Keine Pflicht zur rückwirkenden Erstattung von Betreuuungskosten wegen Reduzierung gesetzlicher Vermögensfreibeträge
Entscheidungsgründe:
I.
Für die Beschwerdeführerin besteht seit 1991 eine Betreuung.
Bis zum 30.06.2004 war ein Vereinsbetreuer des Betreuungsvereins Lebenshilfe ... e. V. für sie als Betreuer bestellt. Im Zeitraum
von 01.01.1999 bis 30.06.2004 wurde dem Betreuungsverein für die Tätigkeit seines Vereinsbetreuers eine Vergütung und ein
Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 7.494,77 wegen Mittellosigkeit der Betroffenen aus der Staatskasse gezahlt. Die Betroffene
besuchte eine Werkstatt für Behinderte, daher galt für sie der zehnfache Schonbetrag des BSHG.
Nachdem durch das Gesetz zur Eingliederung der Sozialhilfe in das Sozialgesetz vom 27.09.2003 zum 01.01.2005 §
1836 c Nr. 2
BGB dahingehend geändert worden ist, dass sich der Vermögenseinsatz des Betreuten nunmehr nach §
90 SGB VII richtet, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 27.10.2005 bestimmt, dass die Betreute Zahlungen in Höhe von 7.494,77 an
die Staatskasse zu leisten hat. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Vergütungsansprüche des Vereins gegen die Betroffene
seien aufgrund der Entschädigung aus der Staatskasse gem. §
1836 e BGB auf die Staatskasse übergegangen. Die Betroffene habe den Gesamtbetrag an die Staatskasse zu leisten, weil sie nicht mehr
mittellos i.S.v. §§
1836 c,
1836 d BGB sei. Gegen diese Entscheidung hat die Betreute sofortige Beschwerde erhoben. Diese hat das Landgericht zurückgewiesen und
hierbei die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug
genommen.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 56 g Abs. 5 S. 2, 27, 29 FGG infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des mit einer zulässigen Erstbeschwerde befasst gewesenen
Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG. Die Ausführungen des Landgerichts, auf die wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, halten einer rechtlichen
Nachprüfung nicht stand.
Nach §
1836 e Abs.
1 S. 1
BGB gehen die Ansprüche des Betreuers gegen den Betreuten auf die Staatskasse über, soweit diese den Betreuer wegen seiner Forderung
befriedigt. Die Geltendmachung und Durchsetzung dieses Anspruchs im Verfahren nach § 56 g FGG setzt die durch §
1836 c BGB definierte Leistungsfähigkeit des Betreuten voraus. Dabei entspricht es mittlerweile gefestigter Rechtsprechung, dass eine
nachträgliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse uneingeschränkt zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss
vom 11.04.2006, Az.: 15 W 322/05). Unerheblich ist dabei, ob der Betreute später zusätzliches Vermögen erwirbt, oder bereits zurzeit der Leistung der Staatskasse
vorhandene Vermögensgegenstände aufgrund einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ihre Eigenschaft als privilegiertes
Vermögen i.S.d. §
90 Abs.
2 SGB VII verlieren. Vorliegend beruht die von den Vorinstanzen angenommene Erweiterung der Regressmöglichkeit der Staatskasse jedoch
nicht auf einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern darauf, dass der erweiterte Freibetrag nach § 88 Abs. 3 S. 3 BSHG nicht in die nunmehr geltende Regelung des §
90 Abs.
3 SGB VII übernommen worden ist, auf die § 1636 c Nr. 2
BGB in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung verweist. Eine ausdrückliche Übergangsregelung für Altfälle, also bereits vor
dem 01.01.2005 übergegangene Ansprüche, enthält das Gesetz zur Eingliederung der Sozialhilfe in das Sozialgesetzbuch vom 27.09.2003
nicht (vgl. Art. 70 des Gesetzes vom 27.09.2003).
Der Senat hält - anders als die Vorinstanzen - nach dem Zweck der Neuregelung eine Auslegung des Art. 70 des Gesetzes vom
27.09.2003 dahingehend für geboten, dass die Neuregelung, mithin der Wegfall des Freibetrages aus § 88 Abs. 3 S. 3 BSHG, nicht auf solche Ansprüche anzuwenden ist, die vor dem 01.01.2005 auf die Staatskasse übergegangen sind. Insoweit schließt
sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm in der zuvor zitierten Entscheidung an, auf die zur
Vermeidung von Wiederholungen insgesamt Bezug genommen wird (im Ergebnis ebenso OLG München, Beschluss vom 14.12.2005, Az.:
33 Wx 122/05).
Der hier vertretenen Rechtsauffassung tritt der Beteiligte zu 2., wie er in seiner Stellungnahme vom 25.10.2006 ausdrücklich
betont, nicht mehr entgegen.
Auf die weitere zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob für (etwaige zukünftige) Regressforderungen die Lebensversicherung
als verwertbares und einsetzbares Vermögen anzusehen sein könnte, kommt es angesichts der vorstehenden Ausführungen vorliegend
nicht an.
III.
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO.