Anspruch auf Arbeitslosengeld; Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe nach arbeitsgerichtlichem Vergleich
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Beginn und die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 06.02.2001.
Der Kläger ist nach einer langjährigen Beschäftigung als Revisor vom 01.08.1972 bis 31.08.2000 ein befristetes Arbeitsverhältnis
als Geschäftsführer beim C. Schulverein A-Stadt e.V. vom 11.09.2000 bis 31.08.2001 eingegangen.
Nach Zustimmung des Betriebsrates kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am 09.02.2001 aus wichtigem Grund ohne Einhaltung
einer Frist. Zuvor wurde der Kläger am 05.01.2001 bereits freigestellt und ihm Hausverbot erteilt. Der Arbeitgeber stützte
sich dabei auf ein illoyales Verhalten des Klägers vom 05.02.2001, welcher sich wegen Missständen schriftlich an die Schulaufsichtsbehörde
gewandt und Kontakt zum Wirtschaftsdezernat der Kriminalpolizei aufgenommen habe.
Am 13.02.2001 wurde der Kläger schriftlich mit Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsende, vorsorglich
zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Nach einer weiteren Anhörung des Betriebsrats kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis
erneut aus wichtigem Grund fristlos mit Schreiben vom 16.02.2001.
Gegen alle drei Kündigungen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht A-Stadt stellte in seinem Urteil vom
29.11.2001, Az.: 32 Ca 2853/01 fest, dass die außerordentliche Kündigung vom 09.02.2001 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe und wies im Übrigen die
Klagen ab. In der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht A-Stadt am 09.12.2002, Az.: 4 Sa 341/02 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach sich die Parteien einig seien, dass die außerordentlichen Kündigungen der
Beklagten vom 09.02.2001 und vom 16.02.2001 gegenstandslos seien; das Arbeitsverhältnis aber durch ordentliche Arbeitgeberkündigung
innerhalb der Probezeit vom 13.02.2001 mit Ablauf des 28.02.2001 beendet sei. Eine Abänderung des Vergleichstextes wies das
Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 07.08.2003, Az.: 4 Sa 361/03 zurück.
Am 05.03.2001 meldete sich der Kläger, der keine Abfindung erhalten hatte, arbeitslos. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid
vom 30.03.2001 Arbeitslosengeld erst ab 08.05.2001. Denn mit weiterem Bescheid vom 30.03.2001 stellte sie eine Sperrzeit sowie
die Minderung der Anspruchsdauer um 240 Leistungstage fest. Am 29.05.2003 war der Anspruch auf Arbeitslosengeld zunächst erschöpft.
Erst ab 01.08.2003 erhielt der Kläger Altersrente als sechzigjähriger Arbeitsloser.
Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2003 zurück und war auch weiterhin
der Auffassung, dass die Sperrzeit mit dem 13.02.2001 beginne.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Er macht nun geltend, dass bei den Verantwortungsträgern seines ehemaligen Arbeitgebers offenbar Untreuetatbestände
und aussagekräftige Dokumente als Beweismaterial hierfür vorlägen. Am 17.09.2003 habe er gegen die Verantwortlichen Strafanzeige
erstattet. Nicht ein vertragswidriges Verhalten, sondern die Verhinderung der Aufdeckung der strafrechtlich relevanten Vorgänge
sei vermutlich der Beweggrund der drei damaligen Vorstände für die gegen ihn ausgesprochenen Kündigungen gewesen.
Mit Urteil vom 27.06.2006 hat das SG den Eintritt einer Sperrzeit von 6 Monaten beginnend mit dem 13.02.2001 festgestellt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in Übereinstimmung mit den Ausführungen im Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 29.11.2001
bei der Prüfung einer Treuepflichtverletzung zu berücksichtigen sei, aus welcher Motivation heraus eine Anzeige erfolgt sei
und ob darin eine verhältnismäßige und angemessene Reaktion des Arbeitnehmers auf das Verhalten des Arbeitgebers liege. Der
Kläger habe vor seiner Anzeige bei einer staatlichen Behörde nicht versucht, beim Arbeitgeber Abhilfe zu erreichen. Mit einer
Kündigung als Reaktion des Arbeitgebers habe der Kläger rechnen müssen und damit zumindest grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit
herbeigeführt. Es liege jedoch eine besondere Härte vor, weil sich der Kläger gerechtfertigt gefühlt habe. Daher sei auch
die Anspruchsminderung zu reduzieren.
Die Beklagte hat das Urteil ausgeführt, indem sie die Minderung des Anspruchs auf 125 Tage ermäßigte, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld
bis zum 30.9.2003 feststellte und eine Nachzahlung von 4969 EUR leistete. Sie hat auch den Eintritt einer Sperrzeit vom 13.02.2001
bis 26.03.2001 festgestellt und Leistungen vom 27.03.2001 bis 07.05.2001 in Höhe von 2.540,83 Euro nachbezahlt.
Der Senat hat den Rentenbescheid des Klägers vom Bundesversicherungsträger beigezogen.
