Gründe:
I. Die Beschwerde führende Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (im Folgenden: Beschwerdeführerin) wendet sich gegen
die Anordnung des Sofortvollzuges der dem Klinikum C. (im Folgenden: Antragstellerin) erteilten Bestimmung nach §
116b Abs.
2 Sozialgesetzbuch -Fünftes Buch- (
SGB V).
Die Antragstellerin stellte mit Datum vom 13. März 2007 bei dem für die Krankenhausplanung im Land Niedersachsen zuständigen
Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit (im Folgenden: Ministerium) einen Antrag auf Erteilung einer Bestimmung
zur ambulanten Behandlung mehrerer Erkrankungen, unter anderem der Multiplen Sklerose (MS). Das Ministerium erhob bei der
Antragstellerin die erforderlichen Daten und beteiligte die Beschwerdeführerin und die an der Krankenhausplanung beteiligten
Stellen an dem Bestimmungsverfahren. Die Beschwerdeführerin gab bereits in diesem Verfahrensstadium zu bedenken, dass die
Notwendigkeit für die Abgabe ambulanter Leistungen durch ein Krankenhaus in C. nicht bestehe, weil die Behandlung der MS in
dieser Region bereits durch die niedergelassenen Nervenärzte und das Medizinische Versorgungszentrum der D. -Klinik in C.
sicher gestellt sei. Speziell im Hinblick auf die Antragstellerin sei zu bedenken, dass die ambulante Behandlung der gesetzlich
Krankenversicherten bereits durch eine bei der Antragstellerin beschäftigte ermächtigte Krankenhausärztin sicher gestellt
sei. Es bestehe die Gefahr, dass es zu Doppelabrechnungen komme.
Das Ministerium erteilte der Antragstellerin mit Bescheid vom 9. Juli 2009 die beantragte Bestimmung. In der Begründung des
Bescheides hieß es, dass die Antragstellerin nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen für die ambulante Behandlung
von MS geeignet sei. Eine Bedarfsprüfung habe in diesem Zusammenhang nicht stattzufinden. Soweit die Beschwerdeführerin Abrechnungsprobleme
wegen der Tätigkeit einer bei der Antragstellerin beschäftigten ermächtigten Krankenhausärztin sehe, würden diese nicht geteilt,
weil die damit verbundenen Probleme beherrschbar seien.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin am 25. Juli 2008 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 16 KA 343/08 anhängig ist.
Die Antragstellerin, die bisher nicht an dem Klageverfahren beteiligt wurde, hat am 19. Dezember 2008 bei dem SG Hannover
einen gegen das Ministerium und die Beschwerdeführerin gerichteten Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der ihr
erteilten Bestimmung vom 9. Juli 2008 gestellt und geltend gemacht, dass ihr Haus alle Voraussetzungen für die Erteilung der
Bestimmung nach §
116b Abs.
2 SGB V erfülle. Die von der Beschwerdeführerin im Klageverfahren in erster Linie geltend gemachten Bedarfsgesichtspunkte seien für
die Erteilung der Bestimmung unmaßgeblich. Die Beschwerdeführerin sei darüber hinaus auch nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt,
so dass es an der notwendigen Klagebefugnis fehle. Eine Verbandsklage sehe das
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) nicht vor.
Das SG hat dem Antrag nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Ministeriums durch Beschluss einer Fachkammer für Vertragsarztangelegenheiten
vom 4. Februar 2009 stattgegeben und die sofortige Vollziehung der der Antragstellerin erteilten Bestimmung angeordnet. Zur
Begründung hat es ausgeführt, dass der gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Antrag zwar unzulässig sei, weil diese an dem
Verfahren zur Erteilung der Bestimmung nach §
116b Abs.
2 SGB V nicht beteiligt sei. Der gegenüber dem Ministerium gestellte Antrag sei aber zulässig, weil die von der Beschwerdeführerin
erhobene Klage gegen den Bescheid vom 9. Juli 2008 aufschiebende Wirkung entfalte. Er sei auch begründet, weil der Bescheid
rechtmäßig sei. Insbesondere seien Rechte der Beschwerdeführerin nicht betroffen, denn nach der Gesetzesbegründung des §
116b SGB V habe der Gesetzgeber beabsichtigt, im Bereich der ambulanten Behandlung gesetzlich Krankenversicherter neue Versorgungsformen
zu etablieren. Der der Beschwerdeführerin gesetzlich übertragene Sicherstellungsauftrag werde durch die neuen Regelungen nicht
berührt, weil es sich um eine andere Versorgungsstruktur handele. Die Erteilung von Ermächtigungen für Krankenhausärzte falle
auch weiterhin in die Zuständigkeit der Zulassungsgremien der Beschwerdeführerin. Für die Kostenentscheidung zu Lasten der
Beschwerdeführerin sei ausschlaggebend gewesen, dass sie durch die Erhebung der Klage gegen das Ministerium Veranlassung zu
dem Verfahren auf Anordnung des Sofortvollzuges gegeben habe.
