Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung durch den Bescheid des Beklagten vom 28.10.2003.
Der Kläger erhielt 1993 die Sonderzulassung als Arzt für radiologische Diagnostik in A-Stadt in den Räumen des St. E.-Krankenhauses.
Er verfügt über eine Weiterbildungsbefugnis der Bayerischen Landesärztekammer auf dem Gebiet der diagnostischen Radiologie,
beschränkt auf die Magnetresonanztomographie (MRT).
Ab 1994 beschäftigte er mit Genehmigung der Beigeladenen zu 1 zunächst vom 4.10.1994 bis 1.10.1995 Dr. M. H., dann vom 1.
Oktober 1995 bis 31.3.1996 Dr. L. H. und vom 1.4.1996 bis 31.3.1997 Dr. S. M. jeweils als Weiterbildungsassistenten für MRT.
Ab 1.4.1997 beschäftigte der Kläger ohne Genehmigung Dr. S., der am 8.7.1998 die Anerkennung als Facharzt für Radiologie erhielt.
Dieser ist zur Entlastung zwei bis drei Stunden täglich als Vertreter in der Praxis tätig gewesen. Im 1. Quartal 1999 war
er unter anderem siebenmal ganztags tätig. Nach eigenen Angaben des Klägers vertrat ihn Dr. S. tageweise während seiner Abwesenheit.
Am 1.3.1999 erstattete die ehemalige Mitarbeiterin und Lebensgefährtin des Klägers Anzeige. Bei Praxisöffnungszeiten zwischen
7:00 Uhr morgens bis Mitternacht sei der Kläger regelmäßig erst gegen 10:00 Uhr erschienen, habe sich dann ab 14 bzw. 15:00
Uhr bis circa 18 oder 19:00 Uhr nicht in der Praxis aufgehalten und sei dann nochmals circa eineinhalb Stunden anwesend gewesen.
Der Kläger habe an überweisende Ärzte Prämien gezahlt, bei einzelnen Patienten mehr Kontrastmittel abgerechnet als tatsächlich
verwendet wurde. Außerdem sei an einzelnen Tagen, z.B. am Freitag, 11.9.1998, kein Arzt in der Praxis anwesend gewesen. Die
Untersuchungen seien durch Arzthelferinnen erfolgt. Der Kläger habe sich die Woche mit Dr. S. geteilt. Er sei nur zweieinhalb
Tage in der Praxis anwesend gewesen. Dr. S. habe bei einer Abwesenheit des Klägers sämtliche Untersuchungen durchgeführt und
anscheinend auch abgerechnet.
Die Beigeladene zu 1 hob daraufhin mit Bescheid vom 15.3.1999 die Honorarbescheide 1/1994 bis 3/1998 auf und forderte 4.722.010,62
DM zurück.
Am 5.5.1999 beantragte sie beim Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung. Diesem Antrag schloss sich der Beigeladene
zu 3 an. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 15.6.1999 wurde dem Kläger die Zulassung als Vertragsarzt entzogen. Der
Kläger habe zumindest seit 1994 regelmäßig Leistungen abgerechnet, obwohl weder er selbst noch ein genehmigter Vertreter in
der Praxis anwesend waren. Vertragsärztliche Tätigkeiten, die nicht delegierbar seien, wie die Injektion von Kontrastmitteln
oder kernspintomographische Leistungen, seien von Arzthelferinnen erbracht worden. Auch eine MRT-Untersuchung erfordere die
Anwesenheit des Arztes in der Praxis. Außerdem habe der Kläger in der Zeit vom 1.4.1997 bis Dezember 1998 einen nicht genehmigten
Weiterbildungsassistenten beschäftigt. Dessen Leistungen hätten nicht abgerechnet werden dürfen. Nach den Zeugenvernehmungen
im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sei der Kläger 1997 und 1998 nur an circa zweieinhalb Tagen in der Woche
in seiner Praxis anwesend gewesen (Az.: 132 JS 91.055/99). Die Abrechnung nicht persönlich erbrachter Leistungen verstoße
gegen die vertragsärztlichen Pflichten.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Widerspruch ein.
