Sozialversicherungspflicht von Minderheitsgesellschaftern einer GmbH bei Vetorecht
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beigeladene bei der Klägerin eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt hat.
Die Klägerin betreibt in Niederbayern verschiedene Autohäuser. Der Beigeladene war zunächst mit Anstellungsvertrag vom 30.05.2000
als Geschäftsführer für die A. S. GmbH tätig. Im Einzelnen enthielt der Anstellungsvertrag u. a. folgende Regelungen:
§ 1 Dauer des Vertragsverhältnisses
1.Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.07.2000. Es ist für unbestimmte Zeit abgeschlossen.
2. Das Vertragsverhältnis kann beidseitig unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres, erstmals
zum 01.07.2005 ordentlich gekündigt werden. (Fünf-Jahres-Vertrag).
3. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grunde bleibt unberührt.
§ 2 Aufgabengebiet Herr C. wird aufgrund dieses Vertrages als Geschäftsführer in der A. S. GmbH tätig. Im Einzelnen bedeutet
dies:
1. Herrn C. wird die Leitung der A. S. GmbH in A-Stadt übertragen.
§ 3 Vertretung
1 .Herr C. wird als Geschäftsführer der A. S. GmbH in A-Stadt allein vertretungsberechtigt sein. Unbeschadet dieser Alleinvertretungsberechtigung
ist die Gesellschafterversammlung der A. A. GmbH und Co., A. KG berechtigt, einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen von seiner
Zustimmung abhängig zu machen.
2. Eine Abberufung als Geschäftsführer der A. S. GmbH in A-Stadt oder eine Einschränkung der vorgesehenen Einzelvertretungsbefugnis
ist jederzeit möglich. Eine solche Maßnahme ist, wenn zusammen mit ihm seitens der Gesellschafterversammlung der A. A. GmbH
und Co., A. KG keine anderweitige Erklärung abgegeben wird, als ordentliche Kündigung des vorliegenden Vertrages zum nächstmöglichen
Zeitpunkt anzusehen.
§ 4 Geschäftsführung Herr C. führt die Geschäfte der A. S. GmbH A-Stadt nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen,
der Satzung der Gesellschaft und dieses Vertrages. Er wird darüber hinaus insbesondere darauf achten, dass den einschlägigen
Regelungen der mit den Herstellern bestehenden Händlerverträgen Rechnung getragen wird.
§ 5 Arbeitseinsatz
1. Herr C. stellt zur Erfüllung seiner Aufgaben seine volle Arbeitskraft zur Verfügung.
2. Sämtliche Ergebnisse der beruflichen Tätigkeit von Herrn C. aus der A. S. GmbH A-Stadt, sowie alle bei seiner Tätigkeit
anfallenden Beobachtungen und Erfahrungen stehen der gesamten Gesellschaft zur Verfügung.
§ 6 Nebentätigkeit/Wettbewerb
1.Wesentliche und/oder dauerhafte Beteiligung oder sonstige Mitwirkung an einer fremden Gesellschaft bedarf der vorherigen
Zustimmung der Gesellschafterversammlung der A. A. GmbH und Co., A. KG, ebenso die Übernahme einer Nebentätigkeit, wenn die
Nebentätigkeit die Tätigkeit für die Gesellschaft beeinträchtigen kann.
2. Eine Tätigkeit für Wettbewerber der A. A. GmbH und Co., A. KG, gleich in welcher Form, ist Herrn C. untersagt. Gleiches
gilt für eigene Wettbewerbstätigkeiten von Herrn C. gegenüber den genannten Gesellschaften.
§ 7 Festbezüge
1. Herr C. erhält für seine Tätigkeit nach diesem Vertrag ein festes Jahresgehalt in Höhe von DM 120.000,00. Dieses steigt
jedes Jahr um amtliche Inflationsrate.
2. Die Auszahlung der Vergütung erfolgt in zwölf Raten jeweils zum 10. des folgenden Monats unter Einbehalt der gesetzlichen
Abzüge.