Die Beklagte hat auf Nachfrage des Senats vom 14.07. 2008 angeboten, einen Beginn der Sperrzeit am 06.02.2001 anzunehmen (vom
06.02.2001 bis zum 19.03.2001) und Arbeitslosengeld vom 20.03.2001 bis zum 26.03.2001, dem Grunde nach zu gewähren.
Der Kläger stellt den Antrag,
die Bescheide vom 30.03.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.10.2003 sowie das Urteil des Sozialgerichts München
vom 27. Juni 2006 insoweit abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, Arbeitslosengeld ab 01.03.2001 ohne Minderung des
Anspruchs zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten sowie des Arbeitsgerichts A-Stadt
und des Landesarbeitsgerichts Bayern Süd (A-Stadt) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.
Der offensichtliche Tenorierungsfehler im Urteil des SG ist gemäß §§
153,
138 SGG zu korrigieren. Richtig muss es anstelle von 6 Monaten: 6 Wochen heißen. Die Korrektur ist auch noch im Berufungsurteil möglich,
nachdem es sich nur um einen Fehler im Ausdruck des Willens gehandelt hat (vgl. Meyer-Ladewig/Keller, Anmerkungen 3 und 4
zu § 138).
Gegenstand des Verfahrens sind zwei Bescheide vom 30.03.2001. In zwei Verwaltungsakten hat die Beklagte hier mehrere Regelungen
getroffen. Dabei ist gemeinhin im öffentlichen Recht eine Regelung dadurch charakterisiert, dass das Rechtsverhältnis zum
Bürger (hier zum Versicherten) hoheitlich gestaltet wird. Hier wurde die latente Rechtsbeziehung im Anwartschafts- bzw. Beitragsverhältnis
zur Bundesagentur als Leistungsverhältnis ausgehend vom Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit geregelt. Dabei hat der umfassende
Anspruch auf Arbeitslosengeld mehrere Einzelregelungen erfahren, die für sich nur im Zusammenhang (untrennbar) einer Rechtmäßigkeitsprüfung
unterzogen werden können. Das betrifft sowohl den Beginn der Leistung als auch deren Dauer und die Minderung des Anspruchs.
Die Verkürzung der Anspruchsdauer infolge einer Obliegenheitsverletzung des Versicherten ist nur ein Element, das die gesamte
Höhe des Anspruchs mitbestimmt. Verkürzt, aber rechtstechnisch völlig unzureichend, wird dies häufig dahingehend bezeichnet,
dass Gegenstand des Verfahrens ein Sperrzeitbescheid sei. Es ist zu beanstanden, dass das SG nicht alle vom Kläger angegriffenen Bescheide vom 30.03.2001 als Einheit angesehen hat (vgl. u.a. BSGE 84, 270, 271 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 19; BSG, Urteil vom 09.02. 02006, B 7a/7 AL 48/04 R; BSGE 96, 64 = SozR 4-4300
§ 143a Nr. 1, RdNr. 12). Der Kläger ist auch in dem vermeintlich positiven Bewilligungsbescheid beschwert, weil die Leistung
nicht entsprechend seinem Antrag am 05.03.2001 begonnen hat und weil der Anspruch um 240 Tage vermindert worden ist. Eine
isolierte Betrachtung des sog. Sperrzeitbescheides würde zu einer Bestandskraft des Leistungsbescheides führen und damit zum
Bestand der mit der Sperrzeit verbundenen Leistungsminderungen bzw. -beeinträchtigungen.
Letztlich ist es unumstritten und nach gefestigter Rechtsprechung nicht zulässig, allein die Verfügung der Sperrzeit anzugreifen.
Selbst wenn mit einer Klage nicht nur das Ziel verfolgt wird, die Sperrzeit und die Minderung der Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld
zu beseitigen, sondern (letztendlich) die Durchsetzung eines Leistungsanspruchs, so wird die isolierte Anfechtungsklage diesem
Anliegen selbst dann nicht gerecht, wenn man bei Sperrzeitbescheiden als Verfügungssatz - neben der Entscheidung über die
Minderung der Anspruchsdauer - die Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit ansähe (Urteil des BSG vom 29.04.1998, Az.:
B 7 AL 56/97 R). Denn bei einem Höhenstreit im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage sind regelmäßig Grund und Höhe
des Anspruchs in vollem Umfang zu überprüfen. Dies gilt nur dann (im Rahmen der Dispositionsmaxime und des zweigliedrigen
Streitgegenstandsbegriffs) nicht, wenn der Kläger seine Klage ausdrücklich auf die Anfechtung der Minderung des Arbeitslosengeldes
selbst beschränkt (vgl. Urteile des BSG 18.08.2005, Az.: B 7a/7 AL 94/04 R und B 7a AL 4/05 R).
Damit handelt es sich beim "Sperrzeitbescheid" letztlich um einen deklaratorischen Verfügungssatz in der Form der Feststellung
über den Eintritt einer Sperrzeit als Bestandteil eines mit dem Bewilligungsbescheid einheitlichen Bescheids (Urteile des
BSG vom 18.08.2005, Az.: B 7a/7 AL 94/04 R und vom 3.6.2004 - B 11 AL 71/03 R unter Abgehen von der Entscheidung vom 29.04.1998 - B 7 AL 56/97 R).
