Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die auf eine Kapitallebensversicherung erhoben werden
und zwar für den Zeitraum vom 1.1.2012 bis 14.1.2012 und ab 1.1.2013.
Der Kläger ist aktuell seit dem 1.12.2014 als Rentner bei der Beklagten versichert. Am 2.5.1983 erklärte sich der Kläger damit
einverstanden, dass seine ehemalige Arbeitgeberin mit einem privaten Lebensversicherer eine Kapitallebensversicherung zu Gunsten
des Klägers abschließt. Die Laufzeit sollte 25 Jahre betragen. Ausweislich des Nachtrags zur Versicherung vom 7.8.1989 änderte
sich die Firmierung der Arbeitgeberin und die Versicherungsnummer. Am 8.6.2000 unterzeichneten die Arbeitgeberin und der Kläger
eine Versicherungszusage, wonach die Versicherung als "Direktversicherung" fortgeführt wurde.
Im Jahr 2010 teilte die damalige Krankenkasse des Klägers der Beklagten mit, dass der Kläger aus der streitgegenständlichen
Kapitallebensversicherung Versorgungsbezüge beziehe und dass ihm am 11.1.2010 insgesamt 53.537,49 EUR ausgezahlt worden seien.
Kurz darauf teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass diese Versorgungsbezüge grundsätzlich für 10 Jahre der Beitragspflicht
unterlägen.
Der Kläger war in der Folgezeit bei der Beklagten nach unterschiedlichen Tatbeständen versichert, nämlich vom 1.1.2012 bis
14.1.2012 als Bezieher von Arbeitslosengeld, zwischenzeitlich als freiwillig hauptberuflich Selbständiger und dann wiederum
vom 1.1.2013 bis 30.11.2014 als Empfänger von Arbeitslosengeld und ab dem 1.12.2014 als Rentner. Sein Arbeitslosengeld betrug
kalendertäglich 67,61 EUR, wobei das Bemessungsentgelt mit 180,82 EUR kalendertäglich angegeben war. Seine Rente ab 1.12.2014
beträgt monatlich 1.638,67 EUR.
Mit Bescheid vom 10.11.2014 setzte die Beklagte die Beiträge des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung aus der Kapitalleistung
ab dem 1.1.2013 in Höhe von insgesamt 78,30 EUR monatlich fest. Von dem Auszahlungsbetrag der Kapitallebensversicherung werde
für längstens 120 Monate ein Betrag von 1/120 berücksichtigt also 446,15 EUR berücksichtigt. Mit weiterem Bescheid vom 2.12.2014
wiederholte die Beklagte ihre Festsetzung vom 10.11.2014. Darin führte sie ergänzend aus, dass vom 1.2.2010 bis 31.1.2020
ein Betrag von 446,15 EUR als monatlicher Versorgungsbezug gelte. Hiervon würden 15,5 Prozent für die Kranken- und 1,95 Prozent
für die Pflegeversicherung verbeitragt. Über diese Anrechnung habe die Beklagte den Kläger auch im August 2010 informiert.
Im Jahr 2012 sei der Kläger selbständig gewesen und die Beitragsberechnung sei vorläufig erfolgt. Anschließend sei die Arbeitslosigkeit
eingetreten, die Beitragsabbuchung sei letztmalig im Dezember 2012 erfolgt.
Hiergegen legte der Kläger am 8.12.2014 Widerspruch ein. Es sei rechtswidrig, dass im Jahr 2004 eine Beitragspflicht für betriebliche
Vorsorgeleistungen erhoben worden sei, da dies gegen das Rückwirkungsverbot verstoße. Die Kapitalleistungen der privaten Lebensversicherung
würden auch keine betrieblichen Versorgungsleistungen im Sinne des Gesetzes darstellen. Diese sei lediglich wegen der günstigen
Konditionen über den Arbeitgeber abgeschlossen worden, weil der Versicherungsvermittler bzw. der Versicherer zum Konzern gehörte.
Die Beiträge seien aber vollständig aus seinem Nettogehalt gezahlt worden. Der Arbeitgeber habe dazu gar nichts beigetragen.