3. Auch wenn solche Leistungen bei der A. A. GmbH und Co., A. KG im Übrigen erbracht werden, hat Herr C. keinen Anspruch auf
Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, 13. Monatsgehalt oder sonstige vergleichbare Gratifikationen oder Sonderzahlungen.
4. Die Gesellschaft vergütet Herrn C. den Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung, maximal jedoch den Höchstbetrag des
gesetzlich festgelegten Krankenversicherungsbeitragszuschusses für Privatversicherte sowie den Beitragszuschuss zur Pflichtversicherung.
§ 8 Tantieme
1.Herrn C. steht für das Jahr 2000 eine Tantieme von 10 % des Betriebsergebnisses von der A. S. GmbH in A-Stadt zu. Da Herr
C. ab Mitte des Jahres diese Aufgaben erst übernimmt, ist die Rechengrundlage 10 % aus 50 % des Betriebsergebnisses in 2000.
Ab 2001 und den Folgejahren wird das ganze Jahr bewertet.
2. Herr C. erhält zusätzlich zu seiner 10 %igen Betriebsergebnistantieme eine Sondertantieme, falls er das geplante Ergebnis
übertrifft. Dieses Ergebnis wird geplant für
2000: 300.000,00 DM
2001: 400.000,00 DM
2002: 450.000,00 DM
2003: 525.000,00 DM
2004: 600.000,00 DM
2005: 625.000,00 DM.
Von einer positiven Übertreffung erhält Herr C. 10 % als Sondertantieme.
3. Dauert das Anstellungsverhältnis nicht während des ganzen Jahres, kürzt sich die Tantieme zeitanteilig.
4. Für die Bemessung der Tantieme besteht Einvernehmen, das ihm das betriebliches Ergebnis zugrunde gelegt werden soll, also
insbesondere besondere steuerliche Gestaltungen außer Ansatz bleiben sollen.
§ 13 Verschwiegenheit
[ ...]
§ 14 Schlussbestimmungen
[ ...]
Dieser Vertrag ging mit Vereinbarung vom 26.09.2006 auf die Klägerin über. Allerdings blieb der Beigeladene der Geschäftsführer
der A. S. GmbH. Mit notarieller Urkunde vom 18.09.2006 trat der Hauptgesellschafter der Klägerin unter anderem an den Beilgeladenen
2 Prozent der Geschäftsanteile ab. Die Satzung der Klägerin enthielt keine besondere Regelung darüber, wie die Stimmen innerhalb
der Gesellschaft verteilt werden. Mit notarieller Urkunde vom 18.09.2006 wurde unter anderem dem Beigeladenen ein Vetorecht
eingeräumt. Dieses Vetorecht konnte vom Hauptgesellschafter jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber einzelnen oder allen
widerrufen werden. Sofern die einseitige Willenserklärung zur Beseitigung des Vetorechts nicht genügen sollte, sondern hierfür
eine Satzungsänderung erforderlich sein sollte, verpflichteten sich die übrigen Minderheitsgesellschafter sowie der Hauptgesellschafter,
der Aufhebung zuzustimmen. Sie erteilten hierzu dem Hauptgesellschafter unwiderruflich Vollmacht, auf alle Ladungs- und Fristvorschriften
wie Einberufung und Abhalten von Gesellschafterversammlungen mit dem alleinigen Tagesordnungspunkt der Aufhebung des Vetorechts
zu verzichten und sodann das Vetorecht durch Gesellschafterbeschluss aufzuheben. Der Bevollmächtigte war von den Beschränkungen
