Elterngeld
Berechnung
Krankheitsmonate während der Schwangerschaft
Keine Reduzierung für den Partner
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Rückforderung von Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in Höhe von 675 EUR für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes.
Der Kläger ist der Vater des 2007 geborenen Kindes sowie zweier weiterer Kinder. Für erhielt zunächst dessen Mutter Elterngeld
für den 1. - 12. Lebensmonat. Der Kläger beantragte beim Beklagten die Bewilligung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat
( ...10.2008 bis ...12.2008) in Höhe des Mindestbetrages von 300 EUR monatlich. Er gab hierzu an, dass er für diese Zeit einer
Teilzeitbeschäftigung mit 30 Wochenstunden nachgehen werde und legte eine entsprechende Änderungsvereinbarung zu seinem Arbeitsvertrag
vor. Der Beklagte ermittelte daraufhin das durchschnittliche Einkommen des Klägers im maßgeblichen 12-Monats Zeitraum vor
der Geburt des Kindes und verglich dieses mit dem vom Arbeitgeber prognostizierten Erwerbseinkommen im Bezugszeitraum. Mit
Bescheid vom 07.10.2008 bewilligte der Beklagte vorläufig Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat in Höhe von jeweils 300
EUR, für den 13. Lebensmonat zuzüglich 75 EUR Geschwisterbonus.
Nach Ablauf des Bezugszeitraums ergaben die von der Beklagten angeforderten Verdienstnachweise in einem Monat ein höheres
Einkommen des Klägers als nach der Einkommensprognose des Arbeitgebers, so dass im Bezugszeitraum kein Einkommensverlust mehr
für zwei Monate vorlag. Daraufhin hob der Beklagte mit Bescheid vom 30.03.2009 den Bewilligungsbescheid vom 07.10.2008 auf
und forderte vom Kläger das gezahlte Elterngeld in Höhe von 675 EUR zurück. Eine Rücknahme des Bescheides vom 07.10.2008 wegen
einer eventuellen Vorverlagerung des Bemessungszeitraumes mit der Folge eines höheren Durchschnittseinkommens lehnte der Beklagte
ebenfalls ab, Bescheid vom 31.03.2009.
Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er sich auf die Angaben des Arbeitgebers und die Berechnung
des Beklagten verlassen habe. Außerdem käme aufgrund einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung seiner Ehefrau im August 2007
und September 2007 bei ihm eine Vorverlagerung des Bemessungszeitraumes infrage. Während seine Frau mit vorzeitigen Wehen
mehrere Wochen im Krankenhaus gelegen habe, habe er sich um die beiden älteren Kinder gekümmert, dafür unbezahlten Urlaub
genommen und lediglich Lohnersatzleistungen von der Krankenkasse erhalten. Aus dem Gesetzestext ergebe sich hinsichtlich des
Vorverlagerungstatbestandes der schwangerschaftsbedingten Erkrankung keine Beschränkung auf die Mutter. Der Widerspruch wurde
mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2009 zurückgewiesen.
Die hiergegen eingelegte Klage wies das Sozialgericht München (SG) mit Urteil vom 28.09.2011 zurück. Der Kläger erfülle zwar die Grundvoraussetzungen für die Bewilligung von Elterngeld, es
sei allerdings bei ihm keine Minderung des Erwerbseinkommens im Sinne des § 4 Abs. 2 S. 3 BEEG eingetreten. Die fehlerhafte Prognose des Arbeitgebers könne nicht dem Beklagten zugerechnet werden. Da die Bewilligung von
Elterngeld nur vorläufig erfolgt sei, sei die Aufhebung der Bewilligung gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X und die entsprechende Rückforderung rechtmäßig. Eine Vorverlagerung des Bemessungszeitraumes wegen einer schwangerschaftsbedingten
Erkrankung seiner Frau gemäß § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG sei nicht möglich. Eine Vorverlagerung wegen schwangerschaftsbedingter Erkrankung könne nur die Mutter, nicht jedoch den
Vater betreffen. Sinn und Zweck der Regelung sei, dass das gesundheitliche Risiko der schwangeren Frau bei der Berechnung
des ihr zustehenden Elterngeldes nicht zum Nachteil gereichen solle. Außerdem erfolge die Berechnung des für den Elterngeldanspruch
zu berücksichtigenden Einkommens immer für jeden Berechtigten getrennt nach § 2 Abs. 7 (beziehungsweise gegebenenfalls Abs. 8, 9) BEEG. Es wäre systemfremd, wenn ausschließlich beim schwangerschaftsbedingten Einkommensverlust der Einkommensverlust dem anderen
Partner - durch Vorverlagerung dessen Bemessungszeitraumes - zugerechnet würde.
In seiner vom Bayerischen Landessozialgericht (LSG) zugelassenen Berufung führte der Kläger aus, § 2 Abs. 7 BEEG spreche von der "berechtigten" Person und nicht von der Mutter, so dass eine Vorverlagerung wegen schwangerschaftsbedingter
Erkrankung auch beim Vater möglich sei. Auch der Schutz von Ehe und Familie durch das
Grundgesetz gebiete diese Auslegung. Zusätzlich sprächen soziale Gesichtspunkte für eine Anwendung des Vorverlagerungstatbestandes auch
auf den Vater, da er durch die Reduzierung seiner Arbeitszeit zum Wohle der Familie einen Einkommensverlust erlitten habe
und das Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages dies nur zum Teil habe kompensieren können. Sein Einkommensverlust beruhe auf
einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung seiner Ehefrau, er habe in dieser Zeit nicht voll erwerbstätig sein können und
teilweise nur Lohnersatzleistungen erhalten. Da der Gesetzgeber die Anrechnung dieser Lohnersatzleistungen als Einkommen im
Bemessungszeitraum ausgeschlossen habe, käme als sinnvolle Lösung nur eine Vorverlagerung des Bemessungszeitraumes in Betracht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.09.2011 sowie die Bescheide des Beklagten vom 30.03.2009 und 31.03.2009 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides von 22.06.2009 aufzuheben und für das am 19.10.2007 geborenen Kindes weiterhin Elterngeld in Höhe
von 675 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil der SG München für zutreffend.
