Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit im sozialgerichtlichen Verfahren; Selbstablehnung
Nach §
60 SGG in Verbindung mit §§ 42ff
ZPO kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als
auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn
ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es
weder darauf an, ob die Befürchtung eines Prozessbeteiligten, der Richter sei ihm gegenüber voreingenommen, begründet ist,
noch auf die subjektive Meinung des abgelehnten Richters, ob er befangen sei oder nicht. Nach diesem Maßstäben ist auch dann
zu entscheiden, wenn ein Richter nach §
48 ZPO einen Sachverhalt anzeigt, der seine Ablehnung rechtfertigen könnte. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Gründe:
I. Die Antragstellerin führt vor der 11. Kammer des Sozialgerichts Landshut (SG), deren Vorsitzender der Richter am Sozialgericht (RiSG) G. ist, ein Beweissicherungsverfahren nach §
76 SGG.
Mit Schreiben vom 23.06.2009 hat RiSG G. angezeigt, dass Tatsachen vorliegen, die eine Ablehnung seiner Person wegen Besorgnis
der Befangenheit rechtfertigen könnten. Er kenne den Geschäftsführer der Klägerin seit einigen Jahren über die gemeinsame
Parteimitgliedschaft. In seiner ursprünglichen Funktion als Schatzmeister der Partei habe er verschiedentlich Spenden vom
Geschäftsführer der Klägerin für den Ortsverband entgegengenommen. Zwischenzeitlich sei der Geschäftsführer ebenfalls in der
Vorstandschaft des Ortsverbandes der Partei tätig. Darüber hinaus habe sich zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Klägerin
eine freundschaftliche Verbundenheit entwickelt, die dazu geführt habe, dass sie gelegentlich an gemeinsamen privaten Geburtstagsfeiern
teilgenommen hätten.
II. Für die Entscheidung über Anzeigen von Richtern der Sozialgerichte nach §
48 ZPO ist das Landessozialgericht zuständig (§
60 Abs.1 Satz 2
SGG).
Nach §
60 SGG i.V.m. §§
42 ff.
ZPO kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (§
41 ZPO, §
60 Abs.2
SGG), als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt,
wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt
es weder darauf an, ob die Befürchtung eines Prozessbeteiligten, der Richter sei ihm gegenüber voreingenommen, begründet ist,
noch auf die subjektive Meinung des abgelehnten Richters, ob er befangen sei oder nicht.
Nach diesem Maßstäben ist auch dann zu entscheiden, wenn ein Richter nach §
48 ZPO einen Sachverhalt anzeigt, der seine Ablehnung rechtfertigen könnte.
Die Selbstablehnung des RiSG G. ist hiernach begründet.
Nähere persönliche Beziehungen eines Richters zu einer Partei oder deren Inhaber bzw. Geschäftsführer können grundsätzlich
einen Grund zur Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit darstellen. Eine solche Beziehung ist hier - wie sich
aus der Anzeige vom 23.06.2009 ergibt - zwischen dem Kammervorsitzenden und dem Geschäftsführer der Klägerin anzunehmen. Es
besteht eine jahrelange Bekanntschaft mit dem Geschäftsführer der Klägerin, aus der sich eine freundschaftliche Verbundenheit
entwickelt hat, die auch zu gelegentlichen privaten Treffen führt. Außerdem arbeiten der Kammervorsitzende und der Geschäftsführer
der Klägerin gemeinsam in der Vorstandschaft des Ortsverbandes einer Partei zusammen. Vom Standpunkt jedenfalls der Antragsgegnerin
liegen daher nachvollziehbare Gründe dafür vor, die Unbefangenheit des Kammervorsitzenden in Frage zu stellen.
Diese Entscheidung ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.