Bemessung des Kindergartenentgelts beim Vorhandensein von Geschwistern - Ermäßigung; Geschwisterkinder; Kindergartenentgelt;
Staffelung
Gründe:
Die Beteiligten streiten darüber, ob das vom Kläger bereits gezahlte Kindergartenentgelt rechtmäßig erhoben worden ist. Der
Kläger hält die Entgeltregelung der Beklagten für unwirksam, weil danach einerseits das von ihm bezogene Kindergeld (monatlich
462,- EUR) bei der Einkommensermittlung berücksichtigt werde, andererseits aber die Zahl seiner Kinder bzw. der für sie entstehende
Aufwand als Abzugsfaktor vom Einkommen unberücksichtigt bleibe. Dieses Vorgehen führe in unzulässiger Weise dazu, dass Eltern
mit mehreren Kindern im Rahmen der einkommensabhängig gestaffelten Entgelttabelle der Beklagten nur wegen des höheren Kindergeldes
in eine höhere Entgeltstufe gelangten als Eltern mit weniger Kindern. Hätte er ein Kind weniger, so würde das von ihm zu zahlende
Kindergartenentgelt um monatlich 12,- EUR sinken.
Der Kläger hat die Beklagte auf Rückzahlung des von ihm unter Vorbehalt bereits geleisteten Kindergartenentgelts in Höhe von
1.210,- EUR nebst Zinsen verklagt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat die Bemessung des
Kindergartenentgelts als rechtmäßig angesehen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe sich aus Praktikabilitäts-
und Verwaltungsvereinfachungsgründen mit einer Staffelung der Entgelte begnügen dürfen, die an das monatliche Familienbruttoeinkommen
anknüpfe und dabei die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Familien pauschal durch einen an der Anzahl der im Haushalt
lebenden Personen orientierten Freibetrag nach dem 2. Wohngeldgesetz und durch eine (teilweise) Gebührenbefreiung für Geschwisterkinder, sofern mehrere die Kindertagesstätte besuchten, berücksichtige.
Seinen dagegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung stützt der Kläger auf §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils) und auf §
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache). Er hält (sinngemäß) für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob im Falle der Berücksichtigung
von Kindergeld bei der Einkommensermittlung zugleich die Anzahl der Kinder einer Familie als Abzugsposten berücksichtigt werden
muss. Seine Ansicht, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, begründet er mit folgenden
Erwägungen:
Die Berücksichtigung von Kindergeld bei der Einkommensermittlung dürfe nicht dazu führen, dass ein erhöhtes Kindergartenentgelt
gezahlt werden müsse. Werde einerseits Kindergeld als Bestandteil des Einkommens berücksichtigt (was zulässig sei), so müssten
andererseits als Ausgleich kinderbezogene Abzugsfaktoren, wie die Anzahl der Kinder sowie der Aufwand für die Kinder, bei
der Entgeltermittlung berücksichtigt werden. Nutze der Ortsgesetzgeber solche Möglichkeiten der Feinsteuerung nicht, so verhalte
er sich rechtswidrig, wenn die Berücksichtigung des Kindergelds zum "Sprung in eine andere Beitragsgruppe" führe. Bei gleichem
Arbeitseinkommen dürften Eltern mit mehreren Kindern nicht wegen des höheren Kindergelds in eine höhere Entgeltstufe kommen
als Eltern mit weniger Kindern. Daher sei es geboten, die höhere Kinderzahl als Abzugsposten bezüglich der Entgelthöhe heranzuziehen.
Insoweit seien alle unterhaltsberechtigten Kinder zu berücksichtigen, also nicht nur - wie nach der Benutzungsordnung der
Beklagten - diejenigen Kinder, die gleichzeitig die Tageseinrichtung besuchten. Dass nach der Entgeltstaffelung der Beklagten
der Elternbeitrag mit zunehmender Anzahl der Kinder steige, sei mit dem Sinn und Zweck des § 20 KiTaG unvereinbar.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Weder bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
des angefochtenen Urteils, noch kommt der vorliegenden Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zu. Die vom Kläger aufgeworfene
Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des beschließenden Senats bereits geklärt, und zwar in
dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Sinn, so dass sich dessen Entscheidung als richtig erweist:
Der Senat hat zu § 20 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (zurzeit in der Fassung vom 7.2.2002, Nds. GVBl. S.
