Gründe
I.
Streitig ist der Rechtsweg für die Klage einer Krankenkasse gegen die Insolvenzverwalterin (Beklagte) einer Beitragsschuldnerin
auf Feststellung, dass Teile des Gesamtsozialversicherungsbeitrags dem Arbeitnehmervermögen zugeordnet sind.
Die Beklagte verlangt in ihrer Eigenschaft als Insolvenzverwalterin von der Klägerin im Wege der Insolvenzanfechtung die Erstattung
von der Insolvenzschuldnerin gezahlter Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Daraufhin hat die Klägerin vor dem Sozialgericht
Köln Klage auf Feststellung erhoben, dass der von den Beschäftigten zu tragende Anteil dieser Beiträge dem Arbeitnehmervermögen
zuzuordnen ist.
Das Sozialgericht hat den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht
Bonn verwiesen (Beschluss vom 05.02.2021), weil eine gerichtliche Feststellung zu der Voraussetzung "aus dem Vermögen des
Schuldners" im Sinne des §
143 Abs.
1 InsO und damit eine Elementenfeststellung im Rahmen des insolvenzrechtlichen Erstattungsanspruchs geltend gemacht werde, für den
aber die Zivilgerichte zuständig seien.
Mit ihrer Beschwerde rügt die Klägerin, dass das Sozialgericht verkannt habe, dass sie als Einzugsstelle den verfassungsrechtlichen
Anspruch ihrer Mitglieder auf beitragskonforme Verwendung der Beitragsmittel zu verteidigen habe und sich die begehrte Feststellung
auf einen Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehe. Des Weiteren berücksichtige die angefochtene Entscheidung
nicht, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung nicht der zivilgerichtlichen
Entscheidungskompetenz unterliegen könnten.
II.
Nach §
202 SGG i.V.m. §
17a Abs.
2 Satz 1
GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich
an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Dies hat das Sozialgericht mit der angefochtenen Entscheidung zutreffend
befolgt.
Nach §
51 Abs.
1 Nr.
5 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in - neben den Angelegenheiten
der in den Nrn. 1 bis 4 einzeln aufgeführten Sozialversicherungen und weiteren Leistungsträger - sonstigen Angelegenheiten
der Sozialversicherung. Ob der Rechtsstreit öffentlich-rechtlicher Art ist, hängt dabei maßgeblich von der Natur des Rechtsverhältnisses
ab, aus dem der erhobene Anspruch begründet wird, sofern eine ausdrückliche Zuweisung fehlt (GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr. 53 S. 108; BSG, Beschluss vom 10.12.2015 - B 12 SF 1/14 R; BSG, Beschluss vom 30.09.2015 - B 3 KR 22/15 B; BSG, Beschluss vom 28.09.2010 - B 1 SF 1/10 R, alle unter juris). Der insoweit maßgebliche Streitgegenstand wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, d.h.
durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (st. Rspr. z.B. BSG SozR 4-1720 § 17a Nr. 9 Rn. 9; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr. 4 Rn. 26 m.w.N.; vgl. auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr. 9 Rn. 17 m.w.N.).
Danach handelt es sich vorliegend nicht um eine öffentlich-rechtliche, sondern um eine insolvenzrechtliche Streitigkeit, obwohl
sich die Klägerin vordergründig für ihren Klageanspruch auf eine Norm aus dem Zweiten Abschnitt des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV) und damit eine Bestimmung des öffentlichen Beitragsrechts beruft. Nach §
28e Abs.
1 Satz 2
SGB IV gilt nämlich die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dem Vermögen
des Beschäftigten erbracht. Entgegen dem von ihr erweckten Anschein wird die Klägerin aber nicht als Einzugsstelle im Rahmen
der Beitragserhebung tätig, sondern möchte sich für das insolvenzrechtliche Anfechtungsverfahren bezüglich der von der Insolvenzschuldnerin
aufgebrachten Beiträge einen Gestaltungstitel durch die Sozialgerichtsbarkeit gegen die Insolvenzverwalterin beschaffen.
Hintergrund hierfür ist die Auslegung der genannten Norm durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung. Der BGH hat der vom Gesetzgeber
mit der Einfügung von §
28e Abs.
1 Satz 2
SGB IV durch das Gesetz zur Änderung des
SGB IV und anderer Gesetze vom 19.12.2007 (BGBl. I 3024) bezweckten Aussonderung der Arbeitnehmeranteile des Gesamtsozialversicherungsbeitrags
aus der Insolvenzmasse eine Absage erteilt, weil diese Rechtsfolge und die hieraus resultierenden Beziehungen zwischen Arbeitgeber,
Arbeitnehmer und Einzugsstelle nicht hinreichend bestimmt in dem Gesetz zum Ausdruck gekommen seien (BGH, Urteil vom 05.11.2009
- IX ZR 233/08 -, Rn. 9 - 20, BGHZ 183, 86-95; BGH, Urteil vom 07.04.2011- IX ZR 118/10 -, juris).
Da die Klägerin um diese Rechtsprechung, der die Instanzgerichte in ständiger Rechtsprechung folgen, weiß und sie mangels
eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zur Insolvenzverwalterin nicht in der Lage ist, durch hoheitlichen Akt das Verfahren
zur Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 27.07.2006 - IX ZB 141/05 -, Rn.11, ZIP 2006, 1603, 1604 betreffend Finanz- und Zivilgerichtsbarkeit), möchte sie letzteres gleichwohl durch die hier erhobene Feststellungsklage
erreichen. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, wie ein entsprechendes Feststellungsurteil Bindungswirkung für die
Zivilgerichte begründen sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - IX ZB 36/09 -, Rn. 13, juris), bleibt aber Kern der Rechtsstreitigkeit das Anfechtungsrecht der Insolvenzverwalterin bezüglich der Arbeitnehmeranteile
des von der Insolvenzschuldnerin aufgebrachten Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Denn die Insolvenzverwalterin kann die entsprechende
Zahlung ungeachtet der Regelung des §
28e Abs.
1 Satz 2
SGB IV als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstelle
anfechten, wobei §
28e Abs.
1 Satz 2
SGB IV der Annahme einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne des §
129 Abs.
1 InsO nicht entgegensteht (BGH, Urteil vom 05.11.2009 a.a.O.; BGH, Urteil vom 07.04.2011 - IX ZR 137/10 -, Rn. 3, juris). Damit hat das Verfahren seine Grundlage nicht im öffentlichen Sozialversicherungsrecht, sondern vielmehr
im zivilen Insolvenzrecht, sodass das Sozialgericht zutreffend den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit verneint und den Rechtsstreit
an das Landgericht verwiesen hat.
Aus den verfassungsrechtlichen Erwägungen der Klägerin ergibt sich nichts anderes, weil vorliegend nicht die Beurteilung des
Gesamtsozialversicherungsbeitrags und das Recht der Klägerin als Einzugsstelle zu dessen Erhebung bzw. die Verwendung der
Beitragsmittel im Streit stehen, sondern das Anfechtungsrecht der Insolvenzverwalterin im Insolvenzverfahren Grundlage der
hier streitigen Beziehungen ist, sodass Art.
74 Abs.
1, 87 Abs.
2 GG nicht betroffen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 197a Abs. 1
SGG, 154 Abs. 2
VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 7504 der Anlage 1 zum GKG für Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind, eine Festgebühr
von 60 Euro erhoben wird, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (BSG, Beschluss vom 4. April 2012 - B 12 SF 1/10 R -, Rn. 23, SozR 4-1720 § 17a Nr. 9).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG). Für die Zulassung der weiteren Beschwerde zum BSG sieht der Senat keinen Anlass.