Gegen diesen ihr am 11. Februar 2009 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 6. März 2009 Beschwerde eingelegt.
Sie macht geltend, dass die der Antragstellerin erteilte Bestimmung rechtswidrig sei, weil die Interessen der Vertragsärzte
bei deren Erteilung nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Insbesondere sei verkannt worden, dass die MS zu den Erkrankungen
gehöre, die nicht selten seien und die regelmäßig von Nervenärzten behandelt würden. Der Planbereich C. sei in dieser Fachrichtung
zu 135 % versorgt. Die ambulante Behandlung werde ferner auch von dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) der D. -Klinik
angeboten. Es müsse deshalb bei der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage bleiben, um zu vermeiden, dass vollendete Tatsachen
zu Lasten der Vertragsärzte in C. geschaffen würden.
Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 4. Februar 2009 aufzuheben.
Das Land Niedersachsen (Ministerium) beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Es macht geltend, dass die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt sei, weil sie nicht berechtigt sei, die Interessen einzelner
Vertragsärzte, die hier allenfalls betroffen seien, zu vertreten. Vor diesem Hintergrund sei auch die von der Beschwerdeführerin
erhobene Klage unzulässig. In dem Verfahren zur Bestimmung zugelassener Krankenhäuser zur ambulanten Behandlung bestimmter
im Gesetz genannter Erkrankungen seien die für die Krankenhausplanung zuständigen Stellen zu beteiligen. Dazu gehöre die Beschwerdeführerin
nicht. Bei der streitgegenständlichen Bestimmung handele es sich nicht um "eine Art von Ermächtigung", wie die Beschwerdeführerin
geltend mache, sondern um die Feststellung der Eignung des antragstellenden Krankenhauses zur Durchführung von ambulanten
Behandlungen in einem eng umgrenzten Rahmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers habe in diesem Zusammenhang gerade keine Bedarfsplanung
stattzufinden.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Beschwerdeführerin letztlich keine eigene Rechtsposition vertrete, sondern die Rechtsposition
einer Gruppe von Vertragsärzten. Dazu sei sie nicht befugt. Gegebenenfalls müssten sich die Vertragsärzte selbst gegen die
ihr erteilte Bestimmung wenden. Es sei aber nicht absehbar, dass sich E. Neurologen bzw. Nervenärzte gegen die Bestimmung
wenden würden. In diesem Zusammenhang müsse darauf hingewiesen werden, dass die zur Behandlung von MS ermächtigte Ärztin Dr.
F. seit 2005 regelmäßig Patienten auf Grund von Überweisungen von E. Neurologen bzw. Nervenärzte behandele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte,
der beigezogenen Verwaltungsakte des Ministeriums und der Akte des Hauptsacheverfahrens des SG Hannover (AZ: S 16 KA 343/08), die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, Bezug genommen.
Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung
haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Die Anordnung des Sofortvollzuges kann in entsprechender Anwendung
des §
86a Abs.
2 Nr.
5 SGG angeordnet werden, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten
liegt.
§
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG erfasst ausschließlich Verwaltungsakte mit Drittwirkung. Dabei handelt es sich um Verwaltungsakte, die den Adressaten begünstigen
und einen Dritten belasten. Wenn in diesem Fall der Dritte einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung einlegt, kann das
Gericht auf Antrag des Begünstigten die sofortige Vollziehung anordnen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG Kommentar, 9. Auflage 2008, §
86b Rdnr. 4).
Die Beschwerdeführerin hat gegen die der Antragstellerin durch das Ministerium am 9. Juli 2008 erteilte Bestimmung nach §
116b Abs.
2 SGB V Anfechtungsklage erhoben. Diese bei dem SG Hannover unter dem Aktenzeichen S 16 KA 343/08 anhängige Anfechtungsklage hat gemäß §
86a Abs.
1 Satz 1
SGG aufschiebende Wirkung. Denn die Bestimmung nach §
116b Abs.
2 SGB V gehört nicht zu den in §
86a Abs.
2 SGG genannten Ausnahmetatbeständen, in denen die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage entfällt.
Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der erkennende Senat unter Berücksichtigung des Streitgegenstandes berufen. Denn
es geht vorliegend um eine Bestimmung im Rahmen des §
116b Abs.