57 - KiTaG -) in seiner Grundsatzentscheidung vom 22. April 1998 (9 L 531/96; ähnlich zuvor bereits Urteil v. 23.11.1994 - 9 L 2038/94 - = Nds.Rpfl 1995, 172 = NdsVBl 1995, 164 = NVwZ-RR 1995, 468 =NdsMinBl 1995, 871[nur Leitsatz]) ausgeführt:
Nach § 20 KiTaG vom 16. Dezember 1992 sind die Gebühren und Entgelte für den Besuch der nach § 16 des Gesetzes finanziell
geförderten Tageseinrichtungen so zu bemessen, dass die wirtschaftliche Belastung für die Sorgeberechtigten zumutbar ist (Satz
1). Die Sätze der Gebühren und Entgelte sollen sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Sorgeberechtigten unter
Berücksichtigung der Zahl ihrer Kinder richten und gestaffelt werden (Satz 2). Diese Gesetzesbestimmung gibt aber ebenso wenig
wie die bundesrechtlichen Normen einen bestimmten Einkommensbegriff vor. Eine Vorgabe dahingehend, dass über die Werbungskosten
hinausgehend weitere Abzüge vorzusehen sind, ist weder dem Gesetzeswortlauf noch der Entstehungsgeschichte zu entnehmen. Auch
gebietet das in § 20 Satz 2 KiTaG enthaltene Merkmal der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht, die durch den Unterhalt
mehrerer Kinder bedingten wirtschaftlichen Belastungen der Sorgeberechtigten allgemein im Wege einer generellen Ermäßigung
zu berücksichtigen. Denn die Zahl der Kinder der Sorgeberechtigten ist nach der Gesetz gewordenen Fassung des Satzes 2 vom
Normgeber nicht als selbständiges Bemessungskriterium gewollt, sondern sie stellt nur einen Faktor im Rahmen der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit dar. Dies hat der Landesgesetzgeber auch so regeln können. Die Vorschrift des § 20 Satz 2 KiTaG ist als
eine "offene" Regelung gedacht. Eine Verpflichtung, die Gebührensätze nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Sorgeberechtigten
unter Berücksichtigung der Zahl ihrer Kinder grundsätzlich in bestimmter Weise zu staffeln, besteht rechtlich nicht. Aus diesen
Gründen ist eine Satzungsvorschrift, die für die Zuordnung zu bestimmten Einkommensgruppen das Bruttoeinkommen des Gebührenpflichtigen
als maßgebend ansieht und lediglich den Abzug von Werbungskosten zulässt, ebenso wenig rechtlich zu beanstanden, wie eine
Satzungsregelung, wonach für die Fälle, in denen der Familie mehrere Kinder angehören, nicht generell eine Gebührenminderung
gewährt wird, sondern eine Ermäßigung auf die Fälle begrenzt ist, in denen ein weiteres oder mehrere Kinder der Familie einen
Kindergarten besuchen. Allerdings kann nach der Grundsatzentscheidung des Senats für den kommunalen Satzungsgeber dann Veranlassung
bestehen, bei der Gestaltung von Gebühren für Kindergärten im Hinblick auf die Zahl der Kinder einer Familie eine generelle
Ermäßigung vorzusehen, wenn bei der Staffelung der Gebührensätze in den mittleren und oberen Stufen einer stärker differenzierten
Skala, verglichen mit dem niedrigsten Betrag der untersten Stufe, bei einem nur allmählich ansteigenden Einkommen deutlich
höhere Gebührensätze festgelegt werden. Dies ist indes dann nicht geboten, wenn der höchste Gebührensatz nicht einmal das
Doppelte des niedrigsten Satzes ausmacht. Dann reicht es vielmehr aus, wenn die Satzung im Einzelfall eine Minderung der Gebühr
aus Härtegründen ermöglicht.
Dass die Entgeltstaffelung der Beklagten derart erhebliche Gebührensprünge aufweist, wird vom Kläger nicht substantiiert behauptet
und ist auch nicht erkennbar.