Es handele sich auch nicht um eine Kapitalabfindung. Hierzu habe sich auch das Bundesverfassungsgericht in der maßgeblichen
Entscheidung nicht bzw. nur am Rande geäußert. Es handele sich hier nicht um eine betriebliche Versorgungsleistung, da keine
arbeitsvertraglich festgeschriebene Versorgungszusage erfolgt sei. Es handele sich lediglich um eine Versicherungszusage.
Außerdem sei hier keine Entgeltumwandlung, sondern lediglich eine Entgeltverwendung erfolgt. Dies sei in der Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts und des Bundessozialgerichts anerkannt. Darüber hinaus habe das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss
vom 28.9.2010 entschieden, dass eine Lebensversicherung, die allein vom Arbeitnehmer finanziert werde, nicht der Beitragspflicht
in der gesetzlichen Krankenversicherung unterfalle.
Mit weiterem Bescheid vom 30.7.2015 setzte die Beklagte für den Zeitraum vom 1. bis einschließlich 14.1.2012 die Beiträge
endgültig fest. Hier habe der Kläger als monatliche Einnahme 1/120 der Kapitalleistung erhalten.
Hiergegen richtete sich der weitere Widerspruch des Klägers vom 11.8.2015, in dessen Begründung er auf seine bisherigen Ausführungen
verwies.
Mit Email vom 1.10.2015 teilte die Versicherungsgeberin des Klägers der Beklagten mit, dass die Versicherung des Klägers von
Beginn an als sog. Direktversicherung und durchgängig vom Arbeitgeber geführt worden sei.
Mit Bescheid vom 19.11.2015 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück. Zur Begründung führte Sie aus, dass nach
den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Beitragsbemessung zu
berücksichtigen sei. Danach seien auch Versorgungsbezüge und Leistungen aus einer Lebensversicherung mit 1/120 des Zahlbetrags
der Leistung für 120 Monate zu berücksichtigen. Bei Beziehern von Arbeitslosengeld seien kalendertäglich 80 Prozent von 1/7
des wöchentlichen Arbeitsentgelts zu berücksichtigen, soweit es 1/360 der Beitragsbemessungsgrenze überschreite. Zahlbeträge
aus Versorgungsbezügen zählten auch dazu. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei es für die Einstufung einer
Zahlung als Versorgungsbezug nicht notwendig, dass die Versicherung im Sinne des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung
durchgeführt werde. Es sei ausreichend, dass ein Bezug zur früheren Erwerbstätigkeit bestehe. Notwendig sei allein, dass der
Arbeitgeber - wie hier - durchgehend der Versicherungsnehmer sei. Im Übrigen sei es auch unerheblich, dass die Beiträge aus
dem Nettoeinkommen des Klägers entrichtet worden seien, da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kein Verbot der
Doppelverbeitragung bestehe. Auch die in der Vergangenheit vorgenommene Abtretung zur Finanzierung der Eigentumswohnung des
Klägers sei nicht zu berücksichtigen. Bis einschließlich 31.12.2011 habe der Kläger bereits aus seinem Arbeitsentgelt Beiträge
bis zur Beitragsbemessungsgrenze gezahlt, sodass für diesen Zeitraum keine Beiträge auf die Kapitalleistung zu erbringen seien.
Soweit die Beklagte die Beiträge zunächst nicht eingezogen habe, habe sie sie dennoch nicht verwirkt, da sie ihm gegenüber
nie zum Ausdruck gebracht habe, darauf verzichten zu wollen. Auch der Umstand der rückwirkenden Einführung des Gesetzes sei
unbeachtlich, da dies bereits mehrfach vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft worden
sei, solange der Gemeinwohlbelang überwiege.
Der Kläger hat am 21.12.2015 Klage erhoben, die das Sozialgericht mit Urteil vom 4.12.2017 abgewiesen hat. Rechtsgrundlage
für die Verbeitragung der hier streitgegenständlichen Einnahme aus Versorgungsbezügen seien die §§ 223, 232a Abs. 1 S. 1 Nr.