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist aber, da ausschließlich der Kläger Berufung eingelegt hat, das Leistungsverhältnis
zur Beklagten in der Gestaltung, die es durch das Urteil des SG auf die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erfahren hat. Nicht angefochten ist vom Kläger die von der Beklagten
vorgenommene Ausführung des Urteils mit Leistung von Arbeitslosengeld bis zum 30.9.2003 (Bewilligungsbescheid ohne Rechtsmittelbelehrung
vom 20.09.2006). Eine Verurteilung im eigentlichen Sinn ist angesichts der Verkennung des Streitgegenstands durch das SG nicht erfolgt. Insoweit hat die Beklagte von sich aus ihren Leistungsbescheid vom 20.3.2001 abgeändert. Im Gesamtzusammenhang
muss diese Gestaltung aber doch als Ausführung des Urteils angesehen werden und unterfällt damit nicht der automatischen Einbeziehung
im Sinne von §
96 SGG. Somit kann es dahingestellt bleiben, ob der Kläger ab Feststellung einer Rente noch arbeitslos im Sinne von §
119 SGB III war, weiter auch, ob hinsichtlich der Feststellung eines Anspruchs für weitere sieben Tage dem Grunde nach etwas ändert und
der Kläger insgesamt eine Kürzung von Weniger als 120 Tagen erfahren wird.
Bis auf die Versagung einer Leistung für die Zeit vom 20.03.2001 bis zum 26.03.2001 ist der Kläger aber nicht in seinen verfassungsgemäßen
Rechten verletzt. Insoweit hat daher die Berufung keinen Erfolg. Die Beklagte hat das Ruhen des Leistungsanspruchs des Klägers
nur bis zum 19.03.2001 festzustellen, so dass lediglich vom 05.03. bis zum 19.03.2001 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht.
Der Anspruch des Klägers auf seinen am 05.03.2001 gestellten Antrag richtet sich nach §§
117 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung -
SGB III i.d.F. durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24.03.1997 (BGBl. I S. 594), ohne dass insoweit Änderungen im Leistungsrecht eingetreten sind (vgl. §
434 bis 434g
SGB III). Am Vorliegen der tatsächlichen Leistungsvoraussetzungen hegt der Senat keine Zweifel und stützt sich insoweit auf die zutreffenden
Feststellungen der Beklagten. Wie der Leistungsanspruch selbst, richten sich auch die Leistungshindernisse nach dem o. g.
Rechtszustand. Gemäß §
144 Abs.
1 Nr.
1 SGB III tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst (Alternative eins) oder
durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben (Alternative zwei)
und er dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne
für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
1. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geht der Senat davon aus, dass der Kläger das Beschäftigungsverhältnis
i.S. der Alternative eins der vorgenannten Vorschrift gelöst hat. Er hat einen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden
Vertrag geschlossen (zuletzt Urteil des BSG vom 17.10.2007, Az.: B 11a AL 51/06 R,BSGE 92,74 vom 18.12.2003; BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 24; BSGE 77, 48, 50 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 9).
Der Kläger hat zwar gegen alle drei ausgesprochenen Kündigungen Kündigungsschutzklage erhoben. Das Arbeitsgericht A-Stadt
stellte in seinem Urteil vom 29.11.2001, Az.: 32 Ca 2853/01 fest, dass die außerordentliche Kündigung vom 09.02.2001 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe und wies zwar im Übrigen
die Klagen ab. In der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht A-Stadt am 09.12.2002, Az.: 4 Sa 341/02 schlossen die Beteiligten aber einen Vergleich, wonach sich die Parteien - und damit auch der Kläger - einig seien, dass
die außerordentliche Kündigungen der Beklagten vom 09.02.2001 und vom 16.02.2001 gegenstandslos seien; das Arbeitsverhältnis
sei aber durch ordentliche Arbeitgeberkündigung innerhalb der Probezeit vom 13.02.2001 mit Ablauf des 28.02.2001 beendet.
Eine andere Auslegung des gerichtlichen Vergleichs als die einer einvernehmlichen Aufhebung erscheint nach dessen Wortlaut
- die Parteien "sind sich einig; das Arbeitsverhältnis hat durch ordentliche Arbeitgeberkündigung innerhalb der Probezeit
vom 13.02.2001 mit Ablauf des 28.02.2001 geendet", - nicht möglich. Es ist von den vertragsschließenden Parteien damit deutlich
zum Ausdruck gebracht worden, dass die Kündigungen und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Streit entzogen sein sollen.
