Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente aufgrund der Folgen einer anerkannten Berufskrankheit (BK) nach der Ziffer 4103
der Anlage zur
Berufskrankheitenverordnung (BKVO).
Der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. erstattete am 29. November 2016 über den Kläger eine ärztliche Anzeige
bei Verdacht auf eine Berufskrankheit, da dieser zwischen 1983 und 1988 auf der S.-Werft (H.) beruflich gegenüber Asbest exponiert
gewesen sei. Der respiratorische Zustand sei aufgrund eines schweren Emphysems ausgesprochen schlecht. Der Präventionsdienst
der Beklagten erklärte in seiner Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 9. August 2017, dass für den Zeitraum vom 27.
Juli 1987 bis zum 11. September 1987 im Rahmen eines Auftrages auf der H1 Werft in K. und auf der F. Werft an Bord von Reparaturschiffen
als Schweißer eine kurzzeitige sporadische Asbestexposition als Bystander angenommen werden könne. Darüber hinaus lägen keine
Expositionszeiten vor.
Der Lungenfacharzt Dr. S1 wies in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 21. August 2017 und nach Sichtung einer Computertomografie
aus der Radiologie des Universitätsklinikums Eppendorf, angefertigt am 17. Oktober 2014, darauf hin, dass sich bei dem Kläger
ausgeprägte Veränderungen im Sinne eines panlobulären Emphysems zeigten. Diese Erkrankung habe zum Teil zur Zerstörung der
Lungenstruktur geführt. Darüber hinaus zeigten sich Veränderungen im Sinne von pleuralen Verbreiterungen mit zum Teil Kalkeinlagerungen,
vereinbar mit pleuralen Asbeststaubinhalationsfolgen. Die narbigen Veränderungen im Bereich der Lunge seien aber nicht vereinbar
mit pulmonalen Asbeststaubinhalationsfolgen, sie seien vielmehr im Zusammenhang mit der ausgeprägten obstruktiven Atemwegserkrankung
zu sehen. Das typische Bild von retikulären Veränderungen sei nicht zu erkennen. Es ließen sich keine auf die Asbeststaubinhalationsfolgen
zu beziehenden Funktionsstörungen nachweisen.
Mit Bescheid vom 11. September 2017 erkannte die Beklagten eine Berufskrankheit nach der Ziffer 4103 der Anlage zur BKVO („Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura“) bei dem Kläger an. Ansprüche
auf Leistungen wegen der Berufskrankheit bestünden jedoch nicht. Unabhängig von der berufsbedingten Erkrankung lägen eine
Lungenemphysemerkrankung mit Verminderung der Atmungsfunktion nach erheblichem Nikotinabusus, ein Zustand nach leichtgradiger
Trikuspidalinsuffizienz und diastolischer Dysfunktion sowie Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule und Hepatitis C vor. Der
Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2018). Ausweislich der aktenkundigen Befunde
lägen zwar radiologisch nachweisbare, asbestotische Veränderungen des Brustfells vor, diese hätten jedoch keine funktionellen
Auswirkungen auf die Atmung und den Kreislauf.
Die hiergegen erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, dass ihm gesagt worden sei, eine obstruktive Atemwegserkrankung
sei zwar nicht typisch für eine Asbestose, könne aber durchaus vorkommen. Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden
Ärzte des Klägers eingeholt, nach welchen der Kläger unter einer COPD im Stadium IV mit schwerem Lungenemphysem sowie asbestbedingten
Pleuraveränderungen leidet, wobei die Pleuraplaques mit einer Asbestexposition vereinbar seien.