Den weiten Gestaltungsspielraum, den die Gemeinden bei der satzungsmäßigen Ausgestaltung des Kindergartenentgelts haben, hat
der Senat in seinem Urteil vom 7. September 1999 (9 L 1171/99 - NdsRPfl 2000, 78 = NdsVBl 2000, 87 = KStZ 2000, 135 = FEVS 51, 411 -; ähnlich bereits Urteil vom 23.11.1994 - 9 L 2038/94 -a.a.O.) darüber hinaus mit folgenden Erwägungen gerechtfertigt:
Hierbei fällt auch ins Gewicht, dass die Gebühren im Bereich einer Leistungsverwaltung erhoben werden und die Gebühren grundsätzlich
als Leistungsentgelt auszurichten sind. Angesichts des im Gebührenrecht geltenden Prinzips, dass einer gleichen Inanspruchnahme
einer öffentlichen Einrichtung grundsätzlich eine gleich hohe Gebühr entspricht, ist der kommunale Normgeber nicht gehalten,
sozialen Gesichtspunkten in dem Sinne Rechnung zu tragen, dass sich bei der Gebührenbemessung die jeweilige wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit der Gebührenpflichtigen "exakt widerspiegelt"; er darf die Einkommensverhältnisse nur "vergröbernd" berücksichtigen
(vgl. Urt. d. Sen. v. 23.11.1994 - 9 L 2038/94, 818). Nach allem sind die Gemeinden durch § 20 KiTaG nicht gehindert, ihre Gebührenstaffelungen an dem Bruttojahreseinkommen
auszurichten, ohne Abzugsmöglichkeiten vorzusehen.
An der durch diese Rechtsprechung festgeschriebenen Auslegung des § 20 KiTaG hält der Senat auch nach der anlässlich des vorliegenden
Verfahrens vorgenommenen Überprüfung uneingeschränkt fest. Die vom Kläger zitierten Ausführungen bei de Wall, Kindertagesstättengesetz,
Kommentar, 7. Aufl., § 20 Rdnrn 3 ff, mit denen eine generelle Ermäßigung für kinderreiche Familien gefordert wird, rechtfertigen
eine abweichende Betrachtung nicht, zumal sie sich mit der Rechtsprechung des Senats zu § 20 KiTaG inhaltlich nicht auseinandersetzen,
sie nicht einmal erwähnen (zur Notwendigkeit der Berücksichtigung von Geschwistern siehe ferner die differenzierende Ansicht
von Klügel/Reckmann, Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen, 4. Aufl. 2004, § 20 Erl. 27).
Die vom Senat vorgenommene Auslegung des § 20 KiTaG ist entgegen der Ansicht des Klägers mit Art.
6 Abs.
1 GG (Schutz der Familie) vereinbar, wie der Senat bereits mit folgenden Ausführungen in seinem Urteil vom 23. November 1994 (9 L 2038/94 - a.a.O.) festgestellt hat:
Auch der den Schutz der Familie verbürgende Art.
6 Abs.
1 GG erfordert nicht, dass der Normengeber jede - auch durch den Unterhalt mehrerer Kinder bedingte - Belastung ausgleichen muss
(vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 21.10.1980 - 1 BvR 179, 464/87 -, BVerfGE 55, 114 (126 f.)). Diese Verfassungsbestimmung lässt ihm auch bei der Staffelung von Benutzungsgebühren Spielraum (BVerwG, Beschl.
v. 13.4.1994 aaO, S. 819 unter Hinweise auf die vorgenannte Entscheidung des BVerfG.
Diese Ansicht entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 15. September 1998 (- 8 C 25/97 - NVwZ 1999, 993, 995). Dort hat das Gericht zur Vereinbarkeit einer Regelung, die nicht schon wegen des Vorhandenseins von Geschwistern,
sondern nur bei gleichzeitigem Besuch der Kindertagesstätte durch mehrere Geschwisterkinder eine Ermäßigung gewährt, mit Art.
6 Abs.
1 GG ausgeführt:
§ 17 II, III NWGTK 1991 verstößt entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen Art.
6 I
GG. Der erkennende Senat hat vergleichbare Entgeltbemessungsregelungen für mit Art.
6 I
GG vereinbar gehalten, die die Familiengröße durch Ermäßigung ab dem zweiten Kind berücksichtigen, das gleichzeitig eine Tagesstätte
besucht (BVerwG, Buchholz 401.84, Benutzungsgebühren Nr. 69, S. 8 (11) = NVwZ 1995, 173), und zur Begründung dargelegt, dass Art.
6 I
GG darüber hinaus keinen Anspruch auf eine - die tatsächliche Leistungsfähigkeit einer Familie noch feiner widerspiegelnde -
Entgeltstaffelung begründe. Diese Auffassung stimmt mit der Rechtsprechung des BVerfG überein (vgl. zuletzt BVerfGE 97, 332 = NJW 1998, 2128 = NVwZ 1998, 834 L). Danach lässt sich aus der Wertentscheidung des Art.
