Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente mit einer MdE von 30 v.H. unter Anerkennung weiterer Unfallfolgen und Behandlungsbedürftigkeit
über den 23.2.2014 hinaus.
Der 1970 geb. Kläger erhält aufgrund eines Unfallereignisses im Jahr 2010 mit Beeinträchtigung der linken Hand eine Unfallrente
mit einer MdE von 30 v.H. und arbeitet seither 5 h täglich. Am 27.1.2014 erlitt er einen weiteren Arbeitsunfall. Er war als
Bauhofmitarbeiter mit dem Räumfahrzeug im Winterdienst tätig. Beim Linksabbiegen kollidierte er mit einem ihn überholenden
Pkw. Im Krankenhaus wurden eine Prellung beider Knie, eine Schädelprellung sowie eine Prellung des linken Ellenbogens sowie
Verdacht auf HWK 3-Fraktur diagnostiziert (Durchgangsarztbericht vom 28.1.2014). Die Verdachtsdiagnose wurde nachfolgend mittels
CT-Aufnahme der HWS vom 27.1.2014 ausgeschlossen. Hierbei zeigten sich degenerative Umwandlungen im Bereich der Densspitze
und degenerative Spondylose auch bei C4/C5. Der Kläger wurde vom 27.1.2014 bis 29.1.2014 stationär behandelt. Es wurden Krankengymnastik
und Massagen verordnet.
Wegen anhaltender Schmerzen mit Bewegungseinschränkung wurde am 11.2.2014 eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule veranlasst.
Festgestellt wurde eine initiale Uncarthrose C3/C4 sowie minimale Bandscheibenprotrusionen C3 bis C6 ohne Hinweis auf ein
Knochenmarködem oder knöcherne oder ligamentäre Verletzungen. Eine stufenweise Eingliederung wurde für die Zeit vom 7.2.2014
bis 21.3.2014 verordnet. Im Rahmen einer weiteren Untersuchung auf neurologischem/neurophysiologischem Fachgebiet wurde am
17.3.2014 eine HWS-Zerrung mit anhaltendem cervikocephalen Syndrom ohne fokales Defizit diagnostiziert.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 2.4.2014 das Unfallereignis vom 27.1.2014 als Arbeitsunfall an, lehnte jedoch einen
Rentenanspruch ab. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Heilbehandlung seien bis zum 23.2.2014 anzunehmen. Die darüberhinausgehende
Arbeitsunfähigkeit und Heilbehandlung sei nicht mehr auf das Ereignis vom 27.1.2014 zurückzuführen. Eine Leistungspflicht
sei daher über den 23.2.2014 nicht mehr gegeben. Durch das Ereignis vom 27.1.2014 sei es zu einer Prellung beider Kniegelenke,
des Schädels und des Ellenbogens gekommen. Strukturelle Verletzungen seien nicht festzustellen. Die Beklagte stützte ihre
medizinische Einschätzung auf die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 28.3.2014.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass er unter anhaltenden Kopfschmerzen und Schwindel leide.
Eine schwere HWS-Zerrung führe zu längerfristigen Beschwerden. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.5.2014
als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der am 27.6.2014 zum Sozialgericht Landshut erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Ziel der Anerkennung einer über
den 23.2.2014 hinausgehenden Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit sowie von Unfallfolgen einschließlich der Rentengewährung
weiter. Dem Kläger seien über den 23.2.2014 hinaus Leistungen nach dem
SGB VII zu gewähren.
Das Sozialgericht zog zunächst weitere medizinische Unterlagen und bildgebende Befunde bei. Dem Bericht des behandelnden Psychotherapeuten
S. vom 2.5.2014 ist zu entnehmen, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Unfall von 2010 ausgeprägte Schmerzen an der linken
Hand, als auch Schwindelzustände und Kopfschmerzen beklagte. Ferner erwähnt der Psychotherapeut einen Bericht der Unfallklinik
M-Stadt vom 13.11.2013, wonach der Kläger an einer leichten bis mittelgradigen Depression leide. Von Amts wegen wurde Dr.