Das Verfahren wurde im Hinblick auf das zur gleichen Rechtsfrage anhängige Verfahren vor dem Bundessozialgericht mit dem Aktenzeichen
B 10 EG 10/12 R zunächst zum Ruhen gebracht. Nachdem das Bundessozialgericht mit Urteil vom 27.06.2013 entschieden hat, dass eine schwangerschaftsbedingte
Erkrankung nur zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraumes bei der Schwangeren selbst führt, nicht aber bei deren Partner,
wurde das Verfahren auf Antrag des Beklagten unter dem Aktenzeichen L12 EG 61/13 fortgeführt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat durfte eine Entscheidung nach §
153 Abs.
4 SGG treffen. Denn die ihm angehörenden Berufsrichter sind einstimmig der Ansicht, dass eine Zurückweisung der Berufung als unbegründet
zu erfolgen hat. Ebenso wird eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, weil nur noch über Rechtsfragen zu
entscheiden ist. Die Beteiligten sind zu der Entscheidungsform durch Beschluss unter Mitteilung des voraussichtlichen Ergebnisses
mit Schreiben vom 27.01.2012 in Kenntnis gesetzt worden (§
153 Abs.
4 S. 2
SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 30.03.2009 und 31.03.2009 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.06.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Zur Begründung wird auf die zutreffenden
Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts München vom 28.09.2011 verwiesen, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt,
§
153 Abs.
2 SGG.
Zur im Berufungsverfahren allein noch streitigen Rechtsfrage der Berücksichtigung der schwangerschaftsbedingten Erkrankung
führt der Senat folgendes aus:
Die Einwände des Klägers, die schwangerschaftsbedingte Erkrankung seiner Ehefrau müsse auch bei ihm zu einer Vorverlagerung
des Bemessungszeitraumes führen, greifen nicht durch. Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden vom 30.03. und 31.03.2009
im Zusammenhang mit dem Bescheid vom 07.10.2008 insoweit rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum Oktober 2006 bis September 2007
abgestellt. Er ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht verpflichtet, die Monate August und September 2007 wegen einer
schwangerschaftsbedingten Erkrankung der Ehefrau des Klägers bei der Festlegung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt zu
lassen. Die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG sind nicht einschlägig. Beim Kläger ist insbesondere kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft
zurückzuführenden Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen. Denn nach dem BEEG idF vom 5.12.2006 bleiben bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums Kalendermonate, in denen während der Schwangerschaft
wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus der Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise
weggefallen ist, nur dann unberücksichtigt, wenn der Elterngeldanspruch der Mutter des Kindes zu berechnen ist, nicht aber,
wenn - wie hier - der Elterngeldanspruch des Vaters beklagt ist.
Der Wortlaut des § 2 Abs. 7 S. 6 Halbsatz 2 BEEG ist insoweit zwar nicht eindeutig. Allerdings belegen die Gesetzesentwicklung und die Gesetzgebungsmaterialien, dass es dem
Gesetzgeber um die Kalendermonate gegangen ist, in denen "die berechtigte Person" wegen einer eigenen schwangerschaftsbedingten
Erkrankung einen Einkommenswegfall erlitten hat. Das Risiko einer Schwangeren, schwangerschaftsbedingt zu erkranken, sollte
lediglich dann Berücksichtigung finden, wenn es um die Berechnung des ihr zustehenden Elterngeldes geht. Nur wenn in einer
solchen Situation durch die schwangerschaftsbedingte Erkrankung Erwerbseinkommen bei der schwangeren berechtigten Person selbst
wegfällt, sollten die betroffenen Kalendermonate bei der Bestimmung der 12 für die Ermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde
zulegenden Kalendermonate unberücksichtigt bleiben, um ein "Absinken des Elterngeldes" zu vermeiden (BT-Drucksache 12/2785,
Seite 38). Eine weitergehende Berücksichtigung des Partners dieser Schwangeren als berechtigte Personen war eindeutig nicht
vorgesehen, sodass das BEEG insoweit nicht lückenhaft ist (vgl. vertiefend BSG, Urteil vom 27.06.2013, B 10 EG 10/12 R). Es liegt auch keine ungerechtfertigte Verletzung des besonderen Gleichbehandlungsgebots in Art.
3 Abs.
2 GG oder des Benachteiligungsverbots in Art.
3 Abs.
3 GG dadurch vor, dass weibliche Berechtigte nach dem BEEG wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung nach § 2 Abs. 7 S 6 Halbs. 2 BEEG idF vom 5.12.2006 begünstigt werden, männliche Antragsteller im Falle einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ihrer Partnerin
hingegen nicht. Zudem lässt sich weder aus dem allgemeinen Gleichheitssatz in Art.
3 Abs.
1 GG noch aus Art.
3 Abs.
1 GG i.V.m. Art.
6 Abs.
1 GG oder aus Art.
3 Abs.
1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (Art.
20 Abs.
1 GG) ein Differenzierungsverbot herleiten (vgl. auch hierzu vertiefend BSG, Urteil vom 27.06.2013, B 10 EG 10/12 R).
Die Entscheidung des SG erging zu daher Recht, die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, denn die streitige Rechtsfrage ist geklärt (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).