um einen Schulzuweisungsbescheid, sondern lediglich
um die Feststellung eines sonderpädagogischen Bedarfs handele.
Den Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe lehnte die Beklagte unter Hinweis auf den sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatz
und den Mehrkostenvorbehalt ab. Nach dem Bescheid der Schulaufsichtsbehörde bestehe für den Kläger sonderpädagogischer Förderbedarf
und sei er mit Beginn des Schuljahres 2001/2002 an einer Förderschule für geistig Behinderte zu beschulen, wo zusätzliche
Betreuungskosten nicht anfielen; für die beantragte Eingliederungshilfe bestehe damit sozialhilferechtlich kein Bedarf (Bescheid
vom 31. Mai 2001, Widerspruchsbescheid vom 13. August 2001).
Unter dem 23. November 2001 erließ das Regionalschulamt einen Bescheid "zur Klarstellung", in welchem es feststellte, dass
beim Kläger sonderpädagogischer Förderbedarf für den Besuch einer Förderschule für geistig Behinderte bestehe; eine Schulzuweisung
sei durch den Bescheid vom 14. Mai 2001 nicht erfolgt, und dieser Bescheid stehe einer integrativen Beschulung nicht entgegen,
sei vielmehr Voraussetzung einer solchen Beschulung. Eine abschließende Entscheidung habe noch nicht ergehen können, weil
die Montessori-Grundschule nicht über das notwendige Personal verfüge und über die Gewährung von Eingliederungshilfe bislang
nicht entschieden worden sei. Mit weiterem Bescheid vom 13. Dezember 2001 legte das Schulamt fest, dass der Kläger im Schuljahr
2001/2002 unter bestimmten Voraussetzungen integrativ an der Montessori-Schule C. in der Klassenstufe 1 beschult werden könne.
Diese Voraussetzungen waren nach Mitteilung des Montessori-Vereins erfüllt.
Nachdem die Eltern eine "Verlängerung der Eingliederungshilfe" für das 2. Schuljahr beantragt hatten, lehnte die Beklagte
es mit Schreiben vom 7. Februar 2002 erneut ab, Kosten für einen Integrationshelfer zu übernehmen. Für die Betreuung während
der Unterrichtszeit sei der private Schulträger verantwortlich. Über den bereits ergangenen Ablehnungsbescheid hinaus werde
damit keine weitere Entscheidung getroffen. Den gleichwohl erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte als unzulässig
zurück, da ein Verwaltungsakt nicht vorliege (Widerspruchsbescheid vom 29. November 2002).
Durch Beschluss vom 26. März 2002 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, dem
Kläger ab dem 1. April 2002 Eingliederungshilfe für einen Integrationshelfer für vier Stunden je Schultag zu gewähren. Die
dagegen erhobene Beschwerde der Beklagten blieb erfolglos.
In der Folgezeit besuchte der Kläger weiter die Montessori-Grundschule mit Hilfe eines Integrationshelfers, dessen Kosten
vorläufig von der Beklagten getragen wurden. Für das Schuljahr 2001/2002 machte er für die Zeit ab dem 15. April 2002 Kosten
in Höhe von 828,36 EUR geltend; im Schuljahr 2002/2003 beliefen die Kosten sich auf 5 662,40 EUR.
Weitere Anträge des Klägers auf Bewilligung von Eingliederungshilfe für die folgenden Schuljahre lehnte die Beklagte jeweils
durch bislang nicht bestandskräftig gewordene Bescheide ab; das Regionalschulamt C. stellte mit Bescheid vom 25. Mai 2005
fest, dass eine integrative Unterrichtung des Klägers im Schuljahr 2005/2006 in der Klasse 4 (freiwillige Wiederholung) an
der Montessori-Grundschule unter den im Bescheid vom 13. Dezember 2001 festgelegten Bedingungen weiter möglich sei.