Am 17.6.2002 schloss der Kläger mit der Beklagten eine Plausibilitätsvereinbarung für die Quartale 1/1994 bis 1/1999 ab und
verpflichtete sich zur Rückzahlung von insgesamt 3.400.000 DM (entsprechend 1.738.392,40 EUR). Am 17.1.2003 erließ die Beklagte
einen Disziplinarbescheid, mit dem sie eine Geldbuße in Höhe von 8.000 EUR zuzüglich 767 EUR Gebühr wegen Verletzung der vertragsärztlichen
Pflichten durch die Beschäftigung von drei Vertretern ohne Genehmigung der Beigeladenen zu 1 in den Quartalen 2 und 3/2002
verhängte. Die hiergegen zum Sozialgericht München erhobene Klage wurde im Berufungsverfahren vor dem Senat in der mündlichen
Verhandlung am 28.3.2007 zurückgenommen.
In der Sitzung am 2.10.2003 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Zulassungsentziehung zurück und ordnete
die sofortige Vollziehung an (Bescheid vom 28.10.2003).
Der Beklagte ging davon aus, dass der Kläger Leistungen, die von genehmigten Weiterbildungsassistenten in seiner Abwesenheit
erbracht worden seien, abgerechnet habe. Nach § 7 Abs. 5 WBO sei der weiterbildungsbefugte Arzt verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend
der WBO zu gestalten. Dies bedeute, dass er den Weiterbildungsassistenten nicht über längere Zeit in seiner Praxis alleine und unbeaufsichtigt
arbeiten lassen dürfe. Aufgrund der Zeugenaussagen der Dres. H. und M. stehe fest, dass der Kläger seiner Verpflichtung, die
Weiterbildung persönlich zu leiten, nicht nachgekommen sei. So habe Dr. H. angegeben, dass er von Ende November/Anfang Dezember
1995 und in den Weihnachtsferien 1995 jeweils für zwei Wochen alleine in der Praxis gearbeitet habe. Nur am Abend sei ein
anderer Arzt in die Praxis gekommen und habe Befunde angeschaut. Im Frühjahr 1996 habe er nochmals eine Urlaubsvertretung
durchgeführt. Im Übrigen sei er oft bis 22:00 Uhr alleine in der Praxis tätig gewesen. Dr. M. habe angegeben, im August 1997
eine Woche alleine in der Praxis des Klägers gearbeitet zu haben, ab September/Oktober 1996 immer selbstständiger, er habe
als einziger anwesender Arzt befundet und die Befunde weggeschickt. Die Abwesenheitszeiten des Klägers in der Praxis ab Januar
1997 hätten circa 50 % betragen. Die Abrechnung von Leistungen genehmigter Weiterbildungsassistenten in Zeiten der Abwesenheit
gegenüber der Beigeladenen zu 1 verstoße gegen den Grundsatz der peinlich genauen Abrechnung. Da in den Genehmigungsbescheiden
explizit darauf hingewiesen werde, dass eine Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten nur unter Aufsicht und Verantwortung
des weiterbildungsberechtigten Arztes zulässig sei, liege hierin eine erhebliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten.
In der Zeit vom 1.4.1997 bis Dezember 1998 habe der Kläger Leistungen abgerechnet, die von einem nicht genehmigten Assistenten
erbracht worden seien. Nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV dürfe ein Vertragsarzt einen Assistenten nur mit vorheriger Genehmigung
der Kassenärztlichen Vereinigung beschäftigen. Unstreitig sei Dr. S. vom 1.4.1997 bis zur Facharztanerkennung am 8.7.1998
als Weiterbildungsassistent und im Anschluss daran als Mitarbeiter in der Praxis des Klägers beschäftigt gewesen. Der Kläger
sei jedoch zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet und dürfe nur solche Leistungen abrechnen, die von genehmigten
Assistenten erbracht wurden. Nachdem eine Genehmigung weder beantragt noch erteilt worden sei, beinhalte die Abrechnung der
von Dr. S. erbrachten Leistungen einen Verstoß gegen § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä und § 14 Abs. 1 S. 2 EKV-Ä. Dies sei eine erhebliche
Verletzung vertragsärztlicher Pflichten. Darüber hinaus habe Dr. S. während seiner Weiterbildungszeit aufgrund der urlaubsbedingten
Abwesenheit des Klägers die Praxis über erhebliche Zeiträume alleine geführt, wie aus der Zeugenaussage der Lebensgefährtin
des Klägers hervorgehe. Dr. S. habe bei seiner Vernehmung durch die Kriminalpolizei A-Stadt am 5.3.1999 eingeräumt, dass es
Tage und manchmal auch Wochen gegeben habe, in denen er alleine in der Praxis anwesend gewesen sei. Die Zeugin B. und zwei
weitere Zeugen hätten angegeben, dass sich der Kläger mit Dr. S. abgesprochen habe und oft ein oder zwei Tage nicht in der
Praxis gewesen sei. Daraus lasse sich schließen, dass die Tätigkeit des Dr. S. nicht auf Privatpatienten beschränkt gewesen
sei. Eine Vertretung sei nur zulässig im Falle von Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung oder Wehrübung
und dürfe drei Monate innerhalb von 12 Monaten nicht überschreiten, dauere sie länger als eine Woche, sei sie der Beigeladenen
zu 1 unter Benennung des vertretenden Arztes unverzüglich anzuzeigen. Habe die Vertretung andere Gründe oder dauere sie länger
als drei Monate innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraums, sei eine Vertretung nur mit vorheriger Genehmigung zulässig. Dr. S.
