LSG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2006 - 4 B 406/05
Anspruch auf Sozialhilfe, Zumutbarkeit der stationären Unterbringung bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung
1. Die grundrechtsrelevante Frage der Zumutbarkeit der bisherigen Unterbringung bzw des Anspruchs auf eine anderweitige Unterbringung
und Versorgung ist bei einem an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidenden Antragsteller auch im einstweiligen Rechtsschutz
eingehend zu prüfen. Das Gericht darf sich in einem solchen Fall nicht auf eine summarische Prüfung beschränken.
2. Die weitere stationäre Unterbringung eines Schwerstkranken nach Eintritt einer lebensbedrohlichen Situation ist nicht unzumutbar,
wenn das Heim aufgrund des Vorfalls technische Vorkehrungen getroffen hat, welche ausschließen, dass ein gleichartiges Ereignis
erneut eintritt.
3. Gegenüber dem Sozialhilfeträger hat ein Kranker, der aufgrund der Schwere seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage ist,
sich zu bewegen und dessen Kommunikationsvermögen weitgehend aufgehoben ist, keinen Anspruch auf Ausgleich dieses Mangels
durch Bereitstellung einer persönlichen Rund-um-die-Uhr-Betreuung.
4. Ist ein Heim an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen und wird der Anfahrtsweg für Besuche nur unwesentlich verlängert,
so ist der Wechsel in ein anderes Heim zumutbar.
5. Würden unverhältnismäßige Mehrkosten bei ambulanter Unterbringung entstehen, so gilt der Vorrang einer ambulanten vor einer
stationären Unterbringung gemäß § 13 Abs. 1 S. 3 und 4 SGB XII nicht. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette: SGB XII § 13 Abs. 1 S. 3 § 13 Abs. 1 S. 4 § 61 §§ 61ff
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Vorinstanzen: SG Hamburg 15.12.2005 S 50 SO 583/05 ER