Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Beitragsbescheid
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angegriffenen Verwaltungsaktes
Schwierige Rechtsfragen
Interessenabwägung im Eilverfahren
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage
gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer UG einen Garten- und Landschaftsbau. Diese wurde nach den Angaben der
Gesellschafterin B_____ S______ mit notariellem Vertrag vom 15. April 2011 gegründet. Die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung
in das Handelsregister erfolgte mit Antrag vom 26. April 2011. Geschäftsführer ist T_____ W_____, um dessen Status es in diesem
Rechtsstreit geht. Er erhielt nach dem Geschäftsführervertrag vom 15. April 2011 eine Vergütung von 24.000,00 EUR brutto jährlich,
zahlbar ins 12 Raten (§ 3) sowie Entgeltfortzahlung im Urlaub und bei Krankheit und Tod (§§ 4 und 5). Alleinige Gesellschafterin
der Antragstellerin ist B_____ S______ mit einer Stammeinlage von 200,00 EUR.
Vom 21. Juni bis 2. September 2016 führte die Antragsgegnerin über den Zeitraum März 2012 bis Dezember 2015 eine Betriebsprüfung
nach § 28p Abs. 1
SGB IV durch, stellte nach Anhörung vom 22. Juli 2016 mit Bescheid vom 13. Oktober 2016 die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers
fest und bezifferte die Nachforderung an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf 6.878,07 EUR. Der Betrag resultiert aus den
Zeiträumen von Mai bis Juni 2012 und Juni bis Dezember 2012. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Berechnung wird auf die Anlagen
zum Beitragsbescheid verwiesen.
Bereits nach der Anhörung hatte die Antragstellerin der Antragsgegnerin einen Treuhandvertrag zwischen der Gesellschafterin
B_____ S______ als Treuhänderin und dem Geschäftsführer als Treugeber, datiert vom 1. April 2011, vorgelegt. Darin beauftragte
der Treugeber die Treuhänderin, einen UG-Anteil im Wert der Stammeinlage von 200,00 EUR bei der neu zu gründenden UG zu übernehmen
und treuhänderisch für den Treugeber zu halten. Die Treuhänderin erklärte sich bereit, diese Treuhänderfunktion unentgeltlich
zu übernehmen und im ausschließlichen Interesse des Treugebers auszuüben (§ 1). Die Treuhänderin verpflichtete sich weiter,
auf Weisungen des Treuhänders (gemeint: Treugebers) zu handeln, insbesondere hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts, und
verpflichtete sich gleichzeitig alles, was sie in Erfüllung des Treuhandvertrages erlange, an den Treugeber herauszugeben
(§ 2). Der Treugeber verpflichtete sich, die Aufwendungen der Treuhänderin zu ersetzen und das Treuhandverhältnis gegenüber
den Finanzbehörden offenzulegen (§ 3). Die Kündigung des Treuhandvertrages war mit einer Frist von einem Monat möglich, wobei
sich die Treuhänderin verpflichtete, im Falle der Kündigung des Treuhandvertrages die Anteile auf den Treugeber selbst oder
auf einen von ihm benannten Dritten unentgeltlich zu übertragen und alle hierfür erforderlichen Willenserklärungen und Mitwirkungshandlungen
unverzüglich zu erbringen (§ 5).
Gegen die Beitragsforderung erhob die Antragstellerin Widerspruch, beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung
und verwies zur Begründung auf den vorgelegten Treuhandvertrag, wonach der Geschäftsführer de facto Gesellschafter-Geschäftsführer
sei. Der notariellen Form habe dieser Treuhandvertrag nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG nicht bedurft, da dies nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1999, 2594) bei Abschluss vor Gründung der Gesellschaft nicht erforderlich sei. Die Antragsgegnerin lehnte die Aussetzung der Vollziehung
mit Bescheid vom 14. November 2016 ab, da nach der gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Bescheides nicht bestünden und eine nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte nicht nachgewiesen
sei.