des §
181 BGB befreit; Untervollmacht konnte erteilt werden.
Mit Schreiben vom 17.07.2007 beantragte die Klägerin für den Beigeladenen sowie für die anderen Minderheiten-Gesellschaftergeschäftsführer
die Statusfeststellung bei der Beklagten. In diesem Zusammenhang gab die Klägerin an, dass der Beigeladene zuständig sei für
die Leitung der A. S. GmbH und auch insbesondere zuständig für die Marke P. in der A. Gruppe. Weiter teilte die Klägerin mit,
dass der Beigeladene bei der "H. N." krankenversichert war. Vorgelegt wurde eine Vereinbarung vom 26.09.2006, wonach der zwischen
dem Beigeladenen und der A. S. GmbH bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 30.09.2006 aufgehoben wurde. Vorgelegt wurde
auch eine Vertragsergänzung ohne Datum zwischen der A. S. GmbH A-Stadt und dem Beigeladenen. Danach wurde das Dienstverhältnis
ungeachtet des noch laufenden Vertrages als fest vereinbart neu geregelt vom 01.01.2006 bis 31.12.2010 (Fünf-Jahres-Vertrag).
Hiernach war der Beigeladene als operativer Geschäftsführer allein verantwortlich für die A. S. GmbH. Der Beigeladene wurde
Mitglied im B.o.D. in der P.Gruppe und vertrat dort die Marke P. in der A. Konzerngeschäftsführung. Für alle diese Aufgaben
erhielt er ein für fünf Jahre fest vereinbartes Grundgehalt von 100.000,00 Euro pro Jahr. Weiter wurden auch Tantiemen vereinbart.
Nach erfolgter Anhörung erließ die Beklagte am 17.06.2008 einen Bescheid, mit dem sie feststellte, dass der Beigeladene seine
Tätigkeit bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Die Beklagte stützte ihre Entscheidungen
im Wesentlichen darauf, dass der Beigeladene zwar über ein Vetorecht verfüge, dieses jedoch ohne weiteres widerrufen werden
könne.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, dass das gesetzliche Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung
nicht ausgeübt worden sei und auch nicht ausgeübt werde. Weisungen gegenüber dem Beigeladenen würden nicht erteilt, insbesondere
würden ihm keine Vorgaben zur Höhe des Betriebsergebnisses gemacht. Der Beigeladene sei für das Betriebsergebnis allein verantwortlich.
Arbeitszeiten und Arbeitsgestaltung würden durch die tatsächlichen Verhältnisse geprägt, jedoch nicht vorgegeben. Solange
das Vetorecht nicht widerrufen sei, sei der Beigeladene auch nicht abhängig beschäftigt.
Mit Bescheid vom 27.10.2008 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und stellte nunmehr fest, dass die Versicherungspflicht
für die Tätigkeit des Beigeladenen bei der Klägerin dem Grunde nach in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie
nach dem Recht der Arbeitsförderung mit Bekanntgabe des Bescheides vom 19.06.2008 beginne. Im Übrigen wurde der Widerspruch
mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2009 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen, dass sie mehrere Autohäuser mit verschiedenen Automarken im niederbayerischen
Raum betreibe. Der Beigeladene sei seit dem 01.06.2006 Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin. Als Geschäftsführer der
Klägerin sei er schon seit dem 01.07.2000 tätig. Er leite bei der Klägerin eigenverantwortlich und allein die Marke P. sowie
die P.Zentren in L., I. (R.), A. und Niederbayern (A-Stadt). Solange keine anderslautende Weisung der Gesellschafterversammlung
vorliege, die der Beigeladene auch durch sein Vetorecht verhindern könne, leite der Beigeladene eigenverantwortlich die Geschäfte.
Mit ergänzendem Bescheid vom 25.11.2009 hat die Beklagte festgestellt, dass Versicherungspflicht seit dem 20.06.2008 in der
gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht, nicht aber in der gesetzlichen Krankenversicherung
und in der sozialen Pflegeversicherung.
