Rente wegen Erwerbsminderung
Gehörsrüge und Verletzung des Fragerechts
1. Die Rüge einer Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen (§
116 S. 2, §
118 Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §§
397,
402,
411 Abs.
4 ZPO) stellt letztlich eine Gehörsrüge dar.
2. Doch muss auch insoweit dargelegt werden, dass der Beschwerdeführer seinerseits alles getan habe, um eine Anhörung des
Sachverständigen zu erreichen; dazu gehört auch, ein entsprechendes Begehren bis zur Entscheidung des Gerichts aufrechterhalten
zu haben.
3. Denn es ist gerade die Warnfunktion eines im Lichte der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen Beweisantrags,
die nach dem Sinn und Zweck des §
160 Abs.
2 Nr.
3 Hs. 3
SGG die Sachaufklärungsrüge eröffnet.
Gründe:
Das LSG Hamburg hat im Urteil vom 19.11.2014 einen Anspruch des im Jahr 1964 geborenen Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung
verneint.
Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil ausschließlich Verfahrensmängel geltend.
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 3.2.2015 genügt nicht der vorgeschriebenen Form,
da er einen Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§
160 Abs
2 Nr
3 iVm §
160a Abs
2 S 3
SGG).
Hierzu müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und
schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel
beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl
2011, Kap IX RdNr 202 ff). Zu beachten ist, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG gestützt werden kann (§
160 Abs
2 Nr
3 Teils 2
SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach §
103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist
(§
160 Abs
2 Nr
3 Teils 3
SGG).
Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht. Er rügt eine Verletzung des §
103 SGG, weil das LSG es unterlassen habe, den Sachverständigen Dr. S. für die mündliche Verhandlung zur Erläuterung seines bereits
in erster Instanz erstellten Gutachtens zu laden, das - im Gegensatz zu dem Gutachter des Gerichts - zu einem für ihn positiven
Ergebnis gelangt sei. Einen entsprechenden Antrag habe er bereits in der Berufungsschrift vom 16.11.2012 und erneut im Schriftsatz
vom 13.8.2014 gestellt, aber in der mündlichen Verhandlung nicht noch einmal wiederholt, weil das Gericht dort mitgeteilt
habe, dass es sich mit Dr. S. in Verbindung gesetzt und dieser erklärt habe, er werde zum Termin nicht erscheinen. Bei dieser
Sachlage sei es obsolet gewesen, weiterhin auf eine Ladung des Sachverständigen zum Termin zu drängen; die klare Aussage des
Gerichts habe ausgereicht, um auf eine weitere Geltendmachung der Forderung nach Ladung des Sachverständigen zu verzichten.
Mit diesem Vortrag räumt der Kläger selbst ein, dass er sein Beweisbegehren nicht bis zum Schluss der Verhandlung vor dem
LSG aufrechterhalten, sondern vielmehr auf dessen weitere Verfolgung verzichtet habe. Unter diesen Umständen kann er aber
mit der Rüge unzureichender Sachaufklärung durch das Gericht nicht mehr durchdringen (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 23). Das gilt auch dann, wenn er der Auffassung war, ein weiteres Insistieren auf dem Beweisantrag sei "unsinnig"
gewesen, weil klar gewesen sei, dass das Gericht dem Begehren nicht habe nachkommen wollen. Denn es ist gerade die Warnfunktion
eines im Lichte der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen Beweisantrags, die nach dem Sinn und Zweck
des §
160 Abs
2 Nr
3 Teils 3
SGG die Sachaufklärungsrüge eröffnet (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 5.8.2014 - B 9 SB 36/14 B - Juris RdNr 5; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 29 S 49 mwN). Auf das Wirksamwerden dieser Warnfunktion hat aber der Kläger bzw seine Prozessbevollmächtigte nach seinem
Vortrag aus eigenen Stücken verzichtet.
Entsprechendes gilt, soweit der Kläger aufgrund der genannten Umstände zugleich eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches
Gehör (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) geltend macht. Zwar stellt die Rüge einer Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen (§
116 S 2, §
118 Abs
1 S 1
SGG iVm §§
397,
402,
411 Abs
4 ZPO) letztlich eine Gehörsrüge dar (vgl Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 185/09 B - Juris RdNr 16 mwN). Doch muss auch insoweit dargelegt werden, dass der Beschwerdeführer seinerseits alles getan habe,
um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen; dazu gehört auch, ein entsprechendes Begehren bis zur Entscheidung des
Gerichts aufrechterhalten zu haben (Senatsbeschluss vom 27.8.2009 aaO; BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 4 RdNr 4 f). Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich jedoch, dass dies nicht geschehen ist.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.