Der p. Radiologe C. hat im Rahmen eines weiteren CTs vom 12. März 2019 festgestellt, dass mehrere verdickte Bereiche mit pleuralen
Unregelmäßigkeiten existierten, die mit mehrfach grob verkalkten Plaques einhergingen, die das parietale Rippenfell, vor allem
die linke Lunge mit einbeziehen, aber die Pleura Diaphragmatica verschonten. Diese Aspekte könnten auf Veränderungen infolge
einer früheren Exposition/Asbestose zurückzuführen sein. Im Übrigen bestehe kein Pleuraerguss. Die Untersuchung habe keine
neuen Veränderungen ergeben, wobei die verkalkten pleuralen Plaques und der kleine Knoten im linken unteren Lappen stabil
seien. Es bestünden auch weiterhin deutliche Anzeichen von Zerstörung der üblichen Architektur der Lungen, verursacht durch
emphysematöse Veränderungen vom Typ „panlobular“, überwiegend im linken oberen Lungenlappenvereint mit Anzeichen von zentrolobularem
„emphysema pulmonum“ (Lungenblähung, übermäßige Erweiterung der Lungenbläschen).
Der beratende Facharzt der Beklagten Dr. S1 hat mit weiterer Stellungnahme vom 25. März 2020 darauf hingewiesen, dass nach
den Lungenfunktionsuntersuchungsergebnissen aus einem p. Krankenhaus das Vorliegen einer erheblichen Obstruktion und eine
erhebliche Einengung der Atemwege mit bronchialem Kollaps nachgewiesen werde, welches durchaus typisch für ein Lungenemphysem
sei. Insgesamt sei die Gasaustauschfläche eingeschränkt. Eine derartige Einschränkung sei ein typisches Merkmal für die Verminderung
der Gasaustauschfläche aufgrund einer Zerstörung der Lunge im Sinne eines Lungenemphysems. Zudem seien vom Radiologen pleurale
Asbeststaubinhalationsfolgen im Sinne von Verbreiterungen der parietalen Pleura (Rippenfell) mit auch Kalkeinlagerungen beschrieben,
ohne Erfassung der Rippennebenhöhlen oder der Zwerchfellpleura. Dies bedeute, dass auch die Beweglichkeit des Zwerchfells
durch die auf die Pleura begrenzten Asbeststaubinhalationsfolgen nicht eingeschränkt sei. Der Befund sei nicht in der Lage,
die nun zweifelsfrei vorliegenden und das Belastungsvermögen und die daraus resultierende Einschränkung der Lungenfunktionsparameter
und der Gasaustauschstörung sowie der eingeschränkten Belastbarkeit des Versicherten erklärenden Phänomene hervorzurufen.
Insgesamt überwögen die Auswirkungen eines Lungenemphysems, welches röntgenmorphologisch und auch funktionsanalytisch deutlich
im Vordergrund stehe.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. November 2020 abgewiesen. Bei dem Kläger seien berufskrankheitenbedingt
lediglich eine radiologisch nachgewiesene asbesttypische Veränderung der Pleura (Rippenfell) ohne eine darauf zu beziehende
Einschränkung der Lungenfunktion anerkannt, welche für sich genommen – da ohne Funktionsstörung – keine Minderung der Erwerbsfähigkeit
(insbesondere nicht in rentenberechtigendem Grade) ergebe. Die unstrittig bestehende Verminderung der Atmungsfunktion, mit
erheblicher Obstruktion sowie erheblicher Einengung der Atemwege stehe nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit den berufskrankheitsbedingten
Veränderungen an der Pleura. Insbesondere Dr. S1 habe in seiner Stellungnahme vom 25. März 2020 zu Recht darauf hingewiesen,
dass eine solche Verminderung der Atmungsfunktion sowie das Vorliegen einer Überblähung mit entsprechender Verminderung der
ventilierbaren Volumina und Erhöhung des nicht venitlierbaren Volumens, einhergehend mit einer Verminderung der Gasaustauschfläche
und Zerstörung der Lunge typische Folgen der berufskrankheitenunabhängingen Erkrankung an einem Lungenemphysem seien. Nachvollziehbar
habe in diesem Zusammenhang auch der p. Radiologe C. nach Fertigung der Thorax-CT am 12. März 2019 darauf hingewiesen, dass
zwar mehrere verdickte Bereiche mit pleuraler Unregelmäßigkeit und mehrfach grob verkalkten Plaques bestünden und auch die
linke Lunge miteinbezögen, jedoch die Pleura Diaphragmatica verschonten, dies auch vor dem Hintergrund, dass die verkalkten
Pleuraplaques und der kleine Knoten im linken unter Lappen stabil seien. Nach dieser Beschreibung sei auch das von Dr. S1
erzielte Ergebnis plausibel, dass keine Lungenfunktionseinschränkungen bei dem Kläger hätten festgestellt werden können, welche
im Zusammenhang mit den Asbeststaubinhalationsfolgen und gegebenenfalls einer subpleuralen Asbestose in Zusammenhang gebracht
werden könnten. Zutreffend differenziere Dr. S1 schließlich, dass die Auswirkungen des Lungenemphysems (nicht berufskrankheitsbedingt)
überwögen und sowohl röntgenmorphologisch als auch funktionsanalytisch deutlich im Vordergrund stehe.