Mit Urteil vom 07.05.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung vor allem darauf gestützt,
dass der Beigeladene aufgrund seiner Kapitalbeteiligung und Gesellschafterstellung nicht in der Lage sei, ihm nicht genehme
Weisungen der Gesellschaft zu unterbinden. Außerdem trage der Beigeladene keinerlei Unternehmerrisiko.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zwischenzeitlich wurde durch Gesellschafterbeschluss vom 07.06.2010 das Vetorecht
aufgehoben. Ende des Jahres 2012 ist der Beigeladene aus der Klägerin ausgeschieden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 07.05.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 21.02.2009 jeweils in der Gestalt des Bescheides vom 25.11.2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene in
seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Klägerin seit dem 01.10.2006 bis 31.05.2010 nicht versicherungspflichtig tätig
war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Akten der Beklagten, die Gegenstand
der mündlichen Verhandlung geworden sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung (§§
143,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 07.05.2010 den streitgegenständlichen
Bescheid vom 17.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2009 sowie des Ergänzungsbescheides vom 25.11.2009
bestätigt. Der Beigeladene ist in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung versicherungspflichtig.
In den hier strittigen Zweigen der Sozialversicherung sind Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt
sind (§
1 Satz 1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch,
SGB VI sowie §
24 Abs.
1 SGB III, jeweils in der für den streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung). Nach §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigung
ist eine Tätigkeit nach Weisung und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies ist der Fall, wenn
der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und der dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden
Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, Rz. 12 - zitiert nach [...]). Dabei hängt der Grad der persönlichen Abhängigkeit entscheidend von der Eigenart der jeweiligen
Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen (vgl. Bundesarbeitsgericht,
Urteil vom 20.01.2010, 5 AZR 99/09, Rz. 13 zum insoweit identischen Abgrenzungskriterium eines Arbeitsverhältnisses). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt
oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die vorgenannten Umstände gehören, die im Einzelfall eine
wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, Rz. 15, zitiert nach [...]). Relevant ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen
getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, Rz. 17, zitiert nach [...]). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die Praktizierung so, wie
sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R und vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R).
Im vorliegenden Fall bestand ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 30.05.2000, der mit Vereinbarung vom 26.09.2006 auf die
Klägerin überging. Dieser betrifft das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen. Er enthält arbeitnehmertypische
Regelungen zur Entgeltzahlung, Entgeltfortzahlung, zu Urlaub und Kündigungsfristen. Zwar erhielt der Beigeladene auch Tantiemen.
Dies genügt für sich allein jedoch nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen. Für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger
Tätigkeit kommt der Leistung von Tantiemen nur als ein Anknüpfungspunkt Bedeutung zu, um ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse
des für ein Unternehmen Tätigen zu ermitteln, das dann im Rahmen der Gesamtwürdigung zu gewichten ist (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, Rz. 28, zitiert nach [...]).
Ob der Gesellschafter einer GmbH gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis zu ihr steht, beurteilt sich insbesondere
danach, ob er einen rechtlich maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung
hat, d.h. ob der Gesellschafter Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 R, Rz. 23, zitiert nach [...], m.w.N.). Zwar hatte der Beigeladene die Stellung eines Geschäftsführers und vertrat damit als
Organ der GmbH diese gemäß § 35 GmbH-Gesetz gerichtlich und außergerichtlich. Auch war der Beigeladene am Stammkapital der Klägerin zu 2 Prozent beteiligt. Letztlich
entschied jedoch die Gesellschafterversammlung über die Geschicke der Klägerin. In dieser Gesellschafterversammlung hatte
der Beigeladene nur 2 Prozent der Stimmen. Er war Minderheitengesellschafter und hatte auch keine Sperrminorität.
Das mit notarieller Urkunde vom 18.09.2006 u.a. dem Beigeladenen eingeräumte Vetorecht war nicht geeignet, dem Beigeladenen
eine Rechtsposition zu verschaffen, die mit einer wirksam vereinbarten Sperrminorität vergleichbar wäre. Dieses Vetorecht
konnte nämlich vom Hauptgesellschafter jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber einzelnen oder allen widerrufen werden.