R. mit der Erstellung eines unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtens nach ambulanter Untersuchung beauftragt. Dieser stellte
in seinem Gutachten vom 15.1.2015 fest, dass der Kläger im Rahmen des Unfalls eine linksseitige Schädelprellung, Prellungen
beider Kniegelenke sowie des linken Ellenbogens, als auch eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad I nach Erdmann erlitten
hat. Aufgrund der schon unfallnah umfänglich und fundiert durchgeführten Diagnostik konnten keine dauerhaften Unfallfolgen
auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet gesichert werden. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit
sei mit einem Zeitraum von vier Wochen korrekt eingeschätzt worden. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit habe
zu keinem Zeitpunkt bestanden. Im Bereich der Halswirbelsäule hätten zum Zeitpunkt des Unfalls degenerative Veränderungen
bestanden, die klinisch keine wesentlichen Beschwerden verursacht hätten. Eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung wurde
angeregt. Dr. K. wurde von Amts wegen mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens nach ambulanter Untersuchung beauftragt.
In seinem Gutachten vom 25.4.2015 stellte er fest, dass sich der Kläger aus neurologischer Sicht eine Schädelprellung zugezogen
habe. Eine Gehirnerschütterung habe definitionsgemäß nicht vorgelegen, da eine Bewusstlosigkeit nicht bestanden habe. Bezüglich
der Qualität der HWS-Distorsion sei von einer Distorsionsverletzung 1. Grades auszugehen. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden
seien nicht im Unfallzusammenhang zu sehen. Eine Schädelprellung sei weder in der Lage zu einem andauernden Kopfschmerz-Syndrom
zu führen, noch eine länger dauernde Schwindelsymptomatik hervorzurufen.
Auf Antrag des Klägers nach §
109 SGG wurde ein nervenärztliches Gutachten von Dr. B. vom 30.11.2015 einschließlich eines radiologischen Zusatzgutachtens von Dr.
G. vom 2.10.2015 eingeholt. Die MRT-Aufnahme des Schädels zeigte keine pathologischen Auffälligkeiten. Die MRT-Aufnahme der
Halswirbelsäule zeigte lediglich die (bereits bekannten) geringfügigen Bandscheibendegeneration und Protrusionen bei diskreter
Retrospondylose von HWK 3/4 bis einschließlich HWK 5/6, ansonsten keine pathologischen Auffälligkeiten. Dr. B. stellte in
ihrem Gutachten vom 30.11.2015 folgende Unfallfolgen vom 27.1.2014 fest: 1. Eine schmerzhafte endgradige Bewegungseinschränkung
der rechten Schulter sowie ein schmerzhaftes, inzwischen positives Impingement-Syndrom, im Bereich der linken Hand eine diskrete
dorsal betonte trophische Störung mit Beeinträchtigung der Beweglichkeit der Langfinger und eingeschränkter Faustschluss;
diese Beschwerden seien primär auf den Unfall von 2010 zurückzuführen, seien jedoch durch das Erleiden des Unfalls von 2014
verstärkt worden; 2. Spannungskopfschmerz nach Schädelprellung links; 3. eine über längeren Zeitraum anhaltende rezidivierende
Schwindelsymptomatik, die durch die Distorsion der HWS Grad I nach Erdmann ohne Nachweis struktureller Verletzungsfolgen gefördert
werde. Diese Beschwerden seien auf den Unfall von 2014 zurückzuführen, denn bis dahin habe der Kläger keine diesbezüglichen
Probleme gehabt. Vor dem Unfall 2014 sei weder aus den Aussagen des Klägers, noch aus der aktenkundigen Vorgeschichte eine
Spannungskopfschmerzsymptomatik, noch eine Gleichgewichts- und Schwindelsymptomatik festzustellen. Es sei auch kein chronisches