habe nach dessen Facharztanerkennung vom 28. Juli 1998 bis 5. August 1998, am 14. August 1998, vom 19. August 1998 bis 25.
August 1998, vom 11. September 1998 bis 18. September 1998, vom 13. Oktober 1998 bis 18. Oktober 1998, vom 21. November bis
5. Dezember 1998 und vom 19. Dezember 1998 bis 21. Dezember 1998 aus urlaubsbedingten Gründen den Kläger vertreten. Insoweit
handle es sich um eine zulässige Vertretung, wenngleich teilweise keine Anzeige bei der Beigeladenen zu 1 erfolgte. Anders
seien jedoch die Zeiten zu bewerten, in denen Dr. S. tageweise in der Praxis des Klägers alleine anwesend gewesen sei. Aufgrund
der Angaben der Arzthelferinnen F. und O. stehe fest, dass Dr. S. regelmäßig wöchentlich mindestens ein bis zwei Tage in der
Praxis des Klägers tätig war, ohne dass ein Vertretungsgrund vorgelegen habe. Diese periodisch wiederkehrenden Zeiten könnten
nicht als Urlaub deklariert werden. § 32 Ärzte-ZV eröffne keine Möglichkeit, durch periodisch wiederkehrende tageweise Vertretungen
Genehmigungsvorbehalte zu umgehen. Da weder eine Assistentengenehmigung noch eine Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten
Arztes erteilt worden sei, sei eine Abrechnung der durch Dr. S. erbrachten Leistungen nicht zulässig. Sie stelle eine Verletzung
vertragsärztlicher Pflichten dar.
Ferner habe der Kläger nicht delegationsfähige Leistungen abgerechnet, die während seiner Abwesenheit durch nichtärztliches
Personal erbracht worden seien. Nach den Zeugenvernehmungsprotokollen der Kriminalpolizei hätten nichtärztliche Mitarbeiterinnen
die Patienten aufgeklärt, kernspintomographische Untersuchungen durchgeführt und intravenöse Injektionen vorgenommen. Patienten
seien nach der Aufnahme von deren Personalien vom nichtärztlichen Personal der Aufklärungsbogen über Kernspin und der Aufklärungsbogen
über Kontrastmittel zur Unterschrift vorgelegt worden. Nur wenn ein Patient die Aufklärung vom Arzt verlangt habe, sei dies
erfolgt. Routineuntersuchungen seien in den Morgenstunden und in den Abendstunden in Abwesenheit des Arztes selbstständig
vom nichtärztlichen Personal vorgenommen worden. Die Entscheidung, ob mit der Vergabe von Kontrastmitteln begonnen werden
konnte, sei ebenso wie die anschließende Injektion in Abwesenheit eines Arztes vom nichtärztlichen Personal getroffen worden.