Auf die bereits am 17. September 2001 erhobene Klage, die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2003 für
den Zeitraum vor dem 15. April 2002 zurückgenommen wurde, verpflichtete das Verwaltungsgericht (unter Einstellung des Verfahrens
im Übrigen) die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Februar 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 29. November
2002, dem Kläger Eingliederungshilfe zu einer angemessenen Schulbildung durch Übernahme der notwendigen Kosten für einen Integrationshelfer
zu bewilligen (Urteil vom 21. August 2003). Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie nicht bereits
zurückgenommen war, abgewiesen (Urteil vom 7. Dezember 2005). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Gegenstand des Berufungsverfahrens sei die Hilfegewährung für das Schuljahr 2001/2002 ab dem 15. April 2002 sowie für das
gesamte Schuljahr 2002/2003. Die so verstandene Berufung sei begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme der
Kosten seines Integrationshelfers nach den §§ 39, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 47 BSHG und § 12 Nr. 1 der Eingliederungshilfeverordnung habe. Ausgehend von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 2005 - BVerwG 5 C 20.04 - (BVerwGE 123, 316), wonach der Sozialhilfeträger bei der Prüfung, ob die für den Besuch einer bestimmten Schule notwendige Unterstützung als
"Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung" erforderlich sei, an die Entscheidung der Schulbehörde über die Zuweisung an eine
bestimmte Schule gebunden sei, sei im vorliegenden Fall eine bindende Zuweisung des Klägers an die Montessori-Grundschule
für den maßgeblichen Zeitraum nicht festzustellen. Vielmehr habe es dem Kläger nach den Bescheiden des Regionalschulamtes
vom 14. Mai, 23. November und 13. Dezember 2001 freigestanden, seine Schulpflicht entweder durch den Besuch der öffentlichen
Förderschule für geistig Behinderte oder durch den Besuch der privaten Montessori-Grundschule zu erfüllen. Für die Annahme
einer verbindlichen Zuweisung des Klägers an die Montessori-Grundschule bestehe auch deshalb kein Raum, weil eine solche Entscheidung
der staatlichen Schulaufsicht weder vom Schulgesetz für den Freistaat Sachsen noch vom Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft
vorgesehen sei. Angesichts der dem Kläger - schulrechtlich - eröffneten Wahlmöglichkeit zwischen den vom Regionalschulamt
als für die Erfüllung der Schulpflicht gleichwertig eingestuften Alternativen brauche der Sozialhilfeträger dem Wunsch des
Kindes und seiner Eltern nach einer integrativen Beschulung, dessen Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden
wäre (§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG), nicht zu entsprechen, soweit der Besuch der öffentlichen Förderschule nicht nach den besonderen Umständen des Einzelfalls
ausnahmsweise unzumutbar sei; die Förderschule sei als anderweitig zur Verfügung stehende und mit öffentlichen Mitteln betriebene
Bildungseinrichtung gleichermaßen geeignet, die erforderliche Hilfe zu leisten, unentgeltlich zugänglich und damit eine zumutbare
Bedarfsdeckungsalternative außerhalb des Sozialhilferechts. Die geltend gemachten Kosten in Höhe von insgesamt 6 490,76 EUR
verursachten dem Sozialhilfeträger unverhältnismäßige Mehrkosten im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG, weil keine besonderen Umstände vorlägen, die dem Kläger den Besuch der öffentlichen Förderschule aus objektiven oder schwerwiegenden
persönlichen Gründen ausnahmsweise unzumutbar machten. Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt
einer verbotenen Benachteiligung im Sinne von Art.
3 Abs.
3 Satz 2
GG, lasse sich der vom Kläger geltend gemachte sozialhilferechtliche Leistungsanspruch nicht ableiten.
Mit der hiergegen eingelegten Revision greift der Kläger die Feststellungen der Vorinstanz zum Landesschulrecht an und macht
geltend, es sei nicht mit Art.