1, Abs. 3 i. V. m. § 226 Abs. 1 Nr. 3 und §
229 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 und S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) (für den Zeitraum des Arbeitslosengeldbezuges) bzw. §§
223,
228 Abs. 1, 237 S. 1 Nr. 1 und 2 in der bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung i. V. m. §
229 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 und S. 3
SGB V (für den Zeitraum des Rentenbezuges). Als beitragspflichtige Einnahmen würden gelten bei Personen, die Arbeitslosengeld oder
Unterhaltsgeld nach dem Dritten Buch beziehen, 80 vom Hundert des der Leistung zugrunde liegenden, durch sieben geteilten
wöchentlichen Arbeitsentgelts nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, soweit es ein Dreihundertsechzigstel der Jahresarbeitsentgeltgrenze
nach § 6 Abs. 7 nicht übersteigt (§
232a Abs.
1 Nr.
1 Halbsatz 1). §
226 SGB V gelte für Bezieher von Arbeitslosengeld entsprechend (§
232a Abs.
3). Entsprechend § 226 Abs. 1 Nr. 3 würden auch Zahlbeträge der der Rente vergleichbarer Einnahmen (sog. Versorgungsbezüge)
als beitragspflichtige Einnahme gelten. Die von dem Kläger bezogene Kapitalleistung aus der von seiner ehemaligen Arbeitgeberin
im Jahr 2010 ausgezahlten Lebensversicherung sei ein solcher Versorgungsbezug. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge)
würden, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt
würden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen
Zusatzversorgung gelten (§
229 Abs.
1 Nr.
5 Halbsatz 1
SGB V). Trete - wie hier - an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder sei eine solche
Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart oder zugesagt worden, gelte ein Einhundertzwanzigstel der Leistung
als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate. Eine vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer
abgeschlossene Lebensversicherung sei dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers
oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezwecke, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden
des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen solle. Diese sogenannte pauschalisierte Betrachtungsweise des Bundessozialgerichts
und auch die nachträgliche Einführung der Beitragspflicht auf Versorgungsbezüge durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz
im Jahr 2004 begegneten keinerlei verfassungsrechtlicher Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des
Bundesverfassungsgerichts würden Renten und an ihre Stelle getretene nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die aus einer
ursprünglich vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Versicherung erbracht würden, auch dann zu den Leistungen
der betrieblichen Altersversorgung zählen, wenn sie ganz oder zum wesentlichen Teil auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw.
des Versicherten selbst beruhten. Der Umstand, dass der Kläger die Versicherung zu wesentlichen Teilen aus seinem Nettogehalt
finanziert habe, ändere danach nichts an der rechtlichen Einordnung der Versicherung als betriebliche Altersversorgung im
Sinne des §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V. Nur wenn der Arbeitnehmer in die Stellung des Versicherungsnehmers einrücke, gehe der betriebliche Bezug vollständig verloren
und nur die dann gezahlten Beiträge stünden nicht mehr im betrieblichen Bezug. Das Betriebsrentenrecht qualifiziere auch die
ausschließlich arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung. Voraussetzung hierfür sei, dass
die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers umfasst seien, und dass der Versicherungsvertrag
durch den Arbeitgeber abgeschlossen worden sei, dieser also - anders als ein privater Lebensversicherungsvertrag - auf ihn
als Versicherungsnehmer ausgestellt sei. Es sei im Rahmen einer Typisierung nicht zu beanstanden, wenn das Bundessozialgericht
auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses durch den früheren Arbeitnehmer eingezahlte Beiträge im Rentenversicherungsrecht ebenfalls
als noch betrieblich veranlasst einstufe, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, also der auf den Arbeitgeber
als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag, zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt werde.