6 I
GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen,
nicht aber darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist; für die einzelnen
Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, verbleibt dem Gesetzgeber grundsätzlich
eine - nicht durch konkrete Folgerungen aus Art.
6 I
GG eingeengte - Gestaltungsfreiheit (BVerfG, NJW 1997, 2444 = NVwZ 1997, 940L = FamRZ 1997, 541, m. w. Hinw. Auf BVerfGE 87, 1 (35 f.) = NJW 1992, 2213 = NZS 1992, 25; vgl. auch BVerfGE 82, 60 (81, 84) = NJW 1990, 2869). Entscheidend ist mit Blick auf Art.
6 I
GG die Gesamtbetrachtung aller Leistungen oder Vergünstigungen, die der Gesetzgeber auf verschiedenen Gebieten für Kinder erbringt
(BVerfGE 82, 198 (206) = NJW 1990, 2876). Der Staat ist durch das Schutzgebot des Art.
6 I
GG nicht gehalten, in allen Bereichen jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen; die staatliche Familienförderung
steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft fordern kann
(BVerfGE 97, 332 = NJW 1998, 2128 = NVwZ 1998, 834 L = FamRZ 1998, 887! BVerfGE 87, 1 (35); 97, 332 = NJW 1998, 2128 = NVwZ 1998, 834 L = FamRZ 1998, 887; BVerfGE 82, 60 (81) = NJW 1990. 2869). Im Hinblick auf die gesetzliche Berücksichtigung der Zahl unterhaltsberechtigter Kinder in anderen
Regelungsbereichen (z. B. Kinderfreibetrag, Ausbildungsfreibetrag, Kindergeld, Ausbildungsförderung) ist es aus der Sicht
des Art.
6 I
GG nicht zu beanstanden, wenn ein Landesgesetzgeber das Entgelt für den Besuch von Kindertagesstätten - wie hier - nur dann
ermäßigt, wenn mehrere Kinder gleichzeitig von diesem Leistungsangebot Gebrauch machen, also eine Differenzierung nach der
Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder in diesem Teilbereich nicht vornimmt.
Dass die in Rede stehende Auslegung des § 20 KiTaG durch den beschließenden Senat auch mit § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII vereinbar ist, hat der Senat ebenfalls bereits in seinem Urteil vom 23. November 1994 (9 L 2038/94 - a.a.O.) ausgeführt. In dieser Entscheidung heißt es:
Nach § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts - KJHG - vom 26. Juni 1990 (BGBl I S. 1163) kann das Landesrecht für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen für Kinder pauschale Beträge festsetzen und dies nach
Einkommensgruppen oder Kinderzahl staffeln. Diese Regelung hindert nicht, die Staffelung der Gebühren für Kindergärten nach
dem Bruttoeinkommen zu bemessen und lediglich die Abzugsfertigkeit von Werbungskosten zuzulassen. Sie gibt bei der Staffelung
nach Einkommensgruppen keinen bestimmten Begriff des Einkommens vor und lässt dem Landesgesetzgeber auch bei der Festlegung
von Abzügen Spielraum (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.4.1994 - BVerwG 8 NB 4.93 -, DVBl 1994, 818 (819) unter Hinweis auf OVG Münster, Beschl. v. 17.9.1993 - 16 B 2069/93 -, NVwZ 1994, 198). § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII Fassung 1990 verwehrt dem Landesgesetzgeber auch nicht, eine Gebührenermäßigung lediglich auf die Fälle zu beschränken, in
denen mehrere Kinder einer Familie Kindergärten der Gemeinde besuchen. Nach dieser Bestimmung kann von einer Staffelung nach
der Kinderzahl überhaupt abgesehen, diese lediglich nach Einkommensgruppen vorgenommen werden.
