OLG Köln, Beschluss vom 20.08.2008 - 4 WF 94/08
Prozesskostenhilfe bei rückübertragenen Unterhaltsansprüchen
»1. In Fällen einer vom Sozialamt gemäß § 33 Abs. 4 SGB II vorgenommenen Rückabtretung der auf das Amt übergegangenen Unterhaltsansprüche
an die Unterhaltsberechtigte kann für deren Klage auf Zahlung von Unterhalt grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht bewilligt
werden, weil der Empfänger der Sozialleistungen nicht bedürftig im Sinne von §
114 ZPO ist, da ihm gegenüber dem Sozialhilfeträger ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zusteht. (vgl. u.a. BGH FamRZ 2008, 1159 mit Anm. Günther sowie in Juris; kritisch demgegenüber Wendl/Staudigl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen
Praxis, 7. Aufl., § 8 Rn. 117).
2. Dies gilt nicht für den Fall, dass die Durchsetzung des Vorschussanspruches bloße Förmelei ist, etwa wenn sich die Geltendmachung
rückübertragener Ansprüche neben den beim Unterhaltsgläubiger verbliebenen Unterhaltsansprüchen kostenrechtlich nicht auswirkt,
wie dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 42 Abs. 5 Satz 2 GKG bei zwischen Eingang des Prozesskostenhilfeantrags und Rechtshängigkeit der Klage fällig werdenden Unterhaltsansprüchen regelmäßig
der Fall ist (vgl. BGH aaO., Ziffer 19 a.E.).«
Fundstellen: FamRZ 2009, 135, OLGReport-Köln 2009, 170
Normenkette: GKG § 42 Abs. 5 S. 2
,
SGB II § 33 Abs. 4
,
Vorinstanzen: AG Eschweiler 24.06.2008 13 F 156/08
Entscheidungstext anzeigen:
Gründe:
Die gemäß §
127 Abs.
2 Satz 2
ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Unrecht den Zeitraum vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage, in dem der Klägerin Grundsicherungsleistungen
nach SGB II gewährt worden sind, aus der Bewilligung der Prozesskostenhilfe herausgenommen. Aufgrund der vom Sozialamt gemäß
§ 33 Abs. 4 SGB II vorgenommenen Rückabtretung der auf das Amt übergegangenen Unterhaltsansprüche an die Klägerin ist diese
grundsätzlich befugt, die Ansprüche im vorliegenden Rechtsstreit geltend zu machen. Allerdings trifft es zu, dass, worauf
das Amtsgericht hingewiesen hat, der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 02.04.2008 - XII ZB 266/03 - (vgl. u.a. FamRZ 2008, 1159 mit Anm. Günther sowie in Juris; kritisch demgegenüber Wendl/Staudigl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen
Praxis, 7. Aufl., § 8 Rn. 117) entschieden hat, dass in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht
bewilligt werden könne, weil der Empfänger der Sozialleistungen nicht bedürftig sei im Sinne von §
114 ZPO, da ihm gegenüber dem Sozialhilfeträger ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zustehe. Von diesem Grundsatz hat der Bundesgerichtshof
allerdings Ausnahmen gemacht, so für den Fall, dass die Durchsetzung des Vorschussanspruches bloße Förmelei wäre. Das sei
anzunehmen, wenn sich die Geltendmachung rückübertragener Ansprüche neben den beim Unterhaltsgläubiger verbliebenen Unterhaltsansprüchen
kostenrechtlich nicht auswirke, wie dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 42 Abs. 5 Satz 2 GKG bei zwischen Eingang des Prozesskostenhilfeantrags und Rechtshängigkeit der Klage fällig werdenden Unterhaltsansprüchen regelmäßig
der Fall sei (vgl. Ziffer 19 a.E., aaO.). Ein solcher Fall liegt hier aber vor. Die aus der Prozesskostenhilfebewilligung
ausgeklammerte Zeit von April 2008 bis zur Rechtshängigkeit der Klage am 02.07.2008 betrifft Unterhaltsansprüche, die nach
Eingang des Prozesskostenhilfeantrags am 11.03.2008 fällig geworden sind. Da auch die Voraussetzungen des § 42 Abs. 5 Satz 2 GKG gegeben sind, ist ab dem Eingang des PKH-Antrags für die danach fällig gewordenen Unterhaltsansprüche der Streitwert gemäß
§ 42 Abs. 1 GKG nach dem für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderten Unterhaltsbetrag zu bemessen; eine Erhöhung
der nach § 42 Abs. 5 GKG hinzuzurechnenden Rückstände findet daher wegen der Geltendmachung der rückübertragenen Ansprüche im vorliegenden Rechtsstreit
nicht statt; nur dann würde sich dies kostenrechtlich auswirken.
Eine Kostenentscheidung ist nach §
127 Abs.
4 ZPO nicht veranlasst.