Schmerzsyndrom im Bereich des linken Armes festgestellt worden. Das chronische Schmerzsyndrom sei auf den Unfall von 2014
zurückzuführen. Bis zum Unfall 2014 sei keinerlei Anisokurie festgestellt worden, noch allgemeine chronische Schmerzen. Seit
dem Unfall 2014 bestünde ein ausgeprägter Dauerschmerz aufgrund dessen der Proband mit viel Aufwand gerade maximal 3 h täglich
arbeiten könne; zuvor habe er 5 h arbeiten können. Die Behandlungsbedürftigkeit des 2. Unfalls habe dazu geführt, dass eine
chronische Verschlechterung des 1. Unfalls erfolgt sei. Die stark beeinträchtigenden chronischen Schmerzen im Bereich des
Kopfes und des Armes, als auch die Schwindelattacken sowie die zusätzliche Beeinträchtigung der linken Hand, die verstärkt
infolge des 1. Unfalls, jedoch durch den 2. Unfall wesentlich verstärkt worden sei, sei als Unfallfolge anzusehen. Das chronische
Schmerzsyndrom sei als direkte Folge des 2. Unfalls zu werten. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit würde bis zur intensiven
Schmerzbehandlung bzw. bis zum jetzigen Zeitpunkt andauern. Die Depression sei bis zum Unfall 2014 nicht vorhanden gewesen.
Nach dem Unfall von 2014 sei eine Depression aufgetreten, die in Bezug auf die Stimmung des Patienten deutlich depressiv verstärkend
wirke. Durch das psychogen entstandene chronische Schmerzsyndrom sei der Kläger derartig beeinträchtigt, dass eine zusätzliche
MdE von 30 v.H. für den Unfall von 2014 gerechtfertigt sei. Sie schließe sich vollumfänglich den von Dr. R. gestellten Diagnosen
an.
Auf gerichtliche Aufforderung nahm Dr. K. zum Gutachten von Dr. B. ergänzend Stellung. In seiner Stellungnahme vom 3.3.2016
legte er dar, dass die Sachverständige nicht explizit auf die Folgen des 2. Unfalls eingegangen und immer wieder auf den 1.
Unfall aus dem Jahr 2010 zurückgekommen sei. Dabei habe sie die Folgen des 1. Unfalls mit den Folgen des 2. Unfalls vermischt,
ohne auf die eigentliche Fragestellung einzugehen. Ein großes Problem sei zudem, dass sie im Wesentlichen die von dem Kläger
angegebenen Beschwerden zu Befunden umfunktioniert und letztendlich in der Beurteilung die von dem Untersuchten angegebenen
Beschwerden als Fakten dargestellt habe, ohne zu differenzieren, ob es sich denn nun um Befunde oder um Beschwerden gehandelt
habe. Ganz problematisch sei in dem Gutachten von Dr. B. die Zuordnung der von ihr beschriebenen Befunde. Tatsache sei, dass
die beiden Unfälle aus dem Jahr 2010 und 2014 unterschiedliche Organsysteme betroffen hätten. Es sei in keiner Weise nachvollziehbar,
dass sich die Folgen des 1. Unfalls durch den 2. Unfall in irgendeiner Weise hätte verstärken können. Der Kläger habe sich
bei dem 2. Unfall eine harmlose Schädelprellung und Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule Grad I zugezogen. Es sei davon
auszugehen, dass es sich dabei um leichte Verletzungen (ohne Bewusstlosigkeit, ohne zentralnervöse Beteiligung sowie ohne
strukturelle Schädigungen) gehandelt habe, die zu einer chronischen Kopfschmerz- oder Schwindelsymptomatik führen könnten.
Der Kläger sei bei der Untersuchung im April 2014 deutlich darauf fixiert gewesen, dass sämtliche seiner vorgebrachten Beschwerden
Folgen des Unfalls aus dem Jahr 2014 seien. Diese subjektive Einschätzung des Klägers könne allerdings durch die objektiven
Befunde nicht bestätigt werden.