Daraufhin hat die Antragstellerin am 24. November 2016 die aufschiebende Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs
beim Sozialgericht Lübeck beantragt und ergänzend zu ihrer bisherigen Begründung darauf hingewiesen, dass ihre Bilanz zum
31. Dezember 2015 einen Kapitalfehlbetrag von 48.000,00 EUR ausweise. Diese verdeutliche, dass sich die Gesellschaft in einer
kritischen Phase befinde, so dass eine unmittelbare Vollziehung des Bescheides verheerende Auswirkungen hätte. Die von der
Antragsgegnerin zitierte Rechtsprechung des BSG zur notwendigen notariellen Form des Treuhandvertrages finde nur dann Anwendung, wenn ein solcher Vertrag nach Gründung der
Gesellschaft geschlossen werde. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass nach der Rechtsprechung des BSG vom 25. Januar 2006 (B 12 KR 30/04 R) eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet werde,
nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG grundsätzlich der notariellen Form bedürfe. Das sei hier nicht der Fall hinsichtlich des Treuhandvertrages. Sie könne überdies
eine wirtschaftliche Härte nicht erkennen. Gerade bei drohender Zahlungsunfähigkeit sei eine alsbaldige Beitreibung von Beitragsschulden
geboten. Hilfsweise sollte eine Aussetzung der Vollziehung nur gegen Verzinsung erfolgen. Soweit das Sozialgericht auf die
Rechtsprechung des beschließenden Senates verweise (Urteil vom 14. Januar 2012 - L 5 KR 81/08), könne dieser nicht gefolgt werden, da es der Treuhandvertrag dem Geschäftsführer nicht ermöglicht habe, Einzelanweisungen
an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern.
Mit Beschluss vom 7. Februar 2017 hat das Sozialgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt und zur Begründung
ausgeführt: Unerheblich sei die Zulässigkeit des Treuhandvertrages, da der Geschäftsführervertrag auf ein gewolltes Beschäftigungsverhältnis
hinweise. Dies verdeutlichte das vereinbarte Jahresgehalt mit Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle und Urlaub. Die Vereinbarung
einer erfolgsabhängigen Tantieme reiche nicht aus, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht anzunehmen.
Außerdem sei zum jetzigen Stadium des Verfahrens nicht erkennbar, ob tatsächlich der Treuhandvertrag vor Gründung der Gesellschaft
geschlossen worden sei. Dagegen spreche die Urkundenrolle des Registergerichts des Amtsgerichts, die als alleinige Gesellschafterin
B_____ S______ mit dem Geschäftsanteil von 200,00 EUR ausweise. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn einerseits ein Geschäftsführervertrag
mit einer regelmäßigen Vergütung und weiteren arbeitnehmerbezogenen Bestandteilen abgeschlossen werde und der Geschäftsführer
ein Gehalt beziehe und andererseits ein Treuhandvertrag abgeschlossen werde, der ihn als Treuhänder (gemeint: Treugeber) ausweise
und ihm auch die Alleingesellschafterbefugnisse einräume. Letztlich bleibe aber die endgültige Entscheidung dem Hauptsacheverfahren
vorbehalten. Eine besondere Härte sei nicht festzustellen, weil bei einem Anlagevermögen von 37.588,00 EUR und einem Umlaufvermögen
von 27.073,80 EUR die Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe, weshalb eine Zahlung in Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge
sie in die Insolvenz treiben solle.
Gegen den ihr am 13. Februar 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, eingegangen beim
Sozialgericht Lübeck am 8. März 2017. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass kein Grund dafür bestanden habe, den Treuhandvertrag
in den Geschäftsführervertrag mit aufzunehmen. Auch die Begründung in dem angefochtenen Beschluss, dass eine besondere Härte
fehle, verkenne, dass entscheidend auf der Passivseite Verbindlichkeiten von rund 67.000.00 EUR bestünden. Ein Kapitalfehlbetrag
von fast 49.000,00 EUR bei einer UG mit einem gezeichneten Kapital von 200,00 EUR sei ein Indiz dafür, dass die Gesellschaft
vollkommen unterkapitalisiert sei.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass zwischen dinglicher Stellung durch den Gesellschaftsvertrag und schuldrechtlicher
Stimm- und Rechtsbindung zu unterscheiden sei. Dem Treuhänder stehe die volle Rechtsmacht über die in seinem Eigentum stehenden
Gesellschaftsanteile zu, der Treugeber habe dagegen diese Stimmrechte verloren.