Teilweise seien am Abend, wenn kein Arzt mehr anwesend war, Befunde vom Praxispersonal unterschrieben worden. Die Zeugin P.
habe bestätigt, dass sie am Morgen und am Abend in Abwesenheit eines Arztes selbstständig Kontrastmittel gespritzt und Untersuchungen
am Kernspin durchgeführt habe. Das Personal habe in Abwesenheit eines Arztes selbst entschieden, ob Kontrastmittel gespritzt
werden müssten. Nach Angaben der Zeugin W. habe es bei einem Notfall wegen der Verabreichung von Kontrastmitteln in Abwesenheit
eines Arztes sogar Streit mit dem Kläger gegeben. Sie habe auf Anordnung nicht in der Praxis anwesender Ärzte auch andere
Mittel wie Buscopan verabreicht. Zwei weitere Zeuginnen bestätigten, ohne Anwesenheit eines Arztes Kontrastmittel und Buscopan
gespritzt zu haben. Die Pflicht zur Aufklärung und Beratung sei Sache des Vertragsarztes. Dieser könne sie nicht an seine
nichtärztlichen Mitarbeiterinnen delegieren. Auch die Entscheidung, ob ein Kontrastmittel injiziert werde, sei nicht delegationsfähig.
Die Durchführung kernspintomographischer Untersuchungen müsse unter der Verantwortung des Arztes erbracht werden, also von
qualifiziertem Hilfspersonal unter Anordnung und Überwachung des Arztes. Dabei setze die Überwachung die persönliche Anwesenheit
des Arztes in der Praxis voraus. Der Kläger selbst habe bei seiner Aussage am 5. März 1999 angegeben, dass es vor allem am
Abend häufiger vorgekommen sei, dass die Mitarbeiterinnen zwei bis drei Stunden alleine gewesen seien. Damit stehe fest, dass
der Kläger Leistungen abgerechnet habe, die in seiner Abwesenheit vom Praxispersonal erbracht worden seien.
Dieses Abrechnungsverhalten stelle eine gröbliche Pflichtpflichtverletzung dar und begründe die Ungeeignetheit zur weiteren
Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Ein milderes Mittel als die Zulassungsentziehung stehe nicht zur Verfügung.
In Anbetracht der Schwere der Pflichtverletzung sei eine Disziplinarmaßnahme mit dem Ruhen der Zulassung für zwei Jahre nicht
ausreichend.
Der Sofortvollzug sei anzuordnen, da der Kläger eine erhebliche Gefährdung seiner Patienten billigend in Kauf genommen habe,
indem er über Jahre hinweg zugelassen habe, dass Kontrastmittel durch nicht zugelassene bzw. qualifizierte Mitarbeiter verabreicht
worden seien, während er abwesend war.
Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger am 4. November 2003 Klage zum Sozialgericht München (SG) ein.
Mit Urteil des Landgerichts R. vom 14.10.2003 wurde der Kläger wegen Betrugs in neun tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe
von 180 Tagessätzen verurteilt. Das Strafgericht stellte fest, dass sich der Kläger regelmäßig nicht in der Praxis aufgehalten
habe und die Durchführung der Untersuchungen im Kernspin den Ärzten, teilweise sogar dem bei ihm angestellten nichtärztlichen
Praxispersonal überlassen habe, wobei kein Vertretungsfall vorgelegen habe. Damit habe er mit der Unterzeichnung der jeweiligen
Sammelerklärungen bewusst wahrheitswidrig angegeben, dass nur Leistungen, die von ihm persönlich, seinem Vertreter oder einem
von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns genehmigten Assistenten oder nichtärztlichen Hilfspersonal unter seiner Überwachung
erbracht worden seien, abgerechnet wurden.
Mit Beschluss des Sozialgerichts München vom 11.12.2003 wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bis zur Hauptsacheentscheidung
erster Instanz wiederhergestellt, so dass der Kläger seine Praxis weiter betreiben konnte.
Durch Urteil vom 24.8.2007 wies das SG die Klage ab. Es führte aus, dass die Entscheidung des Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden sei. Aufgrund des vom Beklagten
ermittelten und durch Urteil des Landgerichts R. vom 14.10.2003 bestätigten Sachverhalts stehe fest, dass der Kläger in der
Zeit vom 1. Quartal 1994 bis 1. Quartal 1999 seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt habe, so dass die Entziehung
der Zulassung verhältnismäßig sei. Er habe über einen Zeitraum von fünf Jahren die von ihm abgerechneten Leistungen entgegen
der Zusicherung in den Sammelerklärungen nur teilweise persönlich erbracht, indem er nichtgenehmigte Assistenten beschäftigt
habe, die abgerechnete Leistungen in seiner Abwesenheit erbracht hätten. In etlichen Fällen seien diese Leistungen sogar von
nichtärztlichem Personal erbracht worden. Damit habe der Kläger gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung verstoßen.