Es liege damit ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, das ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen eine
Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung durch Lebensversicherungsverträge erlaube. Im vorliegenden Fall habe
kein Versicherungsnehmerwechsel stattgefunden, wie sich auch der vom Kläger vorgelegten Versicherungszusage aus dem Jahr 2000
und seiner Einverständniserklärung aus dem Jahr 1983 ergebe, wonach er sich damit einverstanden erklärt habe, dass seine Arbeitgeberin
mit einem privaten Lebensversicherer zu seinen Gunsten eine Lebensversicherung abschließen solle. Außerdem habe auch nie ein
Einrücken des Klägers in die Stellung des Versicherungsnehmers stattgefunden. Mit Nachtrag vom 7.8.1989 sei lediglich die
geänderte Firmierung der Arbeitgeberin des Klägers in den Versicherungsvertrag aufgenommen worden, bei dem er stets nur begünstigter
Dritter, nicht aber Versicherungsnehmer gewesen sei. §
229 Abs.
1 Satz 3
SGB V in der Fassung des Art.
1 Nr. 143 GKV-Modernisierungsgesetzes verstoße nicht gegen Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Kapitalleistungen aus betrieblichen Direktversicherungen
könnten den Versorgungsbezügen nach §
229 Abs.
1 SGB V gleichgestellt und damit der Beitragspflicht unterworfen werden. Die im Beschäftigungsverhältnis wurzelnde, auf einer bestimmten
Ansparleistung während des Erwerbslebens beruhende einmalige Zahlung einer Kapitalzahlung sei nicht grundsätzlich anders zu
bewerten als eine auf gleicher Ansparleistung beruhende, laufende Rentenleistung. Die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden
Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht sei mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, insbesondere den Betroffenen
zumutbar, weil der Gesetzgeber berechtigt sei, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die
Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen. Der Vertrauensschutz
der betroffenen Versicherten werde dabei nicht unzumutbar beeinträchtigt. Soweit die Kammer die Klage in Bezug auf den Bescheid
vom 30.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2015 abgewiesen habe, sei dies jedoch nicht frei von Rechtsfehlern,
denn bei der Urteilsfindung habe die Kammer nicht 80 v. Hundert des täglichen Bemessungsentgeltes des in der Zeit vom 1.1.
bis 14.1.2012 bezogenen Arbeitsentgelts zu Grunde gelegt, sondern das lediglich 60 vom Hundert des sogenannten Leistungsentgelts
umfassende Arbeitslosengeld selbst. So habe sich der im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörterte Wert
ergeben, der unterhalb des Dreihundertsechzigstels der Jahresarbeitsentgeltgrenze des §
6 Abs.
7 SGB V (im Jahr 2012 waren dies 45.900 EUR), also 127,50 EUR gelegen habe. 80 Prozent des Bemessungsentgeltes in Höhe von 180,82
EUR betrage jedoch bereits 144,65 EUR, sodass der Kläger bereits damit die Beitragsbemessungsgrenze (vgl. §
223 Abs.
3 S. 1
SGB V) erreicht habe. Dieser Irrtum der Kammer erstrecke sich im Übrigen auch auf den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.1.2013
bis 30.11.2014. Für den Zeitraum ab dem 1.12.2014 seien die Versorgungsbezüge des Klägers jedoch in der von der Beklagten
errechneten Weise in Höhe von 446,15 EUR (vgl. §
229 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 und S. 3
SGB V) der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen und zu verbeitragen. Bei versicherungspflichtigen Rentnern würden als beitragspflichtige
Einnahmen der Zahlbetrag der Rente und der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen gelten (§
237 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2
SGB V in der bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung). Erreiche der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung nicht
die Beitragsbemessungsgrenze, würden nacheinander der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und das Arbeitseinkommen des Mitglieds
bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Der Kläger erhalte seit dem 1.12.2014 eine monatliche Altersrente der Deutschen
Rentenversicherung Bund in Höhe von 1.638,67 EUR ausgezahlt. Hieraus ergebe sich ein täglicher Zahlbetrag von 54,62 EUR bzw.
mit der streitigen Lebensversicherungszahlung ein Betrag vom 69,49 Euro, der unter einem Dreihundertsechzigstel der Beitragsbemessungsgrenze
in Höhe von 48.600 (also 135 EUR) liege.
Der Kläger hat gegen das seinem damaligen Bevollmächtigten am 14.2.2018 zugestellte Urteil am 14.3.2018 Berufung eingelegt.
