LSG Hessen, Urteil vom 15.02.2006 - 4 VG 14/04
Anspruch auf Gewaltopferentschädigung bei Mitverursachung und leichtfertiger Selbstgefährdung, Beweislast
1. Kehrt ein Opfer zu später Stunde an den Ort einer vor ca einer halben Stunde abgeschlossenen, ohne Waffen oder gefährliche
Gegenstände ausgetragenen Wirtshausschlägerei, an der es selbst straflos beteiligt war, zurück, ohne die Schlägerei fortsetzen
zu wollen oder die Gefährlichkeit des unverhofft mit einem Messer auftretenden Schädigers zu kennen, so ist die Opferentschädigung
nicht wegen leichtfertiger Selbstgefährdung zu versagen.
2. Die Gewährung einer Entschädigung ist nicht aus im Verhalten des Opfers liegenden anderen Gründen unbillig, wenn zwischen
Opfer und Täter keine, über das unmittelbare Tatgeschehen hinausgehenden, Beziehungen bestanden, aus denen sich typischerweise
Gefährdungen ergeben.
3. Die Versorgungsverwaltung trägt die objektive Beweislast dafür, dass das Opfer trotz einer Blutalkoholkonzentration von
2,32 Promille noch die Gefährlichkeit seines Tuns richtig einschätzen und dementsprechend auch grob fahrlässig verkennen kann.
[Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette: OEG §
1 Abs.
1 S. 1 §
2 Abs.
1 S. 1 Alt. 1 §
2 Abs.
1 S. 1 Alt. 2
Vorinstanzen: SG Darmstadt 30.08.2004 S 5 VG 1890/01