Angesichts dieses Inhalts der Vereinbarungen stellt sich der Beitrag des Klägers zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
als Lösung dar. Denn bis dahin war die vertragliche arbeitsrechtliche Gestaltung infolge der durch die Kündigungsschutzklage
bewirkte aufschiebende Wirkung und durch die Berufungseinlegung noch nicht beendet (vgl. § 7 Kündigungsschutzgesetz, Wirksamwerden der Kündigung). Es handelte sich bei dem oben genannten Vergleich um den ebenfalls rechtsgeschäftlich bewirkten
Abschluss (privatrechtliche Gestaltung) einer das Beschäftigungsverhältnis konstitutiv beendenden Vereinbarung. Es gilt hierbei
nichts anderes als bei einem sogenannten Abwicklungsvertrag, wonach eine nach Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung getroffene
Vereinbarung, die die Hinnahme der Kündigung bestätigt bzw. die Kündigung absichert, als Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
zu behandeln ist (Urteil des BSG aaO., BSGE 92, 74 = SozR 4-4300 § 144 Nr. 6, RdNr. 13). Keinesfalls handelt es sich um die bloße Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung des
Arbeitgebers, die nach ständiger Rechtsprechung (BSG DBlR Nr. 2226a zu § 117 AFG; BSG DBlR Nr. 2959 zu § 119 AFG; BSGE 77, 48, 53 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 9) eine Sperrzeit nicht auslöst.
Das Verhalten des Klägers war auch kausal für den Eintritt der Arbeitslosigkeit. So hat er schon die unmittelbare Beendigung
des Beschäftigungsverhältnisses verursacht, wie auch die Vorverlegung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (siehe dazu
näheres unten). Diese Dinge sind nach dem tatsächlichen Geschehensablauf zu beurteilen, wonach der Beginn der Kausalkette
durch das Verhalten des Klägers am 05.02.2001 markiert wird.
Bildet damit der vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich unabhängige leistungsrechtliche Begriff des Beschäftigungsverhältnisses
den für den Lösungsbegriff zutreffenden Anknüpfungspunkt, so ist nicht allein die Rechtmäßigkeit der zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses
führenden Willenserklärungen, sondern eine Beurteilung des tatsächlichen Geschehensablaufs für die Beantwortung der Frage
maßgebend, ob der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat (BSGE 77, 48, 51 = SozR 3-4100 § 119 Nr 9). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
von Arbeitgeber und/oder Arbeitnehmer abgegebenen Willenserklärungen für die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitnehmer das
Beschäftigungsverhältnis gelöst hat, bedeutungslos wären. Vielmehr kommt diesen Erklärungen häufig sogar eine ausschlaggebende
Bedeutung zu, wenn die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - wie im vorliegenden
Fall - eine Einheit bilden. Gleichwohl kann sich die Beurteilung nicht auf die Würdigung der Modalitäten der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses sowie der damit im Zusammenhang stehenden Willenserklärungen der Arbeitsvertragsparteien beschränken,
sondern es ist nach dem "tatsächlichen Grund" für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu fragen (BSGE 89, 243, 245 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8).
Zusammenfassen wird festgestellt, dass der Kläger durch sein Verhalten an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses mitgewirkt
hat. Dies geschah bewusst mit vollem Wissen um die Konsequenz, Arbeitslosigkeit herbeigeführt zu haben. Denn weder war ein
Anschlussarbeitsplatz in Aussicht noch stand ein unmittelbares Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bevor.
2. Ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts von §
144 Abs.
1 letzter HS
SGB III stand dem Kläger für den Vergleichsabschluss vor dem Arbeitsgericht nicht zur Seite.
Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern muss objektiv gegeben sein (vgl.
u.a. SozR 4-4300 § 144 Nr. 14 RdNr. 19 m.w.N). Insoweit sind auch die vom Kläger ergebnislos angestrengten Bemühungen einer
Abänderung des Vergleichstextes unerheblich, die das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 07.08.2003, Az.: 4 Sa 361/03 zurückgewiesen hat. Danach ergebe sich aus einer Auslegung des Vergleiches nicht, dass der Arbeitgeber jegliche Vorwürfe
gegenüber dem Kläger hinsichtlich eines vertragswidrigen Verhaltens aufgegeben habe. Das Arbeitsverhältnis sei lediglich,
formal neutral, durch ordentliche Arbeitgeberkündigung mit der Probezeitkündigungsfrist beendet worden, ohne dass der zugrundeliegende
Anlass für die arbeitgeberseitig injizierte Vertragsbeendigung auch nur ansatzweise thematisiert worden wäre. Denn die Beklagte
ist an den Wortlaut eines Vergleichsabschlusses nicht gebunden. Eine derartige Bindung ist nur für den Fall von Erstattungsforderungen
gegenüber dem Arbeitgeber bekannt (vgl. § 147a Abs. 1 Nr. 4
SGB III, wonach das Arbeitsamt an eine rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts über die soziale Rechtfertigung einer Kündigung
gebunden ist). Arbeitsgerichtliche Entscheidungen und Vergleiche entfalten im sozialgerichtlichen Verfahren keine Bindungswirkung
(BSG, Urteil vom 25.03.1997 - 7 RAr 95/85, Urteil vom 25.04.1991, Az.: 11 RAr 99/95).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Berücksichtigung des Ziels
der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Diese dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor Risikofällen, deren Eintritt
der Versicherte selbst zu vertreten hat; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes
Verhalten zugemutet werden kann (vgl. u.a. BSGE 90, 90, 93 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 9 RdNr. 10; SozR 4-4300 § 144 Nr. 14 RdNr. 19; jeweils m.w.N.).