Nach dem ab 1. April 1993 in Kraft getretenen § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII in der Fassung des Art. 1 Nr. 40 iVm Art. 7 Abs. 1 Satz 2 des Änderungsgesetzes vom 16. Februar 1993 (BGBl I S. 239) kann das Landesrecht eine Staffelung der Teilnehmerbeiträge und Gebühren, die für die Inanspruchnahme der Tageseinrichtungen
für Kinder zu entrichten sind, nach Einkommensgruppen und Kinderzahl oder der Zahl der Familienangehörigen vorschreiben oder
selbst entsprechend gestaffelte Beträge festsetzen. Auch unter der Geltung dieser Vorschrift kann das Landesrecht eine Staffelung
der Gebühren für Kindergärten vorsehen, bei der hinsichtlich der Einkommensgruppen vom Bruttoeinkommen einschließlich eines
Abzuges nur der Werbungskosten ausgegangen wird. Die Rechtslage verhält sich insoweit ebenso wie diejenige aufgrund des §
90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII Fassung 1990 bestehende (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.4.1994, aaO). Ein Unterschied zur vorhergehenden Fassung ergibt sich
indessen insofern, als nunmehr für eine Staffelung das Merkmal: "nach Einkommensgruppen u n d Kinderzahl" vorgesehen ist;
diese kumulative Anknüpfung ist vom Bundesgesetzgeber gewollt (vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines ÄndG,
BT-Drucks. 12/2866, S. 36, vom Ausschuss für Frauen und Jugend im Einverständnis mit der Bundesregierung gebilligt, BT-Drucks.
12/3711, S. 46, BT-Drucks. 12/2866, S. 43). Diesem Merkmal mag der Gebührentarif nach der Anlage zu § 1 Abs. 1 KigaGS nicht
entsprechen, weil die Staffelung nicht generell nach der Kinderzahl ausgerichtet ist. Dennoch folgt daraus nicht die Rechtswidrigkeit
der Satzungsvorschrift, soweit es um den Anspruchszeitraum vom 1. April 1993 bis zum 31. Juli 1993 geht. Denn durch das niedersächsische
Landesrecht ist für diesen Zeitraum weder eine vorschreibende noch eine festsetzende Regelung im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII getroffen worden. Mit "Landesrecht" ist ein (förmliches) Landesgesetz gemeint (vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zum
ÄndG aaO, S. 36). Ein niedersächsisches Landesgesetz bestand für den vorgenannten Anspruchszeitraum jedoch noch nicht.
Diese Rechtsansichten des Senats sind in der späteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII letztlich bestätigt und ergänzt worden. So wird in dem bereits zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September
1998 (8 C 25/97 - NVwZ 1999, 993) der Standpunkt vertreten, dass eine landesrechtliche Vorschrift, die das Entgelt für den Besuch von Kindertagesstätten nach
dem nur um Werbungskosten, Betriebsausgaben und Sparerfreibeträge geminderten sowie in 6 Einkommensgruppen gestaffelten Bruttoeinkommen
bemisst und die Kinderzahl nur eingeschränkt - nämlich bei gleichzeitigem Kindergartenbesuch von Geschwisterkindern - beitragsmindernd
berücksichtigt, mit § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sowohl in der Fassung von 1990 als auch in der Fassung von 1993 vereinbar ist. In den Gründen heißt es:
Die Entstehungsgeschichte bestätigt darüber hinaus die schon nach dem Wortlaut des § 90 I 2 SGB VIII 1990 naheliegende Annahme, mit der Erwähnung des Kriteriums der Kinderzahl solle der ohnehin eröffnete Ermessens- und Gestaltungsspielraum
des Landesgesetzgebers erweitert und nicht etwa durch Vorgabe zusätzlicher Kriterien eingeengt werden. Der zunächst eine Alternative
naheliegenden gesetzlichen Formulierung ("oder") kommt ersichtlich nicht die Bedeutung zu, der Landesgesetzgeber müsse sich
bei einer Gebührenstaffelung entweder für das Kriterium des Einkommens oder das Kriterium der Kinderzahl entscheiden. Vielmehr
verdeutlich die Entstehungsgeschichte - ohne dass der Wortlaut dem entgegensteht -, dass auch nach § 90 I 2 SGB VIII 1990 die gleichzeitige Berücksichtigung beider Kriterien möglich sein sollte. Die Anerkennung einer weitgehenden Gestaltungsfreiheit
des Landesgesetzgebers sowohl bei der Ausformung des maßgeblichen Einkommensbegriffs und der Bildung von Einkommensgruppen