Auf Anfrage des Senats führt die Antragstellerin ergänzend aus, dass dem Finanzamt der Treuhandvertrag mit Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft
vom 26. September 2011 bekanntgegeben worden sei. Dazu legt sie dieses Schreiben vor. Der Geschäftsführer W_____ habe zur
Zeit der Gründung in Scheidung gelebt. Um die Firma vor dem möglichen Zugriff seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau zu
sichern, habe er die Gesellschaft gegründet und seine Anteile an die jetzige Lebenspartnerin übertragen, um zu vermeiden,
dass seine ehemalige Ehefrau die Gesellschaftsanteile der UG an sich nehme. Die Gesellschafterin sei davon ausgegangen, dass
ihr Lebenspartner W_____ nicht Dritter sei. Entsprechend habe sie in dem Fragebogen der Antragsgegnerin das Bestehen eines
Treuhandvertrages mit einem Dritten verneint. Der Treuhandvertrag sei erst später vorgelegt worden, da nicht daran gedacht
worden sei, dass die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers zu einem Streitpunkt werden könne.
Die Antragsgegnerin legt den Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2017 vor, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde und
bleibt weiterhin bei ihrer Auffassung.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts geht
der beschließende Senat davon aus, dass aufgrund ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides die aufschiebende
Wirkung der Klage gegen diesen Bescheid anzuordnen ist.
Der gerichtlichen Entscheidung des Senats über die Beschwerde steht nicht entgegen, dass nach Erlass des angefochtenen Beschlusses
des Sozialgerichts der Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin mit Datum 14. Februar 2017 erlassen wurde. Der Senat legt
die Beschwerde der Antragstellerin dahingehend aus, dass diese nunmehr die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anstelle des
Widerspruchs begehrt. Dass die Antragstellerin Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben hat (S 19 KR 175/17), hat die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 23. März 2017 mitgeteilt.
Nach dem vom Sozialgericht zutreffend genannten §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG als hier maßgebende Grundlage für den Antrag der Antragstellerin kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen
Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise
anordnen. Die Widersprüche der Antragstellerin gegen den Beitragsbescheid vom 13. Oktober 2016 und die Klage gegen den Widerspruchsbescheid
vom 14. Februar 2017 haben nach §
86a Abs.
1 Satz 1
SGG keine aufschiebende Wirkung, weil sie nach §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG entfällt. Die angefochtenen Bescheide enthalten nämlich Entscheidungen über die Beitragspflicht sowie die Anforderung von
Beiträgen.
Nach §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG soll in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige,
nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Zwar richten sich diese Voraussetzungen für
die Herstellung der aufschiebenden Wirkung an die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu
entscheiden hat. Sie finden jedoch nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung auf die gerichtliche Entscheidung entsprechend
Anwendung.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen nach ganz überwiegender Auffassung dann,
wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als der Misserfolg. Hinsichtlich des dabei notwendigen Überzeugungsgrades
bezüglich der zu klärenden Rechtsfragen ist dabei zu beachten, dass es nach Sinn und Zweck des Eilverfahrens grundsätzlich
nicht Aufgabe der Gerichte sein kann, schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine umfassende rechtliche Prüfung
der Hauptsache vorzunehmen; denn damit würden die Effektivität dieses Verfahrens und damit das gerichtliche Rechtsschutzinteresse
insgesamt geschwächt (Beschluss des Senats vom 20. April 2012 - L 5 KR 20/12 B ER; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl., Rz. 220). Dies gilt insbesondere bei einer unzureichenden Tatsachengrundlage
oder bei schwierigen Rechtsfragen, bei denen eine abschließende rechtliche Prüfung in einem Eilverfahren gar nicht möglich
ist. Vor diesem Hintergrund und der im Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse
am Sofortvollzug und dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin kann eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels
nach §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG nach Auffassung des beschließenden Senats auch dann erfolgen, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes
von einer Mehrzahl von Voraussetzungen abhängt, deren Prüfung die Klärung schwieriger Rechtsfragen beinhaltet (vgl. den zitierten
Beschluss des Senats a.a.O.). Von einem solchen Fall geht der Senat hier mit dem Ergebnis aus, dass die aufschiebende Wirkung
der Anfechtungsklage anzuordnen ist.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in der Kranken-,
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Danach ist die Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Beschäftigung liegt
dann vor, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Demgegenüber liegt eine selbstständige Tätigkeit
vor, wenn ein Unternehmerrisiko besteht, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die
eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Die Abgrenzung zwischen einer Beschäftigung
und einer selbstständigen Tätigkeit orientiert sich danach, welche Merkmale überwiegen, wobei das Gesamtbild der Arbeitsleistung
maßgebend ist. Dieses Gesamtbild wiederum wird bestimmt durch die tatsächlichen Verhältnisse, bei denen es sich um die rechtlich
relevanten Umstände handelt, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung erlauben. Zu diesen gehört auch das Vorliegen eines
Treuhandvertrages.