Im Rahmen der gebotenen Abwägung ist in Fällen wie dem Vorliegenden zwar auch das Interesse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen,
einen anhängigen Rechtsstreit zu beenden. Es kann einem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zum Nachteil gereichen, wenn er nach
Erhebung einer Kündigungsschutzklage im arbeitsgerichtlichen Verfahren einen gerichtlichen Vergleich schließt, wenn dieser
das Ende des Beschäftigungsverhältnisses nicht zeitlich vorverlegt. Der Kläger ist ein befristetes Arbeitsverhältnis vom 11.09.2000
bis 31.08.2001 eingegangen. Dieses hat er jedoch mit Ablauf des 28.02.2001 mittels einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen
Willenserklärung selbst beendet. Diese Erkenntnis beruht auf dem am 09.12.2002 geschlossenen Vergleich, den der Senat seinem
Inhalt nach auch der beigezogenen Akte des Landesarbeitsgerichts A-Stadt entnimmt. Damit hat er den Weiterbestand des Beschäftigungsverhältnisses
bis zum Ablauf der vertraglich vereinbarten Dauer am 31.08.2001 verhindert. Es wäre ihm ein anderes Verhalten zuzumuten gewesen,
nämlich eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts herbeizuführen.
Ein vor dem Arbeitsgericht geschlossener Vergleich, der eine neutral formulierte Arbeitgeberkündigung bestätigt, rechtfertigt
bei verhaltensbezogenen Gründen der Vertragsauflösung nicht die Annahme eines wichtigen Grundes. Aus Sicht des Klägers war
es zwar vernünftig, zur Abwendung der weit schlimmeren Rechtsfolgen einer außerordentlichen Kündigung am 05.02.2001, eine
Kündigung mit Ablauf des 28.02.2001 sowie einer Lohnfortzahlung bis 28.02.2001 zu vereinbaren. Dennoch ist eine 6 Monate früher
herbeigeführte Arbeitslosigkeit zudem noch ohne Abfindung, deren Anrechnung zu einem Ruhen des Arbeitslosengelds geführt hätte,
sowie das Gesamtgeschehen als Gesetzesumgehung zum Nachteil der Versichertengemeinschaft anzusehen. Diese Wertung hat, wie
oben ausgeführt, nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu erfolgen, sondern es muss objektiv ein wichtiger
Grund im Sinne des Sperrzeitrechts gegeben sein (vgl. u.a. SozR 4-4300 § 144 Nr. 14 RdNr. 19 m.w.N.).
Das Verhalten des Klägers war nicht dadurch gerechtfertigt, dass er einer nicht verhinderbaren, nicht verhaltensbezogenen,
gerechtfertigten Kündigung zuvorgekommen wäre, deren Grund er nicht zu vertreten hätte. Insbesondere hat der arbeitsgerichtliche
Vergleich nicht eine unklare Sach- und Rechtslage beseitigt, die einen Prozesserfolg des Klägers im arbeitsgerichtlichen Verfahren
offen gelassen hätte. Die Mitwirkung durfte hier nicht sanktionslos bleiben, wie vielleicht in einem Falle der objektiven
Rechtmäßigkeit der Kündigung bei welchem im Hinblick auf den ohnehin nicht zu vermeidenden Eintritt der Beschäftigungslosigkeit
kein Interesse der Versichertengemeinschaft daran besteht, den Arbeitnehmer von der Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen
abzuhalten (vgl. dazu Urteil des BSG 18.12.2003, Az.: B 11 AL 35/03 R).