Er habe seine Eignung auch nicht durch Wohlverhalten wieder erlangt. Zwar seien seit der Antragstellung auf Zulassungsentziehung
am 5.5.1999 inzwischen mehr als acht Jahre vergangen, davon knapp vier Jahre seit der Entscheidung des Beklagten am 21.10.2003.
Die Zeit vor der Entscheidung habe jedoch nicht berücksichtigt werden können, da ein eventuell infrage kommendes Wohlverhalten
des Klägers durch die bestandskräftige Disziplinarmaßnahme bezüglich der Beschäftigung nichtgenehmigter Assistenten im Frühjahr
2002 zerstört worden sei. Die Zeit seit dem Beschluss des Beklagten sei noch zu kurz, um eine fundierte, positive Prognose
für die Zukunft zu treffen. Angesichts der Schwere der Verfehlungen müsse von einem Bewährungszeitraum von mehr als fünf Jahren
ausgegangen werden.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 29.8.2007 Berufung ein und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs. Diesem Antrag gab der Senat mit Beschluss vom 6.9.2007 statt. Ein Sofortvollzug komme nach der Rechtsprechung
des Senats nur dann in Betracht, wenn er zur Abwendung von schwerwiegenden Gefahren für das gesetzliche Gesundheitswesen,
namentlich zur Abwendung einer drohenden Patientengefährdung, unumgänglich erscheine. Derartiges sei nicht ersichtlich.
Zur Begründung der Berufung trug der Kläger insbesondere vor, dass selbst dann, wenn man die Vorwürfe, die gegen den Kläger
erhoben worden seien, als zutreffend unterstelle, davon auszugehen sei, dass dieser seit dem 2. Quartal 1999 seine vertragsärztliche
Tätigkeit beanstandungsfrei ausgeführt habe. Insbesondere stehe die bestandskräftige Disziplinarmaßnahme wegen einer Pflichtverletzung
im Frühjahr 2002 der Annahme eines Wohlverhaltens nicht entgegen, da sie nicht von erheblichem Gewicht gewesen sei. Unter
Berücksichtigung dieses Wohlverhaltens sei eine Zulassungsentziehung im Hinblick auf Art.
12 Abs.
1 GG unverhältnismäßig.
Demgegenüber führte die Beigeladene zu 1 aus, dass der Kläger auch im Rahmen eines gegebenenfalls zu berücksichtigenden Wohlverhaltens
seine Eignung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht wieder erlangt habe. Trotz des Entziehungsverfahrens,
das seit 1999 anhängig war, habe er im Jahr 2002 erneut gegen § 32 Ärzte-ZV durch eine Beschäftigung nichtgenehmigter Vertreter
verstoßen. Allein daran sei erkennbar, dass der Kläger zu einem ernsthaften und dauerhaften Wohlverhalten nicht bereit sei.
Selbst wenn man von einem Wohlverhalten ausgehe, könnte dies frühestens ab 2002 gewertet werden, da in diesem Jahr die letzte
nachweisbare Verfehlung des Klägers liege. Wegen der Schwere der Verfehlungen müsse eine Karenzzeit jedoch deutlich über den
für den Regelfall vorgesehenen fünf Jahren liegen. Wegen der Schwere der vorliegenden Pflichtverletzung über fünf Jahre und
wegen der Höhe des Schadens von 1,7 Millionen EUR sei eine Dauer des Wohlverhaltens von bis zu zehn Jahren anzusetzen, so
dass eine erneute Zulassung frühestens im Jahr 2012 erfolgen könne.
In der mündlichen Verhandlung am 26.1.2011 übergab die Vertreterin der Beigeladenen zu 2 Prüfanträge an die Prüfstelle Ärzte
Bayern bezüglich unzulässiger Verordnung betreffend die Quartale 1/08 und 1/09 bis 4/09 in Höhe von 82,50 EUR bis 129,99 EUR,
die mittlerweile vom Kläger erstattet wurden.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.8.2007 sowie den Beschluss des 3. Berufungsausschusses für Ärzte vom 21.10.2003
aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts zu entscheiden.
