Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung ihrer Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) in der Zeit vom 10. Juni 1983 bis zum 30. Juni 1990 sowie die Feststellung der in dieser Zeit erzielten Entgelte.
Die 1951 geborene Klägerin studierte vom 1. September 1970 bis zum 31. August 1974 an der Technischen Universität D und erwarb
am 18. Oktober 1974 an der Sektion Verarbeitungs- und Verfahrenstechnik den akademischen Grad "Diplomingenieur". Vom 1. September
1974 bis zum 7. Juni 1985 war sie als Technologe beim VEB Getränkekombinat B und vom 10. Juni 1985 bis zum 30. Juni 1990 (und
darüber hinaus) als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Zentralinstitut für Information und Dokumentation der DDR (im Folgenden:
ZIID) beschäftigt. Seit dem 1. Dezember 1989 leistete sie Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung - FZR. Eine Zusage
zusätzlicher Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ist der Klägerin nicht erteilt worden; sie hat auch nicht
vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Altersversorgung gehabt zu haben.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens beantragte die Klägerin im Juli 2004 bei der Beklagten die Feststellung von Zeiten
der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 11. April 2005 ab, weil die Klägerin am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen
Produktionsbetrieb im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung der Altersversorgung der technischen Intelligenz
(VO-AVItech) beschäftigt gewesen sei, so dass das AAÜG nicht anwendbar sei.
Mit ihrem am 9. Mai 2005 erhobenen Widerspruch trug die Klägerin vor, sie erfülle alle Anforderungen für eine Einbeziehung
nach den dem Bescheid beigefügten Allgemeinen Hinweisen eindeutig, denn sie sei zum 30. Juni 1990 als wissenschaftliche Mitarbeiterin
in einem wissenschaftlichen Institut tätig gewesen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. August
2005 als unbegründet zurück. Das ZIID sei nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR der Wirtschaftsgruppe 81190
zugeordnet gewesen und somit als sonstige Einrichtung der Wissenschaft und Forschung eingeordnet gewesen; ihm habe weder die
industrielle Fertigung von Sachgütern das Gepräge gegeben, noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen.
Mit ihrer am 8. September 2005 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, ihre Aufgabe beim
ZIID sei es gewesen, neue Produkte des Weltmarktes zu analysieren und daraufhin zu überprüfen, ob sie Eingang in die Produktion
von Industriebetrieben der DDR finden sollten. Sie sei im Bereich des Land- und allgemeinen Fahrzeugmaschinenbaus tätig gewesen
und habe Vorschläge und Umsetzungslösungen für wissenschaftlich-technische Neuerungen in den Kombinatsbetrieben im Zusammenhang
mit den Bereichen Forschung und Entwicklung gemacht, einschließlich der Begleitung der Einführungsphase in die Produktion
bis hin zur stabilen Dauerproduktion. Sie habe als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem wissenschaftlichen Institut gearbeitet,
das sich dezidiert die wissenschaftlich angeleitete Übernahme internationaler Produkte und Methoden des Landmaschinen- und
Fahrzeugbaus zur Aufgabe gemacht habe. Das ZIID habe durch seine Forschung im Bereich der Datenverarbeitung für das industrielle
Bauwesen gearbeitet. Es sei in wissenschaftlicher Hinsicht etwa mit der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung
(GMD) - einer wissenschaftlichen Großforschungsanlage der Bundesrepublik Deutschland - vergleichbar.
Die Beklagte hat vorgetragen, beim ZIID handele es sich nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der
2. DB; Institute, Forschungsinstitute, Versuchsstationen in diesem Sinne seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) Forschung betreibende selbständige Einrichtungen der Industrie und des Bauwesens gewesen, deren Hauptzweck die zweck-
und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung und Entwicklung in den Bereichen der Industrie und des Bauwesens gewesen
sei.
Die Beklagte hat nach Aufforderung durch das Sozialgericht das Statut des ZIID vom 30. September 1963, den Beschluss über
den weiteren Ausbau des in der DDR bestehenden Systems der Information und Dokumentation auf dem Gebiet der Wissenschaft,
Technik und Ökonomie vom 8. August 1963, den Beschluss über die Änderung der Unterstellung des ZIID vom 31. Januar 1964, die
Anordnung über das Statut des ZIID vom 25. Juli 1972, die Anordnung zur Bereitstellung von Informationen von wissenschaftlich-technischen
Ergebnissen und zur Erfassung von Forschungs- und Entwicklungsberichten sowie von Dissertationen vom 13. August 1973, Auszüge
aus der Monographie "Das Wirtschaftssystem der DDR" von Achim Berger, erschienen in Frankfurt am Main 1979 sowie Auszüge aus
der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR von 1985eingereicht.