Auch nach arbeitsrechtlichen Maßstäben wäre eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge verhaltensbezogener Gründe nicht
zu vermeiden gewesen. Das Verhalten des Klägers wäre auch danach nicht durch gerechtfertigte (wichtige) Gründe, vom Arbeitgeber
sanktionslos hinzunehmen gewesen. Der Kläger ist mit dem Abschluss des Vergleichs lediglich einer Würdigung der ordentlichen
Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen durch das Arbeitsgericht zuvorgekommen und hat ein rechtskräftiges Urteil und eine
endgültige Prüfung der Kündigungsgründe verhindert. Diese Überzeugung gewinnt der Senat aufgrund der Ausführungen des Arbeitsgerichtes
A-Stadt im Urteil vom 29.11.2002. Für das Vorliegen einer betriebsbedingten oder einer verhaltensbezogenen Kündigung bestehen
keinerlei Anhaltspunkte. Insoweit wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 08.01.2002 voll Bezug genommen. Dies
betrifft sowohl die Tatsachenfeststellungen auf S. 4 und S. 5, wonach der Kläger ein diskriminierendes Schreiben vom 01.04.2001
verfasst hatte, wie auch die Vorgänge anlässlich des Eintreffens der Polizei im Büro des Klägers am 05.01.2001, seine Gespräche
mit dem Wirtschaftsreferat der Staatsanwaltschaft wie auch der Vorbereitung einer Anzeige wie auch ein Telefax an die Schulaufsicht
als auch das Verhalten des Klägers am 06.02.2001 zusammen mit seinem Erscheinen mit Beamten der Kriminalpolizei. Der Senat
schließt sich auch der im Urteil des Arbeitsgerichts vorgenommen Beweiswürdigung (aaO. S. 12) an, wonach sich die Vorgänge
so zugetragen haben wie im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils geschildert. Letztlich räumt der Kläger diese Sachverhalte
auch ein, wenn er sie auch anders bewertet.Danach handelte es sich bei der Aktionen des Klägers nicht um verhältnismäßig und
angemessene Reaktionen eines Arbeitnehmers auf ein Verhalten des Arbeitgebers. Am 01.02.2001 hatte er ein Schreiben an die
Schulaufsichtsbehörde bei der Regierung von Oberbayern gesandt, um auf Missstände bei seinem Arbeitgeber hinzuweisen. Nach
Eintreffen der herbeigerufen Polizei am 05.02.2001 aufgrund des ausgesprochenen Hausverbots weigerte sich der Kläger sein
Büro zu verlassen, rief beim Wirtschaftsdezernat der Kriminalpolizei an und teilte dort mit, dass bei seinem Arbeitgeber Unregelmäßigkeiten
vorliegen würden. Außerdem hat der Kläger seine Absicht bekundet, am nächsten Tag beim Wirtschaftsdezernat vorzusprechen,
um eine Anzeige gegen den Vorstand zu erstatten. Anzeigen eines Arbeitnehmers bei staatlichen Behörden stellen dann einen
Kündigungsgrund dar, wenn der Arbeitnehmer nicht zuvor versucht hat, beim Arbeitgeber Abhilfe zu erreichen. Ist dem Arbeitnehmer
Verantwortung über die betriebliche Sicherheit übertragen, so steht ihm das Recht zu, entsprechende Bedenken bei zuständigen
behördlichen Stellen zu erheben, sofern er zuvor vergeblich innerbetrieblich auf Abhilfe hingewirkt hat.
Anzeigen des Arbeitnehmers bei Aufsichtsbehörden ohne den Versuch einer Abhilfe beim Arbeitgeber bedeuten ein illoyales Verhalten,
das die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. Leitet ein Arbeitnehmer
gegen seinen Arbeitgeber wegen eines Verdachts ein behördliches Verfahren ein, ohne den Arbeitgeber vorher zu informieren
und ihm von seinem Verdacht Kenntnis zu geben, kann dies ebenfalls einen Kündigungsgrund darstellen. Bezichtigt ein Arbeitnehmer
in Kenntnis der wahren Umstände den Arbeitgeber zu Unrecht bei staatlichen Ermittlungsbehörden strafbarer Handlungen, so rechtfertigt
dies grundsätzlich eine Kündigung. In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer gehalten, intern auf eine entsprechende Umsetzung
seiner Änderungsvorschläge hinzuwirken und alle internen Möglichkeiten auszuschöpfen. Die Pflicht alle zumutbaren Anstrengungen
zu unternehmen folgt aus einer Obliegenheit im Rahmen des Versicherungsverhältnisses (vgl. §§
24 ff.
SGB III). In diesem Sinne ist das Verhalten des Klägers auch vorwerfbar (grobfahrlässig). Er hätte sich - wie oben aufgezeichnet
durch den Versuch einer Abhilfe - anders verhalten können. Eine kognitive Beeinträchtigung des Klägers zum Erkennen dieser
Situation ist oder ein fehlendes voluntatives Element sind nicht ersichtlich.
Dies hat der Kläger nicht getan. Insoweit ändert auch die fehlende Abmahnung, deren Warnfunktion hier ins Leere gegangen wäre,
nichts an der Verursachung der Beschäftigungslosigkeit durch den Kläger. Dieser Ansicht schließt sich der Senat auch unabhängig
von der Entscheidung des Arbeitsgerichts A-Stadt aufgrund einer eigenen Würdigung der feststehenden Tatsachen an. Auch nach
unbestrittener Rechtsprechung der Sozialgerichte ist der Grundsatz zu beachten, dass ein wichtiger Grund für die Lösung eines
Beschäftigungsverhältnisses nur angenommen werden kann, wenn der Arbeitslose vor der Lösung erfolglos einen zumutbaren Versuch
unternommen hat, diesen Grund auf andere Weise zu beseitigen (vgl. etwa Urteil des BSG vom 06.02.2003, Az.: B 7 AL 72/01 R - m.w.N.).
Ein entsprechender Versuch ist nur dann unzumutbar, wenn die individuellen Umstände, insbesondere das Verhalten des Arbeitgebers,
die Annahme rechtfertigen, eine Vorsprache habe keinerlei Aussicht auf Erfolg. Hierfür sind in der Sache des Klägers keine
Anhaltspunkte ersichtlich; das wird von ihm auch nicht behauptet.