3 Abs.
3 Satz 2
GG zu vereinbaren, ihn von einer integrativen Beschulung auszuschließen. Auf den Mehrkostenvorbehalt könne er nicht verwiesen
werden.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die Revision ist begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat unter Verstoß gegen Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO) den Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten eines Integrationshelfers zum Besuch der privaten Montessori-Grundschule
im Rahmen der Eingliederungshilfe verneint.
Der Anspruch des Klägers folgt aus § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG i.V.m. § 12 Nr. 1 EinglHVO, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, vor allem im Rahmen der
allgemeinen Schulpflicht, sind und diese Hilfen auch Maßnahmen zugunsten behinderter Kinder und Jugendlicher umfassen, wenn
diese Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem Behinderten den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu
ermöglichen oder zu erleichtern. Diese Voraussetzungen sind im Falle der Maßnahme, für die der Kläger die Kostenübernahme
durch die Beklagte verlangt, erfüllt.
Der Senat geht nach dem Landesschulrecht in der Auslegung des Berufungsgerichts und nach den revisionsgerichtlich nicht zu
beanstandenden Feststellungen zum Inhalt der Bescheide des zuständigen Regionalschulamtes davon aus, dass dieses den Eltern
des Klägers die Wahl zwischen einer Beschulung auf der integrativ unterrichtenden Montessori-Grundschule oder der Sonderschule
(Förderschule) für Behinderte gelassen hat. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision verkennen, dass diese Auslegung
des Landesschulrechts und der Bescheide des Regionalschulamtes keinen Eingriff in Rechte des Klägers bewirkt, sondern im Gegenteil
Voraussetzung für eine integrative Beschulung auf der Montessori-Grundschule ist. Angesichts des dem Kläger gegenüber festgestellten
sonderpädagogischen Förderbedarfs sowie der ihm eingeräumten Möglichkeit der Erfüllung seiner Schulpflicht an der Montessori-Grundschule
bestand für den Kläger schulrechtlich die Wahlmöglichkeit zwischen der Beschulung an der öffentlichen Förderschule oder an
der privaten Grundschule.
Aus schulrechtlicher Sicht sind danach beide Beschulungsformen dem Grunde nach geeignet, den festgestellten sozialpädagogischen
Förderbedarf zu decken und die Schulpflicht des Klägers zu erfüllen. Diesen nicht zuletzt in Auslegung und Anwendung nicht
der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegenden Landesrechts gründenden Feststellungen zum Inhalt der hier ergangenen
schulbehördlichen Bescheide kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass damit behinderte Menschen unter Verletzung des Benachteiligungsverbotes
des Art.
3 Abs.
3 Satz 2
GG "in die Sonderschule" abgeschoben würden und kraft Bundesverfassungsrecht allein die Zulassung einer integrativen Beschulung
- und sei es an einer Schule in freier Trägerschaft - rechtmäßiger Regelungsgegenstand der schulbehördlichen Entscheidung
hätte sein dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288) bewirkt die Überweisung eines behinderten Schülers an eine Sonder- bzw. Förderschule gegen seinen und seiner Eltern Willen
nicht schon für sich eine verbotene Benachteiligung im Sinne des Art.
3 Abs.
3 Satz 2
GG; eine solche Benachteiligung sei nur dann gegeben, wenn die Überweisung erfolge, obwohl eine Unterrichtung an der allgemeinen
Schule mit sonderpädagogischer Förderung möglich sei, der hierfür benötigte personelle und sächliche Aufwand mit vorhandenen
Personal- und Sachmitteln bestritten werden könne und auch organisatorische Schwierigkeiten und schutzwürdige Belange Dritter
der integrativen Beschulung nicht entgegenstünden. Dass eine solche Situation hier vorgelegen hätte, ist gerade nicht ersichtlich
oder von dem Berufungsgericht festgestellt. Vielmehr geht es dem Kläger darum, die (personellen) Voraussetzungen für eine
integrative Beschulung an einer privaten Grundschule erst herzustellen.
Mit der Zulassung auch der integrativen Beschulung an einer privaten Schule hat die Schulbehörde klargestellt, dass diese
neben der Beschulung an einer öffentlichen Förderschule aus ihrer Sicht den Anforderungen an eine angemessene Schulbildung
im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG genügt und dass damit notwendig verbundene heilpädagogische wie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich oder geistig behinderter
Kinder im Sinne des § 12 Nr. 1 EinglHVO "erforderlich und geeignet" sind, dem Kind den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu
erleichtern.
Daraus folgt indes noch nicht, dass diese aus der Sicht der Schulbehörde gleichwertigen Möglichkeiten der Beschulung auch
gleichermaßen geeignet sind, den besonderen sonderpädagogischen Förderbedarf im Rahmen einer "angemessenen Schulbildung" im
Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG zu decken. Mit der Zulassung einer integrativen Beschulung belässt die Schulbehörde den Erziehungsberechtigten vielmehr die
Bestimmung, nach Maßgabe ihrer elterlichen Sicht und besonderen Kenntnis der Entwicklungsbedürfnisse des Kindes den im Einzelfall
besten Weg zur Erreichung einer "angemessenen Schulbildung" festzulegen und damit zugleich den geltend gemachten Bedarf des
Kindes selbst zu konkretisieren. Dieses Konkretisierungs- und Bestimmungsrecht respektiert, dass es - jedenfalls aus der Perspektive
des einzelnen Kindes und seiner Erziehungsberechtigten - einen Unterschied macht, ob der besondere pädagogische Förderbedarf
in einer Förderschule gedeckt wird oder die Möglichkeit genutzt werden soll, eine integrative Schule zu besuchen. Aufgrund
des besonderen Ansatzes der verschiedenen Konzepte integrativer Beschulung, das gemeinsame Lernen und schulische Leben und
Erleben behinderter Schüler mit besonderem pädagogischem Förderbedarf und solcher Schüler, bei denen dies nicht der Fall ist,
zu ermöglichen, kann die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht im Rahmen einer integrativen Beschulung mit einem "integrativen
Mehrwert" verbunden sein, welcher den konkreten Bedürfnissen eines Kindes im Einzelfall besser entsprechen kann (nicht: muss)
als die Beschulung in einer Förderschule. Hieraus folgt zwar kein allgemeines Rangverhältnis zwischen einer Beschulung in
einer Förderschule und der Beschulung im Rahmen integrativen Unterrichts. Die Schulbehörde kann jedoch, wenn sie selbst für
die Entscheidung zwischen mehreren in Betracht kommenden Beschulungsformen nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen
für den jeweiligen Schüler unter integrativen Zielsetzungen keine eindeutige Präferenz ermitteln kann, diese Bestimmung den
Eltern bzw. Erziehungsberechtigten überlassen und diesen damit die Entscheidung übertragen, ob die Förderung durch integrative
Beschulung und der damit verbundene "integrative Mehrwert" der im Einzelfall bessere und erforderliche Weg zur Erreichung
einer angemessenen Schulbildung ist.