Zur Begründung der Berufung bezieht er sich auf seinen bisherigen Vortrag und weist insbesondere darauf hin, dass seine Ansicht
gestützt werde durch: 1. den eingereichten gutachterlichen Beitrag von Prof. Dr. B., 2. die Entscheidung des BFH vom 9. November
1990 (VI R 164/86), nach der Kapital-Lebensversicherungen keine betriebliche Altersversorgung sein könnten, 3. der Forderung des BVerfG (Beschl.
v. 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08, Rn. 12) nach einer Versorgungszusage, die es bei ihm nicht gebe, 4. dem Umstand, dass das
BetrAVG keine betriebliche Altersversorgung neben dem Gehalt kenne und bei einer Auszahlung zum 60. Lebensjahr (und damit vor dem
regelmäßigen Rentenbeginn) dies jedoch der Fall sei, 5. die neue Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 20. Juli 2017 - B 12 KR 12/15 R) für den Fall, dass eine Überbrückungsleistung nicht beitragspflichtig sei, die auf seinen Fall Anwendung finde, 6. das Bestehen
einer ersten betrieblichen Altersversorgung, die auch ab 1.12.2014 bezogen werde und das die Annahme einer weiteren betrieblichen
Altersversorgung in Form der streitigen Lebensversicherung sinnlos mache. Zudem hat der Kläger zwei sprachwissenschaftliche
Stellungnahmen zum Wortlaut des §
229 Abs.
1 Satz 3
SGB V vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 4. Dezember 2017 und die Bescheide der Beklagten vom 10. November 2014 und 30. Juli 2015
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2015 aufzuheben ... Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte
der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Sie hat jedoch in der Sache nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Das Sozialgericht hat sowohl vom Ergebnis als auch von der Begründung her zutreffend darauf abgestellt, dass es sich bei der
Auszahlung der streitigen Lebensversicherung um eine zu verbeitragende Leistung handelt. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts
hierzu wird Bezug genommen.
Zu den einzelnen Argumenten des Klägers kann in der gleichen Reihenfolge wie folgt kurz Stellung genommen werden:
Die gutachterliche Stellungnahme von Prof. B. hat die Zielrichtung, Kapitalauszahlungen von Lebensversicherungen grds. nicht
der Beitragspflicht unterliegen zu lassen. Dies ist eine Rechtsansicht, die jedoch nicht mit der Gesetzesauslegung durch das
BSG und das BVerfG übereinstimmt. Dieser Gesetzesauslegung ist nach Ansicht des Senates zu folgen.
Die Entscheidung des BFH vom 9. November 1990 (VI R 164/86) trifft keinerlei Aussage zu der sozialversicherungsrechtlichen Frage, ob und wann eine Kapitalauszahlung einer Lebensversicherung
der Beitragspflicht nach dem
SGB V unterliegt. Eine solche Aussage des BFH wäre auch schon zuständigkeitshalber gar nicht möglich.
Der in Bezug genommenen Entscheidung des BVerfG (Beschl. v. 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08, Rn. 12) kann keine Voraussetzung entnommen werden, die über die hinausgeht, die das BSG in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat. Vielmehr akzeptiert das BVerfG die pauschalierende Betrachtung des BSG, nach der maßgeblich darauf abgestellt wird, dass der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist.
Es mag zutreffen, dass das Recht der betrieblichen Altersvorsorge eine Parallelität von Altersrente und Betriebsrente vorsieht
und eine Betriebsrentenzahlung während des Bezugs von Gehaltszahlungen vermeiden möchte. Jedoch wird schon aus den Unterlagen,
die der Kläger hierzu eingereicht hat (Bl. 93ff GA) deutlich, dass dabei auch ein vorzeitiger Ruhestand in Betracht gezogen
werden muss. Zum Abschluss des Versicherungsvertrages 1983 konnte nicht feststehen, wann der Kläger tatsächlich in den Ruhestand
treten würde. Das 60. Lebensjahr wird gemeinhin als ein Alter angesehen, in dem ein Renteneintritt als möglich erscheint (vgl.