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis
steht. Bei einem Geschäftsführer, der über keine Gesellschafteranteile an der Gesellschaft verfügt, wird regelmäßig von einem
Beschäftigungsverhältnis ausgegangen, da es an der möglichen Einflussnahme auf Entscheidungen der Gesellschaft fehlt. Allerdings
weist der hier zu beurteilende Sachverhalt die Besonderheit auf, dass die 100%ige Kapitalbeteiligung der Gesellschafterin
nicht mit einem entsprechenden Einfluss auf die Entscheidung der Gesellschaft einherging bzw. der Geschäftsführer W_____ aufgrund
des mit der alleinigen Gesellschafterin abgeschlossenen Treuhandvertrags einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung der
Gesellschaft innehatte. Als Treuhänderin für den hinter ihr stehenden Treugeber W_____ hatte die Gesellschafterin diese Stellung
lediglich formalrechtlich inne und vermochte infolge der geregelten Weisungsbefugnisse im Treuhandvertrag ihre gesellschaftsrechtliche
Position als Alleingesellschafterin nicht umzusetzen. So hatte sie sich in § 2 des Treuhandvertrags dazu verpflichtet, auf
Weisungen des Treugebers zu handeln, und zwar insbesondere auch für die Ausübung des Stimmrechts. Weiterhin war sie nach §
2 Nr. 3 des Treuhandvertrags dem Treugeber bei Bedarf und auf Verlangen jederzeit über alle Verhältnisse, Vorkommnisse und
Maßnahmen der Gesellschaft zur Unterrichtung verpflichtet ebenso wie zur Herausgabe des in Erfüllung des Treuhandvertrages
Erlangte. Dass sich der Treugeber die Rechtstellung eines "wirtschaftlichen Eigentümers" aller Gesellschaftsanteile erhalten
wollte, zeigt insbesondere auch die Regelung über die Kündigung des Treuhandvertrages. Eine solche Kündigung war beiden Parteien
mit einer Frist von einem Monat eingeräumt worden mit der Verpflichtung der Treuhänderin, im Falle der Kündigung des Treuhandvertrages
die Anteile auf den Treugeber selbst oder auf einen von ihm benannten Dritten unentgeltlich zu übertragen. Weiterhin verpflichtete
sie sich, hierzu alle erforderlichen Willenserklärungen und Mitwirkungshandlungen unverzüglich zu erbringen. Der Treugeber
und nicht die Gesellschafterin war damit wirtschaftlich der maßgebende Hintermann der Gesellschaft mit einer umfassenden Einflussnahme
auf diese. Bei summarischer Wertung treten hinter diese Rechtsmacht die vom Sozialgericht aufgezeigten Elemente im Geschäftsführervertrag
zurück, die wie die Entlohnung und Lohnfortzahlung für ein Beschäftigungsverhältnis sprechen. Letztlich wird dies unter Einbeziehung
der Inhalte sämtlicher Verträge, insbesondere des Treuhandvertrages, und der tatsächlichen Führung der Antragstellerin im
Hauptsacheverfahren zu klären sein.
