Gründe
I.
Mit ihrer Beschwerde wenden sich die Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg, das ihre Anträge
auf Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung und Prozesskostenhilfe abgelehnt hat.
Die Antragstellerin zu 1) ist die alleinerziehende Mutter der am 00.00.2022 geborenen Antragstellerin zu 2). Der von der Antragstellerin
zu 1) angegebene Vater der Antragstellerin zu 1) hat die Vaterschaft nicht anerkannt. Die Antragstellerin zu 1) beantragte
im Oktober 2021 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie sei schwanger, habe zum November 2021 die Wohnung ihres Vaters in F übernommen, der ausgezogen sei und werde im Dezember
2021 letztmalig Alg I erhalten. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Antragstellerin im Antragsverfahren ausreichend
mitgewirkt hat.
Am 05.04.2022 haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Duisburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
und Prozesskostenhilfe gestellt. Alg I sei zuletzt im Dezember 2021 iHv 223,16 € gezahlt worden. Die Antragstellerin zu 1)
habe am 04.01.2022 653,54 € und am 17.02.2022 1.020,16 € Mutterschaftsgeld erhalten. Bis auf das Kindergeld für die Antragstellerin
zu 2) bestehe kein laufendes Einkommen. UVG-Leistungen seien beantragt, aber noch nicht beschieden. Es bestehe eine Mitgliedschaft bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
(ver.di), diese habe jedoch Deckungsschutz für eine sozialgerichtliche Vertretung wegen Beitragsschulden abgelehnt.
Mit Bescheid vom 13.06.2022 bewilligte der Antragsgegner den Antragtellerinnen Leistungen für April 2022 bis September 2022
iHv monatlich 1.286,64 €. Mit Beschluss vom 29.06.2022 (versandt am 30.06.2022) hat das Sozialgericht deswegen den Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Prozesskostenhilfe sei abzulehnen, weil die Antragstellerin zu 1) Gewerkschaftsmitglied
bei ver.di sei.
Am 01.07.2022 haben die Antragstellerinnen das Verfahren beim Sozialgericht für erledigt erklärt.
Gegen den ihrer Prozessbevollmächtigten am 04.07.2022 zugestellten Beschluss haben die Antragstellerinnen am 03.08.2022 Beschwerde
eingelegt. Der Beschluss des Sozialgerichts sei erst zugestellt worden, nachdem das Antragsverfahren für erledigt erklärt
worden sei. Die Kostenentscheidung sei fehlerhaft, weil die Antragstellerinnen, soweit ihnen möglich, alle erforderlichen
Antragsunterlagen bereits vor dem Antragsverfahren vorgelegt hätten. Den Antragstellerinnen sei Prozesskostenhilfe zu gewähren,
weil die Antragstellerin zu 1) wegen erheblicher Beitragsschulden nicht die Möglichkeit gehabt habe, von ver.di anwaltliche
oder sonstige Hilfe zu erlangen.
II.
Die Beschwerde ist in Bezug auf den Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig und insofern begründet, als
der Senat die Wirkungslosigkeit des angefochtenen Beschlusses feststellt (1.). Soweit sich die Beschwerde der Antragstellerinnen
gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht richtet, ist sie nicht statthaft und daher als unzulässig
zu verwerfen (2.).
1.
Der Beschluss vom 29.06.2022 ist am 30.06.2022 während des noch anhängigen Verfahrens abgesandt worden. Zum Zeitpunkt seiner
Zustellung am 04.07.2022 war das einstweilige Rechtsschutzverfahren infolge der bei Gericht am 01.07.2022 eingegangenen Erledigungserklärung
(vgl. zur Auslegung einer einseitigen Erledigungserklärung im sozialgerichtlichen Verfahren und zur ständigen Rechtsprechung
eingehend BSG Beschluss vom 29.12.2005 - B 7a AL 192/05 B, Rn. 6, juris) jedoch nicht mehr anhängig. Dies hat nicht seine Nichtigkeit zur
Folge. Er ist jedoch wirkungslos (vgl. im Ergebnis ebenso Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 20.10.2021
- L 18 AS 1222/21 B ER RG, Rn. 3, juris; vgl. auch BSG Urteil vom 17.12.2020 - B 4 AS 13/20 R, Rn. 18 - 19, juris).
