Verfassungsmäßigkeit der Beitragserstattung ohne Arbeitgeberanteile
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Regelaltersrente bzw. eine weitere Beitragserstattung.
Der 1936 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsbürger. Er arbeitete nach eigenen Angaben von 1964 bis 1974 in Deutschland.
Er beantragte am 14. Februar 2007 die Gewährung einer Altersrente. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Oktober 2007
ab, da die zur deutschen Rentenversicherung entrichteten Beiträge bis 17. September 1974 von der Deutschen Rentenversicherung
(DRV) Hessen mit Bescheid vom 14. November 1975 erstattet worden seien. Dem Kläger wurde ein Erstattungsbetrag von 9.809,10
DM überwiesen.
Mit Widerspruch vom 17. Januar 2008 begehrte der Kläger die Erstattung der gesamten Beiträge. Es stimme, dass er im Jahre
1974 die Beitragserstattung beantragt und den Beitrag erhalten habe. Aber diese Beiträge könnten niemals die ganzen Beiträge
gewesen sein. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2008 zurück.
Mit der Klage beim Sozialgericht Augsburg hat der Kläger den Anspruch weiter verfolgt. Er sei als Arbeitnehmer in Deutschland
tätig gewesen. Er benötige das Geld, um sich behandeln zu lassen und für seine Familie sorgen zu können.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2. März 2009 abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer
Regelaltersrente, da keine anrechenbaren Beitragszeiten mehr vorlägen. Mit der Erstattung der Beiträge durch Bescheid vom
14. November 1975 sei das bis dahin bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden. Weitere Beitragszeiten habe der Kläger
in der deutschen Rentenversicherung nicht zurückgelegt. Auch eine weitere Beitragserstattung komme nicht in Betracht, da der
Kläger weder weitere Beitragszeiten zur DRV genannt habe noch dargelegt habe, wieso die bislang erstatteten Beiträge zu niedrig
seien.
Zur Begründung der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung hat der Kläger erneut vorgebracht, er sei Arbeitnehmer in
Deutschland gewesen. Er hat gebeten, wegen seiner schlechten finanziellen Situation die Akte erneut zu bearbeiten und ihm
eine Altersrente zu bewilligen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 22. Juli 2009 die Berufung dem Berichterstatter übertragen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 2. März 2009 sowie den Bescheid vom 29. Oktober 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 8. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Regelaltersrente, hilfsweise
eine weitergehende Beitragserstattung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß §
136 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§
143,
151 SGG), aber unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung einer Regelaltersrente oder eine höhere Beitragserstattung
zu.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit
der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§
110,
126,
132 SGG).
Wie sich aus dem Berufungsschriftsatz vom 25. März 2009 ergibt, begehrt der Kläger vorrangig die Gewährung einer Regelaltersrente
nach §
35 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB VI). In Gesamtschau des Widerspruchs- und sozialgerichtlichen Verfahrens ist sein Klagebegehren hilfsweise auf einen höheren
Erstattungsbetrag gerichtet.
Versicherte haben gemäß §
35 S. 1
SGB VI Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§§
50 ff
SGB VI) erfüllt haben. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht
erfüllt ist, vielmehr kein Kalendermonat mit Beitragszeiten belegt ist, und die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung
der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet
zurückweist (§
153 Abs.
2 SGG). Maßgeblich ist insofern, dass die Beiträge für die Zeiten, in denen der Kläger in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt
war, mit rechtskräftigem Bescheid vom 14. November 1975 gemäß § 1303 der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) erstattet wurden, worauf der Kläger vor dem Sozialgericht zutreffend hinweist. Das Versicherungsverhältnis ist damit insoweit
erloschen. Neue Versicherungszeiten zur Rentenversicherung wurden weder in Deutschland noch im Königreich Marokko, auch unter
Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über Soziale Sicherheit
vom 25. März 1981 (BGBl. 1986 II, S. 552), erworben.
Der Bescheid über die Erstattung der in Deutschland zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten vom 14. November 1975 ist bestandskräftig.
Eine Überprüfung dieses Bescheides wäre nur in einem neuen Verwaltungsverfahren nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) möglich. Unabhängig von der prozessualen Frage, ob der Kläger ein solches Verfahren eingeleitet hat, ist aber auch eine
Rechtswidrigkeit dieses Bescheides nicht ersichtlich. Der Kläger hat ohne nähere Ausführung seine Vermutung vorgebracht, der
Erstattungsbetrag müsse zu niedrig sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Rentenversicherungsbeiträge nur in der Höhe erstattet
werden, in der die Versicherten diese getragen haben (§
210 Abs.
3 S. 1
SGB VI). Weder das Recht der
RVO noch des
SGB VI sehen einen Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile vor, auch wenn der Arbeitgeber die hälftige Beitragstragung übernommen
hat. Dies verstößt nicht gegen das
Grundgesetz (BVerfG SozR § 1303 Nr. 19; s.a. z.B: Bayer. Landessozialgericht vom 11.06.2008, Az.: L 20 R 882/07).
Die Berufung war daher sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag zurückzuweisen.
Die Kostenfolge stützt sich auf §
193 SGG. Sie beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seiner Klage auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.