Dabei ist es unerheblich, ob die Lösung durch die erste der beiden ausgesprochenen Kündigungen zu Recht erfolgt ist. Dies
kann im Nachhinein mangels eines rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen Urteils nicht mehr mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
gesagt werden. Auch hierfür ist das Verhalten des Klägers ursächlich. Wie oben ausgeführt, hätte er eine Entscheidung des
LAG herbeiführen können. Jedenfalls ist sowohl der gegebenen Situation nach wie auch dem Urteil des Arbeitsgericht nur eindeutig
zu entnehmen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Verhaltens des Klägers gerechtfertigt war. Die hier
angesprochene Frage hätte lediglich hinsichtlich des Beginns der Sperrzeit eine Rolle spielen können (Siehe dazu im Folgenden
unter 3.).
3. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet
(§
144 Abs.
2 SGB III). Der Beginn der Sperrzeit stellt auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ab. Bei der jetzt gegebenen Sachlage
ist jedenfalls von der tatsächlichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 05.02.2001 auszugehen. Auf diesen Beendigungsakt,
das Ende der Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb kommt es im Rahmen des § 144 Abs. 1 S. 2 Nr.
1 Alternativen 1 und 2 an (vgl. Eicher/Schlegel/Henke, Anm. 102 zu §
144 SGB III). Dies ist hier bereits durch die Freistellung und das Hausverbot vom 05.02.2001 geschehen; das Beschäftigungsverhältnis
ist weder durch eine entsprechende Anordnung des Arbeitsgerichts auf Widerspruch des Betriebsrats, einstweiligen Rechtsschutz
noch durch den später geschlossenen Vergleich wieder hergestellt worden. Im vorliegenden Falle wurde dem Kläger am 05.02.2001
ein Schreiben mit dem Inhalt übergeben, dass er bis auf weiteres von der Leistung seiner Dienste freigestellt und ihm ein
Hausverbot erteilt werde. Eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei in Vorbereitung. Prüft man bei diesem
Sachverhalt die maßgeblichen Kriterien des (leistungsrechtlichen Begriff im Sinne des Versicherungsfalls der Arbeitslosigkeit
als Beschäftigungslosigkeit) Beschäftigungsverhältnisses - die tatsächliche Verfügungsmacht des Arbeitgebers und die ihr entsprechende
tatsächliche Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers (Eingliederungstheorie - so bereits BSGE 1,1 115) - wird man schwerlich
umhin kommen, in der Freistellung des Klägers durch den Arbeitgeber die Aufgabe der Dispositionsmacht und das Ende des Beschäftigungsverhältnisses
zu sehen. Insoweit besteht keine Identität mit dem rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses. Danach ist es kein Widerspruch,
wenn das zuletzt vorwerfbare Verhalten zeitlich später liegt - hier am 09.12.2002 sogar noch nach dem früher zum am 31.08.2001
vorgesehenen Ende des Arbeitsverhältnisses - als dasjenige, das die Sperrzeit begründet. Denn die Tatsache, ob der Arbeitslose
die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat und dies von ihm zu verantworten ist, ist nach dem zum tatsächlichen Eintritt der Arbeitslosigkeit
führenden Geschehensablauf zu beurteilen (Urteil des BSG vom 25.04.1990, Az.:7 RAr 106/89). Wird Alg für eine Zeit geltend gemacht, in der die Arbeitslosigkeit darauf zurückzuführen ist, dass dem Arbeitnehmer fristlos
gekündigt wurde, kommt es darauf an, ob der Arbeitslose die zu dieser Arbeitslosigkeit führende Kausalkette verursacht und
zu verantworten hat (aaO.). Den Grund seiner Arbeitslosigkeit hat der Kläger durch sein Verhalten am 05.02.2001 gesetzt. Die
folgenden Weiterungen (Vereinbarung einer Beendigung der arbeitsrechtlichen Beziehungen erst zum 28.02.2001) waren interessenwahrende
Handlungen zu seinen Gunsten, die aber nicht verhindern konnten, dass eine Weiterbeschäftigung ab dem 06.02.2001, dem faktischen
Ende des Beschäftigungsverhältnisses, gescheitert ist. Damit ist im Nachhinein kein wichtiger Grund gegeben. Das die Sperrzeit
begründende Ereignis ist nicht auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der Sperrzeit (Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleichs
am 09.12.2002) nachverlagert worden. Es ist aber auch nicht bis zum vereinbarten Ablauf des Arbeitsverhältnisses eine Verantwortung
des Arbeitgebers anzunehmen (vgl. Winkler in Gagel,
SGB III, RdNr. 208 zu §
144). Nach dieser Ansicht würden zwar Schwierigkeiten entstehen, wenn die tatsächliche Beendigung der Beschäftigung (und damit
der Beginn der Arbeitslosigkeit i.S. von §
118 SGB III) und das Ende des Arbeitsverhältnisses auseinanderfallen. In diesen Fällen sei davon auszugehen, dass die Nichtbeschäftigung