Der Kläger hat gegen die ihm am 18. November 2020 in P. zugestellte Entscheidung am 21. Dezember 2020 Berufung eingelegt,
mit welcher er geltend macht, die berufliche Exposition gegenüber Asbest sei zweifelsfrei erwiesen und anerkannt. Die Verschlechterung
seines Gesundheitszustandes sei auf die Tätigkeit in Deutschland zurückzuführen, weshalb die p. Versicherung die Verantwortung
hierfür ablehne.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 11. November 2020 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 11. September
2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2018 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund
der Folgen der anerkannten Berufskrankheit nach der Ziffer 4103 der Anlage zur
Berufskrankheitenverordnung eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Einen Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) hat der Senat mit Beschluss vom 8. März 2021, auf welchen
Bezug genommen wird, wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt.Durch Beschluss vom 11. Oktober 2021 hat der Senat die Berufung
der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der
ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 30. März 2022 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen.
Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht und mit der zutreffenden Begründung, auf die nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage
gemäß §
153 Abs.
2 SGG unter Absehen einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Lediglich ergänzend sei ausgeführt, worauf der Senat bereits im ablehnenden PKH-Beschluss vom 8. März 2021 hingewiesen hat:
Alle medizinischen Befunde gehen übereinstimmend vom Vorliegen zweier unabhängiger Erkrankungen bei dem Kläger aus, wobei
vereinbar mit einer pleuralen Asbeststaubinhalation allein die unzweifelhaft vorhandenen Pleuraplaques sind, die sich indes
auf die Pleura parietalis, also das Rippenfell beschränken, und damit nicht das Lungengewebe selbst betreffen. Eine Lungenasbestose
in Form einer generalisierten Fibrose der Lunge, also die Vermehrung von Bindegewebe zwischen den Lungenbläschen, liegt nach
keinem Bericht und nach keiner Bildgebung vor. Auch die jüngeren Berichte aus der Klinikzentrum Lissabon Nord bestätigen (allein)
das Vorliegen einer Pleuraasbestose und daneben das Vorliegen eines Lungenemphysems mit den darauf zurückzuführenden Vernarbungen.
Soweit in der Computertomografie vom 26. November 2018 unterhalb der Pleura eine Verdichtung zu beobachten ist, welche für
eine nunmehr bestehende subpleurale Lungenfibrose (nicht aber für eine generalisiserte Fibrose) sprechen könnte, ist diese,
wie Dr. S1 in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25. März 2020 zutreffend ausführt, nicht geeignet, die Lungenfunktionsparameter
und die Gasaustauschstörung, die bei dem Kläger zweifelsfrei vorliegen, sich aber bereits bis Oktober 2014 aufgrund des das
gesamte Lungengewebe betreffenden Emphysems entwickelt hatten, maßgeblich zu beeinflussen. Allen medizinischen Unterlagen
zur Folge beruhen die Einschränkungen der Lungenfunktion beim Kläger vielmehr auf den Auswirkungen dieses berufskrankheitenfremden
Lungenemphysems, welches röntgenmorphologisch und funktionsanalytisch deutlich im Vordergrund der Beschwerden steht.