BSG, Urt. v. 25.04.2007 - B 12 KR 25/05 R, Rn. 22; LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 13.09.2017 - L 5 KR 71/17, Rn. 33). Der Abschluss eines solchen Vertrages kann also zu diesem Zeitpunkt nur wegen des Alters zum Auszahlungszeitpunkt
nicht unzulässig gewesen sein. Auf die tatsächliche Situation zum Auszahlungszeitpunkt hätte dann immer noch reagiert werden
können. Unabhängig davon, ist nicht erkennbar, dass die Regelungen des
BetrAVG die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Kapitalauszahlung beeinflussen können. Der sozialrechtliche Begriff der
"betrieblichen Altersvorsorge" wird gerade nicht durch die Regelungen des
BetrAVG konkretisiert, sondern unterliegt einer eigenen Definition.
Das Urteil des BSG vom 20. Juli 2017 (B 12 KR 12/15 R) ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Das BSG hat in dieser Entscheidung für eine besondere Konstellation davon abgesehen, eine an sich zu verbeitragende Leistung als
beitragspflichtig anzusehen. Das BSG hat dabei maßgeblich auf die Zwecksetzung der Zuwendung abgestellt und ausgeführt (Rn. 13f):
"Leistungen sind ua dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter
bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen sollen
(vgl BSG Urteil vom 13.9.2006 - B 12 KR 5/06 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 4 RdNr 11 mwN). Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von
sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers, etwa solchen zur Überbrückung erwarteter Arbeitslosigkeit oder Abfindungen für den
Verlust des Arbeitsplatzes (vgl zum Vorstehenden insgesamt BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 4/14 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 19 RdNr 20 mwN).
Zur Abgrenzung solcher "Überbrückungsgelder", "Überbrückungshilfen", "Übergangsleistungen" usw, die nicht der Beitragsbemessung
in der GKV zugrunde zu legen sind, von Leistungen des Arbeitgebers, die der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen sind,
hat sich der Senat an der Rechtsprechung des BAG orientiert (BSG Urteile vom 29.7.2015 - B 12 KR 4/14 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 19 RdNr 21 ff und - B 12 KR 18/14 R - Juris RdNr 19 ff), das in ständiger Rechtsprechung unabhängig von den subjektiven Vorstellungen und Beweggründen der Arbeitsvertragsparteien
auf den objektiven Inhalt der Leistung blickt und vor allem dem vereinbarten Leistungsbeginn große Bedeutung beimisst (vgl
BAG Urteil vom 28.10.2008 - 3 AZR 317/07 - BAGE 128, 199 RdNr 24, unter Hinweis auf BAG Urteil vom 18.3.2003 - 3 AZR 315/02 - DB 2004, 1624; BAG Urteil vom 3.11.1998 - 3 AZR 454/97 - BAGE 90, 120, 123 f und BAG Urteil vom 10.3.1992 - 3 AZR 153/91 - AP Nr 17 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung, jeweils mwN). Im Anschluss hieran hat der Senat die Eigenschaft als Versorgungsbezug dann verneint, wenn
bei der Zusage von Übergangsbezügen, Überbrückungsgeldern usw nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Leistungsbeginn
auf ein Lebensalter abgestellt wird, das nach der Verkehrsanschauung typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands
gelten kann, und wenn diese Zuwendung bis zum Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand befristet ist (BSG Urteile vom 29.7.2015 - B 12 KR 4/14 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 19 Leitsatz und RdNr 21 und - B 12 KR 18/14 R - Juris RdNr 19). Als Lebensalter, das nach der Verkehrsanschauung typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands gelten
kann, hat der Senat in diesen Entscheidungen ein Alter von 55 bzw 50 Jahren angesehen (BSG, aaO, RdNr 22 bzw Juris RdNr 20). Allerdings lässt sich kein fester Zeitpunkt ermitteln, von dem an eine betriebliche Altersversorgung
überhaupt nur in Betracht kommt, weil die Wahl einer niedrigeren Altersgrenze wegen besonderer Beanspruchungen der Berufsgruppe
auch auf sachlichen Gründen beruhen kann (BSG, aaO, RdNr 21 bzw Juris RdNr 19, jeweils unter Hinweis auf LSG Berlin Urteil vom 22.10.2003 - L 9 KR 410/01 - Juris (Zusage einer befristeten "Firmenrente" für Flugbegleiter ab dem 55. Lebensjahr), SG Hannover Urteil vom 20.7.1999
- S 11 KR 114/98 - Juris (Seeleute) sowie BAG Urteil vom 10.3.1992 - 3 AZR 153/91 - AP Nr 17 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung (Verkehrsflugzeugführer))."