des Arbeitslosen in der Zeit vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ungerechtfertigt war und damit das Verhalten des
Arbeitgebers hierfür die wesentliche Ursache darstellte. In der hier vorliegenden Sache muss aber von einer nur durch den
Kläger verhaltensbezogen herbeigeführten Ursache ausgegangen werden, was sich bei dieser Detailfrage im Übrigen für ihn günstiger
auswirkt. Denn der Kläger hat durch den Vergleichsschluss auch verhindert, dass die Arbeitsgerichte feststellen konnten, welche
der möglichen Kündigungen aus objektiv arbeitsrechtlicher Sicht das Arbeitsverhältnis beendet hat. Daher erscheint es dem
Senat richtig, den originären Ausgangspunkt der Kausalkette zur Beendigung der Beschäftigung als Sperrzeit begründendes Ereignis
anzunehmen. Letztlich ist damit auf den Begriff der Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinne abzustellen (vgl
Urteil des BSG vom 28.9.1993, 11 RAr 69/92, BSGE 73, 126 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 mwN). Die Auslegung des Begriffs der "Beschäftigung" in der Sozialversicherung hat nach der Rechtsprechung
sowohl der für die Leistungen als auch für das Beitragsrecht zuständigen Senate des BSG funktionsdifferent zu erfolgen. Die
Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinne ist unabhängig vom (Fort-)bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des Arbeitsrechts
durch die tatsächliche Nichtbeschäftigung des Versicherten, das heißt die fehlende Arbeitsleistung gekennzeichnet (vgl. Urteile
des BSG vom 24.09.2008, Az.: B 12 KR 22/07 R und vom 26.11.1985, 12 RK 51/83, BSGE 59, 183 = SozR 4100 § 168 Nr. 19; vom 25.4.2002, B 11 AL 65/01 R, BSGE 89, 243 = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8; vom 17.10.2002, B 7 AL 92/01 R, info also 2003, 77, und vom 18.12.2003, B 11 AL 35/03 R, BSGE 92, 74 = SozR 4-4300 § 144 Nr. 6). Die Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinne schließt - sowie hier durch Fortbestehen
der arbeitsrechtlichen Beziehung bis zum 28.02.2001 - das Vorliegen einer Beschäftigung im beitragsrechtlichen Sinne nicht
aus. Dennoch ist es angesichts der hier im Streit befindlichen Leistung folgerichtig, §
144 Absatz
2 SGB III im leistungsrechtlichen Sinne zu interpretieren.
Daher stellt der Senat fest, dass das die Sperrzeit begründende Ereignis am 05.02.2001 eingetreten ist und damit das Ruhen
des Anspruchs am 06.02.2001 beginnt und bis zum 19.03.2001 andauert. Das Ruhen entsteht ebenso wie der Anspruch (vgl. §§ 38,
41 SGB°I) kraft Gesetzes und wird nicht durch die erst später erfolgte Stellung des Antrags auf die Leistung (Antrag/Meldung
auf Arbeitslosengeld am 05.03.2001) beeinflusst.
Damit steht dem Kläger dem Grunde nach noch ein Leistungsanspruch für die Zeit vom 20.03.2001 bis zum 26.03.2001 zu. Insoweit
stellt der Senat angesichts der Aktenlage das Vorliegen aller notwendigen Anspruchsvoraussetzungen, wie Meldung, Anwartschaftszeit
und Arbeitslosigkeit fest. Ein Ruhen des Leistungsanspruchs wegen Zahlung von Arbeitsentgelt (§
143 SGB III in der oben genannten Fassung) ist angesichts des geschlossenen arbeitsgerichtlichen Vergleichs nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der Minderung des Leistungsanspruchs (Annahme einer Härte) ist das Urteil des SG rechtskräftig. Eine weitere Reduzierung des Ruhens und der Minderung des Anspruchs unter Annahme eines Härtefalls ist nicht
mehr gegeben. Diese Rechtsfolge ist vom Gesetzgeber gemäß §
144 Abs.
3 Nr.
2 Buchstabe b
SGB III in der genannten Fassung genau vorgegeben und vom SG unangefochten bereits festgestellt worden. Daher hat die Beklagte in ausführender Weise bereits einen Anspruch auf Arbeitslosengeld
bis zum 30.9.2003 festgestellt und eine Nachzahlung von 4969 EUR geleistet. Darüber hat der Senat nicht mehr zu befinden;
insbesondere nicht darüber, ob der Kläger ab 01.08.2003, dem Beginn seiner Altersrente, weiterhin arbeitslos war bzw. ein
Ruhen des Anspruchs bewirkt war. Ebenso wenig hat der Senat darüber zu befinden, ob die nunmehr erfolgte Feststellung eines
weiteren Anspruchs über weitere 7 Tage Einfluss auf die bereits erfolgte Reduzierung der Minderung auf 125 Tage hat. Dies
ist eine Frage der Ausführung des Urteils. Denn jedenfalls besteht für den oben festgestellten Zeitraum vom 20.03.2001 bis
zum 26.03.2001 dem Grunde nach ein Leistungsanspruch des Klägers.
Außergerichtliche Kosten sind angesichts des geringen Obsiegens des Klägers in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten (§
193 SGG). Die Kostentscheidung in der Erstinstanz bleibt wirksam.
Die Revision ist - da hierfür keine Gründe ersichtlich sind - nicht zuzulassen (§
160 SGG).