Sofern die einseitige Willenserklärung zur Beseitigung des Vetorechts nicht genügen sollte, sondern hierfür eine Satzungsänderung
erforderlich sein sollte, hatten sich die übrigen Minderheitsgesellschafter sowie der Hauptgesellschafter verpflichtet, der
Aufhebung zuzustimmen. Sie erteilten hierzu dem Hauptgesellschafter unwiderruflich Vollmacht, auf alle Ladungs- und Fristvorschriften
wie Einberufung und Abhalten von Gesellschafterversammlungen mit dem alleinigen Tagesordnungspunkt der Aufhebung des Vetorechts
zu verzichten und sodann das Vetorecht durch Gesellschafterbeschluss aufzuheben. Der Bevollmächtigte war von den Beschränkungen
des §
181 BGB befreit und es konnte auch eine Untervollmacht erteilt werden. Bei dieser Ausgestaltung konnte das Vetorecht vom Hauptgesellschafter
letztlich jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber einzelnen oder allen widerrufen werden. So geschah es schließlich auch
mit Gesellschafterbeschluss vom Juni 2010. Dies zeigt bereits, dass der Beigeladene bei allen seinen unternehmerischen Entscheidungen
letztlich auf die Billigung des Hauptgesellschafters angewiesen war. So wurde dem Beigeladenen schließlich auch Ende 2012
gekündigt und er schied aus der Gesellschaft der Klägerin aus. Zusammenfassend war das Vetorecht also jederzeit nach Belieben
beseitigbar, von ihm konnte keine verlässliche Rechtsbindung ausgehen; Gründe der Rechtssicherheit verbieten es aber im Sozialrecht,
dass die Versicherungspflicht von in der Zukunft liegenden, in ihren Voraussetzungen beliebigen Ereignissen abhängt (vgl.
zur Abhängigkeit der Beitragshöhe von ungewissen, in der Zukunft liegenden Ereignissen BSG, Urteil vom 26.01.2005, B 12 KR 3/04 R, Rz. 24 mwN, zitiert nach [...]).
Tatsächlich hatte im vorliegenden Fall der Hauptgesellschafter im streitgegenständlichen Zeitraum die uneingeschränkte Rechtsmacht,
die Geschicke der Klägerin zu lenken. Nicht erheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Hauptgesellschafter stets diese Rechtsmacht
auch ausgeübt hat. Wesentlich ist allein, dass er die rechtliche Befugnis hierzu hatte (BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 R). Die Nichtausübung eines Rechts ist unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2007, Az.: B 12 KR 31/06 R, Rz. 17, zitiert nach [...]). So verhielt es sich mit dem Recht des Hauptgesellschafters, jederzeit und uneingeschränkt das
Vetorecht des Beigeladenen zu widerrufen. Der Beigeladene unterlag damit rechtlich der Leitungsmacht des Hauptgesellschafters
der Klägerin. Dieser hatte durch die uneingeschränkte Widerrufsmöglichkeit die Rechtsmacht, die Geschicke der Klägerin zu
lenken und jederzeit ihm nicht genehme Entscheidungen zu verhindern.
Zwar sprechen einige Argumente für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen, wie insbesondere die Mitwirkung bei der
Leitung des Betriebes, der große Entscheidungsspielraum, die o. a. Zahlung von Tantiemen und die umfassende Zuständigkeit
für die Marke P. in der A. Gruppe. Diese Gesichtspunkte treten jedoch in der Gesamtabwägung zurück hinter die vorgenannten
überwiegenden Aspekte einer abhängigen Beschäftigung. Zusammenfassend ergibt sich aus diesen Umständen, dass der Beigeladene,
so wie dies auch seinerzeit bei Aufnahme seiner Tätigkeit mit Anstellungsvertrag vom 30.05.2000 praktiziert wurde, in einem
abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand und die Beklagte daher zu Recht insbesondere auch ab dem 20.06.2005 Beiträge zur
gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Recht der Arbeitsförderung gefordert hat.
Die Berufung bleibt damit ohne Erfolg.
Die Festlegung des Streitwertes folgt der des Sozialgerichts, §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, §
160 Abs.
2 SGG.