2 SGB V. Dabei handelt es sich um eine Vorschrift, die im Vierten Kapitel ("Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern"),
Vierter Abschnitt ("Beziehungen zu Krankenhäusern und Vertragsärzten") des
SGB V enthalten ist. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg, wonach die Bestimmung eines
Krankenhauses zur ambulanten Behandlung von Katalogerkrankungen nach §
116b SGB V eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung ist (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 11. Februar 2008, AZ: L 2 B 485/07 ER KA, veröffentlicht in juris Das Rechtsportal). Dagegen handelt es sich nicht um eine Streitigkeit, die den Beziehungen
zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten (Vertragsarztrecht), einschließlich ihrer
Vereinigungen und Verbände zuzuordnen ist, für die nach §
10 Abs.
2 SGG bei den Sozialgerichten eigene Fachkammern und nach §
31 Abs.
2 SGG bei den Landessozialgerichten eigene Senate zu bilden sind.
Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik im Vierten Kapitel Vierter Abschnitt des
SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl I 378) und der Begründung des Gesetzgebers. Danach handelt es sich bei
der Entscheidung nach §
116b Abs.
2 SGB V um eine solche, die in den Bereich der Krankenhausplanung fällt. Sie ist zu Gunsten des Krankenhauses zu erteilen, wenn es
für die Durchführung der beabsichtigten Behandlungen geeignet ist. Es wird ausdrücklich betont, dass eine Bedarfsprüfung nicht
erfolgt (vgl. BT-Drucksache 16/3100, Seite 139 li Sp.). Damit handelt es sich um eine Angelegenheit, die den Beziehungen der
Krankenkassen zu zugelassenen Krankenhäusern zuzuordnen ist und nicht dem Vertragsarztrecht.
Das SG hat die sofortige Vollziehung der Bestimmung zu Recht angeordnet, weil die Antragstellerin durch sie begünstigt wird, während
eine Drittbetroffenheit der Beschwerdeführerin nicht gegeben ist.
Die Beschwerdeführerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Denn nach §
77 Abs.
1 Satz 1
SGB V bilden die Vertragsärzte zur Erfüllung der ihnen durch das Sozialgesetzbuch -Fünftes Buch- übertragenen Aufgaben für den
Bereich jedes Landes eine Kassenärztliche Vereinigung. Die Kassenärztlichen Vereinigungen schließen mit den für ihren Bezirk
zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen Gesamtverträge über die vertragsärztliche Versorgung der
Mitglieder (§
83 SGB V), schließen Arznei- und Heilmittelvereinbarungen sowie Richtgrößenbestimmungen (§
84 SGB V) ab und verteilen die Gesamtvergütung an die Vertragsärzte ihres Bezirkes (§
85 Abs.
4 SGB V).
Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, das Ministerium habe bei der Erteilung der Bestimmung zu Gunsten der
Antragstellerin die vertragsärztliche Versorgungssituation in C. nicht hinreichend berücksichtigt. Sinngemäß wird damit eingewandt,
durch die Etablierung der neuen Versorgungsstruktur im Bereich der ambulanten Behandlung in C. werde eine Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse
in diesem Marktbereich herbeigeführt. Dabei handelt es sich um eine Rechtsposition, die die in das System der vertragsärztlichen
Versorgung eingebundenen Leistungserbringer betrifft (vgl. Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Beschluss vom 17. August 2004,
AZ: 1 BvR 378/00, veröffentlicht auf der Internetseite des BVerfG), und zwar im Hinblick auf die Freiheit der Berufswahl bzw. Berufsausübung
(Artikel
12 Abs.
1 Grundgesetz -
GG-).
Als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann die Beschwerdeführerin aber nicht Trägerin von Grundrechten sein. Dies gilt
auch unter Berücksichtigung dessen, dass sie im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung öffentliche Aufgaben wahrnimmt.
Denn die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben allein macht die juristische Person des öffentlichen Rechts nicht zum grundrechtsgeschützten
Sachwalter des Einzelnen bei der Wahrnehmung seiner Grundrechte, mag die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben auch der Verwirklichung
seiner Grundrechte (möglicherweise mittelbar) förderlich sein (vgl. Leibholz/Rinck/Hesselberger,
Grundgesetz Kommentar, Art.
19 Rdnr. 120).
Es ist demnach davon auszugehen, dass die Bestimmung der Antragstellerin zur ambulanten Behandlung nach §
116b Abs.
2 SGB V die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt. Da der Beschwerdeführerin somit die materielle Beschwer fehlt, überwiegt
das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung des Sofortvollzuges der ihr erteilten Bestimmung gegenüber dem Interesse
der Beschwerdeführerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer möglicherweise unzulässigen Klage.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§
177 SGG).