Das BSG sieht für eine zum 60. Lebensjahr erbrachte Zuwendung einen Bezug zur Altersabsicherung als gegeben an (vgl. BSG, Urt. v. 25.04.2007 - B 12 KR 25/05 R, Rn. 22). Diese Entscheidung wird durch die neuere Entscheidung nicht relativiert. Das immer wieder vom Kläger vorgebrachte
Argument, dass es sich nicht um Altersversorgung handeln könne, weil die Auszahlung mehr als 5 Jahre vor dem Regelrentenalter
erfolgt ist, kann daher nicht durchdringen. Eine "Überbrückungsfunktion" nimmt das BSG zudem nur für den Fall an, dass ein Zusammenhang mit einem nicht vom Arbeitnehmer zu verschuldenden Arbeitsplatzverlust besteht.
Bei dem Kläger liegt aufgrund der Auszahlung zum 60. Lebensjahr zum einen ein Bezug zur Altersvorsorge vor und zum anderen
ist nicht erkennbar, dass der 1983 abgeschlossene Vertrag den Zweck hatte, eine Überbrückung für einen Arbeitsplatzverlust
darzustellen. Dies behauptet auch selbst der Kläger nicht. Vielmehr hat er immer wieder angegeben, die Kapitalauszahlung sei
für die Finanzierung seines Eigenheims gedacht und eingeplant gewesen.
Die vom BSG aufgestellten und vom SG zutreffend dargestellten Grundsätze zur Beitragspflicht von Kapitalauszahlungen einer betrieblichen Altersversorgung differenzieren
schließlich nicht danach, ob es eine weitere betriebliche Altersvorsorge gibt. Wenn die Voraussetzungen der Rechtsprechung
des BSG erfüllt sind, ist nach Maßgabe des
SGB V zu verbeitragen.
Was die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld angeht, so ist dem SG - wie es selbst angegeben hat - ein Fehler unterlaufen. §
232a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB V regelt eindeutig, dass auf 80% des täglichen Bemessungsentgeltes abzustellen ist, soweit es nicht die auf den Tag umgerechnete
Beitragsbemessungsgrenze überschreitet. Bei einem täglichen Bemessungsentgelt von 180,82 Euro bedeuten 80% 144,66 Euro. 1/360
der Beitragsbemessungsgrenzen für die in Rede stehenden Jahre waren: 2012=127,50 Euro, 2013=131,25 Euro und 2104=135,00 Euro.
Die Grenze war also schon durch den Bezug des Arbeitslosengeldes überschritten. Eine Berücksichtigung der Kapitalauszahlung
war daher in diesen Zeiten nicht möglich. Die streitigen Bescheide sind insoweit aufzuheben. Die Berechnung der Beklagten
auf Bl. 169 der Prozessakte ist mit den gesetzlichen Vorgaben nicht in Einklang zu bringen.
Das bedeutet im Ergebnis: Die streitigen Bescheide erfassen den Zeitraum 1.01. bis 14.1.2012 und die Zeit ab 1.1.2013. Davon
sind die Zeiträume 1.1. bis 14.1.2012 und 01.01.2013 bis 30.11.2014 solche des Bezugs von Arbeitslosengeld, bei denen eine
Verbeitragung der Kapitalleistung ausscheidet. Für die Zeiträume sind die Bescheide daher aufzuheben. Für die Zukunft ist
zu beachten, dass die Verbeitragungspflicht im Februar 2010 einsetzte und damit mit Ablauf des Januar 2020 endet. Zu diesem
Zeitpunkt wird die Beklagte den Beitragsbescheid anpassen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er die Frage des Zusammentreffens von Gehaltszahlungen und der Kapitalauszahlung
aus der betrieblichen Altersversorgung für grundsätzlich hält.