In der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2006 hat die Klägerin erklärt, sie verfolge mit der Klage ausschließlich die Anerkennung
der Zeit im ZIID und behalte sich eine Antragstellung wegen der Zeit im VEB Getränkekombinat vor.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 19. Juni 2006 unter Aufhebung des Bescheides vom 11. April 2004 und des
Widerspruchsbescheides vom 11. August 2005 verurteilt, die Zeit vom 10. Juni 1985 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit
zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen Einrichtungen (AVIwiss) anzuerkennen und die in diesem Zeitraum
tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Die Klägerin sei aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des §
1 AAÜG den Einbezogenen gleichzustellen, denn sie hätte - bundesrechtlich betrachtet - am 30. Juni 1990 einen Anspruch auf Erteilung
einer Versorgungszusage für die AVIwiss gehabt. Zwar habe die Beklagte ihre Entscheidung lediglich mit dem Nichtvorliegen
der zwingenden Einbeziehungsvoraussetzungen für die AVItech begründet, sie habe aber eine grundsätzliche Entscheidung zur
Anwendbarkeit des AAÜG aufgrund der Verhältnisse am 30. Juni 1990 getroffen. Die Verkürzung in der Begründung der Entscheidung führe aber nicht
zu einer Verengung des Streitgegenstandes. Das ZIID stelle ein Forschungsinstitut im Sinne des § 6 VO AVIwiss dar. Im Rahmen
der AVIwiss zählten zu den Forschungsinstituten nur jeweils selbständige staatliche wissenschaftliche Einrichtungen. Das ZIID
sei keinem Kombinat zugeordnet, sondern eine staatliche Einrichtung in diesem Sinne. Die Aufgaben seien durch koordinierende
und leitende Tätigkeiten im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und der Informationsverarbeitung gekennzeichnet gewesen.
Auch wenn die Tätigkeit des ZIID keine Grundlagenforschung im Sinne des humboldtschen Ideals dargestellt habe, sondern zumindest
in der Fernsicht einen ökonomischen Zweck verfolgt habe, sei das ZIID kein Forschungsinstitut im Sinne der AVItech gewesen,
denn es habe sich bereits nicht um eine Einrichtung der Wirtschaft gehandelt. Das ZIID sei aber ein Forschungsinstitut im
Sinne des § 6 VO AVIwiss gewesen.
Gegen das ihr am 7. Juli 2006 zugestellte Urteil wendet sich die am 20. Juli 2006 von der Beklagten eingelegte Berufung, mit
der sie vorträgt, das ZIID sei keine unabhängige Forschungseinrichtung, sondern die nachgeordnete Einrichtung eines Organs
des Ministerrats gewesen. Dies werde durch die Einordnung des Betriebes in das statistische Betriebsregister der DDR dokumentiert.