Dass dem Abschluss eines - schuldrechtlichen - Treuhandvertrages zwischen dem Gesellschafter und einem Dritten eine erhebliche
Bedeutung im Hinblick auf die Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft und damit auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses
bzw. einer selbstständigen Tätigkeit zukommt, haben sowohl der beschließende Senat als auch das BSG in den von den Beteiligten zitierten Entscheidungen bestimmt. Auch die Antragsgegnerin geht offensichtlich von einer Bedeutung
eines Treuhandvertrages aus, wenn sie in ihrem Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines Geschäftsführers
einer UG unter 1.6 nach dem Vorliegen eines Treuhandvertrages fragt. Allerdings bezogen sich diese Entscheidungen darauf,
ob der Treuhänder als Gesellschafter abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist. Ob dies auch für den Treugeber gilt,
wird endgültig im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Bei der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung
sieht der Senat allerdings bisher keinen Grund dafür, dass ein Treuhandvertrag bei der Entscheidung darüber, ob ein Treugeber
beschäftigt oder selbstständig tätig ist, keine Auswirkungen haben soll. Denn wenn ein Treuhandvertrag dazu führen kann, dass
ein Alleingesellschafter mangels Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft als beschäftigt gilt, spricht vieles dafür, spiegelbildlich
den Treugeber als dann die für die Gesellschaft maßgebende Person anzusehen und von seiner Selbstständigkeit auszugehen.
Dass es sich bei dem Treuhandvertrag um eine schuldrechtliche Vereinbarung handelt, sieht der Senat entgegen der Auffassung
der Antragsgegnerin nicht als maßgebend an. Insoweit ist auf die Rechtsprechung des BSG und des beschließenden Senats zu verweisen.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sieht der Senat auch keinen Grund dafür, von einer Unwirksamkeit des Treuhandvertrages
auszugehen. Zwar bedarf nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet
wird, der notariellen Form, die hier nicht vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19. April 1999 - II ZR 365/97 = BGHZ 141, 208 = NJW 1999, 2594) besteht eine solche Beurkundungspflicht jedoch im Vorgründungsstadium der Gesellschaft nicht. Dieser Auffassung hat sich
der beschließende Senat in seiner Entscheidung vom 14. Januar 2010 (L 5 KR 81/08) angeschlossen. Das Vorgründungsstadium der GmbH endet mit der Beurkundung des GmbH-Gesellschaftsvertrages als Wirksamkeitsvoraussetzung
(§
125 BGB) und die Vorgründungsgesellschaft wird in die Gründungsgesellschaft übergeleitet. Nichts anderes gilt für die UG. So verhält
es sich hier. Der Treuhandvertrag datiert vom 1. April 2011, der Geschäftsführervertrag hingegen vom 15. April 2011 und der
Antrag zur Eintragung in das Handelsregister datiert vom 26. April 2011. Letztlich wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein,
wie die zeitliche Abfolge der einzelnen Verträge genau erfolgte. Zum derzeitigen Stand sieht der Senat keinen Anlass, von
unzutreffenden Daten insoweit auszugehen, insbesondere nach Beantwortung der mit gerichtlicher Verfügung vom 11. April 2017
gestellten Fragen.
Vor diesem Hintergrund war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Für die Anordnung einer Verzinsung, die die Antragsgegnerin
vor dem Sozialgericht hilfsweise beantragt hat, vermag der Senat keine Grundlage zu erkennen. §
86a Abs.
3 Satz 4
SGG, den die Antragsgegnerin in Bezug nimmt, sieht eine Verzinsung, jedenfalls ausdrücklich, nicht vor und richtet sich überdies
an die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat (vgl. auch Beschluss des Senats
vom 4. November 2016 - L 5 KR 162/16 B ER). Die Antragsgegnerin selbst hat auch keinen Grund dafür angegeben, warum eine Verzinsung ausgesprochen werden soll.
Bei der Festsetzung des Streitwertes geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
wegen seiner Vorläufigkeit der Streitwert grundsätzlich auf ein Drittel des Hauptsacheverfahrens festgesetzt wird. Danach
errechnet sich bei den streitigen Gesamtsozialversicherungsbeträgen i. H. v. 6.878,07 EUR ein Betrag von 2.292,69 EUR. Von
der 1/3 Quotelung geht grundsätzlich auch das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss aus, kommt aber gleichwohl zu einem
anderen, nicht nachvollziehbaren Betrag. Deshalb war der Streitwert für beide Instanzen festzusetzen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).