Dieses schulrechtliche Wahl- bzw. Bestimmungsrecht ist nach dem geltenden Sozialhilferecht von dem Träger der Sozialhilfe
zu respektieren. Die Einräumung des schulischen Wahlrechts an die Eltern bedeutet nicht, dass die Schulbehörde damit ihr schulrechtliches
Bestimmungsrecht, welches nach dem Urteil des Senats vom 28. April 2005 - BVerwG 5 C 20.04 - (BVerwGE 123, 316) auch die Sozialhilfebehörde bindet, aufgegeben hätte, sondern dass es den Eltern überlassen ist, die integrativen schulischen
Interessen des Kindes abschließend zu bewerten und die erforderliche Bestimmung selbst zu treffen. Dass sowohl der Besuch
der Förderschule als auch eine integrative Beschulung gleichermaßen geeignet sind, die Schulpflicht zu erfüllen, bedeutet
aus sozialhilferechtlicher Perspektive nicht, dass wegen der schulrechtlichen Möglichkeiten des Besuchs einer Förderschule
eine integrative Beschulung zum Erreichen einer angemessenen Schulbildung schon nicht im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG, § 12 Nr. 1 EinglHVO "erforderlich" ist, das Kind nach dem Nachranggrundsatz (§ 2 Abs. 1 BSHG) zumutbar auf den Besuch der Förderschule verwiesen werden dürfte oder es sich bei der für das Kind getroffenen Entscheidung
der Eltern für eine integrative Beschulung und damit für eine Förderung durch den dort erreichbaren "integrativen Mehrwert"
lediglich um einen auf die Gestaltung der Hilfe bezogenen Wunsch handelte, dem der Mehrkostenvorbehalt (§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG) entgegengehalten werden könnte. Die gegenteilige Ansicht der Beklagten und des Berufungsgerichts vernachlässigt, dass der
Besuch einer Förderschule und eine integrative Beschulung zwar gleichwertig, aber nicht gleichartig sind und Unterschiede
gerade auch in Bezug auf die allgemeine Aufgabe der Eingliederungshilfe aufweisen, die behinderten Menschen in die Gesellschaft
einzugliedern (§ 39 Abs. 3 Satz 1 BSHG); dies unterscheidet die vorliegende Fallkonstellation auch qualitativ von anderen schulrechtlichen Wahlmöglichkeiten. Das
schulrechtlich eröffnete Wahl- und Bestimmungsrecht für eine integrative Beschulung wirkt auf das Sozialhilferecht ein und
ist vom Träger der Sozialhilfe hinzunehmen. Für die Anwendung und Auslegung des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG, § 12 EinglHVO und die hierbei de lege lata anzuerkennenden Einwirkungen des schulrechtlich bestehenden Wahl- und Bestimmungsrechtes
sind dabei die Grundrechte der Kinder und der Eltern aus Art.
2 Abs.
1, Art.
6 Abs.
2 GG und der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Menschen mit Behinderung (Art.
3 Abs.
3 Satz 2
GG) ungeachtet dessen zu berücksichtigen, dass aus ihnen kein umfassender, verfassungsrechtlich verbürgter, unmittelbarer Leistungsanspruch
auf die Ermöglichung einer integrativen Beschulung unabhängig davon folgt, ob der dafür benötigte personelle und sächliche
Aufwand mit vorhandenen Personal- und Sachmitteln bestritten werden kann.
Dem Sozialhilfegesetzgeber bliebe es allerdings unbenommen, die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auf den Besuch öffentlicher
Schulen zu beschränken oder auf andere Weise die Kostenübernahme für Aufwendungen, die in einer staatlichen (öffentlichen)
Förderschule nicht entstünden, weil sie dort von dem nach Landesrecht zuständigen Schulträger durch Vorhaltung entsprechender
Leistungen finanziert werden, auszuschließen. Dies gilt auch dann, wenn das Schulrecht des Landes eine Wahlfreiheit zwischen
öffentlicher Förderschule und integrativer Beschulung in einer privaten Ersatzschule eröffnet, bedürfte aber gerade im Hinblick
auf die betroffenen, verfassungsrechtlich anerkannten und geschützten Interessen des Kindes und der Eltern einer ausdrücklichen
Entscheidung des Gesetzgebers. Denn im Ergebnis würde die schulrechtlich gewährte Wahlfreiheit für den auf Sozialhilfe angewiesenen
Personenkreis wieder infrage gestellt. Eine solche Entscheidung kann - wie ausgeführt - nicht schon in dem allgemeinen Mehrkostenvorbehalt
des § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG gesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus §
188 Satz 2
VwGO.