Die Zuordnung der Wirtschaftsgruppe 81190 als sonstige wissenschaftliche Einrichtung bestätige, dass es sich nicht um eine
Forschungseinrichtung einer Universität oder Akademie handele. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ergäben sich aus
dem Statut keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um ein wissenschaftliches Forschungsinstitut gehandelt habe. Der Hauptzweck
der Einrichtung sei die Koordination und Anleitung auf dem Gebiet der Datenverarbeitung gewesen. Die Tatsache, dass hierbei
der wissenschaftlich technische Fortschritt zu beachten gewesen sei, qualifiziere das ZIID jedoch nicht zu einer Einrichtung
mit dem Hauptzweck der wissenschaftlichen Forschung. Zudem sei die Klägerin nicht als Wissenschaftler, sondern als wissenschaftliche
Mitarbeiterin tätig gewesen und damit als eine Person, die Wissenschaftler bei deren Aufgaben unterstützt habe ohne jedoch
eigenständige Forschung zu betreiben. Fraglich sei zudem, ob das Sozialgericht überhaupt eine Zuordnung der streitigen Zeiten
zur AVIwiss habe treffen dürfen, weil eine entsprechende Verwaltungsentscheidung durch die Beklagte nicht ergangen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2006 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, auch die Darlegungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 3. Januar 2006, dass
es sich beim ZIID um eine Forschung betreibende Einrichtung des Ministeriums für Wirtschaft und Technik gehandelt habe, deren
Hauptzweck die sonstige (wissenschaftliche) Forschung und Entwicklung in den Bereichen Wissenschaft und Technik gewesen sei,
bestätige die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils. Sie sei als Diplomingenieur mit Schwerpunkt Verfahrenstechnik beim
ZIID auf diesem Gebiet hauptsächlich forschend tätig gewesen und habe ausländische wissenschaftliche Fachinformationen auszuwerten
gehabt. Sie habe ihre Auswertungen häufig in Kooperation mit Wissenschaftlern der H Universität durchgeführt. Es genüge eine
wissenschaftliche Tätigkeit im Angestelltenverhältnis, die von der Beklagten geforderte Begrenzung auf herausgehobene (leitende)
Positionen sei nicht nachvollziehbar. Auch wissenschaftliche Mitarbeiter seien durchaus wissenschaftlich bzw. forschend tätig.
Die Klägerin sei bei ihrer Tätigkeit nicht auf eine lediglich unterstützende Tätigkeit begrenzt gewesen, sondern habe eigene
Analysen gefertigt, eigenständige Vorschläge erarbeitet und deren Umsetzung betreut. Der Anspruch ihres Abteilungsleiters
sei von der Beklagten anerkannt worden. Das ZIID sei eine selbständige staatliche wissenschaftliche Einrichtung im Sinne der
AVIwiss, die vorgenommene Zuordnung zu einer Wirtschaftsgruppe stelle keine bindende Entscheidung für bzw. gegen die Annahme
der Eigenständigkeit dar. Auch die betrieblichen Voraussetzungen nach der AVItech seien erfüllt, denn das ZIID sei ein wissenschaftliches
Institut und mithin gleichgestellte Einrichtung im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt
der Gerichtsakte und der von der Beklagten über die Klägerin geführten Verwaltungsakte (Az.: 568) Bezug genommen, die dem
Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat entgegen dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2006
keinen Anspruch auf Feststellung der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG in der Zeit vom 10. Juni 1983 bis zum 30. Juni 1990 sowie auf Feststellung der in dieser Zeit erzielten Entgelte.
Das Sozialgericht war allerdings nicht - wie die Beklagte meint - an einer Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen
der AVIwiss gehindert, denn nach dem Verfügungssatz des Bescheides vom 11. April 2005 hat die Beklagte nicht nur die Feststellung
von Zeiten zur AVItech abgelehnt, sondern ganz allgemein die Feststellung von Zeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der
Anlage 1 zum AAÜG und somit - auch wenn sie sich in der Begründung der Ablehnung auf die AVItech beschränkt hat - eine Ablehnungsentscheidung
auch bezüglich der AVIwiss getroffen.
Die Klägerin hat jedoch einen entsprechenden Anspruch schon deshalb nicht, weil sie nicht in den persönlichen Geltungsbereich
der Vorschriften des AAÜG fällt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen
im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Ansprüche hatte die Klägerin noch nicht erworben, denn im Zeitpunkt der Schließung
der Versorgungssysteme, am 30. Juni 1990, war sie noch nicht versorgungsberechtigt. Sie hatte auch keine Versorgungsanwartschaft.
Solche Anwartschaften hatten Personen, die am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren oder eine solche früher
gehabt hatten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), für die sich dies aus einer einzelvertraglichen Regelung ergab oder die nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme
am 30. Juni 1990 zwingend einzubeziehen waren, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage
erfüllten und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der DDR abhängig war (vgl. das
Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 14/03 R, D-spezial 2004, Nr. 8 S. 8 [Kurzwiedergabe], Volltext dokumentiert in juris). Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem
ist in aller Regel entscheidend danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach, das heißt
abstrakt-generell, zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts
zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen
hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war. Um das Ziel erreichen zu können, eine sachgerechte und
willkürfreie Zuordnung der bundesrechtlichen Rechtsfolgen sicherzustellen, sollen - wie sowohl die teleologische als auch
die systematische Auslegung insbesondere der §§ 5 bis 8 AAÜG ergeben - nach dem Willen des Gesetzgebers alle auch nur potenziell Begünstigten, allerdings auch nur diese, in das besondere
Verfahren einbezogen werden.