Das Sozialgericht zog auf Antrag des Klägers die Akte des Amtsgerichts V. Az.: 4 C 620/14, bei. In dem für den Zivilrechtsstreit erstellten Gutachten von Dr. W. vom 6.2.2016 ging dieser davon aus, dass die Kopfschmerz-
und Schwindelsymptomatik auf das Unfallereignis vom 27.1.2014 zurückzuführen sei, da vor dem 2. Unfallereignis keinerlei Beschwerdesymptomatik
bezüglich des cervicocephalen Syndroms mit Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen dokumentiert gewesen sei und darüber hinaus
bei dem Kläger keine weiteren Erkrankungen im Bereich der Halswirbelsäule feststellbar seien.
Mit Urteil vom 15.6.2016 wurde die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Kläger
im Januar 2014 keine Gesundheitsstörungen erlitten habe, die bleibende Schäden hervorgerufen hätten. Nach der unfallnah umfänglich
und fundiert durchgeführten Diagnostik habe der Kläger sich bei dem Unfall im Jahr 2014 lediglich Prellungen bzw. eine Zerrung
zugezogen, die nach wenigen Wochen ohne Folgen ausgeheilt seien. Ein kausaler Zusammenhang mit den anhaltenden Beschwerden
des Klägers sei nicht zu begründen. Die Beklagte habe zu Recht einen Anspruch auf Rente bzw. eine Leistungspflicht über den
23.2.2014 hinaus abgelehnt. Das Ergebnis der Beweisaufnahme rechtfertige keine andere Entscheidung. Das Gericht stütze sich
hierbei auf die schlüssigen Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. K. und Dr. R ... Der Kläger habe sich bei dem
Unfall am 27.1.2014 als Gesundheitserstschaden ausschließlich Prellungen im Bereich beider Kniegelenke und des linken Ellenbogens,
sowie eine Schädelprellung erlitten, die folgenlos ausgeheilt seien. Außerdem habe er sich eine Distorsion der HWS Grad I
nach Erdmann zugezogen. Eine höhergradige HWS-Distorsion oder ein sonstiger gravierender Gesundheitserstschaden habe trotz
zahlreicher Begutachtungen nie objektiviert werden können. Dies stehe in Einklang mit den vorliegenden medizinischen Befunden.
Denn bei der Untersuchung kurz nach dem Unfall im Kreiskrankenhaus V. hätten zwar ein Druckschmerz und Bewegungsschmerzen
im Nacken sowie ein leichter Schwindel und leichte Kopfschmerzen bestanden. Die neurologische Überwachung sei jedoch unauffällig
geblieben. Eine Bewusstlosigkeit habe nicht vorgelegen. Hirnbedingte (zentral-nervöse) Ausfälle in Form neurologischer und
geistiger Störungen sowie psychoorganische Symptome als etwaige Zeichen einer Hirnbeteiligung seien weder im Akteninhalt dokumentiert,
noch seien sie vom Kläger angegeben worden. Nach den vorliegenden Untersuchungsbefunden sei lediglich von einer leichtgradigen
unfallbedingten HWS-Distorsion auszugehen. Denn ein Hinweis auf eine knöcherne Verletzung oder Verletzungen der ligamentären
Strukturen (Muskeln, Bänder, Kapselbandapparat), die über bloße Zerrungen bzw. Dehnungen hinausgehen, habe sich in den radiologischen
Befunden in den Wochen und Monaten nach dem Unfall nicht ergeben. Der anfängliche Verdacht einer HWS-3 Fraktur sei durch die
nachfolgende CT-Aufnahme ausgeschlossen worden. Auch im MRT-Befund vom 11.2.2014 kämen im Bereich der Halswirbelsäule keine
frischen traumatischen morphologischen Schäden bei mäßigen degenerativen Veränderungen zur Darstellung. Damit könne eine schwerergradige
Verletzung der Halswirbelsäule Grad 3 nach Erdmann ausgeschlossen werden. Ausgehend von diesem Gesundheitserstschaden ergebe
sich aus der unfallversicherungsrechtlichen Begutachtungsliteratur, dass mit überdauernden Unfallfolgen nicht gerechnet werden
könne. Weitere, bislang nicht genannte Unfallfolgen lägen nicht vor. Traumatische Kopfschmerzen nach einer Schädelprellung
bzw. HWS-Distorsion seien zwar nicht ungewöhnlich, träten aber grundsätzlich nur vorübergehend auf. Zu anhaltenden Kopfschmerzen
könne es nur bei Schädel-Hirnverletzung mit Gewebeschäden kommen, die bei dem Kläger jedoch nicht belegt sei. Grundlegende
Anknüpfungstatsachen einer intracerebraler Verletzung, z. B. eine dezidierte Prellmarke am Schädel, eine sonstige relevante
äußere Verletzung oder eine klinisch-neurologische Symptomatik in diesem Sinn, habe ausweislich der unfallnah vorliegenden
Befunde in dokumentationswürdiger Weise nicht bestanden. Ähnlich verhalte es sich mit der Schwindelsymptomatik. Soweit eine
solche weiterhin bestehe, müsse sie einer unfallunabhängigen Genese zugeordnet werden. Ein wesentlicher unfallbedingter Anteil
könne nicht angenommen werden, da weder eine periphere vestibuläre Störung noch eine zentrale Schwindelursache belegt seien.
Bezüglich der Kopfschmerzen, der Schwindelsymptomatik sowie der von der Schulter/Nacken-Region ausstrahlenden Schmerzen sei
zusätzlich zu berücksichtigen, dass bei dem Kläger degenerative, unfallunabhängige Veränderungen im Bereich der HWS vorliegen,
die ebenfalls entsprechende Beschwerden verursachen könnten. Den Ausführungen von Dr. B. in ihrem Gutachten nach §
109 SGG vom 30.11.2015 werde nicht gefolgt. Dr. B. habe bezüglich der Kopfschmerz- und Schwindelproblematik einen Unfallzusammenhang
bejaht und insbesondere eine unfallbedingte Verschlimmerung der Folgen des Unfalls aus dem Jahr 2010 sowie ein chronisches
Schmerzsyndrom attestiert. Hierbei lasse sie jedoch jegliche Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung
vermissen. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Theorie der wesentlichen Bedingung beruhe zwar, ebenso wie
die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie, auf der naturwissenschaftlich- philosophischen Bedingungstheorie (conditio-sine-qua-non)
als Ausgangsbasis. Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg für die
praktische Rechtsanwendung sei aber in einer 2. Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die
rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht würden bzw. denen der Erfolg zu gerechnet werde und den anderen, für den Erfolg
rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. BSG vom 9.5.2006, B 2 U 1/05 R). Allein aus dem rein zeitlichen Aufeinanderfolgen der HWS-Distorsion bzw. Schädelprellung und der später auftretenden Gesundheitsstörungen
sowie der mangelnden Feststellung konkurrierender Ursachen könne nicht gefolgert werden, dass die anhaltenden Beschwerden
des Klägers wesentlich durch den Unfall verursacht worden seien. Der Stand der medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnis
zeige vielmehr, dass leichtgradige Distorsionen der Halswirbelsäule, wie im vorliegenden Fall, folgenlos ausheilten. Ebenso
verhalte es sich mit der Schädelprellung. Die Bewertung von Dr. B. könne in Übereinstimmung mit den Ausführungen von Dr. K.
auch deshalb nicht überzeugen, da sie in dem sehr ausführlichen Gutachten Beschwerden und Befunde miteinander verwechsle bzw.
Beschwerden zu Befunden umfunktioniere und den von ihr angenommenen Unfallzusammenhang nicht plausibel begründe. Dadurch werde
der gesamte Aussagewert erheblich geschmälert. Das Gutachten von Dr. W. vom 6.2.2016, das im Rahmen der zivilgerichtlichen
Auseinandersetzung erstellt worden sei, könne in diesem Zusammenhang zu keiner anderen Bewertung führen. Dr. W. bejahe unter
Verweis auf das Gutachten von Dr. B. ebenfalls einen Unfallzusammenhang; allerdings begründe er dies lediglich mit dem zeitlichen
Zusammenhang, was - wie bereits ausgeführt - für die Anerkennung eines Kausalzusammenhangs im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung
nicht ausreiche. Im Ergebnis stehe zur Überzeugung des Gerichts zweifelsfrei fest, dass es anlässlich des angeschuldigten
Ereignisses zu einer linksseitigen Schädelprellung, Prellungen beider Kniegelenke sowie des linken Ellenbogens, als auch zu
einer leichten Distorsion der Halswirbelsäule bei vorbestehendem HWS-Syndrom gekommen sei, die in einem Zeitraum von vier
Wochen folgenlos ausgeheilt seien. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers am 17.8.2016 Berufung beim Bay. Landessozialgericht ein. Mit der Beurteilung
des Sozialgerichts bestehe kein Einverständnis. Dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Dr. B. sei zu folgen. Auch
sei das Gutachten von Dr. W. zu berücksichtigen.
Im Erörterungstermin erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung nach §
124 Abs.
2 SGG.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15.6.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2.4.2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.5.2014 zu verurteilen, unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit über den 23.2.2014
hinaus anzuerkennen und dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 unter Berücksichtigung der im Gutachten von
Dr. B. festgestellten Unfallfolgen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten
des Sozialgerichts und der Beklagten Bezug genommen.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit über den
23.2.2014 hinaus nicht besteht. Aus dem Unfall vom 27.1.2014 sind keinerlei über die 26. Woche hinaus andauernde Unfallfolgen
verblieben, so dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer Unfallrente nicht erfüllt sind.
Der Kläger trägt in der Berufungsinstanz keine neuen Tatsachen vor, die Anlass zu weiteren Sachverhaltsermittlungen gegeben
hätten. Zur Überzeugung auch des Senats steht fest, dass das Gutachten von Dr. B. nicht schlüssig und überzeugend ist. Die
Gutachterin stellt ebenso wie Dr. W. im Wesentlichen auf die zeitliche Abfolge der auftretenden Gesundheitsstörungen ab, was
für die Feststellung des notwendigen Ursachenzusammenhangs nach der Theorie der wesentlichen Bedingung gerade nicht ausreicht.
Dr. B. begründet insbesondere nicht, wie eine leichte Schädelprellung und leichtgradige HWS-Zerrung ohne weitere nachgewiesene
Verletzungen objektiv geeignet sein sollen, im Sinne einer wesentlichen Ursache eine anhaltende Kopfschmerz- und Schwindelsymptomatik
oder eine Depression auslösen oder gar ein Schmerzsyndrom an der linken Hand und rechten Schulter verstärken zu können. Im
Übrigen ist anzumerken, dass das Gutachten zum Teil in Widerspruch zu den aktenkundigen Fakten steht. So ist eine Depression
nicht erst, wie Dr. B. behauptet, nach dem Unfall von 2014 aufgetreten, sondern war schon 2013 aktenkundig. Außerdem hat der
Kläger bereits im Zusammenhang mit dem Unfall von 2010 Kopfschmerzen und eine Schwindelsymptomatik beklagt, wie aus dem Bericht
des Psychotherapeuten S. hervorgeht. Auch diese Symptome sind entgegen der Auffassung der Gutachterin nicht erst infolge des
Unfalls vom 27.1.2014 aufgetreten.