Die Vertreterin des Beklagten stellte den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise für den Fall eines positiven Urteils, dem Kläger die gesamten Kosten des Verfahrens
aufzuerlegen.
Der Vertreter der Beigeladenen zu 1 stellte den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Vertreterin der Beigeladenen zu 2, 4 und 5 beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Akten des Zulassungsausschusses
und des Beklagten, ferner die Akten des Sozialgerichts München im Verfahren S 21 KA 1466/03 ER und die Akten des Senats im Verfahren 12 KA 495/07 ER.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Der Beklagte hat über den Widerspruch des Klägers
neu zu entscheiden unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Zulassungsentziehung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten rechtmäßig
war (siehe a). Allerdings ist unter dem Gesichtspunkt des Wohlverhaltens eine Zulassungsentziehung zum Zeitpunkt der Entscheidung
des Senats unverhältnismäßig und verstößt damit gegen Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz (siehe b.).
a. Der Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses zu Recht zurückgewiesen,
da die Voraussetzungen für eine Zulassungsentziehung vorlagen.
Rechtsgrundlage der Zulassungsentziehung ist §
95 Abs.
6 SGB V i.V.m. §
27 der Ärzte-ZV. Danach ist die Zulassung zu entziehen, wenn ein Vertragsarzt seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt
(§
95 Abs.
6 S. 1
SGB V).
Eine Pflichtverletzung ist dann gröblich im Sinne des §
95 Abs.
6 S. 1
SGB V, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung der Zulassung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig
ist. Davon ist auszugehen, wenn durch sie das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung
der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnung durch den Vertragsarzt so gestört ist, dass eine weitere Zusammenarbeit
nicht mehr zugemutet werden kann (st. Rspr., vgl. BSG Urteil vom 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, BSGE 93,269; Schallen, Zulassungsverordnung, 7. Auflage, § 27 Rn. 17, 18 m.w.N.). Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung
im Sinne von §
95 Abs.
6 SGB V ist nicht erforderlich, dass dem Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldete Pflichtverletzungen können zur
Zulassungsentziehung führen (BSG aaO.). Als gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten kommt insbesondere die wiederholt
unrichtige Leistungsabrechnung in Betracht (BSG aaO.), die auch dann vorliegt, wenn gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung
verstoßen wird. Dies ist der Fall, wenn Vertreter ohne Genehmigung durch die zu 1 beigeladene Kassenärztliche Vereinigung
tätig werden oder wenn vom Vertragsarzt höchstpersönlich zu erbringende Leistungen von Hilfskräften ausgeführt werden (vgl.
Schallen, aaO., § 27 Rn. 33).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung ist sowohl bei vollzogenen als auch - wie
im vorliegenden Fall - nichtvollzogenen Entziehungsentscheidungen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der
letzten Verwaltungsentscheidung, also im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten (BSG Urteil vom 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, BSGE 93,269).
Die Beweiswürdigung ergibt, dass der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten grob verletzt hat. Dabei legt der Senat die
Ermittlungsergebnisse des Zulassungsausschusses zu Grunde, die durch die Feststellungen im Urteil des Landgerichts R. vom
14.10.2003 bestätigt wurden. Von weiteren Ausführungen wird gemäß §
153 Abs.
2 SGG abgesehen, da der Senat insoweit den Gründen des Urteils des Sozialgerichts München vom 24.8.2007 folgte.
b. Bei der Beurteilung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung am 26.1.2011 waren jedoch auch Änderungen des Sachverhalts
zu Gunsten des Klägers nach der Entscheidung des Beklagten zu berücksichtigen, so dass nunmehr eine Zulassungsentziehung im
Hinblick auf die durch Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz geschützte Berufswahlfreiheit nicht mehr verhältnismäßig wäre.
Der Grundsatz, dass bei vollzogenen wie bei nicht vollzogenen Zulassungsentziehungen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt
der letzten Verwaltungsentscheidung, das heißt der Entscheidung des Berufungsausschusses, maßgeblich ist, ist wegen der besonderen
Bedeutung der Berufswahlfreiheit (Art.