Beschlüsse sind wie andere Entscheidungen im schriftlichen Verfahren (vgl. §
133 Satz 2
SGG) schon vor der Zustellung wirksam und für das Gericht nach §
202 Satz 1
SGG i.V.m. §
318 ZPO im Sinne der Unabänderbarkeit bindend, wenn sich das Gericht der Entscheidung entäußert hat, d.h. diese aus dem inneren Geschäftsbetrieb
herausgetreten ist (vgl. zum Ganzen BSG Beschluss vom 27.05.2019 - B 9 SB 6/19 B, Rn. 4, juris, mwN). Grundsätzlich besteht von diesem Zeitpunkt auch die Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen (vgl. Meyer-Ladewig
u.a.,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
133 Rn. 2a).
Zur Beseitigung des Rechtsscheins eines wirksamen Beschlusses ist - hier - die Beschwerde das statthafte Rechtsmittel (vgl.
etwa BSG Beschluss vom 17.12.2015 - B 2 U 150/15 B, Rn. 8, juris, mwN; vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 25.10.2021 - L 2 AS 1372/21 B, Rn. 14, juris; aA wohl LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 26.02.2013 - L 1 KR 506/12 B ER, Rn. 19 - 21, juris, das jedoch die Feststellung der Wirkungslosigkeit entsprechend §
202 SGG i.V.m. §
269 Abs.
4 ZPO für geboten hält). Insoweit gilt nichts anderes als bei durch ein wirkungsloses Urteil erzeugten Rechtsschein. Auch in diesem
Fall steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das auch ansonsten gegen die gerichtliche Entscheidung statthaft wäre (auch
BSG Urteil vom 17.12.2020 - B 4 AS 13/20 R, Rn. 18 - 19, juris). Insbesondere ist es in dieser Konstellation den Beteiligten nicht zumutbar, die Wirkungslosigkeit
der Entscheidung allein beim Sozialgericht zu beantragen (vgl. §
102 Abs.
3 SGG und §
202 Satz 1
SGG i.V.m. §
269 Abs.
4 ZPO), weil etwa die Gefahr besteht, dass das Sozialgericht von der Wirksamkeit des Beschlusses ausgeht und die ergangene Kostenentscheidung
Bestand hätte, obwohl eine Kostenentscheidung noch zu ergehen hat (LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 14.12.2011 - L 34 AS 1892/11 B ER, Rn. 21, juris). Die Beteiligten können angesichts des drohenden Ablaufs der Rechtsmittelfrist auch nicht darauf verwiesen
werden, zunächst beim Sozialgericht unter Hinweis auf die Wirkungslosigkeit der sozialgerichtlichen Entscheidung etwa eine
neue (isolierte) Kostenentscheidung (vgl. §
102 Abs.
3 Satz 1 bzw. §
193 Abs.
1 Satz 3
SGG) zu beantragen.
Die Beschwerde ist auf Feststellung der Wirkungslosigkeit der ergangenen Entscheidung gerichtet. Eines gesondert festzustellenden
Feststellungsinteresses bedarf es nicht. Insbesondere ist für einen Antrag auf Feststellung eines bestimmten prozessualen
Zustandes nicht §
55 SGG sedes materiae, sondern nur prozessuale Grundlage für die Feststellung materieller Rechtsverhältnisse (BSG Urteil vom 17.12.2020 - B 4 AS 13/20 R, Rn. 19, juris).
2.
Soweit sich die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht richtet,
ist sie nicht statthaft. Nach §
172 Abs.
3 Nr.
2a SGG ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen
Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Letzteres ist auch dann der Fall, wenn Prozesskostenhilfe unter Hinweis
auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme unentgeltlichen gewerkschaftlichen Rechtsschutzes oder einer Rechtsschutzversicherung
abgelehnt wird (Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
172 Rn. 6g mwN zur Rechtsprechung). Denn die Ablehnung stützt sich insoweit auf die wegen Vorhandenseins von Vermögen im Sinne
von §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
115 Abs.
3 ZPO (vgl. dazu auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.09.2020 - L 15 AS 142/20 B PKH -, Rn. 25, juris mwN zur höchstrichterlichen Rechtsprechung und zum Meinungsstand) mangelnde Bedürftigkeit der Antragsteller
(vgl. zuletzt auch LSG NRW Beschluss vom 27.01.2022 - L 6 SB 241/21 B -, Rn. 27, juris). Ob die Versagung von Prozesskostenhilfe zu Recht erfolgte, ist daher nicht zu prüfen.
Der Senat weist allerdings darauf hin, dass ver.di mit Schreiben vom 12.05.2022 Rechtsschutz wegen Beitragsschulden ablehnte,
was das Sozialgericht übersehen haben dürfte. Wenn eine Gewerkschaft dem Mitglied trotz Ersuchens keinen Rechtsschutz gewährt,
dürfte die Versagung von Prozesskostenhilfe unter (alleinigem) Verweis auf §
73a Abs.
2 SGG ausscheiden (vgl. auch Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
73a Rn. 4).
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG. Die Feststellung der Wirkungslosigkeit erfolgt lediglich zur Vermeidung eines falschen Rechtsscheins, führt aber im Übrigen
nicht zum Erfolg der Beschwerde. Da der Beschluss des Sozialgerichts vom 29.06.2022 wirkungslos ist, steht es den Antragstellerinnen
frei, bei dem Sozialgericht einen Antrag auf isolierte Kostenentscheidung nach §
193 Abs.
1 Satz 3
SGG zu stellen. Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe sind Kosten gemäß §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).