Ausgehend von diesen Grundsätzen bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem des
Rückgriffs auf diejenigen Gegebenheiten der DDR, an die das AAÜG anknüpft. Dies sind die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit als bundesrechtlich relevante Fakten anerkannten Versorgungsordnungen, wobei diese gegebenenfalls
durch sonstige einschlägige und in Übereinstimmung hiermit ergangene abstrakt-generelle Vorgaben von zuständigen Stellen der
früheren DDR, zu denen insbesondere Durchführungsbestimmungen gehören, ergänzt werden. Dabei ist die Bedeutung der Texte ausschließlich
nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes (Artikel
3 Abs.
1 des Grundgesetzes -
GG-) und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift des § 5 AAÜG zu bestimmen (vgl. dazu das Urteil des BSG vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 42/01 R, dokumentiert in juris). Wie die Versorgungsordnungen und die Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ausgelegt
und angewandt wurden, muss insoweit ohne Belang sein, denn anderenfalls bestünde die Möglichkeit einer normativen Verfestigung
willkürlicher Vorgehensweisen (vgl. die Entscheidungen des BSG vom 24. März 1998, Az.: B 4 RA 27/97 R, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3, und vom 30. Juni 1998, B 4 RA 11/98 R, SGb 1998, S. 526 f. [Kurzwiedergabe], Volltext dokumentiert in juris). Ob nämlich außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen und
der einschlägigen Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Rahmens liegende Umstände die Aussicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage
als berechtigt erscheinen lassen konnten, lässt sich heute mangels einer gesicherten faktischen Beurteilungsgrundlage gerade
nicht willkürfrei entscheiden (vgl. das Urteil des BSG vom 12. Juni 2001, Az.: B 4 RA 117/00 R = SozR 3-8570 § 5 Nr. 6).
Am 30. Juni 1990 gehörte die Klägerin, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war, nicht zur Gruppe derjenigen, die
in das System der zusätzlichen Altersversorgung nach der "Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen,
künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik" vom 12. Juli 1951 (GBl.
Nr. 85 Seite 675) obligatorisch einzubeziehen waren. Die so genannte "persönliche Voraussetzung" war zwar gegeben, da sie
einen Hochschulabschluss besitzt, nicht jedoch die so genannte "sachliche Voraussetzung", dh. sie war nicht als "Wissenschaftler"
im Sinne des § 2 a AVVO-Int tätig. Danach galten als Angehörige der wissenschaftlich tätigen Intelligenz:
a. Hauptberuflich tätige Hochschullehrer, Leiter und hauptberuflich tätige Wissenschaftler an den Akademien, Instituten, wissenschaftlichen
Bibliotheken und Museen und sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Verlagsleiter, Chefredakteure, Cheflektoren;
b. Verwaltungsdirektoren an Akademien, Universitäten, Hochschulen und bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen, Herstellungsleiter
in bedeutenden volkseigenen Verlagen;
c. besonders qualifizierte Feinmechaniker-Meister, Mechaniker-Meister, Präparatoren, Garteninspektoren und Gartenmeister an
Universitäts- und Hochschulinstituten sowie an anderen bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen.
Von dem Begriff des Wissenschaftlers nach § 2a der AVVO-Int war ein wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht erfasst. Der Senat
schließt sich dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 9. November 2006 (Az. L 21 RA 285/04, dokumentiert in juris) an, wonach aus § 13 Abs. 1 der Verordnung über die wissenschaftlichen Mitarbeiter an den wissenschaftlichen
Hochschulen - Mitarbeiterverordnung - MVO - vom 6. November 1968 (GBl. der DDR II Nr. 127 Seite 1007) folgt, dass wissenschaftliche
Mitarbeiter allgemein nicht als Wissenschaftler gemäß der AVVO-Int einbezogen waren, sondern die Einbeziehung von wissenschaftlichen
Mitarbeitern (die vom Anwendungsbereich der MVO erfasst waren) lediglich nach Ermessensentscheidung einer zuständigen Stelle
in Abhängigkeit der Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen möglich war, nach eigener Prüfung an
§ 13 MVO lautete:
(1) Die wissenschaftlichen Mitarbeiter mit Ausnahme der wissenschaftlichen Assistenten mit befristetem Arbeitsrechtsverhältnis
können in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz einbezogen werden, wenn ihre erzieherischen und wissenschaftlichen
Leistungen dies rechtfertigen.
(2) Wissenschaftliche Assistenten mit befristetem Arbeitsrechtsverhältnis, die eine abgeschlossene pädagogische Ausbildung
haben und vor ihrer Tätigkeit an einer Hochschule mindestens zwei Jahre im Schuldienst waren, erhalten die zusätzliche Altersversorgung
gemäß den gesetzlichen Bestimmungen.
Das LSG Berlin-Brandenburg hat ausgeführt (aaO., Rn. 35, 36):
"Wären wissenschaftliche Mitarbeiter bereits von § 2 lit. a AVVO-Int erfasst gewesen, hätte es einer solchen Regelung in der
MVO nicht bedurft. 1968 erfasste danach der Begriff des Wissenschaftlers in der AVVO-Int nicht wissenschaftliche Mitarbeiter.
Die AVVO-Int ist bezüglich des in § 2 definierten Personenkreises der wissenschaftlichen Intelligenz nicht bis zur Schließung
des Versorgungssystems zum 30. Juni 1990 geändert worden, so dass auch weiter von diesem in der Versorgungsordnung zum Ausdruck
gekommenen Sprachgebrauch der DDR auszugehen ist."
Dieses Ergebnis wird dadurch unterstrichen, dass für die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu
Berlin und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin ein eigenes Zusatzversorgungssystem bestand,
nämlich das System Nr. 5 der Anlage 1 zum AAÜG. Wären die wissenschaftlichen Mitarbeiter vom Begriff des Wissenschaftlers in § 2a AVVO-Int umfasst, wäre die Schaffung eines eigenen Altersversorgungssystems nicht notwendig gewesen, da die Akademie der
Wissenschaften zu Berlin zwanglos unter Buchst. a) des § 2 a AVVO-Int zu subsumieren ist.
Auch eine nachträgliche Feststellung von Versorgungszeiten aufgrund des § 13 Abs. 1 MVO ist nicht möglich, da diese Vorschrift
nicht Bundesrecht geworden ist, weil sie eine bewertende Ermessensentscheidung einer staatlichen Stelle vorsah. Alle Regelungen
der Versorgungssysteme, die eine solche Entscheidung vorsahen, sind kein Bundesrecht geworden. Derartige Entscheidungen konnten
nämlich nur auf der Grundlage des von der SED-Ideologie geprägten Systems getroffen werden. Mangels sachlicher, objektivierbarer
bundesrechtlich nachvollziehbarer Grundlage können solche Entscheidungen rückschauend nicht ersetzt werden (BSG, Urteil vom
18. Juni 2003, B 4 RA 50/02 R, dokumentiert in juris). Bundesrecht sind nur diejenigen Regelungen geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen
Verwaltungshandelns verstanden werden konnten (BSG, Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 18/01 R dokumentiert in juris = SozR 3-8570 § 1 Nr. 8).
Darüber hinaus war das ZIID keine Einrichtung, die rechtlich selbständig war und ausschließlich wissenschaftliche Aufgaben
erfüllte. Nach den Regelungen der AVIwiss konnte bei nicht erfolgter Einbeziehung kraft Bundesrechts eine Versorgungsanwartschaft
nämlich nur bei der Beschäftigung in einer wissenschaftlich selbstständigen staatlichen Einrichtung erfolgen, nicht aber z.B.
bei einer Beschäftigung in einem VEB oder sogar einem Forschungszentrum eines volkseigenen Betriebes (vgl. BSG, Urteil vom
10. April 2002, Az.: B 4 RA 56/01 R = SozR3-8570 § 1 Nr. 4). Das BSG hat die Kriterien dafür aufgestellt, wann eine Einrichtung, in der wissenschaftlich gearbeitet
wurde, als eine Forschungseinrichtung zu qualifizieren ist, welche nach § 1 Abs. 2 der 2. DB vom 24. Mai 1951 (GBl. 487) den
volkseigenen Produktionsbetrieben (der Industrie oder des Bauwesens) im Sinne der §§ 1 und 5 VO-AVItech vom 17. August 1950
(GBl. 487) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der 2. DB vom 24. Mai 1951 gleichgestellt war, und wann es sich um eine wissenschaftliche
Einrichtung im Sinne des § 6 VO-AVIwiss handelt. Bei der Auslegung des Begriffes "Forschungsinstitut" im Sinne des § 1 Abs.
2 der 2. DB sind danach ebenso wie bei der Auslegung des Begriffes "Forschungsinstitut" im Sinne des § 6 der VO-AVIwiss als
faktische Anknüpfungspunkte die jeweiligen Besonderheiten der DDR zu beachten: In der DDR wurde zwischen (staatlicher) Forschung
an der Akademie der Wissenschaften und an den dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen unterstellten Hochschulen und Wissenschaftlichen
Einrichtungen einerseits und der Forschung an den Wirtschaftseinheiten andererseits unterschieden. Nach § 1 Abs. 1 der Verordnung
über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter
vom 25. Februar 1970 (GBl. II S. 189) hatten die Akademie der Wissenschaften und die Hochschulen die Aufgabe, "nach neuen
Erkenntnissen über bisher unbekannte objektive gesetzmäßige Zusammenhänge sowie nach neuen Prozessen und Eigenschaften und
ihre Nutzungsmöglichkeiten planmäßig zu forschen, neue wissenschaftliche Methoden und Erfahrungen zu entwickeln und wissenschaftliche
Grundlagen für die Beherrschung technologischer Prozesse und Verfahren zu schaffen sowie die wissenschaftlichen Grundlagen
für die angewandte Forschung, die Entwicklung und die Überleitung ihrer Ergebnisse in die gesellschaftliche Praxis ständig
zu erweitern (vergleiche § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Leitung, Planung und Finanzierung der Forschung an der Akademie
der Wissenschaften und an Universitäten und Hochschulen -Forschungs-VO- vom 23. August 1972, GBl. II Seite 589). Den Wirtschaftseinheiten
oblag hingegen die zweck- und betriebsbezogene Forschung und Entwicklung. Zu den Forschungsinstituten im Sinne des § 6 VO-AVIwiss
zählen jedoch nur die jeweils "selbständigen staatlichen" wissenschaftlichen Einrichtungen und nicht beispielsweise Volkseigene
Betriebe, auch dann nicht, wenn sie über wissenschaftliche Forschungseinrichtungen bzw. Abteilungen verfügten (vgl. BSG, Urteil
vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 56/01 R, aaO.; Urteil vom 31. Juli 2002, Az.: B 4 RA 62/01 R, dokumentiert in juris). Demgegenüber sind Forschungsinstitute im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB, die durch diese Bestimmung
volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt sind, Forschung betreibende, selbständige Einrichtungen der Wirtschaft, deren
Hauptzweck die zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung und Entwicklung ist.
Das ZIID ist weder eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne der AVIwiss noch eine Forschungseinrichtung im Sinne der AVItech.
Nach § 1 Abs. 1 des Statuts des ZIID vom 30. September 1963 war es das anleitende, koordinierende und kontrollierende Zentrum
der gesamten Informations- und Dokumentationstätigkeit in der DDR, zu dessen in §§ 2 bis 7 des Statuts definierten Aufgaben
es gehörte, die Informations- und Dokumentationstätigkeit auf dem Gebiet der Wissenschaft, Technik und Ökonomie zu planen
und die dafür geschaffenen Einrichtungen anzuleiten (§ 2 Abs. 1 Satz 1). Zugleich war es für die Koordinierung aller auf dem
Gebiet der wissenschaftlichen, technischen und ökonomischen Information und Dokumentation arbeitenden Stellen verantwortlich
und hatte ein einheitliches, wirksames System der Information und Dokumentation in der DDR zu organisieren (§ 2 Abs. 1 Satz
2). Es hatte schließlich dafür Sorge zu tragen, dass in den Betrieben und Institutionen der Wirtschaft und Wissenschaft zur
Erreichung eines optimalen Nutzeffektes über die neuesten wissenschaftlichen, technischen und ökonomischen Erkenntnisse allseitig
informiert wird (§ 2 Abs. 3). Es war zudem verantwortlich für die Erarbeitung der wissenschaftlichen, technischen und methodischen
Grundlagen der Information und Dokumentation und deren Weiterentwicklung (§ 4 Abs. 1 Satz 1) und hatte die Forschungs- und
Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Information und Dokumentation, insbesondere bei der Mechanisierung und Automatisierung
der Informations- und Dokumentationsarbeit zu koordinieren (§ 4 Abs. 2). Schließlich hatte es die wissenschaftlich-technischen
und ökonomischen Erkenntnisse, Erfahrungen und Analysen des In- und Auslandes auf dem Gebiet der Information und Dokumentation
auszuwerten (§ 6 Satz 1). Aus diesen Aufgaben ergibt sich, dass das ZIID vor allem organisatorische und koordinierende Tätigkeiten
im Zusammenhang mit der Gewinnung und Verarbeitung von Informationen wahrzunehmen hatte. An wissenschaftlichen Aufgaben lassen
sich dem Statut die in § 4 genannte Erarbeitung der wissenschaftlichen, technischen und methodischen Grundlage der Information
und Dokumentation und deren Weiterentwicklung und die in § 6 erfasste Auswertung von wissenschaftlich-technischen und ökonomischen
Erkenntnissen, Erfahrungen und Analysen auf dem Gebiet der Information und Dokumentation entnehmen. Alle anderen Aufgaben
sind demgegenüber vorrangig Aufgaben der Koordinierung und dienten der Schaffung einer umfangreichen Datensammlung über wissenschaftliche,
technische und ökonomische Gegebenheiten und damit der Schaffung eines Informationspools. Der Schwerpunkt der Tätigkeit lag
dabei überwiegend in der Sammlung von Daten (Informationen) und deren Dokumentation. Dies ergibt sich insbesondere aus den
in § 2 Abs. 2 der Anordnung über das Statut des ZIID vom 25. Juli 1972 genannten Hauptaufgaben:
- Entwicklung des Informationssystems Wissenschaft und Technik (IWT) der DDR gemäß den Anforderungen an die Ausarbeitung und
Durchführung der Pläne Wissenschaft und Technik
- Einordnung des IWT der DDR in das RGW-System der wissenschaftlichen und technischen Information; Koordination der Zusammenarbeit
mit der Sowjetunion
- Ausarbeitung einheitlicher methodischer Regelungen und Koordinierung des rationellen Einsatzes der technischen Ausrüstungen
- Organisation der inhaltlichen Erschließung wissenschaftlich-technischer Dokumente und Erbringung von Informationsleistungen
- Koordination der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
- Unterstützung der staatlichen Organe und gesellschaftlichen Organisationen bei der Aus- und Weiterbildung und bei der Schulung
von Informationsnutzern
- Kontrolle über die Einhaltung der Gesetze und anderer Rechtsvorschriften.
Zwar war es sicherlich erforderlich, die Art der Informationsverarbeitung und -dokumentation immer wieder neu zu überdenken
und neue wissenschaftliche Methoden, die zumindest teilweise auch im ZIID gewonnen worden sein mögen, einzuführen. Dies bildete
aber nach dem Statut nicht den Hauptzweck. Hauptaufgabe des ZIID war danach die Anleitung und Überwachung der Sammlung und
Dokumentation von vielfältigen Informationen und zwar sowohl national als auch international in Zusammenarbeit mit den zentralen
Informationsorganen der anderen RGW-Mitgliedsstaaten. Nur durch eine zentralisierte Datenbeschaffung und -speicherung war
die Parteiführung in der Lage, ihr Macht-, Ideologie- und Sprachmonopol - "führende Rolle der Partei" - durchzusetzen (Das
Wirtschaftssystem der DDR, S. 196). Dies wird letztlich auch durch die Tätigkeitsbeschreibung der Klägerin bestätigt, die
eigenen, wiederholten Angaben zufolge neue Produkte des Weltmarktes zu analysieren und darauf zu überprüfen hatte, ob sie
Eingang in die Produktion von heimischen Industriebetrieben finden sollten. In diesem Zusammenhang hat sie Vorschläge und
Umsetzungslösungen für wissenschaftlich-technische Neuerungen in den Kombinatsbetrieben erarbeitet. Hieraus ergibt sich auch,
dass es sich beim ZIID nicht um eine an ein bestimmtes Kombinat angegliederte Forschungseinrichtung im Sinne der 2. DB gehandelt
hat, sondern dass das ZIID seine Dienstleistungen allen Kombinaten der DDR zur Verfügung gestellt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht gegeben.