Gründe:
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren
vor dem Sozialgericht Berlin.
Die 1962 geborene Klägerin ist arbeitslos und erhält von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Schreiben vom 14. August 2007 beantragte sie bei dem Beklagten die Kostenübernahme für eine Gleitsichtbrille mit der Begründung,
diese benötige sie dringend um wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert zu werden. Diesem Schreiben beigefügt waren Kopien
von 2 Kostenvoranschlägen, nach denen die Kosten für diese Gleitsichtbrille rund 200 € bzw. für 2 Gläser 95 € betragen sollten,
sowie einer Sehhilfenverordnung.
Mit Bescheid vom 30. August 2007 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die beantragte Leistung sei durch den Regelsatz abgedeckt.
Bei entsprechendem Nachweis des Bedarfs und einer fehlenden eigenen Leistungsfähigkeit könne zwar ein Darlehen nach § 23 Abs.
1 SGB II gewährt werden. Der Klägerin sei es unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse aber
zuzumuten, die beantragte Sonderleistung aus eigenen Mitteln in vollem Umfang zu decken.
Den hiergegen von der Klägerin am 1. Oktober 2007 mit der Begründung eingelegten Widerspruch, der Bedarf sei unabweisbar,
da sie auf eine Brille angewiesen sei, wenn sie Büroarbeiten am Bildschirm ausführen solle, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 2. November 2007 als unbegründet zurück.
Am 6. Dezember 2007 hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben und Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren
beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf einen Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. Februar
2006 - L 11 B 705/05 ER- Bezug genommen. Ergänzend hat sie ausgeführt, sie sei auf eine Lesebrille angewiesen und müsse diese abnehmen, wenn sie
in die Ferne sehen wolle. Dies sei bei Computerarbeit und gleichzeitigem Publikumsverkehr sehr umständlich.
Das Sozialgericht Berlin hat eine Auskunft der & Co. OHG vom 6. November 2008 eingeholt, wonach die Brille dort ohne Vollentspiegelung
156,57 € kosten würde und mit Ratenzahlung erworben werden könnte.
Mit Beschluss vom 3. Februar 2009 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender
Aussicht auf Erfolg der Klage unter Hinweis auf zahlreiche Rechtsprechung und Kommentarliteratur abgewiesen. Ein unabweisbarer
Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes sei schon im Hinblick auf eine fehlende zeitliche Dringlichkeit zu verneinen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogenen
Verwaltungsakten (...) des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach §
73a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in Verbindung mit §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) setzt die Gewährung von Prozesskostenhilfe insbesondere eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung
voraus. Maßgebend ist hierbei der Sachverhalt im Zeitpunkt der Entscheidung, bei rückwirkender Bewilligung der Zeitpunkt der
Entscheidungsreife (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., 2008, §
73a Rn. 13d, m.w.N.).
Vorliegend kann der Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht beigemessen werden.
Kann im Einzelfall ein von der Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts
weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit
bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes
Darlehen (§ 23 Abs. 1 S. 1 SGB II). Das Darlehen wird durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an
den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlende Regelleistung
getilgt (§ 23 Abs. 1 S. 3 SGB II).
Wie das Sozialgericht in der angegriffenen Entscheidung bereits zutreffend ausgeführt hat, steht einem unabweisbaren Bedarf
entgegen, dass die Klägerin schon in dem Besitz einer (Lese-) Brille ist und diese benutzt. Das Sozialgericht hat weiter zutreffend
ausgeführt, dass die Klägerin bei einem tatsächlichen Bedarf einer Gleitsichtbrille zudem auf die Möglichkeit eines Ratenkaufes
verwiesen werden könnte. Denn auch bei Gewährung eines Kredites nach §
23 SGB II wäre das Darlehen nach §
23 Abs.
1 S. 3
SGB III durch die Klägerin zu tilgen und zwar grundsätzlich in monatlichen Raten von rund 35 €. Insofern ist unter Hinweis auf §§
1 und 2 Abs. 2 S. 1 SGB II und dem Ziel des Gesetzes der Förderung von Eigenverantwortung anzumerken, dass die Klägerin bei
Bildung einer monatlichen Rücklage in Höhe dieser 35 € ab Antragstellung (August 2007) die Kosten für die Gleitsichtbrille
(rund 160 €) schon zum Zeitpunkt der Klagerhebung (Dezember 2007) annähernd angespart gehabt hätte.
Abgesehen von diesen bereits genannten Gründen ist ein "unabweisbarer Bedarf" im Sinne von § 23 SGB II auch deshalb nicht
ersichtlich, weil zumindest derzeit für die Anschaffung einer Gleitsichtbrille keine zwingende Notwendigkeit gesehen werden
kann.
Für die Erfüllung dieser Voraussetzung ist es nicht nur medizinisch erforderlich, dass die Klägerin auf eine solche Brille
angewiesen ist. Denn dies würde lediglich zu einer schlichten Bedarfsunterdeckung führen, die den in Rede stehenden Bedarf
noch nicht "unabweisbar" im Sinne von §
23 Abs.
1 SGB III macht (Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., 2008, § 23 Rn. 28). Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang
der Regelungen in den §§ 20, 23 SGB II. Da Aufgabe des § 20 ist, den (notwendigen) Bedarf sicherzustellen und § 23 gleichwohl
das Tatbestandsmerkmal der Unabweisbarkeit aufweist, kann Unabweisbarkeit nicht bereits dann vorliegen, wenn ein nach § 20
an sich notwendiger Bedarf nicht befriedigt werden kann (Lang/Blüggel, aaO., § 23 Rn. 28). Zu dem inhaltlichen Moment muss
vielmehr noch ein zeitlich-situatives Element hinzutreten. In zeitlicher Hinsicht handelt es sich beim unabweisbaren Bedarf
um einen Bedarf, dessen Abdeckung keinen Aufschub duldet (Lang/Blüggel, aaO., § 23 Rn. 26, m. w. N.).
Zumindest diese zeitliche Dringlichkeit ist vorliegend in keiner Weise erkennbar. Von der Klägerin wurde nicht einmal vorgetragen,
dass sie überhaupt ein konkretes Arbeitsplatzangebot hatte oder hat. Umso weniger ist vorgetragen oder ersichtlich, dass die
Anschaffung der Geleitsichtbrille für eine konkret in Aussicht stehende Bürotätigkeit aktuell notwendig ist. Die ärztliche
Verordnung einer Gleitsichtbrille allein besagt noch nicht, dass dieses Hilfsmittel sofort benötigt wird (vgl. hierzu auch
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - Beschluss vom 28. August 2006 - L 19 B 316/06 AS ER - zitiert nach juris).
Auch die zitierte Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Zum einen hat das
Bayerische Landessozialgericht gerade offen gelassen, ob ein (Anordnungs-) Anspruch auf die begehrte Leistung überhaupt bestehen
kann. Zum anderen müssten auch bei einem grundsätzlichen Existieren eines solchen Anspruchs dessen Voraussetzungen erfüllt
sein. Wie bereits dargestellt, ist das vorliegend nicht der Fall, weil die konkrete Notwendigkeit der Anschaffung nicht zu
erkennen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
73a SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden; §
177 SGG.