12 Abs.
1 GG) dahingehend zu modifizieren, dass bei noch nicht vollzogenen Zulassungsentscheidungen zu Gunsten des Vertragsarztes ein
sogenanntes Wohlverhalten nach Ergehen der Entscheidung des Berufungsausschusses zu berücksichtigen ist. Die weitreichenden
Konsequenzen eines regelmäßig durch die Zulassungsentziehung eintretenden Verlusts der Praxis gebieten eine grundrechtsgeleitete
Auslegung und Anwendung der berufs- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die die Folgen des Eingriffs in die Berufswahlfreiheit
nicht aus dem Blick verlieren (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31. August 2005,1 BvR 912/04, NJW 2005,3057). Insoweit sind Änderungen des Sachverhalts bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht
zu beachten (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2004, BSGE 93,269).
Eine an sich aufgrund gröblicher Pflichtverletzungen in der Vergangenheit indizierte Ungeeignetheit des Vertragsarztes, die
eine Zulassungsentziehung rechtfertigt, kann also infolge veränderter Umstände während des sozialgerichtlichen Verfahrens
relativiert werden, wenn zur Überzeugung des Gerichts zweifelsfrei ein künftig ordnungsgemäßes Verhalten des betreffenden
Arztes prognostiziert werden kann. Jeder durch Tatsachen belegte ernstliche Zweifel an einer wirklich nachhaltigen Verhaltensänderung
des betroffenen Vertragsarztes, die eine positive Prognose rechtfertigt, führt dagegen dazu, dass ein rechtlich relevantes
Wohlverhalten nicht vorliegt (BSG, Urteil vom 19.7.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007,131).
Der Senat hatte unter Zugrundelegung dieser Grundsätze den Zeitraum zwischen dem Entziehungsbescheid des Beklagten vom 28.10.2003
und dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 26.1.2011 zu berücksichtigen.
Die Ermittlungen bezüglich dieses über siebenjährigen Zeitraums ergaben keine Tatsachen, die ernstliche Zweifel an einer nachhaltigen
Verhaltensänderung des Klägers rechtfertigen könnten mit der Folge, dass eine positive Prognose nicht gerechtfertigt wäre.
Weder der Beklagte noch die Beigeladene zu 1 noch die beigeladenen Krankenkassen bzw. Krankenkassenverbände konnten Tatsachen
vortragen, die gegen eine nachhaltige Verhaltensänderung des Klägers sprechen. Auf die Ermittlungen des Senats wurde in der
mündlichen Verhandlung von der Beigeladenen zu 2 lediglich mitgeteilt, dass bezüglich der Quartale 1/08 und 1 bis 4/09 bezüglich
der unzulässigen Verordnung von Injektions-Spritzen mit Beträgen von 82,50 bis 129,99 EUR Prüfanträge gestellt wurden, wobei
die Beträge vom Kläger mittlerweile bis auf den für das Quartal 4/2009 erstattet wurden.
In Anbetracht des relativ langen Zeitraums von Oktober 2003 bis Januar 2011 sind die Prüfanträge bezüglich der Quartale 1/08
und 1 bis 4/09 bei einer Gesamtwürdigung keine Tatsachen, die ernstliche Zweifel an einer nachhaltigen Verhaltensänderung
des Klägers belegen könnten. Da abgesehen von diesen Prüfanträgen keine Tatsachen ermittelt werden konnten, die Zweifel an
einer Verhaltensänderung des Klägers begründen könnten, geht der Senat von einer positiven Prognose aus, dass sich der Kläger
künftig ordnungsgemäß verhalten wird. Dementsprechend wäre eine Zulassungsentziehung zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
unverhältnismäßig. Sie verstieße gegen die grundrechtlich gewährleistete Berufswahlfreiheit des Klägers (Art.
12 Abs.
1 GG).
Der Berufung des Klägers war insoweit stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197 a SGG, §
155 Abs.
1 S. 3
VwGO. Entsprechend §
155 Abs.
1 S. 3
VwGO waren die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, da der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten rechtmäßig war und lediglich
aufgrund der Entwicklungen während des Verfahrens unverhältnismäßig wurde. Damit entspricht die Kostentragung durch den Kläger
der Billigkeit (vgl. Kopp/Schenke,
VwGO, 16. Auflage, §
155 Rn. 5).
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt.