Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beteiligten im Wege der Untätigkeitsklage eine Entscheidung über die Gewährung von Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01. Februar 2016 bis zum 31. Juli 2016 als Zuschuss statt als Darlehen.
Der 1959 geborene Kläger bewohnt ein ihm seit dem Jahr 2002 gehörendes Hausgrundstück mit einer Fläche von 1.198 m in der
Kstraße in M, Ortsteil Z und betreibt seit April 2015 einen Handel mit Fahrrädern und Zubehör nebst Service in W.
Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 10. Dezember 2015 bewilligte ihm der Beklagte mit Darlehensbescheid vom 03. März 2016
Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Februar 2016 bis zum 31. Juli 2016 im Wege eines Darlehens in Höhe von 166,10 € (Februar), 158,54
€ (März, April, Juni, Juli) bzw. 166,07 € (Mai) pro Monat, da der Kläger über die Freibeträge überschreitendes Vermögen (Grundstück)
verfüge, welches zu verwerten sei. Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 21. März 2016 Widerspruch mit
der Begründung ein, die darlehensweise Gewährung sei rechtswidrig. Seinem Mandanten seien Leistungen nicht als Darlehen, sondern
als Zuschuss zu gewähren. Das Grundstück, welches er zu Wohnzwecken bewohne, sei angemessen.
Mit Bescheid über die Änderung von darlehensweise bewilligten Leistungen nach dem SGB II vom 05. April 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung
im Wege eines Darlehens für die Monate Februar 2016 bis Juli 2016 415,94 € (Februar), 408,38 € (März, April, Juni, Juli) bzw.
415,91 € (Mai) monatlich. Mit Bescheiden vom 31. Mai 2016 widerrief der Beklagte die darlehensweise bewilligten Leistungen
für den Zeitraum vom 01. Februar 2016 bis zum 31. Juli 2016 und forderte von dem Kläger 1.648,61 € zurück. Am 15. Juni 2016
und 16. Juni 2016 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch gegen diese Bescheide Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Mai 2017 wies der Beklagte den Widerspruch vom 21. März 2016 gegen den Darlehensbescheid
vom 03. März 2016 in der Fassung des Bescheides vom 05. April 2016 in der Gestalt der Bescheide vom 31. Mai 2016 als unbegründet
zurück. Die Bescheide verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Aufgrund seines Vermögens hätten die Leistungen nur als
Darlehen erbracht werden können. Da er der zulässigen Auflage, Verwertungsbemühungen nachzuweisen, nicht nachgekommen sei,
sei auch der Widerruf des Darlehensbescheides nicht zu beanstanden. Hiergegen erhob der Kläger am 12. Juni 2017 Klage zum
Sozialgericht (SG) Neuruppin (Aktenzeichen S 24 AS 1118/17), mit der er die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung höherer Leistungen für die Zeit vom 01. Februar 2016 bis zum 31.
Juli 2016 sowie als Zuschuss begehrte. Gegen das die Klage abweisende Urteil des SG vom 04. Dezember 2019 richtet sich die beim Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg zum Aktenzeichen L 8 AS 167/20 anhängige Berufung des Klägers.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 09. Mai 2017 wies der Beklagte den Widerspruch vom 15. Juni 2016 als unstatthaft und
daher unzulässig zurück. Dagegen erhob der Kläger am 12. Juni 2017 ebenfalls Klage zum SG Neuruppin (Aktenzeichen S 24 AS 1117/17), die er nach Hinweis auf deren Unzulässigkeit wegen doppelter Rechtshängigkeit (Gegenstand des Verfahrens S 24 AS 1118/17) im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04. Dezember 2019 zurücknahm. Den Widerspruch vom 16. Juni 2016 wies der Beklagte
ebenfalls mit einem Widerspruchsbescheid vom 09. Mai 2017 zurück. Auch dagegen erhob der Kläger am 12. Juni 2017 Klage zum
SG Neuruppin (Aktenzeichen S 24 AS 1121/17), mit der er die Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 31. Mai 2016 begehrte. Gegen das die Klage abweisende Urteil des
SG vom 04. Dezember 2019 richtet sich die beim LSG Berlin-Brandenburg zum Aktenzeichen L 8 AS 165/20 anhängige Berufung des Klägers.
Ebenfalls am 12. Juni 2017 begehrte der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei dem Beklagten unter Bezugnahme auf den Darlehensbescheid
vom 03. März 2016 die Verbescheidung des Antrags auf zuschussweise Leistungen für den Leistungszeitraum Februar 2016 bis Juli
2016.
Am 12. Juli 2017 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Untätigkeitsklage bei dem SG Neuruppin erhoben. Zwischenzeitlich
sei mehr als ein Jahr seit der Stellung des Antrages vergangen. Ein weiteres Zuwarten sei dem Kläger nicht mehr zuzumuten.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, seinen Antrag hinsichtlich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss für den Zeitraum vom 01. Februar 2016 bis zum 31. Juli 2016 zu verbescheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein anerkennenswertes Rechtsschutzinteresse bestehe nicht. In der darlehensweisen Bewilligung vom 03. März 2016 sei schon
denklogisch zugleich auch die Ablehnung eines Zuschusses enthalten. In dem folgenden Widerspruchsverfahren wie auch dem anschließenden
Gerichtsverfahren zum Aktenzeichen S 24 AS 1118/17 begehre der Kläger bereits die zuschussweise Gewährung der Leistungen. Eines gesonderten Ablehnungsbescheides habe es daher
nicht bedurft.
Nach entsprechender Anhörung der Beteiligten mit Schreiben vom 04. Juli 2019 hat das SG gemäß §
105 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Gerichtsbescheid vom 27. November 2020 die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage lägen nicht
vor, da die Beklagte nicht untätig im Sinne von §
88 Abs.1
SGG gewesen sei. Nach §
88 Abs.
1 SGG sei die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig, wenn ein Antrag
auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden sei. Liege
ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setze das Gericht das Verfahren
bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden könne. Werde innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben,
so sei die Hauptsache für erledigt zu erklären. Gemäß §
88 Abs.
2 SGG gelte das Gleiche, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden sei, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist
eine solche von drei Monaten gelte.
Der Beklagte aber habe den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 10. Dezember 2015 sachlich beschieden, indem er ihm mit
Darlehensbescheid vom 03. März 2016 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 05. April 2016 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Februar 2016 bis zum 31. Juli 2016 im Wege eines Darlehens bewilligt habe. Damit habe er zugleich
die begehrte zuschussweise Leistungsbewilligung abgelehnt. Aus diesem Grund stelle ein nach einem Ablehnungsbescheid erlassener
Darlehensbescheid auch eine Änderung im Sinne von §
96 SGG dar (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteile vom 12.Oktober 2016 - B 4 AS 4/16 R, Rn. 19, und vom 03. Dezember 2015 - B 4 AS 49/14 R, Rn. 14; jeweils zitiert nach juris). Dies habe auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers ursprünglich so gesehen, denn
er habe am 21. März 2016 Widerspruch gegen den Darlehensbescheid vom 03. März 2016 u. a. mit der Begründung eingelegt, dass
seinem Mandanten Leistungen nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss zu gewähren seien.
Schließlich sei deshalb auch ein Rechtsschutzinteresse des Klägers für dieses Klageverfahren nicht ersichtlich, da er sein
Ziel - Gewährung zuschussweiser Leistungen für den Zeitraum vom 01. Februar 2016 bis zum 31. Juli 2016 - bereits mit dem Klageverfahren
zum Aktenzeichen S 24 AS 1118/17 verfolge.
Gegen den ihm am 03. Dezember 2019 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich der Kläger mit seiner am 02. Januar 2020 beim
LSG eingelegten Berufung, mit der er seine Untätigkeitsklage weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. November 2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, seinen
Antrag hinsichtlich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss für den Zeitraum vom 01. Februar 2016 bis zum 31. Juli 2016 zu verbescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Durch Beschluss des Senats vom 18. Februar 2021 ist die Berufung gemäß §
153 Abs.
5 SGG der Vorsitzenden und Berichterstatterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden.
Der Senat hat Einsicht in die Verfahrensakte S 8 AS 167/20 (vormals: S 10 AS 167/20) genommen und hieraus Kopien zur Akte (Beiheft) gefertigt.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 03. Januar 2022 (Kläger) und vom 06. Januar 2022 (Beklagter) mit einer Entscheidung
im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen
auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden
worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig (§
88 Abs.
1 S. 1
SGG). Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht
das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann (§
88 Abs.
1 S. 2
SGG). Vorliegend fehlt es bereits an der für eine Untätigkeitsklage erforderlichen Untätigkeit des Beklagten, denn dieser hat
den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 10. Dezember 2015 vollumfänglich beschieden, jedoch nicht mit dem vom Kläger
gewünschten Ergebnis der Gewährung von (höheren) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als „verlorenen Zuschuss“.
Dies wird auch durch den vom Kläger am 21. März 2016 eingelegten Widerspruch gegen den Darlehensbescheid - in der Fassung
des Änderungsbescheides vom 05. April 2016 sowie des Widerrufsbescheides vom 31. Mai 2016 – und nach dessen Erfolglosigkeit
(Widerspruchsbescheid vom 09. Mai 2017) mit der zum Aktenzeichen S 24 AS 1118/17 beim SG Neuruppin geführten Klage wie auch der hierzu beim LSG anhängigen Berufung zum Aktenzeichen L 8 AS 167/20 deutlich, mit dem der Kläger jeweils die Gewährung der Grundsicherungsleistungen als Zuschuss anstelle des Darlehens begehrte
bzw. begehrt. Gegen Entscheidungen des Jobcenters im Zusammenhang mit der Bewilligung (oder Nichtbewilligung) eines Darlehens
nach § 24 SGB II muss der Leistungsbegehrende mit dem Widerspruch gegen den Bescheid bzw. bei dessen Erfolglosigkeit mit der Klage vorgehen.
Klageart bei Bewilligung eines nicht erwünschten Darlehens gemäß § 24 SGB II anstelle des begehrten sog. „verlorenen Zuschusses“ ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1
S.1 2. Variante i.V.m. §
56 i.Vm. §
131 Abs.
2 S. 1
SGG – bei Geltendmachung höherer Leistungen ggfs. noch in Kombination mit einer Leistungsklage nach §
54 Abs.
4 SGG -; vgl. BSG, Urteile vom 13. November 2008 – B 14 AS 36/07 R -, Rn. 13, und vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 5/09 R-, Rn. 10, jeweils nach juris); die Überprüfung der vom Jobcenter angenommenen Verwertbarkeit des Vermögens nach § 24 Abs. 5 SGB II hat beim Darlehensbescheid zu erfolgen (vgl. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, Stand Juli 2019, § 24 Rn. 237, 254, 603, 605; Blüggel in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 24 Rn. 65).