als auch bei der kumulativen oder alternativen Berücksichtigung der Kinderzahl im Rahmen der Entgeltbemessung rechtfertigt
sich auch aus der Überlegung, dass die Kostenbeteiligung der Eltern hier im Rahmen einer - ohnehin mehr Spielraum eröffnenden
- Leistungsgewährung erfolgt (BVerwG, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 69, S. 8 [10] = NVwZ 1995,173). Ebenso wie bei
der dem (Entschließungs-)Ermessen des Landesgesetzgebers überantworteten Frage, ob die zu erhebenden Entgelte gestaffelt werden
sollen, erzwingt Bundesrecht auch nicht die Staffelung der Elternbeiträge nach entweder dem Einkommen der Eltern oder der
Kinderzahl. Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, dass die Bundesregierung bei der Novellierung des § 90 I 2 die Staffelung
nach "Einkommensgruppen und Kinderzahl" vorsah und hierzu in der Begründung anführte, die Vorschrift entspreche insoweit "mit
redaktionellen Änderungen § 90 II (gemeint ist offenkundig: § 90 I) der geltenden Fassung" (BT-Dr 12/2866, S. 10 u. 25). Bereits
auf der Grundlage dieser -für die Entgelterhebung in dem Zeitraum von Januar bis März 1993 anzuwendenden - Ermächtigungsgrundlage
war es daher zulässig, wenn Landesrecht bei der Bemessung der Elternbeiträge sowohl nach Einkommen als auch nach Kinderzahl
differenzierte; ferner hielt sich auch eine landesrechtliche Regelung in dem vorgegebenen bundesrechtlichen Rahmen, die -
wie § 17 NWGTK 1991 - die Staffelung im Ausgangspunkt nach dem Einkommen vornahm und die Kinderzahl nur eingeschränkt - etwa
wie hier bei gleichzeitigem Kindergartenbesuch mehrerer Geschwisterkinder (§ 17 II NWGTK 1991) - berücksichtigte. Denn die
Ermächtigung zur Staffelung nach Kinderzahl überlässt es der Ausformung durch den Landesgesetzgeber, in welcher Weise die
Kinderzahl auf die Entgeltbemessung Einfluss haben soll.
Aus den bisherigen Darlegungen folgt zugleich, dass § 17 NWGTK 1991 auch mit § 90 I 2 SGB VIII 1993 übereinstimmt. Nach dieser - für den Erhebungszeitraum ab April 1993 maßgeblichen - Ermächtigungsnorm kann Landesrecht
eine "Staffelung der Teilnehmerbeiträge und Gebühren ... nach Einkommensgruppen und Kinderzahl oder der Zahl der Familienangehörigen
vorschreiben. Diese Änderung des Satzes 2 in § 90 I SGB VIII entspricht einer Anregung des Bundesrates (BT-Dr 12/2866, S. 36), die zwei Anliegen verfolgte: (wird ausgeführt) Ob die Neufassung
unter diesen Umständen in Abkehr von der dargelegten und beabsichtigten Eröffnung eines weiten Gestaltungsspielraums zugunsten
des Landesgesetzgebers nunmehr - wozu das Berufungsgericht tendiert - eine Pflicht zur kumulativen Berücksichtigung beider
Merkmale bei der Entgeltstaffelung begründet, kann letztlich dahinstehen. Dagegen spricht die mit der Neuregelung erkennbar
verbundene andere Zielrichtung, ohne dass der Wortlaut die vom OVG befürwortete Auslegung gebieten würde; denn auch die Neuregelung
sollte dem Landesgesetzgeber Handlungsermessen hinsichtlich der Erhebung gestaffelter Teilnehmerbeiträge belassen. Könnte
er aber aus der Sicht des § 90 I SGB VIII 1993 von der Erhebung gestaffelter Beiträge überhaupt absehen, liegt es nicht nahe, dem Bundesrecht auch in seiner Neuformulierung
eine Verpflichtung zur Berücksichtigung beider Kriterien zu entnehmen, wenn der Landesgesetzgeber sich für die Staffelung
entschieden hat. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es insoweit jedoch nicht. § 17 III, II NWGTK 1991 würde nämlich
- wie dargelegt - auch dem etwaigen Gebot einer kumulativen Berücksichtigung beider Merkmale bei der Beitrags- oder Gebührenbemessung
entsprechen. Denn der (unterstellten) Verpflichtung zur Staffelung nach der Kinderzahl wird angesichts des weiten gesetzgeberischen
Gestaltungsspielraums hinreichend Genüge getan, wenn die Elternbeiträge bei gleichzeitigem Besuch von Tageseinrichtungen durch
mehrere Geschwisterkinder ermäßigt werden.
Auch diese Entscheidung macht deutlich, dass das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, die Entgeltregelung der Beklagten
biete hinreichende Vergünstigungen für Familien mit mehreren Kindern.